Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 4. v. 6. 7. an den Timotheum. [Spaltenumbruch]
Amt künftig so vielmehr solst angelegen seyn las-sen, so wisse, daß du meiner Instruction und Ermunterung nicht lange mehr wirst zu geniessen haben,) ich werde schon geopfert, (ich sehe meinen Tod schon vor Augen, und stelle ihn mir also vor, als solte ich schon itzo durch Vergies- sung meines Bluts gleichsam ein Tranck-Opfer werden,) und die Zeit meines Abschiedes (analuseos, meiner Auflösung, da das Band zwischen Seel und Leib wird getrennet werden, Phil. 1, 23. c. 2, 17. 2 Pet. 1, 14.) ist vorhan- den. Anmerckungen. 1. Ausser den äusserlichen Umständen, dar- 2. Es ist aber des Apostels Meynung nicht 3. Die Opfer des alten Testaments sind 4. Das von Paulo gebrauchte Griechische 5. GOtt thut noch itzo manchen Seelen V. 7. Jch habe einen guten Kampf (ton Anmerckungen. 1. Es pfleget dieser Text zwar vor vielen 2. Es handelt dieser Text sonderlich von 3. Diese Evangelische Lehre von der mög- muth-
Cap. 4. v. 6. 7. an den Timotheum. [Spaltenumbruch]
Amt kuͤnftig ſo vielmehr ſolſt angelegen ſeyn laſ-ſen, ſo wiſſe, daß du meiner Inſtruction und Ermunterung nicht lange mehr wirſt zu genieſſen haben,) ich werde ſchon geopfert, (ich ſehe meinen Tod ſchon vor Augen, und ſtelle ihn mir alſo vor, als ſolte ich ſchon itzo durch Vergieſ- ſung meines Bluts gleichſam ein Tranck-Opfer werden,) und die Zeit meines Abſchiedes (ἀναλύσεως, meiner Aufloͤſung, da das Band zwiſchen Seel und Leib wird getrennet werden, Phil. 1, 23. c. 2, 17. 2 Pet. 1, 14.) iſt vorhan- den. Anmerckungen. 1. Auſſer den aͤuſſerlichen Umſtaͤnden, dar- 2. Es iſt aber des Apoſtels Meynung nicht 3. Die Opfer des alten Teſtaments ſind 4. Das von Paulo gebrauchte Griechiſche 5. GOtt thut noch itzo manchen Seelen V. 7. Jch habe einen guten Kampf (τὸν Anmerckungen. 1. Es pfleget dieſer Text zwar vor vielen 2. Es handelt dieſer Text ſonderlich von 3. Dieſe Evangeliſche Lehre von der moͤg- muth-
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Cap. 4. v. 6. 7. an den Timotheum.
Amt kuͤnftig ſo vielmehr ſolſt angelegen ſeyn laſ-
ſen, ſo wiſſe, daß du meiner Inſtruction und
Ermunterung nicht lange mehr wirſt zu genieſſen
haben,) ich werde ſchon geopfert, (ich ſehe
meinen Tod ſchon vor Augen, und ſtelle ihn mir
alſo vor, als ſolte ich ſchon itzo durch Vergieſ-
ſung meines Bluts gleichſam ein Tranck-Opfer
werden,) und die Zeit meines Abſchiedes
(ἀναλύσεως, meiner Aufloͤſung, da das Band
zwiſchen Seel und Leib wird getrennet werden,
Phil. 1, 23. c. 2, 17. 2 Pet. 1, 14.) iſt vorhan-
den.
Anmerckungen.
1. Auſſer den aͤuſſerlichen Umſtaͤnden, dar-
aus Paulus ſein bevorſtehendes Ende ſchlieſſen
koͤnnen, hat er es allem Anſehen nach wol noch
gewiſſer aus einer goͤttlichen Offenbarung, und
alſo mehr, als aus einer bloſſen Ahndung, ge-
wußt.
2. Es iſt aber des Apoſtels Meynung nicht
geweſen, daß er ſolchen Tod ſchon in den naͤch-
ſten Tagen, oder Monaten, erwarte; ſintemal
er ſonſt Timotheum nicht erſt von Epheſus aus
Orient nach Rom wuͤrde beruſen haben: ſon-
dern er hat hiemit anzeigen wollen, daß dieſe die
letztern Bande waͤren, aus welchen er keine Be-
freyung erwarte; wie auch erfolget iſt.
3. Die Opfer des alten Teſtaments ſind
zwar eigentlich auf das Opfer Chriſti am Crcutze
gegangen, und haben dabey die geiſtliche Auf-
opferung der Glieder Chriſti vorgebildet: in ſo
fern ſie doch aber von lebendigen Thieren waren,
und dieſe geſchlachtet wurden, haben ſie nebſt
dem Verſoͤhnungs-Tod Chriſti zugleich auch den
Martyr-Tod der Glaͤubigen repræſentiret, daß
ſie wie die Schafe wuͤrden zur Schlachtbanck
gefuͤhret werden. Pſ. 44, 23. Roͤm. 8, 36. da-
her Johanni die Seelen der Maͤrtyrer, als Blut-
zeugen, unter dem Altar, darauf ſonſt geopfert
wurde, ſind vorgeſtellet worden, Offenb. 7, 9. 10.
und daß das Opfer-Blut unter dem Altar hinge-
goſſen worden, ſiehet man 3 B. Moſ. 1, 5. 15.
c. 3, 28. u. ſ. w.
4. Das von Paulo gebrauchte Griechiſche
Wort σπένδομαι gehet, auſſer der gemeinen
Bedeutung vom Opfer, inſonderheit auf die
Tranck-Opfer, die nebſt den Opfern von Thie-
ren oder von Mehl, als Speiß-Opfer, in einer
gewiſſen portion von Oel und Wein gebracht
wurden, 2 B. Moſ. 29, 40. 4 B. Moſ. 28, 7.
welches ein Vorbild geweſen von dem Blute der
Maͤrtyrer; welches vor GOtt hochgeachtet iſt.
Pſ. 116, 15.
5. GOtt thut noch itzo manchen Seelen
die beſondere Gnade, daß ſie ihren Tod gewiß
vorher ſehen und ſagen; welches denn zu einer
deſto mehrern Vorbereitung dienet: doch hat
niemand darauf zu warten, ſondern ſich allezeit
zum ſeligen Abſchiede bereit zu halten.
V. 7.
Jch habe einen guten Kampf (τὸν
ἀγῶνα, τὸν καλὸν, den Kampf, der da iſt der
gute, der rechte und bewaͤhrte,) gekaͤmpfet,
(wider den Satan, und wider ſo viele Feinde
des Evangelii in der Welt, nun ſeit 33. Jahr
her in meinem Apoſtel-Amte: ſiehe 2 Cor. 11.
Col. 1, 28. 29. 1 Tim. 6, 12.) ich habe den
Lauf (der mir ſowol fuͤr meine Perſon, als in
meinem Amte verordnet war) vollendet, (alſo
daß ich nicht bin zuruͤck gegangen, noch aus der
Gnade gefallen, ſondern abgeleget habe alle
aufhaltende Laſt der Suͤnde, Hebr. 12, 1. 2 Cor.
9, 24. 25. Phil. 3, 14. Ap. Geſch. 20, 24.) ich
habe Glauben (darauf es im Kampfe und im
Laufe am meiſten ankoͤmmt, Eph. 6, 16. 1 Joh.
5, 4.) gehalten, (alſo daß ich im ſeligmachenden
Glauben auch die Chriſto ſchuldige Treue in al-
ler Beſtaͤndigkeit geleiſtet habe. 1 Cor. 4, 1. 2.)
Anmerckungen.
1. Es pfleget dieſer Text zwar vor vielen
andern ſonderlich zu den Leichpredigten erwehlet
zu werden: aber alſo, daß er ſich gar ſelten auf
die Perſonen und auf ihr Leben ſchicket: welches
denn ein groſſer Mißbrauch deſſelben iſt; zumal
wenn eines fleiſchlich-geſinneten Lehrers Mund
daruͤber koͤmmt, welcher die Application ohne
alle Wahrheit machet, wodurch denn andere
rohe, oder heuchleriſche, Gemuͤther nur noch im-
mer mehr eingeſchlaͤfert, ja mit falſchen Troͤ-
ſtungen gleichſam recht eingewieget werden.
Zwar muß, was Paulus alhie von ſich ſaget, auch
von andern rechtſchaffnen Chriſten geſaget wer-
den koͤnnen, obgleich mit einigem Unterſcheide;
allein wieviel finden ſich, welche von ſolcher Be-
ſchaffenheit ſind?
2. Es handelt dieſer Text ſonderlich von
der Beharrung im Stande der Gnaden, daß
ein wahrer wiedergebohrner Chriſt von ſeiner
Bekehrung an, da er in den Stand der Gna-
den eintrit, koͤnne und muͤſſe bis an ſein ſeliges
Ende verharren, ohne allen Ruͤckfall; zwar kan
er wieder fallen, wie wir an dem Exempel des
Demas, v. 10. und derer, welcher 1 Tim. 1, 18. 19.
gedacht wird, wie auch Davids und Petri, ſehen:
allein er kan und ſoll auch beharren im guten Ge-
wiſſen, ſintemal zu ſolcher Beharrung gehoͤret,
nicht, daß er ohne Erb- und Schwachheits-Suͤn-
den und ohne Fehler ſey; ſondern nur dieſes, daß
er eines theils die Suͤnde nicht wieder herrſchen
laſſe: andern theils im guten wachſe. Und dis
iſt auch die eigentliche Art wahrer Chriſten, daß,
wenn ſie ihren Lauf angefangen haben, ſie ihn
ohne Ruͤckgang oder Ruͤckfall vollenden: zu
welchem Zweck auch alle an die ſchon Bekehrten
geſchriebene Apoſtoliſche Briefe ſonderlich ge-
richtet ſind.
3. Dieſe Evangeliſche Lehre von der moͤg-
lichen und noͤthigen Beharrung im Stande der
Gnaden, iſt eine von den recht geſunden und ge-
ſundmachenden Lehren, welche der Apoſtel in
den beyden Briefen an den Timotheum mit dem
Wort ὑγιάινων, ὑγιὴς, Timotheo ſonderlich
anbefiehlet: ſiehe 1 Tim. 1, 10. c. 6, 3. 2 Tim.
1, 13. c. 4, 3. deßgleichen Tito, Tit. 1, 8. 9. 13.
c. 2, 1. 2. Wenn nun dieſelbe fuͤr irrig erklaͤret,
und dagegen vorgegeben wird, daß kein Chriſt
im Stande der Gnaden alſo beſtaͤndig verharren
koͤnne, oder iemals verharret ſey, daß er durch
muth-
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