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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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C. 4. v. 11-13. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] daß sie alles dieses als ein aller willigen und folg-
samen Aufnahme würdiges Wort wircklich an-
nehmen und in immer mehrere Ubung brin-
gen.)

V. 12.

Niemand verachte deine Jugend,
(halte dich also, daß du dich niemanden ver-
ächtlich machest) sondern sey ein Furbild, (und
rechtes Muster und Exempel, zur Nachfolge:
siehe Phil. 3, 17. 2 Thess. 3, 9. Tit. 2, 7. 1 Pet.
5, 3.) den Gläubigen, (den zu Christo bekehrten
Seelen, welcher Hanpt-Eigenschaft ist, daß
sie an Christum den Heyland aller Menschen zur
Seligkeit glauben, und das Geheimniß des
Glaubens in einem reinen Gewissen bewahren
c. 1, 19. c. 2, 9. und ihren Glauben durch die Lie-
be thätig erweisen c. 1, 5. 14. und also daher bil-
lig die Gläubige genennet werden) im Worte
(von den Glaubens-Lehren und Lebens-Pflich-
ten) im Wandel, (der da unsträflich und exem-
plari
sch ist) in der Liebe, (welche mit allen ih-
ren gemeinen und besondern Pflichten den gan-
tzen Wandel zieret) im Geist (in einer solchen
Freudigkeit, Munterkeit und Lauterkeit des Ge-
müths, welche sich in Worten, Wercken und
im gantzen Wandel zeiget,) im Glauben (des
Hertzens, welcher aus solcher Fülle eines freu-
digen und ernstlichen Geistes am meisten her-
vorleuchtet, und den gantzen Wandel mit al-
len Wercken der Liebe dirigiret und heiliget,)
in der Keuschheit (welcher du dich insonder-
heit deines noch jüngern Alters wegen wider
alle innerliche und äusserliche Versuchungen zu
befleissen hast. c. 5, 22.)

Anmerckungen.

1. Wie wir aus der Einleitung gesehen ha-
ben, muß Timotheus, da er zur Zeit dieses an
ihn geschriebenen Briefes schon bey 15. Jahr her
Pauli Gehülfe am Evangelio gewesen war, schon
ein Mann von etliche und dreyßig Jahren gewe-
sen sey. Ob nun dieses gleich bereits ein männ-
liches Alter war: so war es doch noch ein junges
Alter in Ansehung der übrigen und ordentlichen
Glieder der Kirchen, als welche guten theils wol
noch einmal so alt seyn mochten. Da nun Timo-
theus der gantzen Kirche, und darinnen auch
dem Collegio der Aeltesten an Pauli statt vor-
stehen solte: so war es nöthig, daß er das, was
ihm am Alter noch abging, an der männlichen
Gravität und Auctorität ersetzte.

2. Und also siehet man, daß das niemand
verachte deine Jugend,
so viel sey, als ma-
che dich bey deinen noch jüngern Jahren durch
dein Betragen nicht selbst verächtlich; Welcher
Verstand aus den folgenden Worten erhellet,
da der Gegensatz darinnen gesetzet wird, daß er
sich allenthalben soll zum Fürbilde darstellen:
als welches die beste Auctorität bringet. Daß
die Worte, welche eine Handlung anzeigen,
zuweilen eigentlich nur von der Veranlassung
zu derselben zu verstehen sind, ist aus der her-
meneutica sacra
sonst gar bekant. Es lie-
get doch aber indessen zugleich in diesen Wor-
ten eine Warnung an die Zuhörer, daß sie ihre
[Spaltenumbruch] Lehrer nicht verächtlich halten sollen, und zwar
um so viel weniger, ie lauterer ihre Lehre, und ie
unsträflicher ihr Leben ist.

3. Nichts ist, was einem jungen Men-
schen, und sonderlich einem jungen Manne im
Amte und im Umgange mit andern Leuten eine
mehrere, und beständigere Auctorität und Hoch-
achtung bringet, als ein weiser, vorsichtiger und
exemplarischer Wandel. Davon der Grund
dieser ist, daß in einem solchen Wandel das in-
nerlich in der Seelen angerichtete Ebenbild
GOttes hervortritt und gleichsam sichtbar wird:
Davor ein Mensch, auch der ruchloseste, von
GOttes Wegen stillschweigens einen tiefen Ein-
druck in seinem Gewissen bekömmt. Gleichwie
nun auf diese Art ein Jungling und ein junger
Mann schon über sein Alter andern recht vene-
rabel
wird: also lehret es hingegen die Erfah-
rung, daß wenn ein Alter, auch wol Lehrer von
60. und 70. Jahren, der ohne Gnade und ohne
Saltz und dazu noch wol voller Aergerniß ist, in
einer Gesellschaft, sonderlich anderer unbekehr-
ter Leute, sich befindet, es so viel sey, als hät-
ten sie ein Kind unter sich: wie man denn mit
solchen auch nicht selten nur sein Gespötte trei-
bet.

V. 13.

Halt an mit Lesen, (mit Lesung der Heil.
Schrift, darinnen du bereits von Jugend auf
wohl geübet bist; als welche dich noch ferner
und in einem noch immer reichern Masse unter-
weisen kan zur Seligkeit, in Ansehung deiner
eigenen Person, und deines Amts in der Ge-
meine 2 Tim. 3, 15. 16. 17.) mit Ermahnen
(und rechter Application aller schon vorgetra-
genen und erkannten Wahrheiten) mit lehren
(mit fernern und immer mehr erläuterten Vor-
trag, zuvorderst so lange) bis ich komme (da
es denn hernach, so lange du in dasiger Gemei-
ne kanst gelassen werden, so viel weniger unter-
bleiben soll, so vielmehr ich nach meiner Ankunft
dir darinnen werde vorgehen; damit nur zuvor-
derst in solcher Zeit nichts versäumet werde.)

Anmerckungen.

1. GOttes Gnade und unser eigener zur
Heyls-Ordnung gehöriger Fleiß müssen im Lauf-
fe des Christenthums immer bey einander seyn.
Denn ohne Gnade hilft kein eigner Fleiß; und
ohne eigenen Fleiß und Treue wird keine Gnade
recht gebrauchet und bewahret, vielweniger ver-
mehret. Zum Fleisse aber gehöret unter andern
sonderlich das würdige, das ist, das andächtige,
aufmercksame und mit thätiger Anwendung ver-
knüpfte lesen und hören der Heil. Schrift.

2. Wird nun Timotheus, der doch schon
von Kindheit auf in der Heil. Schrift gar sehr
erfahren, und dazu mit besondern Gaben des
Heil. Geistes ausgerüstet war, 2 Tim. 3, 15. noch
ermahnet mit lesen fortzufahren und sich da-
durch immer mehr zu habilitiren; Wie haben
es denn nicht viel mehr andere, sonderlich jünge-
re, Lehrer nöthig, die sich mit Timotheo nicht
vergleichen können, noch wollen. Und o wie
unverantwortlich ist die Nachläßigkeit so vieler

Lehrer,
Q 2

C. 4. v. 11-13. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] daß ſie alles dieſes als ein aller willigen und folg-
ſamen Aufnahme wuͤrdiges Wort wircklich an-
nehmen und in immer mehrere Ubung brin-
gen.)

V. 12.

Niemand verachte deine Jugend,
(halte dich alſo, daß du dich niemanden ver-
aͤchtlich macheſt) ſondern ſey ein Fůrbild, (und
rechtes Muſter und Exempel, zur Nachfolge:
ſiehe Phil. 3, 17. 2 Theſſ. 3, 9. Tit. 2, 7. 1 Pet.
5, 3.) den Glaͤubigen, (den zu Chriſto bekehrten
Seelen, welcher Hanpt-Eigenſchaft iſt, daß
ſie an Chriſtum den Heyland aller Menſchen zur
Seligkeit glauben, und das Geheimniß des
Glaubens in einem reinen Gewiſſen bewahren
c. 1, 19. c. 2, 9. und ihren Glauben durch die Lie-
be thaͤtig erweiſen c. 1, 5. 14. und alſo daher bil-
lig die Glaͤubige genennet werden) im Worte
(von den Glaubens-Lehren und Lebens-Pflich-
ten) im Wandel, (der da unſtraͤflich und exem-
plari
ſch iſt) in der Liebe, (welche mit allen ih-
ren gemeinen und beſondern Pflichten den gan-
tzen Wandel zieret) im Geiſt (in einer ſolchen
Freudigkeit, Munterkeit und Lauterkeit des Ge-
muͤths, welche ſich in Worten, Wercken und
im gantzen Wandel zeiget,) im Glauben (des
Hertzens, welcher aus ſolcher Fuͤlle eines freu-
digen und ernſtlichen Geiſtes am meiſten her-
vorleuchtet, und den gantzen Wandel mit al-
len Wercken der Liebe dirigiret und heiliget,)
in der Keuſchheit (welcher du dich inſonder-
heit deines noch juͤngern Alters wegen wider
alle innerliche und aͤuſſerliche Verſuchungen zu
befleiſſen haſt. c. 5, 22.)

Anmerckungen.

1. Wie wir aus der Einleitung geſehen ha-
ben, muß Timotheus, da er zur Zeit dieſes an
ihn geſchriebenen Briefes ſchon bey 15. Jahr her
Pauli Gehuͤlfe am Evangelio geweſen war, ſchon
ein Mann von etliche und dreyßig Jahren gewe-
ſen ſey. Ob nun dieſes gleich bereits ein maͤnn-
liches Alter war: ſo war es doch noch ein junges
Alter in Anſehung der uͤbrigen und ordentlichen
Glieder der Kirchen, als welche guten theils wol
noch einmal ſo alt ſeyn mochten. Da nun Timo-
theus der gantzen Kirche, und darinnen auch
dem Collegio der Aelteſten an Pauli ſtatt vor-
ſtehen ſolte: ſo war es noͤthig, daß er das, was
ihm am Alter noch abging, an der maͤnnlichen
Gravitaͤt und Auctoritaͤt erſetzte.

2. Und alſo ſiehet man, daß das niemand
verachte deine Jugend,
ſo viel ſey, als ma-
che dich bey deinen noch juͤngern Jahren durch
dein Betragen nicht ſelbſt veraͤchtlich; Welcher
Verſtand aus den folgenden Worten erhellet,
da der Gegenſatz darinnen geſetzet wird, daß er
ſich allenthalben ſoll zum Fuͤrbilde darſtellen:
als welches die beſte Auctoritaͤt bringet. Daß
die Worte, welche eine Handlung anzeigen,
zuweilen eigentlich nur von der Veranlaſſung
zu derſelben zu verſtehen ſind, iſt aus der her-
meneutica ſacra
ſonſt gar bekant. Es lie-
get doch aber indeſſen zugleich in dieſen Wor-
ten eine Warnung an die Zuhoͤrer, daß ſie ihre
[Spaltenumbruch] Lehrer nicht veraͤchtlich halten ſollen, und zwar
um ſo viel weniger, ie lauterer ihre Lehre, und ie
unſtraͤflicher ihr Leben iſt.

3. Nichts iſt, was einem jungen Men-
ſchen, und ſonderlich einem jungen Manne im
Amte und im Umgange mit andern Leuten eine
mehrere, und beſtaͤndigere Auctoritaͤt und Hoch-
achtung bringet, als ein weiſer, vorſichtiger und
exemplariſcher Wandel. Davon der Grund
dieſer iſt, daß in einem ſolchen Wandel das in-
nerlich in der Seelen angerichtete Ebenbild
GOttes hervortritt und gleichſam ſichtbar wird:
Davor ein Menſch, auch der ruchloſeſte, von
GOttes Wegen ſtillſchweigens einen tiefen Ein-
druck in ſeinem Gewiſſen bekoͤmmt. Gleichwie
nun auf dieſe Art ein Jungling und ein junger
Mann ſchon uͤber ſein Alter andern recht vene-
rabel
wird: alſo lehret es hingegen die Erfah-
rung, daß wenn ein Alter, auch wol Lehrer von
60. und 70. Jahren, der ohne Gnade und ohne
Saltz und dazu noch wol voller Aergerniß iſt, in
einer Geſellſchaft, ſonderlich anderer unbekehr-
ter Leute, ſich befindet, es ſo viel ſey, als haͤt-
ten ſie ein Kind unter ſich: wie man denn mit
ſolchen auch nicht ſelten nur ſein Geſpoͤtte trei-
bet.

V. 13.

Halt an mit Leſen, (mit Leſung der Heil.
Schrift, darinnen du bereits von Jugend auf
wohl geuͤbet biſt; als welche dich noch ferner
und in einem noch immer reichern Maſſe unter-
weiſen kan zur Seligkeit, in Anſehung deiner
eigenen Perſon, und deines Amts in der Ge-
meine 2 Tim. 3, 15. 16. 17.) mit Ermahnen
(und rechter Application aller ſchon vorgetra-
genen und erkannten Wahrheiten) mit lehren
(mit fernern und immer mehr erlaͤuterten Vor-
trag, zuvorderſt ſo lange) bis ich komme (da
es denn hernach, ſo lange du in daſiger Gemei-
ne kanſt gelaſſen werden, ſo viel weniger unter-
bleiben ſoll, ſo vielmehr ich nach meiner Ankunft
dir darinnen werde vorgehen; damit nur zuvor-
derſt in ſolcher Zeit nichts verſaͤumet werde.)

Anmerckungen.

1. GOttes Gnade und unſer eigener zur
Heyls-Ordnung gehoͤriger Fleiß muͤſſen im Lauf-
fe des Chriſtenthums immer bey einander ſeyn.
Denn ohne Gnade hilft kein eigner Fleiß; und
ohne eigenen Fleiß und Treue wird keine Gnade
recht gebrauchet und bewahret, vielweniger ver-
mehret. Zum Fleiſſe aber gehoͤret unter andern
ſonderlich das wuͤrdige, das iſt, das andaͤchtige,
aufmerckſame und mit thaͤtiger Anwendung ver-
knuͤpfte leſen und hoͤren der Heil. Schrift.

2. Wird nun Timotheus, der doch ſchon
von Kindheit auf in der Heil. Schrift gar ſehr
erfahren, und dazu mit beſondern Gaben des
Heil. Geiſtes ausgeruͤſtet war, 2 Tim. 3, 15. noch
ermahnet mit leſen fortzufahren und ſich da-
durch immer mehr zu habilitiren; Wie haben
es denn nicht viel mehr andere, ſonderlich juͤnge-
re, Lehrer noͤthig, die ſich mit Timotheo nicht
vergleichen koͤnnen, noch wollen. Und o wie
unverantwortlich iſt die Nachlaͤßigkeit ſo vieler

Lehrer,
Q 2
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[123/0125] C. 4. v. 11-13. an den Timotheum. daß ſie alles dieſes als ein aller willigen und folg- ſamen Aufnahme wuͤrdiges Wort wircklich an- nehmen und in immer mehrere Ubung brin- gen.) V. 12. Niemand verachte deine Jugend, (halte dich alſo, daß du dich niemanden ver- aͤchtlich macheſt) ſondern ſey ein Fůrbild, (und rechtes Muſter und Exempel, zur Nachfolge: ſiehe Phil. 3, 17. 2 Theſſ. 3, 9. Tit. 2, 7. 1 Pet. 5, 3.) den Glaͤubigen, (den zu Chriſto bekehrten Seelen, welcher Hanpt-Eigenſchaft iſt, daß ſie an Chriſtum den Heyland aller Menſchen zur Seligkeit glauben, und das Geheimniß des Glaubens in einem reinen Gewiſſen bewahren c. 1, 19. c. 2, 9. und ihren Glauben durch die Lie- be thaͤtig erweiſen c. 1, 5. 14. und alſo daher bil- lig die Glaͤubige genennet werden) im Worte (von den Glaubens-Lehren und Lebens-Pflich- ten) im Wandel, (der da unſtraͤflich und exem- plariſch iſt) in der Liebe, (welche mit allen ih- ren gemeinen und beſondern Pflichten den gan- tzen Wandel zieret) im Geiſt (in einer ſolchen Freudigkeit, Munterkeit und Lauterkeit des Ge- muͤths, welche ſich in Worten, Wercken und im gantzen Wandel zeiget,) im Glauben (des Hertzens, welcher aus ſolcher Fuͤlle eines freu- digen und ernſtlichen Geiſtes am meiſten her- vorleuchtet, und den gantzen Wandel mit al- len Wercken der Liebe dirigiret und heiliget,) in der Keuſchheit (welcher du dich inſonder- heit deines noch juͤngern Alters wegen wider alle innerliche und aͤuſſerliche Verſuchungen zu befleiſſen haſt. c. 5, 22.) Anmerckungen. 1. Wie wir aus der Einleitung geſehen ha- ben, muß Timotheus, da er zur Zeit dieſes an ihn geſchriebenen Briefes ſchon bey 15. Jahr her Pauli Gehuͤlfe am Evangelio geweſen war, ſchon ein Mann von etliche und dreyßig Jahren gewe- ſen ſey. Ob nun dieſes gleich bereits ein maͤnn- liches Alter war: ſo war es doch noch ein junges Alter in Anſehung der uͤbrigen und ordentlichen Glieder der Kirchen, als welche guten theils wol noch einmal ſo alt ſeyn mochten. Da nun Timo- theus der gantzen Kirche, und darinnen auch dem Collegio der Aelteſten an Pauli ſtatt vor- ſtehen ſolte: ſo war es noͤthig, daß er das, was ihm am Alter noch abging, an der maͤnnlichen Gravitaͤt und Auctoritaͤt erſetzte. 2. Und alſo ſiehet man, daß das niemand verachte deine Jugend, ſo viel ſey, als ma- che dich bey deinen noch juͤngern Jahren durch dein Betragen nicht ſelbſt veraͤchtlich; Welcher Verſtand aus den folgenden Worten erhellet, da der Gegenſatz darinnen geſetzet wird, daß er ſich allenthalben ſoll zum Fuͤrbilde darſtellen: als welches die beſte Auctoritaͤt bringet. Daß die Worte, welche eine Handlung anzeigen, zuweilen eigentlich nur von der Veranlaſſung zu derſelben zu verſtehen ſind, iſt aus der her- meneutica ſacra ſonſt gar bekant. Es lie- get doch aber indeſſen zugleich in dieſen Wor- ten eine Warnung an die Zuhoͤrer, daß ſie ihre Lehrer nicht veraͤchtlich halten ſollen, und zwar um ſo viel weniger, ie lauterer ihre Lehre, und ie unſtraͤflicher ihr Leben iſt. 3. Nichts iſt, was einem jungen Men- ſchen, und ſonderlich einem jungen Manne im Amte und im Umgange mit andern Leuten eine mehrere, und beſtaͤndigere Auctoritaͤt und Hoch- achtung bringet, als ein weiſer, vorſichtiger und exemplariſcher Wandel. Davon der Grund dieſer iſt, daß in einem ſolchen Wandel das in- nerlich in der Seelen angerichtete Ebenbild GOttes hervortritt und gleichſam ſichtbar wird: Davor ein Menſch, auch der ruchloſeſte, von GOttes Wegen ſtillſchweigens einen tiefen Ein- druck in ſeinem Gewiſſen bekoͤmmt. Gleichwie nun auf dieſe Art ein Jungling und ein junger Mann ſchon uͤber ſein Alter andern recht vene- rabel wird: alſo lehret es hingegen die Erfah- rung, daß wenn ein Alter, auch wol Lehrer von 60. und 70. Jahren, der ohne Gnade und ohne Saltz und dazu noch wol voller Aergerniß iſt, in einer Geſellſchaft, ſonderlich anderer unbekehr- ter Leute, ſich befindet, es ſo viel ſey, als haͤt- ten ſie ein Kind unter ſich: wie man denn mit ſolchen auch nicht ſelten nur ſein Geſpoͤtte trei- bet. V. 13. Halt an mit Leſen, (mit Leſung der Heil. Schrift, darinnen du bereits von Jugend auf wohl geuͤbet biſt; als welche dich noch ferner und in einem noch immer reichern Maſſe unter- weiſen kan zur Seligkeit, in Anſehung deiner eigenen Perſon, und deines Amts in der Ge- meine 2 Tim. 3, 15. 16. 17.) mit Ermahnen (und rechter Application aller ſchon vorgetra- genen und erkannten Wahrheiten) mit lehren (mit fernern und immer mehr erlaͤuterten Vor- trag, zuvorderſt ſo lange) bis ich komme (da es denn hernach, ſo lange du in daſiger Gemei- ne kanſt gelaſſen werden, ſo viel weniger unter- bleiben ſoll, ſo vielmehr ich nach meiner Ankunft dir darinnen werde vorgehen; damit nur zuvor- derſt in ſolcher Zeit nichts verſaͤumet werde.) Anmerckungen. 1. GOttes Gnade und unſer eigener zur Heyls-Ordnung gehoͤriger Fleiß muͤſſen im Lauf- fe des Chriſtenthums immer bey einander ſeyn. Denn ohne Gnade hilft kein eigner Fleiß; und ohne eigenen Fleiß und Treue wird keine Gnade recht gebrauchet und bewahret, vielweniger ver- mehret. Zum Fleiſſe aber gehoͤret unter andern ſonderlich das wuͤrdige, das iſt, das andaͤchtige, aufmerckſame und mit thaͤtiger Anwendung ver- knuͤpfte leſen und hoͤren der Heil. Schrift. 2. Wird nun Timotheus, der doch ſchon von Kindheit auf in der Heil. Schrift gar ſehr erfahren, und dazu mit beſondern Gaben des Heil. Geiſtes ausgeruͤſtet war, 2 Tim. 3, 15. noch ermahnet mit leſen fortzufahren und ſich da- durch immer mehr zu habilitiren; Wie haben es denn nicht viel mehr andere, ſonderlich juͤnge- re, Lehrer noͤthig, die ſich mit Timotheo nicht vergleichen koͤnnen, noch wollen. Und o wie unverantwortlich iſt die Nachlaͤßigkeit ſo vieler Lehrer, Q 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/125>, abgerufen am 23.11.2024.