Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 3, v. 25-27. [Spaltenumbruch]
dabey stehet das reciprocum autou, und heißtdaher: Zum Beweise seiner eigenen Ge- rechtigkeit, nemlich der richterlichen, wel- cher durch CHristi Versöhnung ein Genügen geschehen ist: und v. 26. stehet das relativum, und gehet dieses zuvorderst auf CHristum, den Gnaden-Stul, wie es vorher geheissen hatte: en to autou amati, in seinem Blute, und denn in so weit mit auf den Vater, weil er uns die von CHristo erworbene Gerechtigkeit, als wel- che im letzten Ort gemeinet ist, zurechnet. 8. Will man aber die Worte en to autou aimati, in seinem Blute wegen nicht wie- derholten und auf das Wort pisteos zurück- weisenden articuli tes, mit dem verbo proetheto construiren, so behalten die Worte, durch den Glauben, deswegen doch ihre Kraft, daß sich nemlich der Glaube an das Blut, oder an den Versöhnungs-Tod Christi halte, und bekömmt das verbum vorgestellt dagegen diesen Nach- druck, daß GOTT in der gantzen Vor- oder Darstellung fürnemlich auf den blutigen Tod und das Löse-Geld CHristi gesehen habe, und ihn daher unser Glaube auch zu seinem rechten Object oder Augen-Merck haben müsse. Die letzten Worte des 25ten Verses sind bereits vor- her in der Paraphrasi erkläret worden, nemlich GOTT habe CHristum zum Gnaden-Stul in seinem Blute vvrgestellet, damit er zeige, wo- her alle Vergebung der Sünde im Alten Te- stamente ihre Kraft gehabt habe. 9. Da nun solcher gestalt durch die ge- doppelte, aber durch das pronomen unterschie- dene, Redens-Art auf die richterliche und auch auf die erworbene Gerechtigkeit war ge- sehen worden; so bekräftiget Paulus diesen un- terschiedenen Verstand in den folgenden Wor- ten, wenn er saget: Auf daß er gerecht sey (durch die Gnade oder Vorstellung des Gna- den-Throns, der im Blute CHristi cröffnet ist, der richterlichen Gerechtigkeit nichts vergebe) und gerecht mache den, der da ist des Glaubens an JESU, d. i. den Glaubigen das vor Gericht angenommene Löse-Geld zu- rechne. 10. Daß nun das Wort gerecht machen v. 24. 26. 28. etc. sensum forensem habe, oder so viel heisse, als das Löse-Geld zurechnen, und in Ansehung dessen vor Gericht lossprechen; be- kräftiget der gantze Context; zumal wenn man dabey den 19ten Vers erweget, da es heißt: Daß alle Welt vor dem Gerichte GOt- tes als schuldig, so den richterlichen Aus- spruch zu erwarten habe, dargestellet wird. 11. Es hat demnach der Christliche Leser diese drey Verse, den 24. 25. und 26ten, als die Hauptstelle dieses gantzen Briefes wohl zu mercken, und dabey aus dem ersten Capitel den 16ten und 17ten Vers zu conferiren. Denn hierinn lieget die Evangelische Haupt-Lehre von der durch CHristum geschehenen Erlösung, und von unserer daher rührenden Seligkeit, oder von ihrer Application in der Rechtfertigung. 12. Die würdige Betrachtung aber dieser Lehre erfodert diese Ordnung, daß wir uns, [Spaltenumbruch] nach dem vorhergehenden Paulinischen Context, in der Erkäntniß unserer Sünde und wahren Bekehrung zum Glauben bringen lassen, und durch diesen gleichsam in das durch den Tod Christi geöffnete Allerheiligste eingehen zum Gnaden-Thron, und aus der Fülle JEsu em- pfangen Gnade um Gnade, und Kraft um Kraft, die zum geistlichen Leben und göttlichen Wandel dienet. Joh. 1, 16. 2 Pet. 1, 3. Auf diese Art haben wir die Würde der geistlichen Priester, das ist, haben im Glauben die Salbung und den priesterlichen Schmuck, und damit auch das Recht ohne Unterlaß ins Heili- ge, ja ins Allerheiligste, durch den Glauben einzugehen, bis wir auch zum Schauen dahin gelangen werden. V. 27. Wo bleibet nun (da die Gerechtigkeit, Anmerckung. Es hat zwar das Gesetz diese Eigenschaft, Evan-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 3, v. 25-27. [Spaltenumbruch]
dabey ſtehet das reciprocum ἁυτοῦ, und heißtdaher: Zum Beweiſe ſeiner eigenen Ge- rechtigkeit, nemlich der richterlichen, wel- cher durch CHriſti Verſoͤhnung ein Genuͤgen geſchehen iſt: und v. 26. ſtehet das relativum, und gehet dieſes zuvorderſt auf CHriſtum, den Gnaden-Stul, wie es vorher geheiſſen hatte: έν τῶ ἀυτοῦ ἅματι, in ſeinem Blute, und denn in ſo weit mit auf den Vater, weil er uns die von CHriſto erworbene Gerechtigkeit, als wel- che im letzten Ort gemeinet iſt, zurechnet. 8. Will man aber die Worte ἐν τῷ ἀυτοῦ ἅιματι, in ſeinem Blute wegen nicht wie- derholten und auf das Wort πίστεως zuruͤck- weiſenden articuli τῆς, mit dem verbo προέϑετο conſtruiren, ſo behalten die Worte, durch den Glauben, deswegen doch ihre Kraft, daß ſich nemlich der Glaube an das Blut, oder an den Verſoͤhnungs-Tod Chriſti halte, und bekoͤmmt das verbum vorgeſtellt dagegen dieſen Nach- druck, daß GOTT in der gantzen Vor- oder Darſtellung fuͤrnemlich auf den blutigen Tod und das Loͤſe-Geld CHriſti geſehen habe, und ihn daher unſer Glaube auch zu ſeinem rechten Object oder Augen-Merck haben muͤſſe. Die letzten Worte des 25ten Verſes ſind bereits vor- her in der Paraphraſi erklaͤret worden, nemlich GOTT habe CHriſtum zum Gnaden-Stul in ſeinem Blute vvrgeſtellet, damit er zeige, wo- her alle Vergebung der Suͤnde im Alten Te- ſtamente ihre Kraft gehabt habe. 9. Da nun ſolcher geſtalt durch die ge- doppelte, aber durch das pronomen unterſchie- dene, Redens-Art auf die richterliche und auch auf die erworbene Gerechtigkeit war ge- ſehen worden; ſo bekraͤftiget Paulus dieſen un- terſchiedenen Verſtand in den folgenden Wor- ten, wenn er ſaget: Auf daß er gerecht ſey (durch die Gnade oder Vorſtellung des Gna- den-Throns, der im Blute CHriſti croͤffnet iſt, der richterlichen Gerechtigkeit nichts vergebe) und gerecht mache den, der da iſt des Glaubens an JESU, d. i. den Glaubigen das vor Gericht angenommene Loͤſe-Geld zu- rechne. 10. Daß nun das Wort gerecht machen v. 24. 26. 28. ꝛc. ſenſum forenſem habe, oder ſo viel heiſſe, als das Loͤſe-Geld zurechnen, und in Anſehung deſſen vor Gericht losſprechen; be- kraͤftiget der gantze Context; zumal wenn man dabey den 19ten Vers erweget, da es heißt: Daß alle Welt vor dem Gerichte GOt- tes als ſchuldig, ſo den richterlichen Aus- ſpruch zu erwarten habe, dargeſtellet wird. 11. Es hat demnach der Chriſtliche Leſer dieſe drey Verſe, den 24. 25. und 26ten, als die Hauptſtelle dieſes gantzen Briefes wohl zu mercken, und dabey aus dem erſten Capitel den 16ten und 17ten Vers zu conferiren. Denn hierinn lieget die Evangeliſche Haupt-Lehre von der durch CHriſtum geſchehenen Erloͤſung, und von unſerer daher ruͤhrenden Seligkeit, oder von ihrer Application in der Rechtfertigung. 12. Die wuͤrdige Betrachtung aber dieſer Lehre erfodert dieſe Ordnung, daß wir uns, [Spaltenumbruch] nach dem vorhergehenden Pauliniſchen Context, in der Erkaͤntniß unſerer Suͤnde und wahren Bekehrung zum Glauben bringen laſſen, und durch dieſen gleichſam in das durch den Tod Chriſti geoͤffnete Allerheiligſte eingehen zum Gnaden-Thron, und aus der Fuͤlle JEſu em- pfangen Gnade um Gnade, und Kraft um Kraft, die zum geiſtlichen Leben und goͤttlichen Wandel dienet. Joh. 1, 16. 2 Pet. 1, 3. Auf dieſe Art haben wir die Wuͤrde der geiſtlichen Prieſter, das iſt, haben im Glauben die Salbung und den prieſterlichen Schmuck, und damit auch das Recht ohne Unterlaß ins Heili- ge, ja ins Allerheiligſte, durch den Glauben einzugehen, bis wir auch zum Schauen dahin gelangen werden. V. 27. Wo bleibet nun (da die Gerechtigkeit, Anmerckung. Es hat zwar das Geſetz dieſe Eigenſchaft, Evan-
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 3, v. 25-27.
dabey ſtehet das reciprocum ἁυτοῦ, und heißt
daher: Zum Beweiſe ſeiner eigenen Ge-
rechtigkeit, nemlich der richterlichen, wel-
cher durch CHriſti Verſoͤhnung ein Genuͤgen
geſchehen iſt: und v. 26. ſtehet das relativum,
und gehet dieſes zuvorderſt auf CHriſtum, den
Gnaden-Stul, wie es vorher geheiſſen hatte:
έν τῶ ἀυτοῦ ἅματι, in ſeinem Blute, und denn
in ſo weit mit auf den Vater, weil er uns die
von CHriſto erworbene Gerechtigkeit, als wel-
che im letzten Ort gemeinet iſt, zurechnet.
8. Will man aber die Worte ἐν τῷ ἀυτοῦ
ἅιματι, in ſeinem Blute wegen nicht wie-
derholten und auf das Wort πίστεως zuruͤck-
weiſenden articuli τῆς, mit dem verbo προέϑετο
conſtruiren, ſo behalten die Worte, durch den
Glauben, deswegen doch ihre Kraft, daß ſich
nemlich der Glaube an das Blut, oder an den
Verſoͤhnungs-Tod Chriſti halte, und bekoͤmmt
das verbum vorgeſtellt dagegen dieſen Nach-
druck, daß GOTT in der gantzen Vor- oder
Darſtellung fuͤrnemlich auf den blutigen Tod
und das Loͤſe-Geld CHriſti geſehen habe, und
ihn daher unſer Glaube auch zu ſeinem rechten
Object oder Augen-Merck haben muͤſſe. Die
letzten Worte des 25ten Verſes ſind bereits vor-
her in der Paraphraſi erklaͤret worden, nemlich
GOTT habe CHriſtum zum Gnaden-Stul in
ſeinem Blute vvrgeſtellet, damit er zeige, wo-
her alle Vergebung der Suͤnde im Alten Te-
ſtamente ihre Kraft gehabt habe.
9. Da nun ſolcher geſtalt durch die ge-
doppelte, aber durch das pronomen unterſchie-
dene, Redens-Art auf die richterliche und
auch auf die erworbene Gerechtigkeit war ge-
ſehen worden; ſo bekraͤftiget Paulus dieſen un-
terſchiedenen Verſtand in den folgenden Wor-
ten, wenn er ſaget: Auf daß er gerecht ſey
(durch die Gnade oder Vorſtellung des Gna-
den-Throns, der im Blute CHriſti croͤffnet iſt,
der richterlichen Gerechtigkeit nichts vergebe)
und gerecht mache den, der da iſt des
Glaubens an JESU, d. i. den Glaubigen
das vor Gericht angenommene Loͤſe-Geld zu-
rechne.
10. Daß nun das Wort gerecht machen
v. 24. 26. 28. ꝛc. ſenſum forenſem habe, oder ſo
viel heiſſe, als das Loͤſe-Geld zurechnen, und
in Anſehung deſſen vor Gericht losſprechen; be-
kraͤftiget der gantze Context; zumal wenn man
dabey den 19ten Vers erweget, da es heißt:
Daß alle Welt vor dem Gerichte GOt-
tes als ſchuldig, ſo den richterlichen Aus-
ſpruch zu erwarten habe, dargeſtellet
wird.
11. Es hat demnach der Chriſtliche Leſer
dieſe drey Verſe, den 24. 25. und 26ten, als
die Hauptſtelle dieſes gantzen Briefes wohl zu
mercken, und dabey aus dem erſten Capitel den
16ten und 17ten Vers zu conferiren. Denn
hierinn lieget die Evangeliſche Haupt-Lehre von
der durch CHriſtum geſchehenen Erloͤſung, und
von unſerer daher ruͤhrenden Seligkeit, oder
von ihrer Application in der Rechtfertigung.
12. Die wuͤrdige Betrachtung aber dieſer
Lehre erfodert dieſe Ordnung, daß wir uns,
nach dem vorhergehenden Pauliniſchen Context,
in der Erkaͤntniß unſerer Suͤnde und wahren
Bekehrung zum Glauben bringen laſſen, und
durch dieſen gleichſam in das durch den Tod
Chriſti geoͤffnete Allerheiligſte eingehen zum
Gnaden-Thron, und aus der Fuͤlle JEſu em-
pfangen Gnade um Gnade, und Kraft um
Kraft, die zum geiſtlichen Leben und goͤttlichen
Wandel dienet. Joh. 1, 16. 2 Pet. 1, 3. Auf
dieſe Art haben wir die Wuͤrde der geiſtlichen
Prieſter, das iſt, haben im Glauben die
Salbung und den prieſterlichen Schmuck, und
damit auch das Recht ohne Unterlaß ins Heili-
ge, ja ins Allerheiligſte, durch den Glauben
einzugehen, bis wir auch zum Schauen dahin
gelangen werden.
V. 27.
Wo bleibet nun (da die Gerechtigkeit,
damit wir vor GOtt beſtehen, ſamt aller Se-
ligkeit, allein auf CHriſti Verſoͤhnung gegruͤn-
det iſt, und durch den Glauben aus lauter Gna-
de erhalten werden muß, nach v. 24, 25. 26.)
der Ruhm, (nemlich eigner Gerechtigkeit, und
beſonderer Juͤdiſcher Vorrechte, als wenn man
damit ohne die Erloͤſung eines Mittlers vor
GOTT beſtehen, nnd alſo aus ſeinem eignen
Verdienſte die Rechtfertigung vor GOTT er-
langen koͤnne.) Er iſt aus (iſt hier gantz
ausgeſchloſſen, und faͤllt gaͤntzlich dahin, alſo
daß dem, der damit ausbrechen wolle, der
Mund verſtopfet wird v. 17.) durch welches
Geſetz (durch welche Lehre, oder welches Theil
heiliger Schrift; welche auch uͤberhaupt den
Namen des Geſetzes fuͤhret: ſiehe Joh. 7, 49.
ꝛc. nach der Hebraͤiſchen Redens-Art Jeſ. 2, 3.
ꝛc.) durch der Wercke Geſetz, (durch das
Geſetz, ſo die Wercke, und zwar die vollkom-
menen, fodert:) nicht alſo (denn die Wer-
cke laſſen dem Menſchen noch einigen Ruhm
der eignen Gerechtigkeit; und da das Geſetz
denen, die es halten, das ewige Leben ver-
ſpricht; ſo faͤllt ein Menſch, der noch nicht ei-
gentlich einſiehet, theils die Strenge der geſetz-
lichen Forderung, theils ſeine Unmoͤglichkeit der
vollkommnen Leiſtung, auf die Meinung der eig-
nen Gerechtigkeit, daß er mit jenem Phariſaͤer
ſagt: Das habe ich gehalten von meiner Ju-
gend auf, was fehlet mir noch Matth. 19, 20.)
ſondern durch des Glaubens Geſetz (durch
die Lehre und den Theil der heiligen Schrift,
welche uns das Evangelium anpreiſet und den
Glauben fordert, und zwar alſo, daß wir durch
denſelben uns als Delinquenten und arme Bett-
ler ſollen zum Gnaden-Thron nahen, und alle
Seligkeit aus Gnaden empfangen. Welches
Geſetz des Glaubens c. 8, 2. heißt das Geſetz
des Geiſtes: und Jacobus nennet es Cap. 1,
v. 25. das Geſetz der Freyheit.)
Anmerckung.
Es hat zwar das Geſetz dieſe Eigenſchaft,
daß es zur Erkaͤntniß der Suͤnden bringt, und
alſo den Suͤnder niederſchlaͤget: allein zu dieſer
Wirckung koͤmmt es bey den wenigſten; zumal
ohne den kraͤftigen Einfluß und Gebrauch des
Evan-
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