Das Erste Capitel, Darin Der Apostel Timotheum, nach dem gegen ihm bezeugten grossen Vertrauen ermahnet/ die empfangene Gnade und Gabe bey sich zu erwecken/ mit dem Evangelio geduldig zu leiden/ und das Fürbild der Lehre/ als eine theure Beylage/ getreulich zu bewahren.
[Spaltenumbruch]
V. 1.
Paulus ein Apostel (Abgesandter) JEsu Christi (nach der unmit- telbar von ihm empfangenen himmlischen Berufung Ap. Ges. 9. Gal. 1, 1.) durch den Willen (des Dreyeinigen) GOttes (in- sonderheit des Vaters, der durch den Heil. Geist vermittelst des Apostel-Amts seinen Sohn im Evangelio verkläret: der also weder von Men- schen, noch durch Menschen, sondern durch GOtt den Vater und JEsum Christum in der Sal- bung des Heil. Geistes zum Apostel-Amt ver- ordnet worden. Gal. 1, 1.) Nach der Ver- heissung des Lebens in Christo JEsu (als der Haupt-Lehre, womit es dasselbe zu thun hat.)
Anmerckungen.
1. Paulus bezeichnet alhier sein Apostel- Amt von dessen zweyen Haupt-Stücken, von der göttlichen Berufung, und von dem Haupt-Zwecke. Die Berufung, und die da- her entstehende Auctorität, hatte er von Christo, nach dem gnädigen Willen GOttes. Der Endzweck war die Verheissung, oder epagge- lia, die Verkündigung des Lebens in Christo.
2. Gleichwie der gantze Stand der Sün- den, so wol der Schuld und Strafe, als der Herrschaft und Unseligkeit nach, gar nachdrück- lich mit dem Worte Tod bezeichnet wird 1 B. Mos. 2, 17. Rom. 5, 12. Eph. 2, 1. 5. also wird der Stand der Gnaden, in Ansehung aller dazu gehörigen Haupt-Güter, nebst derselben Grund der Erlösung gar emphatisch mit dem Worte Leben benennet Ezech. 16, 6. Joh. 10, 10. alwo zur Erläuterung zu dem Worte Leben die Wor- te volle Gnüge (perisson) hinzugesetzet werden. Gleichwie es in dieser Epistel c. 1, 10. heißt: Daß Christus das Leben und ein unver- gängliches Wesen durch das Evangelium ans Licht gebracht. Andere Oerter zu übergehen.
3. Es lieget aber auch kein geringer Nach- druck in der Redens-Art: Von dem Leben, tes en khriso, das in Christo ist; nemlich wie gegründet, also auch von ihm empfangen und in der gläubigen Vereinigung und Gemeinschaft mit ihm genossen wird. Denn gleichwie wir das Leben haben von Christo; so können wir auch nicht anders dazu kommen, als in der Ord- nung der gläubigen Vereinigung mit Christo, dazu zuvorderst die geistliche Erweckung, als die Mittheilung des geistlichen Lebens, gehö- ret.
[Spaltenumbruch]
V. 2.
Meinem lieben (und gnesio, dem recht- schaffnen, recht wohlgerathenen, und mir, sei- nem geistlichen Vater, recht ähnlichen und gleich- gesinneten 1 Tim. 1, 3. Phil. 2, 20.) Sohn (zu- gleich auch gar treuen Gehülfen Röm. 16, 21.) Gnade, Barmhertzigkeit und Friede von GOtt dem Vater und Christo JEsu, un- serm HErrn. (Siehe hievon 1 Tim. 1, 2. und im Eingange der vorher erklärten Briefe.)
V. 3.
Jch dancke GOtt, dem ich diene von meinen Vor-Eltern her in reinem Gewis- sen (deinet halber, oder für dich, mit der Anzei- ge) daß ich ohne Unterlaß dein gedencke in meinem Gebet, Tag und Nacht.
Anmerckungen.
1. Ein reines Gewissen ist ein solcher Zu- stand der Seele, da man wahrhaftig zu GOtt bekehret, von Sünden abgewaschen und durch die Gnaden-Kraft des Heil. Geistes also erneu- ert und geheiliget ist, daß man GOTT, und wie ihm, sowol der Person, als dem Amte nach, zu dienen sey, im göttlichen Lichte lebendig erken- net, und sich der Erkenntniß, ob wol noch in mancher Unvollkommenheit, doch in der Wahr- heit und Aufrichtigkeit, getreu erweiset, und also das Geheimniß des Glaubens im reinen Gewissen bewahret und am Glauben nicht Schiffbruch leidet. 1 Tim. 1, 19. c. 3, 9. Hebr. 9, 14. Ap. Gesch. 15, 9.
2. Ein solches reines Gewissen gehöret nothwendig zum wahren Dienste GOttes, also, daß, wo es daran fehlet, der Dienst eitel ist.
3. Es ist ein grosser und irriger Mißver- stand, daß, wenn man vom Gottesdienste hö- ret, man an die öffentlichen Versammlungen in den Kirchen dergestalt zu gedencken pfleget, daß man den Dienst GOttes bey nahe daran al- lein bindet. Da doch unser gantzes Leben ein Gottesdienst seyn, und alle unsere Handlungen dazu geheiliget werden müssen, auch würcklich geheiliget werden, wenn sie mit einem gläubi- gen und GOtt ergebenen Hertzen, im Namen Christi und zur Ehre GOttes geschehen 1 Cor. 10, 31. Col. 3, 17.
4. Als Paulus dieses schrieb, da war er schon vor 32. Jahren in der Bekehrung zu einem reinen Gewissen gelanget; Und weil er dasselbe ohne Verletzung bisher bewahret, auch gottselige
Eltern
T
C. 1. v. 1-3. an den Timotheum.
Das Erſte Capitel, Darin Der Apoſtel Timotheum, nach dem gegen ihm bezeugten groſſen Vertrauen ermahnet/ die empfangene Gnade und Gabe bey ſich zu erwecken/ mit dem Evangelio geduldig zu leiden/ und das Fuͤrbild der Lehre/ als eine theure Beylage/ getreulich zu bewahren.
[Spaltenumbruch]
V. 1.
Paulus ein Apoſtel (Abgeſandter) JEſu Chriſti (nach der unmit- telbar von ihm empfangenen himmliſchen Berufung Ap. Geſ. 9. Gal. 1, 1.) durch den Willen (des Dreyeinigen) GOttes (in- ſonderheit des Vaters, der durch den Heil. Geiſt vermittelſt des Apoſtel-Amts ſeinen Sohn im Evangelio verklaͤret: der alſo weder von Men- ſchen, noch durch Menſchen, ſondern durch GOtt den Vater und JEſum Chriſtum in der Sal- bung des Heil. Geiſtes zum Apoſtel-Amt ver- ordnet worden. Gal. 1, 1.) Nach der Ver- heiſſung des Lebens in Chriſto JEſu (als der Haupt-Lehre, womit es daſſelbe zu thun hat.)
Anmerckungen.
1. Paulus bezeichnet alhier ſein Apoſtel- Amt von deſſen zweyen Haupt-Stuͤcken, von der goͤttlichen Berufung, und von dem Haupt-Zwecke. Die Berufung, und die da- her entſtehende Auctoritaͤt, hatte er von Chriſto, nach dem gnaͤdigen Willen GOttes. Der Endzweck war die Verheiſſung, oder ἐϖαγγε- λία, die Verkuͤndigung des Lebens in Chriſto.
2. Gleichwie der gantze Stand der Suͤn- den, ſo wol der Schuld und Strafe, als der Herrſchaft und Unſeligkeit nach, gar nachdruͤck- lich mit dem Worte Tod bezeichnet wird 1 B. Moſ. 2, 17. Rom. 5, 12. Eph. 2, 1. 5. alſo wird der Stand der Gnaden, in Anſehung aller dazu gehoͤrigen Haupt-Guͤter, nebſt derſelben Grund der Erloͤſung gar emphatiſch mit dem Worte Leben benennet Ezech. 16, 6. Joh. 10, 10. alwo zur Erlaͤuterung zu dem Worte Leben die Wor- te volle Gnuͤge (ϖερισσὸν) hinzugeſetzet werden. Gleichwie es in dieſer Epiſtel c. 1, 10. heißt: Daß Chriſtus das Leben und ein unver- gaͤngliches Weſen duꝛch das Evangelium ans Licht gebracht. Andere Oerter zu uͤbergehen.
3. Es lieget aber auch kein geringer Nach- druck in der Redens-Art: Von dem Leben, τῆς ἐν χριςῷ, das in Chriſto iſt; nemlich wie gegruͤndet, alſo auch von ihm empfangen und in der glaͤubigen Vereinigung und Gemeinſchaft mit ihm genoſſen wird. Denn gleichwie wir das Leben haben von Chriſto; ſo koͤnnen wir auch nicht anders dazu kommen, als in der Ord- nung der glaͤubigen Vereinigung mit Chriſto, dazu zuvorderſt die geiſtliche Erweckung, als die Mittheilung des geiſtlichen Lebens, gehoͤ- ret.
[Spaltenumbruch]
V. 2.
Meinem lieben (und γνησίῳ, dem recht- ſchaffnen, recht wohlgerathenen, und mir, ſei- nem geiſtlichen Vater, recht aͤhnlichen und gleich- geſinneten 1 Tim. 1, 3. Phil. 2, 20.) Sohn (zu- gleich auch gar treuen Gehuͤlfen Roͤm. 16, 21.) Gnade, Barmhertzigkeit und Friede von GOtt dem Vater und Chriſto JEſu, un- ſerm HErrn. (Siehe hievon 1 Tim. 1, 2. und im Eingange der vorher erklaͤrten Briefe.)
V. 3.
Jch dancke GOtt, dem ich diene von meinen Vor-Eltern her in reinem Gewiſ- ſen (deinet halber, oder fuͤr dich, mit der Anzei- ge) daß ich ohne Unterlaß dein gedencke in meinem Gebet, Tag und Nacht.
Anmerckungen.
1. Ein reines Gewiſſen iſt ein ſolcher Zu- ſtand der Seele, da man wahrhaftig zu GOtt bekehret, von Suͤnden abgewaſchen und durch die Gnaden-Kraft des Heil. Geiſtes alſo erneu- ert und geheiliget iſt, daß man GOTT, und wie ihm, ſowol der Perſon, als dem Amte nach, zu dienen ſey, im goͤttlichen Lichte lebendig erken- net, und ſich der Erkenntniß, ob wol noch in mancher Unvollkommenheit, doch in der Wahr- heit und Aufrichtigkeit, getreu erweiſet, und alſo das Geheimniß des Glaubens im reinen Gewiſſen bewahret und am Glauben nicht Schiffbruch leidet. 1 Tim. 1, 19. c. 3, 9. Hebr. 9, 14. Ap. Geſch. 15, 9.
2. Ein ſolches reines Gewiſſen gehoͤret nothwendig zum wahren Dienſte GOttes, alſo, daß, wo es daran fehlet, der Dienſt eitel iſt.
3. Es iſt ein groſſer und irriger Mißver- ſtand, daß, wenn man vom Gottesdienſte hoͤ- ret, man an die oͤffentlichen Verſammlungen in den Kirchen dergeſtalt zu gedencken pfleget, daß man den Dienſt GOttes bey nahe daran al- lein bindet. Da doch unſer gantzes Leben ein Gottesdienſt ſeyn, und alle unſere Handlungen dazu geheiliget werden muͤſſen, auch wuͤrcklich geheiliget werden, wenn ſie mit einem glaͤubi- gen und GOtt ergebenen Hertzen, im Namen Chriſti und zur Ehre GOttes geſchehen 1 Cor. 10, 31. Col. 3, 17.
4. Als Paulus dieſes ſchrieb, da war er ſchon vor 32. Jahren in der Bekehrung zu einem reinen Gewiſſen gelanget; Und weil er daſſelbe ohne Verletzung bisher bewahret, auch gottſelige
Eltern
T
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0147"n="145"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">C. 1. v. 1-3. an den Timotheum.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Das Erſte Capitel,</hi><lb/>
Darin<lb/>
Der Apoſtel Timotheum, nach dem gegen ihm bezeugten<lb/>
groſſen Vertrauen ermahnet/ die empfangene Gnade und Gabe bey ſich zu<lb/>
erwecken/ mit dem Evangelio geduldig zu leiden/ und das Fuͤrbild der<lb/>
Lehre/ als eine theure Beylage/ getreulich zu bewahren.</hi></head><lb/><cb/><divn="3"><head><hirendition="#b">V. 1.</hi></head><lb/><p><hirendition="#fr"><hirendition="#in">P</hi>aulus ein Apoſtel</hi> (Abgeſandter)<lb/><hirendition="#fr">JEſu Chriſti</hi> (nach der unmit-<lb/>
telbar von ihm empfangenen<lb/>
himmliſchen Berufung Ap. Geſ.<lb/>
9. Gal. 1, 1.) <hirendition="#fr">durch den Willen</hi><lb/>
(des Dreyeinigen) <hirendition="#fr">GOttes</hi> (in-<lb/>ſonderheit des Vaters, der durch den Heil. Geiſt<lb/>
vermittelſt des Apoſtel-Amts ſeinen Sohn im<lb/>
Evangelio verklaͤret: der alſo weder von Men-<lb/>ſchen, noch durch Menſchen, ſondern durch GOtt<lb/>
den Vater und JEſum Chriſtum in der Sal-<lb/>
bung des Heil. Geiſtes zum Apoſtel-Amt ver-<lb/>
ordnet worden. Gal. 1, 1.) <hirendition="#fr">Nach der Ver-<lb/>
heiſſung des Lebens in Chriſto JEſu</hi> (als<lb/>
der Haupt-Lehre, womit es daſſelbe zu thun<lb/>
hat.)</p><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Anmerckungen.</hi></head><lb/><p>1. Paulus bezeichnet alhier ſein <hirendition="#fr">Apoſtel-<lb/>
Amt</hi> von deſſen zweyen Haupt-Stuͤcken, von<lb/>
der <hirendition="#fr">goͤttlichen Berufung,</hi> und von dem<lb/><hirendition="#fr">Haupt-Zwecke.</hi> Die <hirendition="#fr">Berufung,</hi> und die da-<lb/>
her entſtehende <hirendition="#aq">Auctorit</hi>aͤt, hatte er von Chriſto,<lb/>
nach dem gnaͤdigen Willen GOttes. Der<lb/><hirendition="#fr">Endzweck</hi> war die Verheiſſung, oder ἐϖαγγε-<lb/>λία, die Verkuͤndigung des Lebens in Chriſto.</p><lb/><p>2. Gleichwie der gantze Stand der Suͤn-<lb/>
den, ſo wol der Schuld und Strafe, als der<lb/>
Herrſchaft und Unſeligkeit nach, gar nachdruͤck-<lb/>
lich mit dem Worte <hirendition="#fr">Tod</hi> bezeichnet wird 1 B.<lb/>
Moſ. 2, 17. Rom. 5, 12. Eph. 2, 1. 5. alſo wird<lb/>
der Stand der Gnaden, in Anſehung aller dazu<lb/>
gehoͤrigen Haupt-Guͤter, nebſt derſelben Grund<lb/>
der Erloͤſung gar <hirendition="#aq">emphati</hi>ſch mit dem Worte<lb/><hirendition="#fr">Leben</hi> benennet Ezech. 16, 6. Joh. 10, 10. alwo<lb/>
zur Erlaͤuterung zu dem Worte Leben die Wor-<lb/>
te volle Gnuͤge (ϖερισσὸν) hinzugeſetzet werden.<lb/>
Gleichwie es in dieſer Epiſtel c. 1, 10. heißt:<lb/><hirendition="#fr">Daß Chriſtus das Leben und ein unver-<lb/>
gaͤngliches Weſen duꝛch das Evangelium ans<lb/>
Licht gebracht.</hi> Andere Oerter zu uͤbergehen.</p><lb/><p>3. Es lieget aber auch kein geringer Nach-<lb/>
druck in der Redens-Art: <hirendition="#fr">Von dem Leben,</hi><lb/>τῆςἐνχριςῷ, <hirendition="#fr">das in Chriſto iſt;</hi> nemlich wie<lb/>
gegruͤndet, alſo auch von ihm empfangen und<lb/>
in der glaͤubigen Vereinigung und Gemeinſchaft<lb/>
mit ihm genoſſen wird. Denn gleichwie wir<lb/>
das Leben haben <hirendition="#fr">von Chriſto;</hi>ſo koͤnnen wir<lb/>
auch nicht anders dazu kommen, als in der Ord-<lb/>
nung der glaͤubigen Vereinigung <hirendition="#fr">mit Chriſto,</hi><lb/>
dazu zuvorderſt die geiſtliche Erweckung, als<lb/>
die Mittheilung des geiſtlichen Lebens, gehoͤ-<lb/>
ret.</p><lb/><cb/></div></div><divn="3"><head><hirendition="#b">V. 2.</hi></head><lb/><p><hirendition="#fr">Meinem lieben</hi> (und γνησίῳ, dem recht-<lb/>ſchaffnen, recht wohlgerathenen, und mir, ſei-<lb/>
nem geiſtlichen Vater, recht aͤhnlichen und gleich-<lb/>
geſinneten 1 Tim. 1, 3. Phil. 2, 20.) <hirendition="#fr">Sohn</hi> (zu-<lb/>
gleich auch gar treuen Gehuͤlfen Roͤm. 16, 21.)<lb/><hirendition="#fr">Gnade, Barmhertzigkeit und Friede von<lb/>
GOtt dem Vater und Chriſto JEſu, un-<lb/>ſerm HErrn.</hi> (Siehe hievon 1 Tim. 1, 2. und<lb/>
im Eingange der vorher erklaͤrten Briefe.)</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">V. 3.</hi></head><lb/><p><hirendition="#fr">Jch dancke GOtt, dem ich diene von<lb/>
meinen Vor-Eltern her in reinem Gewiſ-<lb/>ſen</hi> (deinet halber, oder fuͤr dich, mit der Anzei-<lb/>
ge) <hirendition="#fr">daß ich ohne Unterlaß dein gedencke in<lb/>
meinem Gebet, Tag und Nacht.</hi></p><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Anmerckungen.</hi></head><lb/><p>1. Ein <hirendition="#fr">reines Gewiſſen</hi> iſt ein ſolcher Zu-<lb/>ſtand der Seele, da man wahrhaftig zu GOtt<lb/>
bekehret, von Suͤnden abgewaſchen und durch<lb/>
die Gnaden-Kraft des Heil. Geiſtes alſo erneu-<lb/>
ert und geheiliget iſt, daß man GOTT, und wie<lb/>
ihm, ſowol der Perſon, als dem Amte nach, zu<lb/>
dienen ſey, im goͤttlichen Lichte lebendig erken-<lb/>
net, und ſich der Erkenntniß, ob wol noch in<lb/>
mancher Unvollkommenheit, doch in der Wahr-<lb/>
heit und Aufrichtigkeit, getreu erweiſet, und<lb/>
alſo das Geheimniß des Glaubens im reinen<lb/>
Gewiſſen bewahret und am Glauben nicht<lb/>
Schiffbruch leidet. 1 Tim. 1, 19. c. 3, 9. Hebr. 9,<lb/>
14. Ap. Geſch. 15, 9.</p><lb/><p>2. Ein ſolches <hirendition="#fr">reines Gewiſſen</hi> gehoͤret<lb/>
nothwendig zum wahren Dienſte GOttes, alſo,<lb/>
daß, wo es daran fehlet, der Dienſt eitel iſt.</p><lb/><p>3. Es iſt ein groſſer und irriger Mißver-<lb/>ſtand, daß, wenn man vom <hirendition="#fr">Gottesdienſte</hi> hoͤ-<lb/>
ret, man an die oͤffentlichen Verſammlungen<lb/>
in den Kirchen dergeſtalt zu gedencken pfleget,<lb/>
daß man den Dienſt GOttes bey nahe daran al-<lb/>
lein bindet. Da doch unſer gantzes Leben ein<lb/>
Gottesdienſt ſeyn, und alle unſere Handlungen<lb/>
dazu geheiliget werden muͤſſen, auch wuͤrcklich<lb/>
geheiliget werden, wenn ſie mit einem glaͤubi-<lb/>
gen und GOtt ergebenen Hertzen, im Namen<lb/>
Chriſti und zur Ehre GOttes geſchehen 1 Cor. 10,<lb/>
31. Col. 3, 17.</p><lb/><p>4. Als Paulus dieſes ſchrieb, da war er<lb/>ſchon vor 32. Jahren in der Bekehrung zu einem<lb/>
reinen Gewiſſen gelanget; Und weil er daſſelbe<lb/>
ohne Verletzung bisher bewahret, auch gottſelige<lb/><fwplace="bottom"type="sig">T</fw><fwplace="bottom"type="catch">Eltern</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[145/0147]
C. 1. v. 1-3. an den Timotheum.
Das Erſte Capitel,
Darin
Der Apoſtel Timotheum, nach dem gegen ihm bezeugten
groſſen Vertrauen ermahnet/ die empfangene Gnade und Gabe bey ſich zu
erwecken/ mit dem Evangelio geduldig zu leiden/ und das Fuͤrbild der
Lehre/ als eine theure Beylage/ getreulich zu bewahren.
V. 1.
Paulus ein Apoſtel (Abgeſandter)
JEſu Chriſti (nach der unmit-
telbar von ihm empfangenen
himmliſchen Berufung Ap. Geſ.
9. Gal. 1, 1.) durch den Willen
(des Dreyeinigen) GOttes (in-
ſonderheit des Vaters, der durch den Heil. Geiſt
vermittelſt des Apoſtel-Amts ſeinen Sohn im
Evangelio verklaͤret: der alſo weder von Men-
ſchen, noch durch Menſchen, ſondern durch GOtt
den Vater und JEſum Chriſtum in der Sal-
bung des Heil. Geiſtes zum Apoſtel-Amt ver-
ordnet worden. Gal. 1, 1.) Nach der Ver-
heiſſung des Lebens in Chriſto JEſu (als
der Haupt-Lehre, womit es daſſelbe zu thun
hat.)
Anmerckungen.
1. Paulus bezeichnet alhier ſein Apoſtel-
Amt von deſſen zweyen Haupt-Stuͤcken, von
der goͤttlichen Berufung, und von dem
Haupt-Zwecke. Die Berufung, und die da-
her entſtehende Auctoritaͤt, hatte er von Chriſto,
nach dem gnaͤdigen Willen GOttes. Der
Endzweck war die Verheiſſung, oder ἐϖαγγε-
λία, die Verkuͤndigung des Lebens in Chriſto.
2. Gleichwie der gantze Stand der Suͤn-
den, ſo wol der Schuld und Strafe, als der
Herrſchaft und Unſeligkeit nach, gar nachdruͤck-
lich mit dem Worte Tod bezeichnet wird 1 B.
Moſ. 2, 17. Rom. 5, 12. Eph. 2, 1. 5. alſo wird
der Stand der Gnaden, in Anſehung aller dazu
gehoͤrigen Haupt-Guͤter, nebſt derſelben Grund
der Erloͤſung gar emphatiſch mit dem Worte
Leben benennet Ezech. 16, 6. Joh. 10, 10. alwo
zur Erlaͤuterung zu dem Worte Leben die Wor-
te volle Gnuͤge (ϖερισσὸν) hinzugeſetzet werden.
Gleichwie es in dieſer Epiſtel c. 1, 10. heißt:
Daß Chriſtus das Leben und ein unver-
gaͤngliches Weſen duꝛch das Evangelium ans
Licht gebracht. Andere Oerter zu uͤbergehen.
3. Es lieget aber auch kein geringer Nach-
druck in der Redens-Art: Von dem Leben,
τῆς ἐν χριςῷ, das in Chriſto iſt; nemlich wie
gegruͤndet, alſo auch von ihm empfangen und
in der glaͤubigen Vereinigung und Gemeinſchaft
mit ihm genoſſen wird. Denn gleichwie wir
das Leben haben von Chriſto; ſo koͤnnen wir
auch nicht anders dazu kommen, als in der Ord-
nung der glaͤubigen Vereinigung mit Chriſto,
dazu zuvorderſt die geiſtliche Erweckung, als
die Mittheilung des geiſtlichen Lebens, gehoͤ-
ret.
V. 2.
Meinem lieben (und γνησίῳ, dem recht-
ſchaffnen, recht wohlgerathenen, und mir, ſei-
nem geiſtlichen Vater, recht aͤhnlichen und gleich-
geſinneten 1 Tim. 1, 3. Phil. 2, 20.) Sohn (zu-
gleich auch gar treuen Gehuͤlfen Roͤm. 16, 21.)
Gnade, Barmhertzigkeit und Friede von
GOtt dem Vater und Chriſto JEſu, un-
ſerm HErrn. (Siehe hievon 1 Tim. 1, 2. und
im Eingange der vorher erklaͤrten Briefe.)
V. 3.
Jch dancke GOtt, dem ich diene von
meinen Vor-Eltern her in reinem Gewiſ-
ſen (deinet halber, oder fuͤr dich, mit der Anzei-
ge) daß ich ohne Unterlaß dein gedencke in
meinem Gebet, Tag und Nacht.
Anmerckungen.
1. Ein reines Gewiſſen iſt ein ſolcher Zu-
ſtand der Seele, da man wahrhaftig zu GOtt
bekehret, von Suͤnden abgewaſchen und durch
die Gnaden-Kraft des Heil. Geiſtes alſo erneu-
ert und geheiliget iſt, daß man GOTT, und wie
ihm, ſowol der Perſon, als dem Amte nach, zu
dienen ſey, im goͤttlichen Lichte lebendig erken-
net, und ſich der Erkenntniß, ob wol noch in
mancher Unvollkommenheit, doch in der Wahr-
heit und Aufrichtigkeit, getreu erweiſet, und
alſo das Geheimniß des Glaubens im reinen
Gewiſſen bewahret und am Glauben nicht
Schiffbruch leidet. 1 Tim. 1, 19. c. 3, 9. Hebr. 9,
14. Ap. Geſch. 15, 9.
2. Ein ſolches reines Gewiſſen gehoͤret
nothwendig zum wahren Dienſte GOttes, alſo,
daß, wo es daran fehlet, der Dienſt eitel iſt.
3. Es iſt ein groſſer und irriger Mißver-
ſtand, daß, wenn man vom Gottesdienſte hoͤ-
ret, man an die oͤffentlichen Verſammlungen
in den Kirchen dergeſtalt zu gedencken pfleget,
daß man den Dienſt GOttes bey nahe daran al-
lein bindet. Da doch unſer gantzes Leben ein
Gottesdienſt ſeyn, und alle unſere Handlungen
dazu geheiliget werden muͤſſen, auch wuͤrcklich
geheiliget werden, wenn ſie mit einem glaͤubi-
gen und GOtt ergebenen Hertzen, im Namen
Chriſti und zur Ehre GOttes geſchehen 1 Cor. 10,
31. Col. 3, 17.
4. Als Paulus dieſes ſchrieb, da war er
ſchon vor 32. Jahren in der Bekehrung zu einem
reinen Gewiſſen gelanget; Und weil er daſſelbe
ohne Verletzung bisher bewahret, auch gottſelige
Eltern
T
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/147>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.