[Spaltenumbruch]
haben wir alhier den Verstand des Worts agia- zein aus dem Levitischen GOttes Dienst zu erklä- ren. Denn da heißt es so viel als Versöhnen und von der sündlichen Unreinigkeit reinigen. Man sehe hievon unter andern sonderlich die Oer- ter 2 B. Mos. 29, 1. 21. 33. 36. 37. 44. Da die Griechischen Interpretes von der versöhnenden Reinigung und Einweihung das Wort agiazein gebrauchen.
3. Hiebey conferire man Hebr. 9, 13. da es heißt: So der Ochsen und der Böcke Blut, und die Asche von der Kuh gespren- get, agiazei heiliget die Unreinen zur leib- lichen Reinigkeit: wie vielmehr wird das Blut Christi, der sich selbst ohne allen Wandel durch den ewigen Geist GOTT geopfert hat, unsere Gewissen reinigen von den todten Wercken, zu dienen dem leben- digen GOtt. Da wir sehen, daß das heiligen und reinigen, im Evangelischen Gegenbilde auf die Levitischen Vorbilder, so viel ist, als versöh- nen, und daß es auf die unmittelbar v. 12. vorher ausdrücklich gedachte Erlösung Christi gehet.
4. Diesen Verstand bekräftiget Paulus auch damit, wenn er Hebr. 10. spricht: wir sind einmal egiasmenoi, geheiliget (versöhnet) durch das Opfer des Leibes Christi. Jm- gleichen v. 14. Mit einem Opfer hat er in Ewigkeit vollendet tou`s agiazomenous, die geheiliget werden (die der Versöhnung theil- haftig werden.) Ferner v 19. Das Blut Chri- sti unrein achten, durch welches man ge- heiliget (versöhnet) ist. Und was kan klärer seyn, als was Paulus c. 13, 12. bezeuget, da er spricht: Jesus, auf daß er heiligte (versöhn- te) das Volck durch sein eigen Blut, hat er gelitten aussen vor dem Thor. Man sehe auch Eph. 5, 26. Christus hat geliebet die Gemeine und sich selbst für sie gegeben, aufdaß er sie heiligte.
5. Und da die zur Versöhnung gewidmete Personen und Sachen dazu sonderlich musten ver- ordnet werden, so wird das agiazein, wie das Hebr. [shydqh shdq] auch von solcher Verord- nung und Consecration gebrauchet. Man sehe 2 B. Mos. 1, 2. 3. c. 29. 1. 21. 33. 36. 37. 44. Jn wel- chem Verstande es von dem Sohne GOttes Joh. 10, 36. heißt: Den der Vater geheiliget (zum Versöhnopfer bestimmet) und (dazu) in die Welt gesandt hat. Und unser Heyland spricht von sich selbst Joh. 17, 19. Jch heilige mich selbst für sie, aufdaß auch sie geheiliget seyn in der Wahrheit.
6. Es wird doch aber das Wort a'giazein, auch oft von der würcklichen Erneuerung ge- brauchet: z. E. Röm. 6, 19. 22. 1 Thess. 4, 3. 4. Hebr. 12, 14. Offenb. 22, 11. u. s. w. Uberhaupt fin- det man das Wort agiazon, der da heiliget, von GOtt Ezech. 20, 12. c. 37, 28. nach dem He- bräischen [fremdsprachliches Material].
7. Hieraus kan man nun leichtlich erken- nen, welche da sind oi agiazomenoi, die da gehei- liget, oder versöhnet werden, nemlich alle Menschen: als welche, da Christus zur Ver- [Spaltenumbruch]
söhnung für sie alle den Tod geschmecket hat, nach v. 9. dergestalt erlöset sind, daß ihnen die Gnade der Versöhnung von GOttes wegen kan und soll zugeeignet werden. Welches denn geschiehet in der Rechtfertigung. Da man also geheiliget wird in der Wahrheit, nach Joh. 17, 29. Daß man durch das Wort geheiliget, oder bekehret wird v. 17. und der Heiligung nachjaget Hebr. 12, 14. Von welcher Application der Versöh- nung zur Rechtfertigung in der Ordnung der wahren Bekehrung Paulus die Corinthier nen- net egiasmenous en Khristo, die geheiligten in Christo 1 Cor. 1, 2. Siehe anch c. 6, 11. Jhr seyd abgewaschen, ihr seyd geheiliget, ihr seyd gerecht worden durch den Namen unsers HErrn JEsu und durch den Geist unsers GOttes.
8. Wenn nun von dem, der heiliget, und de- nen, die geheiliget werden, gesaget wird, daß sie sind ex enos pantes, alle von einem: so könte man zwar durch den einen GOtt vorstehen: al- lein weil der Sohn GOttes nur eigentlich die göttliche Natur, davon doch aber alhier die Rede nicht ist, sondern von der menschlichen, vom Vater hat, und solchesvon den gläubigen nicht auch kan gesaget werden; hingegen aber sie mit Christo in gleichem Verstande, obwol mit einem grossen Un- terschiede, von Adam herstammen; so nimmt man das Wort alhier billig an von Adam: wie denn im gantzen Context auf die auf die Erlösung gerichtete Menschwerdung, nach welcher der Sohn GOttes allen Adams Kindern, doch ausser der Sünde, gleich worden ist, v. 14. gesehen wird. Und auf diese Art schicket es sich gar wohl zu diesen Worten, wenn dazu gesetzet wird: Da- rum schämet er sich nicht, sie Brüder zu heissen: weil er nemlich in den von dem zu erst erschaffenen einigen Adam herstammenden Orden der Menschen, durch die Menschwerdung, getre- ten ist.
9. Er schämet sich nicht, die erlöseten Men- schen Brüder zu heissen, ob er gleich nicht allein von einer gantz unsündlichen menschlichen, son- dern auch von einer göttlichen Natur ist, und vor ihnen einen unendlichen Vorzug hat. Nach sol- cher sich herunter lassenden grossen Liebe gegen die Menschen heißt er der Goel, ein solcher Er- löser, welcher unser nächster Bluts-Freund ist nach 3 B. Mos. 25, 25. 26. Ruth. 2, 20. c. 3, 9. 12. c. 4, 1. 3. 4. 1 B. Mos. 48, 6. Job. 19, 25. u. s. w. Der durch den Joseph, welcher sich im Stande seiner Erhöhung seiner unwürdigen und armen Brüder nicht schämete, vorgebildet ist. Der Matth. 12, 50. sprach: Wer den Willen thut meines Vaters im Himmel, der ist mein Bruder. Und Joh. 20, 17. Gehet hin zu meinen Brüdern und saget ihnen: ich fah- re auf zu meinem Vater und zu eurem Va- ter, zu meinem GOtt und zu eurem GOtt. Und in Ansehung des durch ihn vollbrachten Wercks der Erlösung, schämet sich GOtt nicht zu heissen ein GOtt Abrahams, Jsaacs und Jacobs Hebr. 11, 16.
10. Wir
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Cap. 2. v. 11. an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch]
haben wir alhier den Verſtand des Worts ἁγιά- ζειν aus dem Levitiſchen GOttes Dienſt zu erklaͤ- ren. Denn da heißt es ſo viel als Verſoͤhnen und von der ſuͤndlichen Unreinigkeit reinigen. Man ſehe hievon unter andern ſonderlich die Oer- ter 2 B. Moſ. 29, 1. 21. 33. 36. 37. 44. Da die Griechiſchen Interpretes von der verſoͤhnenden Reinigung und Einweihung das Wort ἁγιάζειν gebrauchen.
3. Hiebey conferire man Hebr. 9, 13. da es heißt: So der Ochſen und der Boͤcke Blut, und die Aſche von der Kuh geſpren- get, ἀγιάζει heiliget die Unreinen zur leib- lichen Reinigkeit: wie vielmehr wird das Blut Chriſti, der ſich ſelbſt ohne allen Wandel durch den ewigen Geiſt GOTT geopfert hat, unſere Gewiſſen reinigen von den todten Wercken, zu dienen dem leben- digen GOtt. Da wir ſehen, daß das heiligen und reinigen, im Evangeliſchen Gegenbilde auf die Levitiſchen Vorbilder, ſo viel iſt, als verſoͤh- nen, und daß es auf die unmittelbar v. 12. vorher ausdruͤcklich gedachte Erloͤſung Chriſti gehet.
4. Dieſen Verſtand bekraͤftiget Paulus auch damit, wenn er Hebr. 10. ſpricht: wir ſind einmal ἡγιασμένοι, geheiliget (verſoͤhnet) durch das Opfer des Leibes Chriſti. Jm- gleichen v. 14. Mit einem Opfer hat er in Ewigkeit vollendet του`ς ἁγιαζομένους, die geheiliget werden (die der Verſoͤhnung theil- haftig werden.) Ferner v 19. Das Blut Chri- ſti unrein achten, durch welches man ge- heiliget (verſoͤhnet) iſt. Und was kan klaͤrer ſeyn, als was Paulus c. 13, 12. bezeuget, da er ſpricht: Jeſus, auf daß er heiligte (verſoͤhn- te) das Volck durch ſein eigen Blut, hat er gelitten auſſen vor dem Thor. Man ſehe auch Eph. 5, 26. Chriſtus hat geliebet die Gemeine und ſich ſelbſt fuͤr ſie gegeben, aufdaß er ſie heiligte.
5. Und da die zur Verſoͤhnung gewidmete Peꝛſonen und Sachen dazu ſondeꝛlich muſten ver- ordnet werden, ſo wird das ἁγιάζειν, wie das Hebr. [שידקה שדק] auch von ſolcher Verord- nung und Conſecration gebrauchet. Man ſehe 2 B. Moſ. 1, 2. 3. c. 29. 1. 21. 33. 36. 37. 44. Jn wel- chem Verſtande es von dem Sohne GOttes Joh. 10, 36. heißt: Den der Vater geheiliget (zum Verſoͤhnopfer beſtim̃et) und (dazu) in die Welt geſandt hat. Und unſer Heyland ſpricht von ſich ſelbſt Joh. 17, 19. Jch heilige mich ſelbſt fuͤr ſie, aufdaß auch ſie geheiliget ſeyn in der Wahrheit.
6. Es wird doch aber das Wort α᾽γιάζειν, auch oft von der wuͤrcklichen Erneuerung ge- brauchet: z. E. Roͤm. 6, 19. 22. 1 Theſſ. 4, 3. 4. Hebr. 12, 14. Offenb. 22, 11. u. ſ. w. Uberhaupt fin- det man das Wort ἀγιάζων, der da heiliget, von GOtt Ezech. 20, 12. c. 37, 28. nach dem He- braͤiſchen [fremdsprachliches Material].
7. Hieraus kan man nun leichtlich erken- nen, welche da ſind ὁι ἁγιαζόμενοι, die da gehei- liget, oder verſoͤhnet werden, nemlich alle Menſchen: als welche, da Chriſtus zur Ver- [Spaltenumbruch]
ſoͤhnung fuͤr ſie alle den Tod geſchmecket hat, nach v. 9. dergeſtalt erloͤſet ſind, daß ihnen die Gnade der Verſoͤhnung von GOttes wegen kan und ſoll zugeeignet werden. Welches denn geſchiehet in der Rechtfertigung. Da man alſo geheiliget wird in der Wahrheit, nach Joh. 17, 29. Daß man durch das Wort geheiliget, oder bekehret wird v. 17. und der Heiligung nachjaget Hebr. 12, 14. Von welcher Application der Verſoͤh- nung zur Rechtfertigung in der Ordnung der wahren Bekehrung Paulus die Corinthier nen- net ἡγιασμένους ἐν Χριϛῷ, die geheiligten in Chriſto 1 Cor. 1, 2. Siehe anch c. 6, 11. Jhr ſeyd abgewaſchen, ihr ſeyd geheiliget, ihr ſeyd gerecht worden durch den Namen unſers HErrn JEſu und durch den Geiſt unſers GOttes.
8. Wenn nun von dem, der heiliget, und de- nen, die geheiliget werden, geſaget wird, daß ſie ſind ἐξ ἑνὸς πάντες, alle von einem: ſo koͤnte man zwar durch den einen GOtt vorſtehen: al- lein weil der Sohn GOttes nur eigentlich die goͤttliche Natur, davon doch aber alhier die Rede nicht iſt, ſondern von der menſchlichen, vom Vater hat, und ſolchesvon den glaͤubigen nicht auch kan geſaget werden; hingegen aber ſie mit Chriſto in gleichem Verſtande, obwol mit einem groſſen Un- terſchiede, von Adam herſtammen; ſo nimmt man das Wort alhier billig an von Adam: wie denn im gantzen Context auf die auf die Erloͤſung gerichtete Menſchwerdung, nach welcher der Sohn GOttes allen Adams Kindern, doch auſſer der Suͤnde, gleich worden iſt, v. 14. geſehen wird. Und auf dieſe Art ſchicket es ſich gar wohl zu dieſen Worten, wenn dazu geſetzet wird: Da- rum ſchaͤmet er ſich nicht, ſie Bruͤder zu heiſſen: weil er nemlich in den von dem zu erſt erſchaffenen einigen Adam herſtammenden Orden der Menſchen, durch die Menſchwerdung, getre- ten iſt.
9. Er ſchaͤmet ſich nicht, die erloͤſeten Men- ſchen Bruͤder zu heiſſen, ob er gleich nicht allein von einer gantz unſuͤndlichen menſchlichen, ſon- dern auch von einer goͤttlichen Natur iſt, und vor ihnen einen unendlichen Vorzug hat. Nach ſol- cher ſich herunter laſſenden groſſen Liebe gegen die Menſchen heißt er der Goel, ein ſolcher Er- loͤſer, welcher unſer naͤchſter Bluts-Freund iſt nach 3 B. Moſ. 25, 25. 26. Ruth. 2, 20. c. 3, 9. 12. c. 4, 1. 3. 4. 1 B. Moſ. 48, 6. Job. 19, 25. u. ſ. w. Der durch den Joſeph, welcher ſich im Stande ſeiner Erhoͤhung ſeiner unwuͤrdigen und armen Bruͤder nicht ſchaͤmete, vorgebildet iſt. Der Matth. 12, 50. ſprach: Wer den Willen thut meines Vaters im Himmel, der iſt mein Bruder. Und Joh. 20, 17. Gehet hin zu meinen Bruͤdern und ſaget ihnen: ich fah- re auf zu meinem Vater und zu eurem Va- ter, zu meinem GOtt und zu eurem GOtt. Und in Anſehung des durch ihn vollbrachten Wercks der Erloͤſung, ſchaͤmet ſich GOtt nicht zu heiſſen ein GOtt Abrahams, Jſaacs und Jacobs Hebr. 11, 16.
10. Wir
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Cap. 2. v. 11. an die Hebraͤer.
haben wir alhier den Verſtand des Worts ἁγιά-
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ren. Denn da heißt es ſo viel als Verſoͤhnen
und von der ſuͤndlichen Unreinigkeit reinigen.
Man ſehe hievon unter andern ſonderlich die Oer-
ter 2 B. Moſ. 29, 1. 21. 33. 36. 37. 44. Da die
Griechiſchen Interpretes von der verſoͤhnenden
Reinigung und Einweihung das Wort ἁγιάζειν
gebrauchen.
3. Hiebey conferire man Hebr. 9, 13. da
es heißt: So der Ochſen und der Boͤcke
Blut, und die Aſche von der Kuh geſpren-
get, ἀγιάζει heiliget die Unreinen zur leib-
lichen Reinigkeit: wie vielmehr wird das
Blut Chriſti, der ſich ſelbſt ohne allen
Wandel durch den ewigen Geiſt GOTT
geopfert hat, unſere Gewiſſen reinigen von
den todten Wercken, zu dienen dem leben-
digen GOtt. Da wir ſehen, daß das heiligen
und reinigen, im Evangeliſchen Gegenbilde auf
die Levitiſchen Vorbilder, ſo viel iſt, als verſoͤh-
nen, und daß es auf die unmittelbar v. 12. vorher
ausdruͤcklich gedachte Erloͤſung Chriſti gehet.
4. Dieſen Verſtand bekraͤftiget Paulus
auch damit, wenn er Hebr. 10. ſpricht: wir ſind
einmal ἡγιασμένοι, geheiliget (verſoͤhnet)
durch das Opfer des Leibes Chriſti. Jm-
gleichen v. 14. Mit einem Opfer hat er in
Ewigkeit vollendet του`ς ἁγιαζομένους, die
geheiliget werden (die der Verſoͤhnung theil-
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ſti unrein achten, durch welches man ge-
heiliget (verſoͤhnet) iſt. Und was kan klaͤrer
ſeyn, als was Paulus c. 13, 12. bezeuget, da er
ſpricht: Jeſus, auf daß er heiligte (verſoͤhn-
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er gelitten auſſen vor dem Thor. Man ſehe
auch Eph. 5, 26. Chriſtus hat geliebet die
Gemeine und ſich ſelbſt fuͤr ſie gegeben,
aufdaß er ſie heiligte.
5. Und da die zur Verſoͤhnung gewidmete
Peꝛſonen und Sachen dazu ſondeꝛlich muſten ver-
ordnet werden, ſo wird das ἁγιάζειν, wie das
Hebr. שידקה שדק auch von ſolcher Verord-
nung und Conſecration gebrauchet. Man ſehe
2 B. Moſ. 1, 2. 3. c. 29. 1. 21. 33. 36. 37. 44. Jn wel-
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10, 36. heißt: Den der Vater geheiliget (zum
Verſoͤhnopfer beſtim̃et) und (dazu) in die Welt
geſandt hat. Und unſer Heyland ſpricht von ſich
ſelbſt Joh. 17, 19. Jch heilige mich ſelbſt fuͤr
ſie, aufdaß auch ſie geheiliget ſeyn in der
Wahrheit.
6. Es wird doch aber das Wort α᾽γιάζειν,
auch oft von der wuͤrcklichen Erneuerung ge-
brauchet: z. E. Roͤm. 6, 19. 22. 1 Theſſ. 4, 3. 4.
Hebr. 12, 14. Offenb. 22, 11. u. ſ. w. Uberhaupt fin-
det man das Wort ἀγιάζων, der da heiliget,
von GOtt Ezech. 20, 12. c. 37, 28. nach dem He-
braͤiſchen _ .
7. Hieraus kan man nun leichtlich erken-
nen, welche da ſind ὁι ἁγιαζόμενοι, die da gehei-
liget, oder verſoͤhnet werden, nemlich alle
Menſchen: als welche, da Chriſtus zur Ver-
ſoͤhnung fuͤr ſie alle den Tod geſchmecket hat, nach
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der Verſoͤhnung von GOttes wegen kan und ſoll
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der Rechtfertigung. Da man alſo geheiliget
wird in der Wahrheit, nach Joh. 17, 29. Daß
man durch das Wort geheiliget, oder bekehret
wird v. 17. und der Heiligung nachjaget Hebr.
12, 14. Von welcher Application der Verſoͤh-
nung zur Rechtfertigung in der Ordnung der
wahren Bekehrung Paulus die Corinthier nen-
net ἡγιασμένους ἐν Χριϛῷ, die geheiligten in
Chriſto 1 Cor. 1, 2. Siehe anch c. 6, 11. Jhr
ſeyd abgewaſchen, ihr ſeyd geheiliget, ihr
ſeyd gerecht worden durch den Namen
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8. Wenn nun von dem, der heiliget, und de-
nen, die geheiliget werden, geſaget wird, daß ſie
ſind ἐξ ἑνὸς πάντες, alle von einem: ſo koͤnte
man zwar durch den einen GOtt vorſtehen: al-
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hat, und ſolchesvon den glaͤubigen nicht auch kan
geſaget werden; hingegen aber ſie mit Chriſto in
gleichem Verſtande, obwol mit einem groſſen Un-
terſchiede, von Adam herſtammen; ſo nimmt
man das Wort alhier billig an von Adam: wie
denn im gantzen Context auf die auf die Erloͤſung
gerichtete Menſchwerdung, nach welcher der
Sohn GOttes allen Adams Kindern, doch auſſer
der Suͤnde, gleich worden iſt, v. 14. geſehen
wird. Und auf dieſe Art ſchicket es ſich gar wohl
zu dieſen Worten, wenn dazu geſetzet wird: Da-
rum ſchaͤmet er ſich nicht, ſie Bruͤder zu
heiſſen: weil er nemlich in den von dem zu erſt
erſchaffenen einigen Adam herſtammenden Orden
der Menſchen, durch die Menſchwerdung, getre-
ten iſt.
9. Er ſchaͤmet ſich nicht, die erloͤſeten Men-
ſchen Bruͤder zu heiſſen, ob er gleich nicht allein
von einer gantz unſuͤndlichen menſchlichen, ſon-
dern auch von einer goͤttlichen Natur iſt, und vor
ihnen einen unendlichen Vorzug hat. Nach ſol-
cher ſich herunter laſſenden groſſen Liebe gegen
die Menſchen heißt er der Goel, ein ſolcher Er-
loͤſer, welcher unſer naͤchſter Bluts-Freund iſt
nach 3 B. Moſ. 25, 25. 26. Ruth. 2, 20. c. 3, 9. 12.
c. 4, 1. 3. 4. 1 B. Moſ. 48, 6. Job. 19, 25. u. ſ. w.
Der durch den Joſeph, welcher ſich im Stande
ſeiner Erhoͤhung ſeiner unwuͤrdigen und armen
Bruͤder nicht ſchaͤmete, vorgebildet iſt. Der
Matth. 12, 50. ſprach: Wer den Willen thut
meines Vaters im Himmel, der iſt mein
Bruder. Und Joh. 20, 17. Gehet hin zu
meinen Bruͤdern und ſaget ihnen: ich fah-
re auf zu meinem Vater und zu eurem Va-
ter, zu meinem GOtt und zu eurem GOtt.
Und in Anſehung des durch ihn vollbrachten
Wercks der Erloͤſung, ſchaͤmet ſich GOtt nicht
zu heiſſen ein GOtt Abrahams, Jſaacs und
Jacobs Hebr. 11, 16.
10. Wir
L l 2
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/269>, abgerufen am 11.06.2024.
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