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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap 2, v. 1-3.
[Spaltenumbruch] Gnaden-Söhne und Gnaden-Töchter bewei-
set, und sie zu Mit-Erben CHristi, seines
Sohnes, nach dessen menschlichen Natur,
machet. Da nun das Geschäfte, welches
sich im Wercke unserer Seligkeit auf Seiten
des Vaters befindet, nicht einmal gemeldet
wird, vielweniger hat seyn können, ohne
des dabey befindlichen Geschäftes des Soh-
nes zugleich mit zu gedencken; sintemal sich
eines auf das andere beziehet und eines das
andere in sich fasset, beydes aber zusammen
recht Geheimniß-voll ist: so kömmt es daher,
daß es, zusammen genommen, das Geheim-
niß des Vaters und des Sohnes
heißt.
Nun ist es zwar auch ein Geheimniß des Hei-
ligen Geistes:
weil doch aber das Geschäf-
te des Heiligen Geistes sich mehr in der Ap-
pllcation,
oder Zueignung, als in der Grün-
dung des Heils hervorthüt; so wird die Oeco-
nomi
e des Heils, ohne alle Ausschliessung
des Heiligen Geistes, ein Geheimniß des
Vaters und des Sohnes
genennet.
b. Dieses Geheimniß soll nun recht gläubig er-
kannt
werden, daher stehet eis [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]pignosin to[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]
musteriou, zur Erkäntniß des Geheimnis-
ses.
Da denn dieselbe nichts anders ist als
der Glaube, durch welchen, als durch ein
göttliches Licht, man die gantze Oecono-
mi
e recht einsiehet und beurtheilet.
c. Damit aber diese Erkäntniß rechter Art seyn
möge, so erfodert Paulus dazu nicht allein
sunesin einen richtigen Verstand und Be-
griff zur Dijudication, da man erkennet, wie
alle Grund-Wahrheiten gleichsam Ketten-
weise an einander hangen, also daß eine die
andere aus sich gebieret, oder erfodert, beve-
stiget und erläutert: sondern auch pleropho-
rian tes suneseos, einen solchen Begrif des
Verstandes, der voller Versicherung, Ge-
wißheit und Freudigkeit ist, also daß man sich
darauf sicherlich verlassen und im Glauben
die lebendige Hoffnung darauf bauen könne.
d. Und da auch dieses dem Apostel, nach der
Fülle seines Afsects und nach der Wichtig-
keit der Sachen, noch nicht genug war, so
setzet er noch vorher das Wort ploutos,
Reichthum, und will alles in einem reichen
Masse
haben: welches anzuzeigen er diesem
an sich sehr nachdrücklichen Worte einen noch
mehrern Nachdruck giebet durch das davor
gesetzte Wort pas, panta, und spricht eis
panta plouton, zu allem Reichthum, nem-
lich der vollen Gewißheit des Verstandes,
um zu erkennen das Geheimniß GOttes des
Vaters und CHristi. Solcher gestalt muß
man, wie gedacht, mit der analysi herme-
nevtica
dieser Worte von hinten anfangen,
und von da bis auf das erste zurück gehen.
e. Von diesem Geheimniß des Vaters und des
Sohnes handelt der Ort Joh. 17, 3. Das ist
das ewige Leben, daß sie dich, Vater,
daß du allein wahrer GOTT bist, und
den du gesandt hast, JEsum CHristum,
erkennen.
Und auf dieses Geheimniß wei-
set der Apostel in allen Briefen, wenn er den
gläubigen Gemeinen Gnade und Friede
[Spaltenumbruch] wünschet von GOTT dem Vater und
JEsu CHristo unserm HErrn.
Und in
Ansehung dieses Geheimnisses finden wir sehr
oft, daß nur des Vaters und des Sohnes
gedacht wird, nicht aber zugleich ausdrück-
lich des Heiligen Geistes. Z. E. Joh. 3, 16.
Also hat GOTT die Welt geliebet, daß
er seinen eingebohrnen Sohn gab
u. f.
2 Cor. 5, 18. 19. u. f. GOTT hat uns mit
ihm selbst versöhnet durch JESUM
CHristum - - Denn GOTT war in
CHristo, und versöhnete die Welt mit
ihm selber - - GOTT hat den, der
der von keiner Sünde wuste, für uns
zur Sünde gemachet
u. s. w.
6. Die Vortreflichkeit dieser Erkäntniß
von dem Rathe GOttes in CHristo von unserer
Seligkeit wird uns angepriesen mit diesen Wor-
ten: Jn welchem verborgen liegen alle
Schätze der Weisheit und Erkäntniß.
Da
zu mercken:
a. Worauf das en o, in welchem, gehe, auf
CHristum, als das nechst vorhergehende
Wort; oder auf das Wort Geheimniß?
Dem Contexte nach kan es am füglichsten auf
das Geheimniß gehen, also daß der Ver-
stand sey, daß dasselbe in sich halte, was nur
vor andern den Namen einer Weisheit und
Erkäntniß verdiene; daß man daher nicht nö-
thig habe, sich davon durch und auf die eite-
le Philosophie, davor Paulus gleich hernach
warnet, abführen zu lassen. Es verstehen
es doch aber die meisten alten und neuern In-
terpretes
von CHristo selbst. Welcher Ver-
stand sich auch mit jenem gar wohl concilii-
ren lässet. Denn liegen in CHristo selbst
alle Schätze der Weisheit und der Erkäntniß
verborgen, also daß sie auch der menschlichen
Natur an der in ihr wohnenden gantzen Fül-
le der Gottheit mitgetheilet sind; so folget
daraus, daß solche Fülle der Weisheit und
Erkäntniß, der Wirckung und Offenbarung
nach, auch in dem Geheimniß des Evangelii
von CHristo liegen müsse, und wir durch die
Evangelische Erkäntniß dieses Geheimnisses
aus der Fülle CHristi auch einen Grad oder
Maß der Weisheit und Erkäntniß nach der
andern schöpfen können und sollen.
b. Die Worte Weisheit und Erkäntniß ste-
hen alhier also zusammen, daß eines das an-
dere erkläret. Denn die Weisheit ist die
höchste und beste Erkäntniß. Und da die
Weisheit wie wesentlich in CHristo, also nach
der Offenbarung im vielfachen Geheimnisse
des Evangelii lieget, so ist es, solche recht
einzusehen, die recht seligmachende Erkänt-
niß. Daß man also, wo man diese besitzet,
sich nach dem leeren Schatten fälschlich ge-
rühmter Weisheit nicht umsehen darf.
c. Schätze werden dieser himmlischen Weis-
heit und Erkäntniß zugeschrieben wegen ihrer
Fülle und ihres Reichthums; sintemal sie
nicht allein an sich selbst unschätzbar ist, son-
dern auch das reiche Geschencke und den Ge-
nuß aller Heils-Schätze mit sich führet.
d. Ver-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap 2, v. 1-3.
[Spaltenumbruch] Gnaden-Soͤhne und Gnaden-Toͤchter bewei-
ſet, und ſie zu Mit-Erben CHriſti, ſeines
Sohnes, nach deſſen menſchlichen Natur,
machet. Da nun das Geſchaͤfte, welches
ſich im Wercke unſerer Seligkeit auf Seiten
des Vaters befindet, nicht einmal gemeldet
wird, vielweniger hat ſeyn koͤnnen, ohne
des dabey befindlichen Geſchaͤftes des Soh-
nes zugleich mit zu gedencken; ſintemal ſich
eines auf das andere beziehet und eines das
andere in ſich faſſet, beydes aber zuſammen
recht Geheimniß-voll iſt: ſo koͤmmt es daher,
daß es, zuſammen genommen, das Geheim-
niß des Vaters und des Sohnes
heißt.
Nun iſt es zwar auch ein Geheimniß des Hei-
ligen Geiſtes:
weil doch aber das Geſchaͤf-
te des Heiligen Geiſtes ſich mehr in der Ap-
pllcation,
oder Zueignung, als in der Gruͤn-
dung des Heils hervorthuͤt; ſo wird die Oeco-
nomi
e des Heils, ohne alle Ausſchlieſſung
des Heiligen Geiſtes, ein Geheimniß des
Vaters und des Sohnes
genennet.
b. Dieſes Geheimniß ſoll nun recht glaͤubig er-
kannt
werden, daher ſtehet εἰς [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]πίγνωσιν το[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]
μυστηρίου, zur Erkaͤntniß des Geheimniſ-
ſes.
Da denn dieſelbe nichts anders iſt als
der Glaube, durch welchen, als durch ein
goͤttliches Licht, man die gantze Oecono-
mi
e recht einſiehet und beurtheilet.
c. Damit aber dieſe Erkaͤntniß rechter Art ſeyn
moͤge, ſo erfodert Paulus dazu nicht allein
σύνεσιν einen richtigen Verſtand und Be-
griff zur Dijudication, da man erkennet, wie
alle Grund-Wahrheiten gleichſam Ketten-
weiſe an einander hangen, alſo daß eine die
andere aus ſich gebieret, oder erfodert, beve-
ſtiget und erlaͤutert: ſondern auch πληροφο-
ρίαν τῆς συνέσεως, einen ſolchen Begrif des
Verſtandes, der voller Verſicherung, Ge-
wißheit und Freudigkeit iſt, alſo daß man ſich
darauf ſicherlich verlaſſen und im Glauben
die lebendige Hoffnung darauf bauen koͤnne.
d. Und da auch dieſes dem Apoſtel, nach der
Fuͤlle ſeines Afſects und nach der Wichtig-
keit der Sachen, noch nicht genug war, ſo
ſetzet er noch vorher das Wort πλοῦτος,
Reichthum, und will alles in einem reichen
Maſſe
haben: welches anzuzeigen er dieſem
an ſich ſehr nachdruͤcklichen Worte einen noch
mehrern Nachdruck giebet durch das davor
geſetzte Wort πᾶς, πάντα, und ſpricht εἰς
πάντα πλοῦτον, zu allem Reichthum, nem-
lich der vollen Gewißheit des Verſtandes,
um zu erkennen das Geheimniß GOttes des
Vaters und CHriſti. Solcher geſtalt muß
man, wie gedacht, mit der analyſi herme-
nevtica
dieſer Worte von hinten anfangen,
und von da bis auf das erſte zuruͤck gehen.
e. Von dieſem Geheimniß des Vaters und des
Sohnes handelt der Ort Joh. 17, 3. Das iſt
das ewige Leben, daß ſie dich, Vater,
daß du allein wahrer GOTT biſt, und
den du geſandt haſt, JEſum CHriſtum,
erkennen.
Und auf dieſes Geheimniß wei-
ſet der Apoſtel in allen Briefen, wenn er den
glaͤubigen Gemeinen Gnade und Friede
[Spaltenumbruch] wuͤnſchet von GOTT dem Vater und
JEſu CHriſto unſerm HErrn.
Und in
Anſehung dieſes Geheimniſſes finden wir ſehr
oft, daß nur des Vaters und des Sohnes
gedacht wird, nicht aber zugleich ausdruͤck-
lich des Heiligen Geiſtes. Z. E. Joh. 3, 16.
Alſo hat GOTT die Welt geliebet, daß
er ſeinen eingebohrnen Sohn gab
u. f.
2 Cor. 5, 18. 19. u. f. GOTT hat uns mit
ihm ſelbſt verſoͤhnet durch JESUM
CHriſtum ‒ ‒ Denn GOTT war in
CHriſto, und verſoͤhnete die Welt mit
ihm ſelber ‒ ‒ GOTT hat den, der
der von keiner Suͤnde wuſte, fuͤr uns
zur Suͤnde gemachet
u. ſ. w.
6. Die Vortreflichkeit dieſer Erkaͤntniß
von dem Rathe GOttes in CHriſto von unſerer
Seligkeit wird uns angeprieſen mit dieſen Wor-
ten: Jn welchem verborgen liegen alle
Schaͤtze der Weisheit und Erkaͤntniß.
Da
zu mercken:
a. Worauf das ἐν ῷ, in welchem, gehe, auf
CHriſtum, als das nechſt vorhergehende
Wort; oder auf das Wort Geheimniß?
Dem Contexte nach kan es am fuͤglichſten auf
das Geheimniß gehen, alſo daß der Ver-
ſtand ſey, daß daſſelbe in ſich halte, was nur
vor andern den Namen einer Weisheit und
Erkaͤntniß verdiene; daß man daher nicht noͤ-
thig habe, ſich davon durch und auf die eite-
le Philoſophie, davor Paulus gleich hernach
warnet, abfuͤhren zu laſſen. Es verſtehen
es doch aber die meiſten alten und neuern In-
terpretes
von CHriſto ſelbſt. Welcher Ver-
ſtand ſich auch mit jenem gar wohl concilii-
ren laͤſſet. Denn liegen in CHriſto ſelbſt
alle Schaͤtze der Weisheit und der Erkaͤntniß
verborgen, alſo daß ſie auch der menſchlichen
Natur an der in ihr wohnenden gantzen Fuͤl-
le der Gottheit mitgetheilet ſind; ſo folget
daraus, daß ſolche Fuͤlle der Weisheit und
Erkaͤntniß, der Wirckung und Offenbarung
nach, auch in dem Geheimniß des Evangelii
von CHriſto liegen muͤſſe, und wir durch die
Evangeliſche Erkaͤntniß dieſes Geheimniſſes
aus der Fuͤlle CHriſti auch einen Grad oder
Maß der Weisheit und Erkaͤntniß nach der
andern ſchoͤpfen koͤnnen und ſollen.
b. Die Worte Weisheit und Erkaͤntniß ſte-
hen alhier alſo zuſammen, daß eines das an-
dere erklaͤret. Denn die Weisheit iſt die
hoͤchſte und beſte Erkaͤntniß. Und da die
Weisheit wie weſentlich in CHriſto, alſo nach
der Offenbarung im vielfachen Geheimniſſe
des Evangelii lieget, ſo iſt es, ſolche recht
einzuſehen, die recht ſeligmachende Erkaͤnt-
niß. Daß man alſo, wo man dieſe beſitzet,
ſich nach dem leeren Schatten faͤlſchlich ge-
ruͤhmter Weisheit nicht umſehen darf.
c. Schaͤtze werden dieſer himmliſchen Weis-
heit und Erkaͤntniß zugeſchrieben wegen ihrer
Fuͤlle und ihres Reichthums; ſintemal ſie
nicht allein an ſich ſelbſt unſchaͤtzbar iſt, ſon-
dern auch das reiche Geſchencke und den Ge-
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d. Ver-
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[770/0798] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap 2, v. 1-3. Gnaden-Soͤhne und Gnaden-Toͤchter bewei- ſet, und ſie zu Mit-Erben CHriſti, ſeines Sohnes, nach deſſen menſchlichen Natur, machet. Da nun das Geſchaͤfte, welches ſich im Wercke unſerer Seligkeit auf Seiten des Vaters befindet, nicht einmal gemeldet wird, vielweniger hat ſeyn koͤnnen, ohne des dabey befindlichen Geſchaͤftes des Soh- nes zugleich mit zu gedencken; ſintemal ſich eines auf das andere beziehet und eines das andere in ſich faſſet, beydes aber zuſammen recht Geheimniß-voll iſt: ſo koͤmmt es daher, daß es, zuſammen genommen, das Geheim- niß des Vaters und des Sohnes heißt. Nun iſt es zwar auch ein Geheimniß des Hei- ligen Geiſtes: weil doch aber das Geſchaͤf- te des Heiligen Geiſtes ſich mehr in der Ap- pllcation, oder Zueignung, als in der Gruͤn- dung des Heils hervorthuͤt; ſo wird die Oeco- nomie des Heils, ohne alle Ausſchlieſſung des Heiligen Geiſtes, ein Geheimniß des Vaters und des Sohnes genennet. b. Dieſes Geheimniß ſoll nun recht glaͤubig er- kannt werden, daher ſtehet εἰς _ πίγνωσιν το_ μυστηρίου, zur Erkaͤntniß des Geheimniſ- ſes. Da denn dieſelbe nichts anders iſt als der Glaube, durch welchen, als durch ein goͤttliches Licht, man die gantze Oecono- mie recht einſiehet und beurtheilet. c. Damit aber dieſe Erkaͤntniß rechter Art ſeyn moͤge, ſo erfodert Paulus dazu nicht allein σύνεσιν einen richtigen Verſtand und Be- griff zur Dijudication, da man erkennet, wie alle Grund-Wahrheiten gleichſam Ketten- weiſe an einander hangen, alſo daß eine die andere aus ſich gebieret, oder erfodert, beve- ſtiget und erlaͤutert: ſondern auch πληροφο- ρίαν τῆς συνέσεως, einen ſolchen Begrif des Verſtandes, der voller Verſicherung, Ge- wißheit und Freudigkeit iſt, alſo daß man ſich darauf ſicherlich verlaſſen und im Glauben die lebendige Hoffnung darauf bauen koͤnne. d. Und da auch dieſes dem Apoſtel, nach der Fuͤlle ſeines Afſects und nach der Wichtig- keit der Sachen, noch nicht genug war, ſo ſetzet er noch vorher das Wort πλοῦτος, Reichthum, und will alles in einem reichen Maſſe haben: welches anzuzeigen er dieſem an ſich ſehr nachdruͤcklichen Worte einen noch mehrern Nachdruck giebet durch das davor geſetzte Wort πᾶς, πάντα, und ſpricht εἰς πάντα πλοῦτον, zu allem Reichthum, nem- lich der vollen Gewißheit des Verſtandes, um zu erkennen das Geheimniß GOttes des Vaters und CHriſti. Solcher geſtalt muß man, wie gedacht, mit der analyſi herme- nevtica dieſer Worte von hinten anfangen, und von da bis auf das erſte zuruͤck gehen. e. Von dieſem Geheimniß des Vaters und des Sohnes handelt der Ort Joh. 17, 3. Das iſt das ewige Leben, daß ſie dich, Vater, daß du allein wahrer GOTT biſt, und den du geſandt haſt, JEſum CHriſtum, erkennen. Und auf dieſes Geheimniß wei- ſet der Apoſtel in allen Briefen, wenn er den glaͤubigen Gemeinen Gnade und Friede wuͤnſchet von GOTT dem Vater und JEſu CHriſto unſerm HErrn. Und in Anſehung dieſes Geheimniſſes finden wir ſehr oft, daß nur des Vaters und des Sohnes gedacht wird, nicht aber zugleich ausdruͤck- lich des Heiligen Geiſtes. Z. E. Joh. 3, 16. Alſo hat GOTT die Welt geliebet, daß er ſeinen eingebohrnen Sohn gab u. f. 2 Cor. 5, 18. 19. u. f. GOTT hat uns mit ihm ſelbſt verſoͤhnet durch JESUM CHriſtum ‒ ‒ Denn GOTT war in CHriſto, und verſoͤhnete die Welt mit ihm ſelber ‒ ‒ GOTT hat den, der der von keiner Suͤnde wuſte, fuͤr uns zur Suͤnde gemachet u. ſ. w. 6. Die Vortreflichkeit dieſer Erkaͤntniß von dem Rathe GOttes in CHriſto von unſerer Seligkeit wird uns angeprieſen mit dieſen Wor- ten: Jn welchem verborgen liegen alle Schaͤtze der Weisheit und Erkaͤntniß. Da zu mercken: a. Worauf das ἐν ῷ, in welchem, gehe, auf CHriſtum, als das nechſt vorhergehende Wort; oder auf das Wort Geheimniß? Dem Contexte nach kan es am fuͤglichſten auf das Geheimniß gehen, alſo daß der Ver- ſtand ſey, daß daſſelbe in ſich halte, was nur vor andern den Namen einer Weisheit und Erkaͤntniß verdiene; daß man daher nicht noͤ- thig habe, ſich davon durch und auf die eite- le Philoſophie, davor Paulus gleich hernach warnet, abfuͤhren zu laſſen. Es verſtehen es doch aber die meiſten alten und neuern In- terpretes von CHriſto ſelbſt. Welcher Ver- ſtand ſich auch mit jenem gar wohl concilii- ren laͤſſet. Denn liegen in CHriſto ſelbſt alle Schaͤtze der Weisheit und der Erkaͤntniß verborgen, alſo daß ſie auch der menſchlichen Natur an der in ihr wohnenden gantzen Fuͤl- le der Gottheit mitgetheilet ſind; ſo folget daraus, daß ſolche Fuͤlle der Weisheit und Erkaͤntniß, der Wirckung und Offenbarung nach, auch in dem Geheimniß des Evangelii von CHriſto liegen muͤſſe, und wir durch die Evangeliſche Erkaͤntniß dieſes Geheimniſſes aus der Fuͤlle CHriſti auch einen Grad oder Maß der Weisheit und Erkaͤntniß nach der andern ſchoͤpfen koͤnnen und ſollen. b. Die Worte Weisheit und Erkaͤntniß ſte- hen alhier alſo zuſammen, daß eines das an- dere erklaͤret. Denn die Weisheit iſt die hoͤchſte und beſte Erkaͤntniß. Und da die Weisheit wie weſentlich in CHriſto, alſo nach der Offenbarung im vielfachen Geheimniſſe des Evangelii lieget, ſo iſt es, ſolche recht einzuſehen, die recht ſeligmachende Erkaͤnt- niß. Daß man alſo, wo man dieſe beſitzet, ſich nach dem leeren Schatten faͤlſchlich ge- ruͤhmter Weisheit nicht umſehen darf. c. Schaͤtze werden dieſer himmliſchen Weis- heit und Erkaͤntniß zugeſchrieben wegen ihrer Fuͤlle und ihres Reichthums; ſintemal ſie nicht allein an ſich ſelbſt unſchaͤtzbar iſt, ſon- dern auch das reiche Geſchencke und den Ge- nuß aller Heils-Schaͤtze mit ſich fuͤhret. d. Ver-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 770. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/798>, abgerufen am 24.11.2024.