Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 3, 22-25. [Spaltenumbruch]
erste, als welches mit dem auf GOTT gerichte-ten guten Gewissen wohl bestehen kan, und eine Frucht der rechten Treue ist. 4. Die Einfalt des Hertzens stehet alhier der Schalckheit, Arglistigkeit und Verstellung entgegen, da das Hertz im Dienste viel anders gesinnet ist, als mit der äusserlichen Bezeugung vorgegeben wird. Wo aber die innerliche Ab- sicht und Treue mit der äusserlichen, oder würck- lichen That recht harmoniret und zusammen trift, das ist die Einfalt. 5. Keine Einfalt aber des Hertzens ist rechter Art, als welche die Furcht GOttes zum Grunde hat. Darum Paulus beydes zusam- men setzet. 6. Was für ein grosser Segen von der Christlichen Religion sich durch alle Stände und Societäten ergiesse, das siehet man alhier unter andern aus dem, wozu sich die Knechte und Her- ren, auch Ehe-Leute, wie auch Eltern und Kin- der die Furcht GOttes sollen dienen lassen. Wenn die Heiden diese und dergleichen Ermah- nungen mehr in den apostolischen Briefen gele- sen haben, so haben sie auch daher eine Ehrerbie- tung und Liebe gegen die Christliche Religion fassen können; zumal wenn sie die würckliche Ubung davon an den Christlichen Dienstboten, auch Eltern und Kindern, u. s. w. gesehen haben. V. 23. Und was ihr thut, das thut von Her- Anmerckungen. 1. Hier schärfet der Apostel das, was er von der Einfalt und von der Furcht des HErrn gesa- get hatte, noch mit mehrern ein. Denn es ist eine sehr wichtige Sache: und das Gegentheil ist bey unserer verderbten Natur also beschaffen, daß man dazu leichtlich kan versuchet werden. 2. Es lieget auch hierinn eine allgemeine Regel für alle Handlungen, daß man das, was man zu thun schuldig ist, von Hertzen thue, als dem HERRN, vor dessen allsehenden Augen man sich in allen Dingen und Wegen befin- det. 3. Die Verneinung, nicht den Men- schen, ist von einer Vergleichung zu verstehen; nemlich daß der Dienst mehr auf GOtt gerichtet sey, als auf die Menschen: wiewol, so fern er aus dem guten Grunde des Hertzens kömmt, und er nach dem Haupt-Zwecke betrachtet wird, und auf die Bewahrung des guten Gewissens gehet, so hat es der Dienst nur eigentlich mit GOTT allein zu thun. V. 24. 25. Und wisset, daß ihr von dem HErrn Anmerckungen. 1. Der Apostel beziehet sich auf das, was [Spaltenumbruch] den Christlichen Knechten schon bekannt war. Daraus man siehet, wie wohl sie gleich bey ih- rer ersten Bekehrung von allen Puncten nicht allein der Glaubens-Geheimnissen, sondern auch der Lebens-Pflichten sind unterrichtet worden. 2. Die Vergeltung des Erbes ist die Vergeltung, welche in dem Erbe bestehet. Es setzet der Apostel das Erbe, und folglich auch die geistliche Kindschaft bey GOtt der leibli- chen Knechtschaft entgegen, als welcher keine Erbschaft, die nur allein für die Kinder und An- verwandten gehöret, zu theil wird. 3. Jst aber die Seligkeit ein Erbe, und zwar der Kinder, so ist sie kein Verdienst der Wercke. Eine Vergeltung aber heißt sie in Ansehung der Treue, welche GOTT nach seiner Verheissung aus Gnaden belohnet. 4. Es kan demnach ein Christe die künftige Gnaden-Belohnung sich gar wohl zum Antriebe seiner Treue dienen lassen; dabey doch aber der Haupt-Antrieb der Glaube an GOTT in der Liebe und Bewahrung des guten Gewissens blei- ben muß. 5. Wer solte es wohl gedacht haben, daß, wenn man es nicht alhier und in den Parallel-Or- ten läse, die so geringen und verächtlichen Dien- ste der leibeigenen Knechte und Mägde, wenn sie in der Furcht GOttes geheiliget werden, eine so grosse u. theure Verheissung solten vor sich haben? Wenn dieses Dienst-Boten bedächten, würden sie gewiß mehrere Treue erweisen, als man von den meisten erfähret. 6. Es lieget demnach hierinn ein grosser Trost für alle in der Welt so gering geachtete Dienst-Boten und Tage-Löhner, auch alle an- dere mit geringer Arbeit beschäftigte Leute. Welches ihnen die öffentliche Lehrer wohl ein- zuschärfen haben, damit man sie dadurch erwe- cke, und zeige, wie hoch nöthig es sey, daß sie zu- vorderst GOtt fürchten, um auch für ihre äusser- lichen Dienste einen geistlichen Lohn von GOtt aus Gnaden zu erlangen. 7. Ob wir gleich die Belohnung aus Gna- den empfangen, so empfänget man doch die Strafe nach Verdienst, weil die Sünde unser eigen ist; das Gute aber, das wir thun, eine Frucht der Gnade GOttes in uns, und dazu unvollkommen. 8. Gleichwie GOtt bey der Herrschaft ihre Auctorität nicht ansiehet, daß er ihr deßwegen das wider Dienst-Boten und auch sonst began- genes Unrecht, zu gute halte: also wird er auch deßwegen, weil die Dienst-Boten alhier ge- meiniglich sehr wenig geachtet und schlecht sind gehalten worden, ihrer, wenn sie in aller Un- treue geblieben sind, nicht schonen, und ihre Sünden ungestrafet hingehen lassen. Denn was der Mensch säet, das wird er erndten, er sey, wer er wolle. Siehe Rom. 2, 10. 11. 2 Cor. 5, 6. 1 Pet. 1, 17. u. s. w. Der erste Vers des vier- ten Capitels läßt sich am füglichsten zum Be- schluß des dritten Capitels bringen: als der zu der bisherigen Materie gehöret und also lautet: V. 26.
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 3, 22-25. [Spaltenumbruch]
erſte, als welches mit dem auf GOTT gerichte-ten guten Gewiſſen wohl beſtehen kan, und eine Frucht der rechten Treue iſt. 4. Die Einfalt des Hertzens ſtehet alhier der Schalckheit, Argliſtigkeit und Verſtellung entgegen, da das Hertz im Dienſte viel anders geſinnet iſt, als mit der aͤuſſerlichen Bezeugung vorgegeben wird. Wo aber die innerliche Ab- ſicht und Treue mit der aͤuſſerlichen, oder wuͤrck- lichen That recht harmoniret und zuſammen trift, das iſt die Einfalt. 5. Keine Einfalt aber des Hertzens iſt rechter Art, als welche die Furcht GOttes zum Grunde hat. Darum Paulus beydes zuſam- men ſetzet. 6. Was fuͤr ein groſſer Segen von der Chriſtlichen Religion ſich durch alle Staͤnde und Societaͤten ergieſſe, das ſiehet man alhier unter andern aus dem, wozu ſich die Knechte und Her- ren, auch Ehe-Leute, wie auch Eltern und Kin- der die Furcht GOttes ſollen dienen laſſen. Wenn die Heiden dieſe und dergleichen Ermah- nungen mehr in den apoſtoliſchen Briefen gele- ſen haben, ſo haben ſie auch daher eine Ehrerbie- tung und Liebe gegen die Chriſtliche Religion faſſen koͤnnen; zumal wenn ſie die wuͤrckliche Ubung davon an den Chriſtlichen Dienſtboten, auch Eltern und Kindern, u. ſ. w. geſehen haben. V. 23. Und was ihr thut, das thut von Her- Anmerckungen. 1. Hier ſchaͤrfet der Apoſtel das, was er von der Einfalt und von der Furcht des HErrn geſa- get hatte, noch mit mehrern ein. Denn es iſt eine ſehr wichtige Sache: und das Gegentheil iſt bey unſerer verderbten Natur alſo beſchaffen, daß man dazu leichtlich kan verſuchet werden. 2. Es lieget auch hierinn eine allgemeine Regel fuͤr alle Handlungen, daß man das, was man zu thun ſchuldig iſt, von Hertzen thue, als dem HERRN, vor deſſen allſehenden Augen man ſich in allen Dingen und Wegen befin- det. 3. Die Verneinung, nicht den Men- ſchen, iſt von einer Vergleichung zu verſtehen; nemlich daß der Dienſt mehr auf GOtt gerichtet ſey, als auf die Menſchen: wiewol, ſo fern er aus dem guten Grunde des Hertzens koͤmmt, und er nach dem Haupt-Zwecke betrachtet wird, und auf die Bewahrung des guten Gewiſſens gehet, ſo hat es der Dienſt nur eigentlich mit GOTT allein zu thun. V. 24. 25. Und wiſſet, daß ihr von dem HErrn Anmerckungen. 1. Der Apoſtel beziehet ſich auf das, was [Spaltenumbruch] den Chriſtlichen Knechten ſchon bekannt war. Daraus man ſiehet, wie wohl ſie gleich bey ih- rer erſten Bekehrung von allen Puncten nicht allein der Glaubens-Geheimniſſen, ſondern auch der Lebens-Pflichten ſind unterrichtet worden. 2. Die Vergeltung des Erbes iſt die Vergeltung, welche in dem Erbe beſtehet. Es ſetzet der Apoſtel das Erbe, und folglich auch die geiſtliche Kindſchaft bey GOtt der leibli- chen Knechtſchaft entgegen, als welcher keine Erbſchaft, die nur allein fuͤr die Kinder und An- verwandten gehoͤret, zu theil wird. 3. Jſt aber die Seligkeit ein Erbe, und zwar der Kinder, ſo iſt ſie kein Verdienſt der Wercke. Eine Vergeltung aber heißt ſie in Anſehung der Treue, welche GOTT nach ſeiner Verheiſſung aus Gnaden belohnet. 4. Es kan demnach ein Chriſte die kuͤnftige Gnaden-Belohnung ſich gar wohl zum Antriebe ſeiner Treue dienen laſſen; dabey doch aber der Haupt-Antrieb der Glaube an GOTT in der Liebe und Bewahrung des guten Gewiſſens blei- ben muß. 5. Wer ſolte es wohl gedacht haben, daß, wenn man es nicht alhier und in den Parallel-Or- ten laͤſe, die ſo geringen und veraͤchtlichen Dien- ſte der leibeigenen Knechte und Maͤgde, wenn ſie in der Furcht GOttes geheiliget werden, eine ſo groſſe u. theure Verheiſſung ſolten vor ſich haben? Wenn dieſes Dienſt-Boten bedaͤchten, wuͤrden ſie gewiß mehrere Treue erweiſen, als man von den meiſten erfaͤhret. 6. Es lieget demnach hierinn ein groſſer Troſt fuͤr alle in der Welt ſo gering geachtete Dienſt-Boten und Tage-Loͤhner, auch alle an- dere mit geringer Arbeit beſchaͤftigte Leute. Welches ihnen die oͤffentliche Lehrer wohl ein- zuſchaͤrfen haben, damit man ſie dadurch erwe- cke, und zeige, wie hoch noͤthig es ſey, daß ſie zu- vorderſt GOtt fuͤrchten, um auch fuͤr ihre aͤuſſer- lichen Dienſte einen geiſtlichen Lohn von GOtt aus Gnaden zu erlangen. 7. Ob wir gleich die Belohnung aus Gna- den empfangen, ſo empfaͤnget man doch die Strafe nach Verdienſt, weil die Suͤnde unſer eigen iſt; das Gute aber, das wir thun, eine Frucht der Gnade GOttes in uns, und dazu unvollkommen. 8. Gleichwie GOtt bey der Herrſchaft ihre Auctoritaͤt nicht anſiehet, daß er ihr deßwegen das wider Dienſt-Boten und auch ſonſt began- genes Unrecht, zu gute halte: alſo wird er auch deßwegen, weil die Dienſt-Boten alhier ge- meiniglich ſehr wenig geachtet und ſchlecht ſind gehalten worden, ihrer, wenn ſie in aller Un- treue geblieben ſind, nicht ſchonen, und ihre Suͤnden ungeſtrafet hingehen laſſen. Denn was der Menſch ſaͤet, das wird er erndten, er ſey, wer er wolle. Siehe Rom. 2, 10. 11. 2 Cor. 5, 6. 1 Pet. 1, 17. u. ſ. w. Der erſte Vers des vier- ten Capitels laͤßt ſich am fuͤglichſten zum Be- ſchluß des dritten Capitels bringen: als der zu der bisherigen Materie gehoͤret und alſo lautet: V. 26.
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 3, 22-25.
erſte, als welches mit dem auf GOTT gerichte-
ten guten Gewiſſen wohl beſtehen kan, und eine
Frucht der rechten Treue iſt.
4. Die Einfalt des Hertzens ſtehet alhier
der Schalckheit, Argliſtigkeit und Verſtellung
entgegen, da das Hertz im Dienſte viel anders
geſinnet iſt, als mit der aͤuſſerlichen Bezeugung
vorgegeben wird. Wo aber die innerliche Ab-
ſicht und Treue mit der aͤuſſerlichen, oder wuͤrck-
lichen That recht harmoniret und zuſammen trift,
das iſt die Einfalt.
5. Keine Einfalt aber des Hertzens iſt
rechter Art, als welche die Furcht GOttes zum
Grunde hat. Darum Paulus beydes zuſam-
men ſetzet.
6. Was fuͤr ein groſſer Segen von der
Chriſtlichen Religion ſich durch alle Staͤnde und
Societaͤten ergieſſe, das ſiehet man alhier unter
andern aus dem, wozu ſich die Knechte und Her-
ren, auch Ehe-Leute, wie auch Eltern und Kin-
der die Furcht GOttes ſollen dienen laſſen.
Wenn die Heiden dieſe und dergleichen Ermah-
nungen mehr in den apoſtoliſchen Briefen gele-
ſen haben, ſo haben ſie auch daher eine Ehrerbie-
tung und Liebe gegen die Chriſtliche Religion
faſſen koͤnnen; zumal wenn ſie die wuͤrckliche
Ubung davon an den Chriſtlichen Dienſtboten,
auch Eltern und Kindern, u. ſ. w. geſehen haben.
V. 23.
Und was ihr thut, das thut von Her-
tzen, als dem HERRN, und nicht den
Menſchen.
Anmerckungen.
1. Hier ſchaͤrfet der Apoſtel das, was er von
der Einfalt und von der Furcht des HErrn geſa-
get hatte, noch mit mehrern ein. Denn es iſt
eine ſehr wichtige Sache: und das Gegentheil
iſt bey unſerer verderbten Natur alſo beſchaffen,
daß man dazu leichtlich kan verſuchet werden.
2. Es lieget auch hierinn eine allgemeine
Regel fuͤr alle Handlungen, daß man das, was
man zu thun ſchuldig iſt, von Hertzen thue, als
dem HERRN, vor deſſen allſehenden Augen
man ſich in allen Dingen und Wegen befin-
det.
3. Die Verneinung, nicht den Men-
ſchen, iſt von einer Vergleichung zu verſtehen;
nemlich daß der Dienſt mehr auf GOtt gerichtet
ſey, als auf die Menſchen: wiewol, ſo fern er
aus dem guten Grunde des Hertzens koͤmmt, und
er nach dem Haupt-Zwecke betrachtet wird, und
auf die Bewahrung des guten Gewiſſens gehet,
ſo hat es der Dienſt nur eigentlich mit GOTT
allein zu thun.
V. 24. 25.
Und wiſſet, daß ihr von dem HErrn
empfahen werdet die Vergeltung des Er-
bes: denn ihr dienet dem HErrn CHriſto.
V. 25. Wer aber Unrecht thut, der wird
empfahen, was er unrecht gethan hat:
und gilt kein Anſehen der Perſon.
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel beziehet ſich auf das, was
den Chriſtlichen Knechten ſchon bekannt war.
Daraus man ſiehet, wie wohl ſie gleich bey ih-
rer erſten Bekehrung von allen Puncten nicht
allein der Glaubens-Geheimniſſen, ſondern
auch der Lebens-Pflichten ſind unterrichtet
worden.
2. Die Vergeltung des Erbes iſt die
Vergeltung, welche in dem Erbe beſtehet. Es
ſetzet der Apoſtel das Erbe, und folglich auch
die geiſtliche Kindſchaft bey GOtt der leibli-
chen Knechtſchaft entgegen, als welcher keine
Erbſchaft, die nur allein fuͤr die Kinder und An-
verwandten gehoͤret, zu theil wird.
3. Jſt aber die Seligkeit ein Erbe, und
zwar der Kinder, ſo iſt ſie kein Verdienſt der
Wercke. Eine Vergeltung aber heißt ſie in
Anſehung der Treue, welche GOTT nach
ſeiner Verheiſſung aus Gnaden belohnet.
4. Es kan demnach ein Chriſte die kuͤnftige
Gnaden-Belohnung ſich gar wohl zum Antriebe
ſeiner Treue dienen laſſen; dabey doch aber der
Haupt-Antrieb der Glaube an GOTT in der
Liebe und Bewahrung des guten Gewiſſens blei-
ben muß.
5. Wer ſolte es wohl gedacht haben, daß,
wenn man es nicht alhier und in den Parallel-Or-
ten laͤſe, die ſo geringen und veraͤchtlichen Dien-
ſte der leibeigenen Knechte und Maͤgde, wenn ſie
in der Furcht GOttes geheiliget werden, eine ſo
groſſe u. theure Verheiſſung ſolten vor ſich haben?
Wenn dieſes Dienſt-Boten bedaͤchten, wuͤrden
ſie gewiß mehrere Treue erweiſen, als man von
den meiſten erfaͤhret.
6. Es lieget demnach hierinn ein groſſer
Troſt fuͤr alle in der Welt ſo gering geachtete
Dienſt-Boten und Tage-Loͤhner, auch alle an-
dere mit geringer Arbeit beſchaͤftigte Leute.
Welches ihnen die oͤffentliche Lehrer wohl ein-
zuſchaͤrfen haben, damit man ſie dadurch erwe-
cke, und zeige, wie hoch noͤthig es ſey, daß ſie zu-
vorderſt GOtt fuͤrchten, um auch fuͤr ihre aͤuſſer-
lichen Dienſte einen geiſtlichen Lohn von GOtt
aus Gnaden zu erlangen.
7. Ob wir gleich die Belohnung aus Gna-
den empfangen, ſo empfaͤnget man doch die
Strafe nach Verdienſt, weil die Suͤnde unſer
eigen iſt; das Gute aber, das wir thun, eine
Frucht der Gnade GOttes in uns, und dazu
unvollkommen.
8. Gleichwie GOtt bey der Herrſchaft ihre
Auctoritaͤt nicht anſiehet, daß er ihr deßwegen
das wider Dienſt-Boten und auch ſonſt began-
genes Unrecht, zu gute halte: alſo wird er auch
deßwegen, weil die Dienſt-Boten alhier ge-
meiniglich ſehr wenig geachtet und ſchlecht ſind
gehalten worden, ihrer, wenn ſie in aller Un-
treue geblieben ſind, nicht ſchonen, und ihre
Suͤnden ungeſtrafet hingehen laſſen. Denn
was der Menſch ſaͤet, das wird er erndten, er ſey,
wer er wolle. Siehe Rom. 2, 10. 11. 2 Cor. 5,
6. 1 Pet. 1, 17. u. ſ. w. Der erſte Vers des vier-
ten Capitels laͤßt ſich am fuͤglichſten zum Be-
ſchluß des dritten Capitels bringen: als der
zu der bisherigen Materie gehoͤret und alſo
lautet:
V. 26.
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