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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 4, v. 2 3. an die Römer.
[Spaltenumbruch] 26.) daß er funden (erlanget) habe, (für
sich und seine Nachkommen im Jüdenthum,)
nach dem Fleisch, (ausser dem Meßia, nach
eignem Verdienste seiner Opfer und Wercke in
seinem Gottesdienste und übrigen Leben, auch
nach dem Vorrechte der Beschneidung. d. i. er
hat solcher Gestalt nichts gefunden, oder vor sich
gehabt.)

Anmerckung.

1. Wie sehr und vergeblich die Juden auf
Abraham, als ihren Stamm-Vater, sich ver-
lassen, und sich seiner gerühmet haben, siehet
man sonderlich Matth. 3, 9. da unser Heiland
ihnen solche falsche Stütze hinweg nimmt, wenn
er spricht: Dencket nur nicht, daß ihr bey
euch sagen wollet: wir haben Abraham
zum Vater,
u. s. w. Jmgleichen Joh. 6, 33.
da sie Christo gegen die bezeugete Wahrheit ant-
worteten: Wir sind Abrahams Saamen - -
Ferner v. 39. Abraham ist unser Vater.
Darauf unser Heiland spricht: Wenn ihr
Abrahams Kinder wäret, so thätet ihr
Abrahams Wercke
u. s. f. Daß die Redens-
Art nach dem Fleische alhie von dem äusserli-
chen Stande und dessen Jüdischen Vorrechten
verstanden wird, siehet man aus der Sache
selbst und andern Schrift-Stellen, als 1 Cor. 1,
26. c. 10, 18. 2 Cor. 5, 16. Gal. 3, 3. c. 6, 12.
13. Phil. 3, 3. 4. Siehe auch Hebr. 9, 10. 13.
imgleichen in diesem Briefe an die Römer c. 2,
28. 29. alwo die Beschneidung nach dem
Geiste der nach dem Fleische
entgegen gesetzet
wird.

V. 2.

Das sagen wir: Jst Abraham durch
die Wercke gerecht:
Gr. Denn so Abra-
ham durch die Wercke
(oder aus den Wer-
cken) gerecht worden (gerecht von und vor
Menschen erkannt worden, also daß er allewege
sein Licht vor den Leuten in einem heiligen Wan-
del leuchten lassen so hat er (sein Exempel noch
itzo, gleichwie seine Person vor dem) wohl
Ruhm
(ein gutes Lob und Nachruhm aus sol-
chen seinen Wercken) aber nicht vor GOTT
(daß er damit bey ihm die Gerechtigkeit oder die
Gnade der Kindschaft und die ewige Seligkeit
erlanget hätte, und damit ohne den Glauben an
den Meßiam vor ihm habe bestehen können.)

Anmerckungen.
1. Ein anders ist gerechtfertiget, oder für
gerecht erkannt und gepriesen werden vor und
von Menschen;
ein anders vor und von
GOtt:
als auf welchen Unterscheid Paulus
alhier weiset.
2. Jenes kan geschehen aus den Wercken;
als welche ie rechtschaffner sie sind, ie mehr fal-
len sie den Menschen ins Auge, und gereichen
zum wohlverdienten Nachruhm. Dieses aber,
nemlich vor GOtt für gerecht erkannt werden,
nemlich also, daß GOtt nichts verdammliches
mehr, sondern dasjenige an uns finde, womit
wir vor seinem Gerichte ohne den Glauben an
den Meßiam bestehen könten, kan aus den
[Spaltenumbruch] Wercken nicht geschehen, oder durch die Wer-
cke nicht erhalten werden: sintemal sie theils gar
zu unvollkommen sind, wenn sie auch gleich die
rechte Güte in sich haben; theils auch nicht aus
unsern eignen Kräften herrühren, sondern aus
der Gnaden-Kraft GOttes; und also nicht so
wol unsere eigene Wercke, die uns selig machen
könten, als GOttes Wercke in uns sind, die
von der aus Gnaden in Christo zubereiteten auch
schon zugeeigneten Seligkeit zeugen.
3. Paulus weiset uns alhie dergestalt auf
den Unterscheid vom gerecht oder gerechtfertiget
werden von und vor Menschen, und vor
und von GOtt,
daß er jenes dem Abraham
gar nicht abspricht, sondern vielmehr beyleget,
dieses aber ihm aberkennet.
4. Und auf diese Art läßt sich Pauli Aus-
spruch mit dem Ausspruche Jacobi von der
Rechtfertigung Abrahams gar wohl conciliiren.
Denn was alhie Paulus dem Abraham von der
Rechtfertigung aus den Wercken vor und von
Menschen
so gar nicht abspricht, daß er es ih-
me vielmehr nicht undeutlich zuschreibet, davon
handelt Jacobus c. 2, 21. 22. mit mehrern;
sonderlich da er sahe, daß so manche sich nur
falschlich auf Abrahams Glauben beriefen, aber
ihren Glauben gar nicht durch die Wercke vor
Menschen erwiesen, und mit solchem ihrem ein-
gebildeten und gantz lieb- und wercklosen Glauben
vor GOtt bestehen und selig werden wolten.
5. Und solcher Gestalt sehen wir den eigent-
lichen Verstand der Worte Jacobi, wenn er
c. 2, 20. spricht: Jst nicht Abraham, unser
Vater, durch die Wercke gerecht
(erfunden
erkannt und gerühmet) worden (vor und von
Menschen) als er seinen Sohn auf dem Al-
tar opferte
(und mit solchem seinem Gehorsam
seinen Glauben an den Meßiam, und also auch
die geschenckte Glaubens-Gerechtigkeit erwies?
Ein mehrers davon sehe man in der Auslegung
der Epistel Jacobi an solchem Orte.
V. 3.

Denn was saget die Schrift (Gen 15,
6. saget sie nicht mit gar grossem Nachdruck:)
Abraham hat GOtt (in denen verheissungen,
daß er solte einen Sohn haben, aus dessen Nach-
kommen der Meßias, als der schon längst verheis-
sene Heyland der Welt, solte gebohren, und das
gantze menschliche Geschlecht in ihm und durch
ihn gesegnet und selig werden) geglaubet (und
zwar nicht erst zu der Zeit, als die Verheissungen
Gen. 15. wiederhohlet und ihm bestätiget wur-
den, sondern auch gleich von dem ersten Anfan-
ge, da sie ihm gegeben sind, nemlich als er aus
Chaldäa in Canaan zu gehen beordert wurde
Gen. 12, 1. seqq) und das (daß er solchen Ver-
heissungen, und insonderheit dem rechten Kern
derselben von dem allgemeinen Welt Heyland
und Erlöser, also geglaubet, daß er sich die zu-
künftige Erlösung des Meßiä, vermöge der ge-
wissen Verheissungen dergestalt zugeeignet, als
wenn sie schon würcklich geschehen wäre) ist ihm
zur Gerechtigkeit
(und also zur Glaubens-
Gerechtigkeit, die er durch den Glauben an den
Meßiam hatte, und die von seiner unvollkom-

menen
H 2

Cap. 4, v. 2 3. an die Roͤmer.
[Spaltenumbruch] 26.) daß er funden (erlanget) habe, (fuͤr
ſich und ſeine Nachkommen im Juͤdenthum,)
nach dem Fleiſch, (auſſer dem Meßia, nach
eignem Verdienſte ſeiner Opfer und Wercke in
ſeinem Gottesdienſte und uͤbrigen Leben, auch
nach dem Vorrechte der Beſchneidung. d. i. er
hat ſolcher Geſtalt nichts gefunden, oder vor ſich
gehabt.)

Anmerckung.

1. Wie ſehr und vergeblich die Juden auf
Abraham, als ihren Stamm-Vater, ſich ver-
laſſen, und ſich ſeiner geruͤhmet haben, ſiehet
man ſonderlich Matth. 3, 9. da unſer Heiland
ihnen ſolche falſche Stuͤtze hinweg nimmt, wenn
er ſpricht: Dencket nur nicht, daß ihr bey
euch ſagen wollet: wir haben Abraham
zum Vater,
u. ſ. w. Jmgleichen Joh. 6, 33.
da ſie Chriſto gegen die bezeugete Wahrheit ant-
worteten: Wir ſind Abrahams Saamen ‒ ‒
Ferner v. 39. Abraham iſt unſer Vater.
Darauf unſer Heiland ſpricht: Wenn ihr
Abrahams Kinder waͤret, ſo thaͤtet ihr
Abrahams Wercke
u. ſ. f. Daß die Redens-
Art nach dem Fleiſche alhie von dem aͤuſſerli-
chen Stande und deſſen Juͤdiſchen Vorrechten
verſtanden wird, ſiehet man aus der Sache
ſelbſt und andern Schrift-Stellen, als 1 Cor. 1,
26. c. 10, 18. 2 Cor. 5, 16. Gal. 3, 3. c. 6, 12.
13. Phil. 3, 3. 4. Siehe auch Hebr. 9, 10. 13.
imgleichen in dieſem Briefe an die Roͤmer c. 2,
28. 29. alwo die Beſchneidung nach dem
Geiſte der nach dem Fleiſche
entgegen geſetzet
wird.

V. 2.

Das ſagen wir: Jſt Abraham durch
die Wercke gerecht:
Gr. Denn ſo Abra-
ham durch die Wercke
(oder aus den Wer-
cken) gerecht worden (gerecht von und vor
Menſchen erkannt worden, alſo daß er allewege
ſein Licht vor den Leuten in einem heiligen Wan-
del leuchten laſſen ſo hat er (ſein Exempel noch
itzo, gleichwie ſeine Perſon vor dem) wohl
Ruhm
(ein gutes Lob und Nachruhm aus ſol-
chen ſeinen Wercken) aber nicht vor GOTT
(daß er damit bey ihm die Gerechtigkeit oder die
Gnade der Kindſchaft und die ewige Seligkeit
erlanget haͤtte, und damit ohne den Glauben an
den Meßiam vor ihm habe beſtehen koͤnnen.)

Anmerckungen.
1. Ein anders iſt gerechtfertiget, oder fuͤr
gerecht erkannt und geprieſen werden vor und
von Menſchen;
ein anders vor und von
GOtt:
als auf welchen Unterſcheid Paulus
alhier weiſet.
2. Jenes kan geſchehen aus den Wercken;
als welche ie rechtſchaffner ſie ſind, ie mehr fal-
len ſie den Menſchen ins Auge, und gereichen
zum wohlverdienten Nachruhm. Dieſes aber,
nemlich vor GOtt fuͤr gerecht erkannt werden,
nemlich alſo, daß GOtt nichts verdammliches
mehr, ſondern dasjenige an uns finde, womit
wir vor ſeinem Gerichte ohne den Glauben an
den Meßiam beſtehen koͤnten, kan aus den
[Spaltenumbruch] Wercken nicht geſchehen, oder durch die Wer-
cke nicht erhalten werden: ſintemal ſie theils gar
zu unvollkommen ſind, wenn ſie auch gleich die
rechte Guͤte in ſich haben; theils auch nicht aus
unſern eignen Kraͤften herruͤhren, ſondern aus
der Gnaden-Kraft GOttes; und alſo nicht ſo
wol unſere eigene Wercke, die uns ſelig machen
koͤnten, als GOttes Wercke in uns ſind, die
von der aus Gnaden in Chriſto zubereiteten auch
ſchon zugeeigneten Seligkeit zeugen.
3. Paulus weiſet uns alhie dergeſtalt auf
den Unterſcheid vom gerecht oder gerechtfertiget
werden von und vor Menſchen, und vor
und von GOtt,
daß er jenes dem Abraham
gar nicht abſpricht, ſondern vielmehr beyleget,
dieſes aber ihm aberkennet.
4. Und auf dieſe Art laͤßt ſich Pauli Aus-
ſpruch mit dem Ausſpruche Jacobi von der
Rechtfertigung Abrahams gar wohl conciliiren.
Denn was alhie Paulus dem Abraham von der
Rechtfertigung aus den Wercken vor und von
Menſchen
ſo gar nicht abſpricht, daß er es ih-
me vielmehr nicht undeutlich zuſchreibet, davon
handelt Jacobus c. 2, 21. 22. mit mehrern;
ſonderlich da er ſahe, daß ſo manche ſich nur
falſchlich auf Abrahams Glauben beriefen, aber
ihren Glauben gar nicht durch die Wercke vor
Menſchen erwieſen, und mit ſolchem ihrem ein-
gebildeten und gantz lieb- und werckloſen Glauben
vor GOtt beſtehen und ſelig werden wolten.
5. Und ſolcher Geſtalt ſehen wir den eigent-
lichen Verſtand der Worte Jacobi, wenn er
c. 2, 20. ſpricht: Jſt nicht Abraham, unſer
Vater, durch die Wercke gerecht
(erfunden
erkannt und geruͤhmet) worden (vor und von
Menſchen) als er ſeinen Sohn auf dem Al-
tar opferte
(und mit ſolchem ſeinem Gehorſam
ſeinen Glauben an den Meßiam, und alſo auch
die geſchenckte Glaubens-Gerechtigkeit erwies?
Ein mehrers davon ſehe man in der Auslegung
der Epiſtel Jacobi an ſolchem Orte.
V. 3.

Denn was ſaget die Schrift (Gen 15,
6. ſaget ſie nicht mit gar groſſem Nachdruck:)
Abraham hat GOtt (in denen verheiſſungen,
daß er ſolte einen Sohn haben, aus deſſen Nach-
kommen der Meßias, als der ſchon laͤngſt verheiſ-
ſene Heyland der Welt, ſolte gebohren, und das
gantze menſchliche Geſchlecht in ihm und durch
ihn geſegnet und ſelig werden) geglaubet (und
zwar nicht erſt zu der Zeit, als die Verheiſſungen
Gen. 15. wiederhohlet und ihm beſtaͤtiget wur-
den, ſondern auch gleich von dem erſten Anfan-
ge, da ſie ihm gegeben ſind, nemlich als er aus
Chaldaͤa in Canaan zu gehen beordert wurde
Gen. 12, 1. ſeqq) und das (daß er ſolchen Ver-
heiſſungen, und inſonderheit dem rechten Kern
derſelben von dem allgemeinen Welt Heyland
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kuͤnftige Erloͤſung des Meßiaͤ, vermoͤge der ge-
wiſſen Verheiſſungen dergeſtalt zugeeignet, als
wenn ſie ſchon wuͤrcklich geſchehen waͤre) iſt ihm
zur Gerechtigkeit
(und alſo zur Glaubens-
Gerechtigkeit, die er durch den Glauben an den
Meßiam hatte, und die von ſeiner unvollkom-

menen
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[59/0087] Cap. 4, v. 2 3. an die Roͤmer. 26.) daß er funden (erlanget) habe, (fuͤr ſich und ſeine Nachkommen im Juͤdenthum,) nach dem Fleiſch, (auſſer dem Meßia, nach eignem Verdienſte ſeiner Opfer und Wercke in ſeinem Gottesdienſte und uͤbrigen Leben, auch nach dem Vorrechte der Beſchneidung. d. i. er hat ſolcher Geſtalt nichts gefunden, oder vor ſich gehabt.) Anmerckung. 1. Wie ſehr und vergeblich die Juden auf Abraham, als ihren Stamm-Vater, ſich ver- laſſen, und ſich ſeiner geruͤhmet haben, ſiehet man ſonderlich Matth. 3, 9. da unſer Heiland ihnen ſolche falſche Stuͤtze hinweg nimmt, wenn er ſpricht: Dencket nur nicht, daß ihr bey euch ſagen wollet: wir haben Abraham zum Vater, u. ſ. w. Jmgleichen Joh. 6, 33. da ſie Chriſto gegen die bezeugete Wahrheit ant- worteten: Wir ſind Abrahams Saamen ‒ ‒ Ferner v. 39. Abraham iſt unſer Vater. Darauf unſer Heiland ſpricht: Wenn ihr Abrahams Kinder waͤret, ſo thaͤtet ihr Abrahams Wercke u. ſ. f. Daß die Redens- Art nach dem Fleiſche alhie von dem aͤuſſerli- chen Stande und deſſen Juͤdiſchen Vorrechten verſtanden wird, ſiehet man aus der Sache ſelbſt und andern Schrift-Stellen, als 1 Cor. 1, 26. c. 10, 18. 2 Cor. 5, 16. Gal. 3, 3. c. 6, 12. 13. Phil. 3, 3. 4. Siehe auch Hebr. 9, 10. 13. imgleichen in dieſem Briefe an die Roͤmer c. 2, 28. 29. alwo die Beſchneidung nach dem Geiſte der nach dem Fleiſche entgegen geſetzet wird. V. 2. Das ſagen wir: Jſt Abraham durch die Wercke gerecht: Gr. Denn ſo Abra- ham durch die Wercke (oder aus den Wer- cken) gerecht worden (gerecht von und vor Menſchen erkannt worden, alſo daß er allewege ſein Licht vor den Leuten in einem heiligen Wan- del leuchten laſſen ſo hat er (ſein Exempel noch itzo, gleichwie ſeine Perſon vor dem) wohl Ruhm (ein gutes Lob und Nachruhm aus ſol- chen ſeinen Wercken) aber nicht vor GOTT (daß er damit bey ihm die Gerechtigkeit oder die Gnade der Kindſchaft und die ewige Seligkeit erlanget haͤtte, und damit ohne den Glauben an den Meßiam vor ihm habe beſtehen koͤnnen.) Anmerckungen. 1. Ein anders iſt gerechtfertiget, oder fuͤr gerecht erkannt und geprieſen werden vor und von Menſchen; ein anders vor und von GOtt: als auf welchen Unterſcheid Paulus alhier weiſet. 2. Jenes kan geſchehen aus den Wercken; als welche ie rechtſchaffner ſie ſind, ie mehr fal- len ſie den Menſchen ins Auge, und gereichen zum wohlverdienten Nachruhm. Dieſes aber, nemlich vor GOtt fuͤr gerecht erkannt werden, nemlich alſo, daß GOtt nichts verdammliches mehr, ſondern dasjenige an uns finde, womit wir vor ſeinem Gerichte ohne den Glauben an den Meßiam beſtehen koͤnten, kan aus den Wercken nicht geſchehen, oder durch die Wer- cke nicht erhalten werden: ſintemal ſie theils gar zu unvollkommen ſind, wenn ſie auch gleich die rechte Guͤte in ſich haben; theils auch nicht aus unſern eignen Kraͤften herruͤhren, ſondern aus der Gnaden-Kraft GOttes; und alſo nicht ſo wol unſere eigene Wercke, die uns ſelig machen koͤnten, als GOttes Wercke in uns ſind, die von der aus Gnaden in Chriſto zubereiteten auch ſchon zugeeigneten Seligkeit zeugen. 3. Paulus weiſet uns alhie dergeſtalt auf den Unterſcheid vom gerecht oder gerechtfertiget werden von und vor Menſchen, und vor und von GOtt, daß er jenes dem Abraham gar nicht abſpricht, ſondern vielmehr beyleget, dieſes aber ihm aberkennet. 4. Und auf dieſe Art laͤßt ſich Pauli Aus- ſpruch mit dem Ausſpruche Jacobi von der Rechtfertigung Abrahams gar wohl conciliiren. Denn was alhie Paulus dem Abraham von der Rechtfertigung aus den Wercken vor und von Menſchen ſo gar nicht abſpricht, daß er es ih- me vielmehr nicht undeutlich zuſchreibet, davon handelt Jacobus c. 2, 21. 22. mit mehrern; ſonderlich da er ſahe, daß ſo manche ſich nur falſchlich auf Abrahams Glauben beriefen, aber ihren Glauben gar nicht durch die Wercke vor Menſchen erwieſen, und mit ſolchem ihrem ein- gebildeten und gantz lieb- und werckloſen Glauben vor GOtt beſtehen und ſelig werden wolten. 5. Und ſolcher Geſtalt ſehen wir den eigent- lichen Verſtand der Worte Jacobi, wenn er c. 2, 20. ſpricht: Jſt nicht Abraham, unſer Vater, durch die Wercke gerecht (erfunden erkannt und geruͤhmet) worden (vor und von Menſchen) als er ſeinen Sohn auf dem Al- tar opferte (und mit ſolchem ſeinem Gehorſam ſeinen Glauben an den Meßiam, und alſo auch die geſchenckte Glaubens-Gerechtigkeit erwies? Ein mehrers davon ſehe man in der Auslegung der Epiſtel Jacobi an ſolchem Orte. V. 3. Denn was ſaget die Schrift (Gen 15, 6. ſaget ſie nicht mit gar groſſem Nachdruck:) Abraham hat GOtt (in denen verheiſſungen, daß er ſolte einen Sohn haben, aus deſſen Nach- kommen der Meßias, als der ſchon laͤngſt verheiſ- ſene Heyland der Welt, ſolte gebohren, und das gantze menſchliche Geſchlecht in ihm und durch ihn geſegnet und ſelig werden) geglaubet (und zwar nicht erſt zu der Zeit, als die Verheiſſungen Gen. 15. wiederhohlet und ihm beſtaͤtiget wur- den, ſondern auch gleich von dem erſten Anfan- ge, da ſie ihm gegeben ſind, nemlich als er aus Chaldaͤa in Canaan zu gehen beordert wurde Gen. 12, 1. ſeqq) und das (daß er ſolchen Ver- heiſſungen, und inſonderheit dem rechten Kern derſelben von dem allgemeinen Welt Heyland und Erloͤſer, alſo geglaubet, daß er ſich die zu- kuͤnftige Erloͤſung des Meßiaͤ, vermoͤge der ge- wiſſen Verheiſſungen dergeſtalt zugeeignet, als wenn ſie ſchon wuͤrcklich geſchehen waͤre) iſt ihm zur Gerechtigkeit (und alſo zur Glaubens- Gerechtigkeit, die er durch den Glauben an den Meßiam hatte, und die von ſeiner unvollkom- menen H 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/87>, abgerufen am 21.11.2024.