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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 3. v. 16. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] oder durch den Geist, welcher in dem Unter-
scheide von der menschlichen Natur ist die gött-
liche Natur, nach welcher der Sohn GOttes ein
blosser Geist ist Joh. 4, 24. und auch davon ein
Geist genennet wird, Röm. 1, 4. Hebr. 9, 14.
1 Pet. 3, 18. aus dessen Fülle die menschliche
Natur ohne Maaße gesalbet ist: welcher Geist,
oder welche Gottheit, sich auch in der angenom-
menen menschlichen Natur durch die vielen
Wunder-Wercke, und durch die Auferstehung
von den Todten und übrige Stuffen des Stan-
des der Erhöhung dergestalt hervor gethan hat,
daß er daraus gerechtfertiget, das ist genug-
sam bezeuget und erwiesen ist, als der Sohn
GOttes Röm. 1, 4. Matth. 27, 54.) erschie-
nen den Engeln
(von ihnen gesehen und
göttlich verehret worden, da er ihnen sich zu
ihrer heiligen Verwunderung als den wah-
ren Meßiam gezeiget hat; auf welchen alle
Verheissungen und Vorbilder des Alten Te-
staments gegangen: wie denn die heilige En-
gel geschäftig gewesen bey seiner Empfängniß
und Geburt Luc. 1, 13. 19. 26. c. 2, 13. Jn der
Wüsten Matth. 4, 11. im Leiden am Oelberge
Luc. 22, 43. bey der Auferstehung von den Tod-
ten. Matth. 28, 2. Marc. 16, 1. Luc. 24, 4. auch
bey der Himmelfahrt Ap. Ges. 1, 10.) gepredi-
get
(von seinen Aposteln und apostolischen
Männern, ausserhalb des Jüdischen Landes, in
welchem er sich im Fleische offenbahret, oder wie
gegenwärtig und sichtbar dargestellet hat, auch)
den Heyden (Matth. 28, 19. Marc. 15, 15. Col.
1, 23.) geglaubet von der Welt (en to kosmo,
in der Welt von so vielen Menschen im Glau-
ben für den wahren Heyland erkannt und ange-
nommen worden) aufgenommen in die Herr-
lichkeit
(en te doxe, in grosser Verklärung und
Herrlichkeit zu der höchsten Stufe der Herrlich-
keit und Majestät, nemlich zur Rechten GOt-
tes, von dannen er, zur Bezeugung von der
Kraft und Furcht seines vollendeten Mittler-
Amts, den heiligen Geist über seine Apostel aus-
gegossen hat. Marc. 16, 19. 20. Luc. 24, 51. Ap.
Ges. 1, 2. 8. 9. Phil. 2, 9.)

Anmerckungen.

1. Es ist dieser Ort, nebst denen von Chri-
sto c. 1, 15. c. 2, 5. 6. vor allen andern in diesem
Briefe wohl zu mercken. Zuvorderst darinnen,
daß daraus die wahre Gottheit Christi aufs kräf-
tigste kan erwiesen werden. Denn er wird aus-
drücklich GOtt genennet; und zwar nach v. 15.
der lebendige GOtt, dessen die Kirche eigen ist;
der im Fleische oder in der menschlichen Natur
offenbahret ist, und also eine wahre göttliche
Natur, die geoffenbahret worden, haben muß:
der allen Völckern als der wahre GOTT ver-
kündiget ist; sintemal ihnen der wahre GOtt ge-
prediget worden: der auch im Glauben also an-
genommen ist, daß er das rechte Ziel des Glau-
bens, in welchem die höchste Verehrung GOt-
tes lieget, gewesen und noch ist.

2. Daß alhier von dem wahren ewigen
und allerhöchsten GOtt die Rede sey, ist so offen-
bar, daß es auch die Socinianer selbst erkennen,
und daher, weil sie aus grosser Blindheit die
[Spaltenumbruch] wahre Gottheit Christi leugnen, in ihrem Racoi-
schen Catechismo Sect. IV. nebst andern höchst
ungegründeten Ausflüchten, vorgeben, es lasse
sich der gantze Ort von GOtt dem Vater verste-
hen. Da denn, GOtt ist geoffenbahret im
Fleische,
so viel sagen soll, als, der Vater ist ge-
offenbahret durch Christum und die Apostel, die
Fleisch gewesen sind. Da doch eine solche Of-
fenbahrung GOttes, die nur nach seinem Wil-
len durch Menschen verrichtet ist, schon im alten
Testament zu allen Zeiten gewesen, und also
nicht erst unter der Oeconomie des neuen Bun-
des als ein besonders grosses Geheimniß der
Gottseligkeit durfte geprediget werden. So
schicken sich auch die übrigen Worte, sonderlich
von der Aufnehmung in die Herrlichkeit eben so
wenig auf GOtt den Vater.

3. Es ist bey diesem Orte sonderlich zu
mercken, auf welche Art die Menschwerdung
Christi ein Geheimniß der Gottseligkeit

sey? da nun dieses gar viele Puncte und Stücke
in sich hält; so mag es, diese beyde Haupt-Stü-
cke davon kürtzlich zu beruhren, genug seyn:
nemlich die wahre Gottseligkeit gründet sich
theils auf unsere Versöhnung mit GOTT,
dazu uns der Weg zur Vereinigung und Ge-
meinschaft mit GOtt geöfnet worden; theils
auf die göttliche Salbung, oder Mittheilung
solcher Gnaden-Kräfte, wodurch das verlohrne
Ebenbild GOttes zum Dienste GOttes im Geist
und in der Wahrheit wieder angerichtet wird.
Nun aber ist die Menschwerdung zu diesem ge-
doppelten Zweck geschehen; nemlich zur Ver-
söhnung
und der daher fliessenden Gnade der
Vereinigung mit GOtt, nachdem die menschli-
che Natur in Christo mit der göttlichen vereini-
get, und folglich Christus auch mit dem mensch-
lichen Geschlecht aufs genaueste verbunden
worden: nicht weniger auch zur Salbung, daß
wie seine menschliche Natur mit der Fülle der
göttlichen Herrlichkeit ohne Maaß gesalbet wor-
den, wir in gewisser, doch auch in herrlicher,
Maaße gesalbet werden, die wir aus seiner Fül-
le nehmen Gnade um Gnade, Joh. 1, 16. und
also allerley seiner göttlichen Kraft, was zum Le-
ben und göttlichen Wandel dienet. 2 Pet. 1, 3.
Daher man leicht erkennet, wie daß aus dem
Geheimniß der Menschwerdung nicht allein der
wichtigste Antrieb, sondern auch die Kraft selbst
zur Gottseligkeit fliesse, und sie also nebst dem,
was dazu gehöret, mit grossem Nachdruck ein
Geheimniß der Gottseligkeit sey.

4. Daß der Aufnehmung in die Herr-
lichkeit
zuletzt gedacht wird, kömmt daher, weil
Pauli Zweck nicht war, das, was er von Christo
dißmal zu sagen hatte, in einer historischen Ord-
nung vorzustellen. Demnach da er den ersten
Punct gesetzet hatte in der Menschwerdung,
da der Sohn GOttes von GOtt ausgegangen
und in die Welt gekommen; so setzet er gar füg-
lich den letztern darinnen, daß er durch die
Himmelfahrt wieder zum Vater gegangen
und sich zur Rechten GOttes gesetzet hat. Und
konte das, was von der Predigt unter denen
Heyden und von dem an ihn in der Welt da-

her
P 3

Cap. 3. v. 16. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] oder durch den Geiſt, welcher in dem Unter-
ſcheide von der menſchlichen Natur iſt die goͤtt-
liche Natur, nach welcher der Sohn GOttes ein
bloſſer Geiſt iſt Joh. 4, 24. und auch davon ein
Geiſt genennet wird, Roͤm. 1, 4. Hebr. 9, 14.
1 Pet. 3, 18. aus deſſen Fuͤlle die menſchliche
Natur ohne Maaße geſalbet iſt: welcher Geiſt,
oder welche Gottheit, ſich auch in der angenom-
menen menſchlichen Natur durch die vielen
Wunder-Wercke, und durch die Auferſtehung
von den Todten und uͤbrige Stuffen des Stan-
des der Erhoͤhung dergeſtalt hervor gethan hat,
daß er daraus gerechtfertiget, das iſt genug-
ſam bezeuget und erwieſen iſt, als der Sohn
GOttes Roͤm. 1, 4. Matth. 27, 54.) erſchie-
nen den Engeln
(von ihnen geſehen und
goͤttlich verehret worden, da er ihnen ſich zu
ihrer heiligen Verwunderung als den wah-
ren Meßiam gezeiget hat; auf welchen alle
Verheiſſungen und Vorbilder des Alten Te-
ſtaments gegangen: wie denn die heilige En-
gel geſchaͤftig geweſen bey ſeiner Empfaͤngniß
und Geburt Luc. 1, 13. 19. 26. c. 2, 13. Jn der
Wuͤſten Matth. 4, 11. im Leiden am Oelberge
Luc. 22, 43. bey der Auferſtehung von den Tod-
ten. Matth. 28, 2. Marc. 16, 1. Luc. 24, 4. auch
bey der Himmelfahrt Ap. Geſ. 1, 10.) gepredi-
get
(von ſeinen Apoſteln und apoſtoliſchen
Maͤnnern, auſſerhalb des Juͤdiſchen Landes, in
welchem er ſich im Fleiſche offenbahret, oder wie
gegenwaͤrtig und ſichtbar dargeſtellet hat, auch)
den Heyden (Matth. 28, 19. Marc. 15, 15. Col.
1, 23.) geglaubet von der Welt (ἐν τῷ κόσμῳ,
in der Welt von ſo vielen Menſchen im Glau-
ben fuͤr den wahren Heyland erkannt und ange-
nommen worden) aufgenommen in die Herr-
lichkeit
(ἐν τῇ δόξη, in groſſer Verklaͤrung und
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keit und Majeſtaͤt, nemlich zur Rechten GOt-
tes, von dannen er, zur Bezeugung von der
Kraft und Furcht ſeines vollendeten Mittler-
Amts, den heiligen Geiſt uͤber ſeine Apoſtel aus-
gegoſſen hat. Marc. 16, 19. 20. Luc. 24, 51. Ap.
Geſ. 1, 2. 8. 9. Phil. 2, 9.)

Anmerckungen.

1. Es iſt dieſer Ort, nebſt denen von Chri-
ſto c. 1, 15. c. 2, 5. 6. vor allen andern in dieſem
Briefe wohl zu mercken. Zuvorderſt darinnen,
daß daraus die wahre Gottheit Chriſti aufs kraͤf-
tigſte kan erwieſen werden. Denn er wird aus-
druͤcklich GOtt genennet; und zwar nach v. 15.
der lebendige GOtt, deſſen die Kirche eigen iſt;
der im Fleiſche oder in der menſchlichen Natur
offenbahret iſt, und alſo eine wahre goͤttliche
Natur, die geoffenbahret worden, haben muß:
der allen Voͤlckern als der wahre GOTT ver-
kuͤndiget iſt; ſintemal ihnen der wahre GOtt ge-
prediget worden: der auch im Glauben alſo an-
genommen iſt, daß er das rechte Ziel des Glau-
bens, in welchem die hoͤchſte Verehrung GOt-
tes lieget, geweſen und noch iſt.

2. Daß alhier von dem wahren ewigen
und allerhoͤchſten GOtt die Rede ſey, iſt ſo offen-
bar, daß es auch die Socinianer ſelbſt erkennen,
und daher, weil ſie aus groſſer Blindheit die
[Spaltenumbruch] wahre Gottheit Chriſti leugnen, in ihrem Racoi-
ſchen Catechiſmo Sect. IV. nebſt andern hoͤchſt
ungegruͤndeten Ausfluͤchten, vorgeben, es laſſe
ſich der gantze Ort von GOtt dem Vater verſte-
hen. Da denn, GOtt iſt geoffenbahret im
Fleiſche,
ſo viel ſagen ſoll, als, der Vater iſt ge-
offenbahret durch Chriſtum und die Apoſtel, die
Fleiſch geweſen ſind. Da doch eine ſolche Of-
fenbahrung GOttes, die nur nach ſeinem Wil-
len durch Menſchen verrichtet iſt, ſchon im alten
Teſtament zu allen Zeiten geweſen, und alſo
nicht erſt unter der Oeconomie des neuen Bun-
des als ein beſonders groſſes Geheimniß der
Gottſeligkeit durfte geprediget werden. So
ſchicken ſich auch die uͤbrigen Worte, ſonderlich
von der Aufnehmung in die Herrlichkeit eben ſo
wenig auf GOtt den Vater.

3. Es iſt bey dieſem Orte ſonderlich zu
mercken, auf welche Art die Menſchwerdung
Chriſti ein Geheimniß der Gottſeligkeit

ſey? da nun dieſes gar viele Puncte und Stuͤcke
in ſich haͤlt; ſo mag es, dieſe beyde Haupt-Stuͤ-
cke davon kuͤrtzlich zu beruhren, genug ſeyn:
nemlich die wahre Gottſeligkeit gruͤndet ſich
theils auf unſere Verſoͤhnung mit GOTT,
dazu uns der Weg zur Vereinigung und Ge-
meinſchaft mit GOtt geoͤfnet worden; theils
auf die goͤttliche Salbung, oder Mittheilung
ſolcher Gnaden-Kraͤfte, wodurch das verlohrne
Ebenbild GOttes zum Dienſte GOttes im Geiſt
und in der Wahrheit wieder angerichtet wird.
Nun aber iſt die Menſchwerdung zu dieſem ge-
doppelten Zweck geſchehen; nemlich zur Ver-
ſoͤhnung
und der daher flieſſenden Gnade der
Vereinigung mit GOtt, nachdem die menſchli-
che Natur in Chriſto mit der goͤttlichen vereini-
get, und folglich Chriſtus auch mit dem menſch-
lichen Geſchlecht aufs genaueſte verbunden
worden: nicht weniger auch zur Salbung, daß
wie ſeine menſchliche Natur mit der Fuͤlle der
goͤttlichen Herrlichkeit ohne Maaß geſalbet wor-
den, wir in gewiſſer, doch auch in herrlicher,
Maaße geſalbet werden, die wir aus ſeiner Fuͤl-
le nehmen Gnade um Gnade, Joh. 1, 16. und
alſo allerley ſeiner goͤttlichen Kraft, was zum Le-
ben und goͤttlichen Wandel dienet. 2 Pet. 1, 3.
Daher man leicht erkennet, wie daß aus dem
Geheimniß der Menſchwerdung nicht allein der
wichtigſte Antrieb, ſondern auch die Kraft ſelbſt
zur Gottſeligkeit flieſſe, und ſie alſo nebſt dem,
was dazu gehoͤret, mit groſſem Nachdruck ein
Geheimniß der Gottſeligkeit ſey.

4. Daß der Aufnehmung in die Herr-
lichkeit
zuletzt gedacht wird, koͤmmt daher, weil
Pauli Zweck nicht war, das, was er von Chriſto
dißmal zu ſagen hatte, in einer hiſtoriſchen Ord-
nung vorzuſtellen. Demnach da er den erſten
Punct geſetzet hatte in der Menſchwerdung,
da der Sohn GOttes von GOtt ausgegangen
und in die Welt gekommen; ſo ſetzet er gar fuͤg-
lich den letztern darinnen, daß er durch die
Himmelfahrt wieder zum Vater gegangen
und ſich zur Rechten GOttes geſetzet hat. Und
konte das, was von der Predigt unter denen
Heyden und von dem an ihn in der Welt da-

her
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[117/0119] Cap. 3. v. 16. an den Timotheum. oder durch den Geiſt, welcher in dem Unter- ſcheide von der menſchlichen Natur iſt die goͤtt- liche Natur, nach welcher der Sohn GOttes ein bloſſer Geiſt iſt Joh. 4, 24. und auch davon ein Geiſt genennet wird, Roͤm. 1, 4. Hebr. 9, 14. 1 Pet. 3, 18. aus deſſen Fuͤlle die menſchliche Natur ohne Maaße geſalbet iſt: welcher Geiſt, oder welche Gottheit, ſich auch in der angenom- menen menſchlichen Natur durch die vielen Wunder-Wercke, und durch die Auferſtehung von den Todten und uͤbrige Stuffen des Stan- des der Erhoͤhung dergeſtalt hervor gethan hat, daß er daraus gerechtfertiget, das iſt genug- ſam bezeuget und erwieſen iſt, als der Sohn GOttes Roͤm. 1, 4. Matth. 27, 54.) erſchie- nen den Engeln (von ihnen geſehen und goͤttlich verehret worden, da er ihnen ſich zu ihrer heiligen Verwunderung als den wah- ren Meßiam gezeiget hat; auf welchen alle Verheiſſungen und Vorbilder des Alten Te- ſtaments gegangen: wie denn die heilige En- gel geſchaͤftig geweſen bey ſeiner Empfaͤngniß und Geburt Luc. 1, 13. 19. 26. c. 2, 13. Jn der Wuͤſten Matth. 4, 11. im Leiden am Oelberge Luc. 22, 43. bey der Auferſtehung von den Tod- ten. Matth. 28, 2. Marc. 16, 1. Luc. 24, 4. auch bey der Himmelfahrt Ap. Geſ. 1, 10.) gepredi- get (von ſeinen Apoſteln und apoſtoliſchen Maͤnnern, auſſerhalb des Juͤdiſchen Landes, in welchem er ſich im Fleiſche offenbahret, oder wie gegenwaͤrtig und ſichtbar dargeſtellet hat, auch) den Heyden (Matth. 28, 19. Marc. 15, 15. Col. 1, 23.) geglaubet von der Welt (ἐν τῷ κόσμῳ, in der Welt von ſo vielen Menſchen im Glau- ben fuͤr den wahren Heyland erkannt und ange- nommen worden) aufgenommen in die Herr- lichkeit (ἐν τῇ δόξη, in groſſer Verklaͤrung und Herrlichkeit zu der hoͤchſten Stufe der Herrlich- keit und Majeſtaͤt, nemlich zur Rechten GOt- tes, von dannen er, zur Bezeugung von der Kraft und Furcht ſeines vollendeten Mittler- Amts, den heiligen Geiſt uͤber ſeine Apoſtel aus- gegoſſen hat. Marc. 16, 19. 20. Luc. 24, 51. Ap. Geſ. 1, 2. 8. 9. Phil. 2, 9.) Anmerckungen. 1. Es iſt dieſer Ort, nebſt denen von Chri- ſto c. 1, 15. c. 2, 5. 6. vor allen andern in dieſem Briefe wohl zu mercken. Zuvorderſt darinnen, daß daraus die wahre Gottheit Chriſti aufs kraͤf- tigſte kan erwieſen werden. Denn er wird aus- druͤcklich GOtt genennet; und zwar nach v. 15. der lebendige GOtt, deſſen die Kirche eigen iſt; der im Fleiſche oder in der menſchlichen Natur offenbahret iſt, und alſo eine wahre goͤttliche Natur, die geoffenbahret worden, haben muß: der allen Voͤlckern als der wahre GOTT ver- kuͤndiget iſt; ſintemal ihnen der wahre GOtt ge- prediget worden: der auch im Glauben alſo an- genommen iſt, daß er das rechte Ziel des Glau- bens, in welchem die hoͤchſte Verehrung GOt- tes lieget, geweſen und noch iſt. 2. Daß alhier von dem wahren ewigen und allerhoͤchſten GOtt die Rede ſey, iſt ſo offen- bar, daß es auch die Socinianer ſelbſt erkennen, und daher, weil ſie aus groſſer Blindheit die wahre Gottheit Chriſti leugnen, in ihrem Racoi- ſchen Catechiſmo Sect. IV. nebſt andern hoͤchſt ungegruͤndeten Ausfluͤchten, vorgeben, es laſſe ſich der gantze Ort von GOtt dem Vater verſte- hen. Da denn, GOtt iſt geoffenbahret im Fleiſche, ſo viel ſagen ſoll, als, der Vater iſt ge- offenbahret durch Chriſtum und die Apoſtel, die Fleiſch geweſen ſind. Da doch eine ſolche Of- fenbahrung GOttes, die nur nach ſeinem Wil- len durch Menſchen verrichtet iſt, ſchon im alten Teſtament zu allen Zeiten geweſen, und alſo nicht erſt unter der Oeconomie des neuen Bun- des als ein beſonders groſſes Geheimniß der Gottſeligkeit durfte geprediget werden. So ſchicken ſich auch die uͤbrigen Worte, ſonderlich von der Aufnehmung in die Herrlichkeit eben ſo wenig auf GOtt den Vater. 3. Es iſt bey dieſem Orte ſonderlich zu mercken, auf welche Art die Menſchwerdung Chriſti ein Geheimniß der Gottſeligkeit ſey? da nun dieſes gar viele Puncte und Stuͤcke in ſich haͤlt; ſo mag es, dieſe beyde Haupt-Stuͤ- cke davon kuͤrtzlich zu beruhren, genug ſeyn: nemlich die wahre Gottſeligkeit gruͤndet ſich theils auf unſere Verſoͤhnung mit GOTT, dazu uns der Weg zur Vereinigung und Ge- meinſchaft mit GOtt geoͤfnet worden; theils auf die goͤttliche Salbung, oder Mittheilung ſolcher Gnaden-Kraͤfte, wodurch das verlohrne Ebenbild GOttes zum Dienſte GOttes im Geiſt und in der Wahrheit wieder angerichtet wird. Nun aber iſt die Menſchwerdung zu dieſem ge- doppelten Zweck geſchehen; nemlich zur Ver- ſoͤhnung und der daher flieſſenden Gnade der Vereinigung mit GOtt, nachdem die menſchli- che Natur in Chriſto mit der goͤttlichen vereini- get, und folglich Chriſtus auch mit dem menſch- lichen Geſchlecht aufs genaueſte verbunden worden: nicht weniger auch zur Salbung, daß wie ſeine menſchliche Natur mit der Fuͤlle der goͤttlichen Herrlichkeit ohne Maaß geſalbet wor- den, wir in gewiſſer, doch auch in herrlicher, Maaße geſalbet werden, die wir aus ſeiner Fuͤl- le nehmen Gnade um Gnade, Joh. 1, 16. und alſo allerley ſeiner goͤttlichen Kraft, was zum Le- ben und goͤttlichen Wandel dienet. 2 Pet. 1, 3. Daher man leicht erkennet, wie daß aus dem Geheimniß der Menſchwerdung nicht allein der wichtigſte Antrieb, ſondern auch die Kraft ſelbſt zur Gottſeligkeit flieſſe, und ſie alſo nebſt dem, was dazu gehoͤret, mit groſſem Nachdruck ein Geheimniß der Gottſeligkeit ſey. 4. Daß der Aufnehmung in die Herr- lichkeit zuletzt gedacht wird, koͤmmt daher, weil Pauli Zweck nicht war, das, was er von Chriſto dißmal zu ſagen hatte, in einer hiſtoriſchen Ord- nung vorzuſtellen. Demnach da er den erſten Punct geſetzet hatte in der Menſchwerdung, da der Sohn GOttes von GOtt ausgegangen und in die Welt gekommen; ſo ſetzet er gar fuͤg- lich den letztern darinnen, daß er durch die Himmelfahrt wieder zum Vater gegangen und ſich zur Rechten GOttes geſetzet hat. Und konte das, was von der Predigt unter denen Heyden und von dem an ihn in der Welt da- her P 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/119>, abgerufen am 23.11.2024.