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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli Cap. 7. v. 1.
[Spaltenumbruch] war Melchisedech ein König und Priester.
Ein weltlicher König, einer von den damaligen
Königen des Landes Canaan, der seine Resi-
dentz hatte zu Salem; welchen Ort er vielleicht
selbst aus einem besondern Triebe des hei-
ligen Geistes nach seinem friedfertigen Regi-
ment
also vom Frieden benennet hat. Siehe
Ps. 76, 3. Nachmals ist er Jerusalem genannt
worden; da das zugesetzte vordere Wort so viel
bedeutet, als timete fürchtet euch, fürchtet
euch vor Salem, als einem sehr vesten und un-
überwindlichen Ort; dergleichen er wircklich
war, also daß er sich daher wider die Jsraeliten
hielte, bis auf die Zeiten Davids, der ihn erst
erobert, und daselbst seinen Königlichen Sitz ge-
nommen hat. Siehe 2 Sam. 5, 6. u. f. Und
hat nun der König den HErrn gefürchtet und ei-
ne seligmachende Erkenntniß von ihm gehabt;
so ist kein Zweifel, daß er nicht auch an seinem
Hofe und bey seinen Unterthanen darauf gehal-
ten, und zum wenigsten einige seines gleichen ge-
habt habe.

5. Und mit dem Königlichen Amte war
das Priesterliche verbunden, davon der Grund
dieser war: GOtt hatte gleich nach dem Sün-
den-Fall die Opfer eingesetzet; wie wir unten
bey dem Anfange des eilften Capitels, da von
dem Opfer Abels gehandelt wird, sehen wer-
den. Da nun aber bey dem äusserlichen Got-
tesdienste, davon die Opfer das Haupt-Stücke
waren, eine gewisse Ordnung seyn mußte, so
wurde er von den Vätern, als Häuptern der
Familie, dirigiret, und von den Vätern kam
die Direction auf die erstgebornen Söhne,
gleichfals als Vätern und Häuptern der fort-
gepflantzten Geschlechte. Als nun nach ver-
mehretem menschlichen Geschlechte einige erstge-
bornen, bey ausgebreiteter Familie, auch bey
erworbenen Gütern und Ländereyen und be-
kommenen Unterthanen, eine Königliche Wür-
de
und Herrschaft annahmen, so vereinigten
sie diese mit dem behaltenen Priesterthum.
Und solchergestalt war Melchisedech ein König
und Priester: Ob nun gleich zu der Zeit das
Priesterthum bey den Nachkommen Noä sehr
abgöttisch worden war, und es an statt des ei-
nigen wahren GOttes auf ertichtete Neben-
Götter geführet wurde: so hatte GOTT doch
noch hier und da die seinigen, welche das Prie-
sterthum mit dem Opfer-Wesen in der Lauter-
keit führeten, und darinnen auf den Meßiam
sahen. Und ein solcher Priester war der Mel-
chisedech:
Der daher heißt ein Priester Got-
tes, des Allerhöchsten.

6. Was nun dieser Melchisedech als Kö-
nig und Prophet dem Abraham gethan,
wird ausgedrucket mit diesen Worten: Der
Abraham entgegen ging, als er von der
Könige Schlacht kam, und segnete ihn.

Moses schreibet davon 1 B. c. 14, 18. also:
Aber Melchisedech, der König von Salem,
trug Brodt und Wein hervor. Und er
war ein Priester GOttes des Allerhöch-
sten, und segnete ihn und sprach: gesegnet
[Spaltenumbruch] seyst du, Abraham, dem höchsten GOTT,
der Himmel und Erden besitzet; und ge-
lobet sey GOtt der Höchste, der deine Fein-
de in deine Hand gegeben hat.
Dieses al-
les desto deutlicher einzusehen, so haben wir da-
bey insonderheit folgende Puncte zu bemercken:
erstlich was Abraham vorgenommen wider
gewisse Könige aus Orient: Hernach wie sich
darauf gegen Abraham der Melchisedech be-
zeiget
und ihn gesegnet habe: und denn wie
sich hingegen Abraham gegen ihn verhalten,
oder ihm den Zehenden von allen seinen Gütern
gegeben habe.

7. Mit Abraham ging dieses vor: Als er
mit seines Bruders Sohn, dem Lot, in gelob-
ten Lande wohnete, fielen vier kleine Könige, o-
der Landes-Herren aus Orient ein in Canaan,
und nach dem sie viele Verwüstung angerichtet
hatten, setzten sich ihnen fünf andere kleine Kö-
nige, die sich jener ihrer angemasseten Bothmäs-
sigkeit entzogen hatten, entgegen, nemlich der
von Sodom, Gomorrha Zeboim, Adama und
Bela. Sie wurden aber von ihnen geschlagen,
und ihre Städte ausgeplündert und viele Leute
mit ihrer Habe gefangen hinweg geführet. Als
nun dieses auch den Lot, als bisherigen Einwoh-
ner zu Sodom, betroffen hatte, und Abraham
im gelobten Lande von GOTT bereits derge-
stalt gesegnet worden war, daß er nach dama-
liger Art schon gleichsam einen kleinen Fürsten
abgab, so wurde er von GOTT mit einem be-
sondern Heldenmuthe also angethan, daß er
von denen zu seiner weitläuftigen Oeconomie
gehörigen Leuten in aller Eil dreyhundert und
achtzehen Mann bewafnete, den Feinden
nachsetzte, ihnen auch gantz unvermuthet des
Nachts über den Hals kam, sie theils schlug,
theils verjagte, und alles Volck mit ihrer Ha-
be wieder zurück brachte und darunter insonder-
heit den Lot.

8. Als nun Abraham von dieser glückli-
chen Expedition zurück kam, da zog ihm Mel-
chisedech entgegen, und trug ihm Brodt und
Wein vor,
um ihm damit zum erhaltenen Sie-
ge zu gratuliren, und ihn damit samt seiner
gantzen Mannschaft zu erquicken: Da denn bey
dem Brodt und Weine sich noch wol ein ande-
rer Vorrath von Lebens-Mitteln wird gefun-
den haben. Woraus man denn siehet, daß er
vorher gute Freundschaft mit ihm muß gehal-
ten haben. Und hiezu kam die Mittheilung
des Segens,
davon, es 1 B. Mos. 14, 19. heißt:
und er segnete ihn und sprach: Gesegnet
seyst du, Abraham, dem höchsten GOtt, der
Himmel und Erden besitzet.
Welcher Se-
gen vieles auf sich hatte, in Ansehung so wol Abra-
hams, als Melchisedechs.

9. Jn Ansehung Abrahams ist der Se-
gen deswegen merckwürdig, weil er schon vor
allen andern Menschen damals der gesegnete
des HErrn war, also daß durch seinen Samen,
den Meßiam, alle Geschlechte auf Erden in geist-
lichen Gütern solten gesegnet werden. Davon
es 1 B. Mos. 12, 2. 3. hiesse: Jch will dich zum

grossen

Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 7. v. 1.
[Spaltenumbruch] war Melchiſedech ein Koͤnig und Prieſter.
Ein weltlicher Koͤnig, einer von den damaligen
Koͤnigen des Landes Canaan, der ſeine Reſi-
dentz hatte zu Salem; welchen Ort er vielleicht
ſelbſt aus einem beſondern Triebe des hei-
ligen Geiſtes nach ſeinem friedfertigen Regi-
ment
alſo vom Frieden benennet hat. Siehe
Pſ. 76, 3. Nachmals iſt er Jeruſalem genannt
worden; da das zugeſetzte vordere Wort ſo viel
bedeutet, als timete fuͤrchtet euch, fuͤrchtet
euch vor Salem, als einem ſehr veſten und un-
uͤberwindlichen Ort; dergleichen er wircklich
war, alſo daß er ſich daher wider die Jſraeliten
hielte, bis auf die Zeiten Davids, der ihn erſt
erobert, und daſelbſt ſeinen Koͤniglichen Sitz ge-
nommen hat. Siehe 2 Sam. 5, 6. u. f. Und
hat nun der Koͤnig den HErrn gefuͤrchtet und ei-
ne ſeligmachende Erkenntniß von ihm gehabt;
ſo iſt kein Zweifel, daß er nicht auch an ſeinem
Hofe und bey ſeinen Unterthanen darauf gehal-
ten, und zum wenigſten einige ſeines gleichen ge-
habt habe.

5. Und mit dem Koͤniglichen Amte war
das Prieſterliche verbunden, davon der Grund
dieſer war: GOtt hatte gleich nach dem Suͤn-
den-Fall die Opfer eingeſetzet; wie wir unten
bey dem Anfange des eilften Capitels, da von
dem Opfer Abels gehandelt wird, ſehen wer-
den. Da nun aber bey dem aͤuſſerlichen Got-
tesdienſte, davon die Opfer das Haupt-Stuͤcke
waren, eine gewiſſe Ordnung ſeyn mußte, ſo
wurde er von den Vaͤtern, als Haͤuptern der
Familie, dirigiret, und von den Vaͤtern kam
die Direction auf die erſtgebornen Soͤhne,
gleichfals als Vaͤtern und Haͤuptern der fort-
gepflantzten Geſchlechte. Als nun nach ver-
mehretem menſchlichen Geſchlechte einige erſtge-
bornen, bey ausgebreiteter Familie, auch bey
erworbenen Guͤtern und Laͤndereyen und be-
kommenen Unterthanen, eine Koͤnigliche Wuͤr-
de
und Herrſchaft annahmen, ſo vereinigten
ſie dieſe mit dem behaltenen Prieſterthum.
Und ſolchergeſtalt war Melchiſedech ein Koͤnig
und Prieſter: Ob nun gleich zu der Zeit das
Prieſterthum bey den Nachkommen Noaͤ ſehr
abgoͤttiſch worden war, und es an ſtatt des ei-
nigen wahren GOttes auf ertichtete Neben-
Goͤtter gefuͤhret wurde: ſo hatte GOTT doch
noch hier und da die ſeinigen, welche das Prie-
ſterthum mit dem Opfer-Weſen in der Lauter-
keit fuͤhreten, und darinnen auf den Meßiam
ſahen. Und ein ſolcher Prieſter war der Mel-
chiſedech:
Der daher heißt ein Prieſter Got-
tes, des Allerhoͤchſten.

6. Was nun dieſer Melchiſedech als Koͤ-
nig und Prophet dem Abraham gethan,
wird ausgedrucket mit dieſen Worten: Der
Abraham entgegen ging, als er von der
Koͤnige Schlacht kam, und ſegnete ihn.

Moſes ſchreibet davon 1 B. c. 14, 18. alſo:
Aber Melchiſedech, der Koͤnig von Salem,
trug Brodt und Wein hervor. Und er
war ein Prieſter GOttes des Allerhoͤch-
ſten, und ſegnete ihn und ſprach: geſegnet
[Spaltenumbruch] ſeyſt du, Abraham, dem hoͤchſten GOTT,
der Himmel und Erden beſitzet; und ge-
lobet ſey GOtt der Hoͤchſte, der deine Fein-
de in deine Hand gegeben hat.
Dieſes al-
les deſto deutlicher einzuſehen, ſo haben wir da-
bey inſonderheit folgende Puncte zu bemercken:
erſtlich was Abraham vorgenommen wider
gewiſſe Koͤnige aus Orient: Hernach wie ſich
darauf gegen Abraham der Melchiſedech be-
zeiget
und ihn geſegnet habe: und denn wie
ſich hingegen Abraham gegen ihn verhalten,
oder ihm den Zehenden von allen ſeinen Guͤtern
gegeben habe.

7. Mit Abraham ging dieſes vor: Als er
mit ſeines Bruders Sohn, dem Lot, in gelob-
ten Lande wohnete, fielen vier kleine Koͤnige, o-
der Landes-Herren aus Orient ein in Canaan,
und nach dem ſie viele Verwuͤſtung angerichtet
hatten, ſetzten ſich ihnen fuͤnf andere kleine Koͤ-
nige, die ſich jener ihrer angemaſſeten Bothmaͤſ-
ſigkeit entzogen hatten, entgegen, nemlich der
von Sodom, Gomorrha Zeboim, Adama und
Bela. Sie wurden aber von ihnen geſchlagen,
und ihre Staͤdte ausgepluͤndert und viele Leute
mit ihrer Habe gefangen hinweg gefuͤhret. Als
nun dieſes auch den Lot, als bisherigen Einwoh-
ner zu Sodom, betroffen hatte, und Abraham
im gelobten Lande von GOTT bereits derge-
ſtalt geſegnet worden war, daß er nach dama-
liger Art ſchon gleichſam einen kleinen Fuͤrſten
abgab, ſo wurde er von GOTT mit einem be-
ſondern Heldenmuthe alſo angethan, daß er
von denen zu ſeiner weitlaͤuftigen Oeconomie
gehoͤrigen Leuten in aller Eil dreyhundert und
achtzehen Mann bewafnete, den Feinden
nachſetzte, ihnen auch gantz unvermuthet des
Nachts uͤber den Hals kam, ſie theils ſchlug,
theils verjagte, und alles Volck mit ihrer Ha-
be wieder zuruͤck brachte und darunter inſonder-
heit den Lot.

8. Als nun Abraham von dieſer gluͤckli-
chen Expedition zuruͤck kam, da zog ihm Mel-
chiſedech entgegen, und trug ihm Brodt und
Wein vor,
um ihm damit zum erhaltenen Sie-
ge zu gratuliren, und ihn damit ſamt ſeiner
gantzen Mannſchaft zu erquicken: Da denn bey
dem Brodt und Weine ſich noch wol ein ande-
rer Vorrath von Lebens-Mitteln wird gefun-
den haben. Woraus man denn ſiehet, daß er
vorher gute Freundſchaft mit ihm muß gehal-
ten haben. Und hiezu kam die Mittheilung
des Segens,
davon, es 1 B. Moſ. 14, 19. heißt:
und er ſegnete ihn und ſprach: Geſegnet
ſeyſt du, Abraham, dem hoͤchſten GOtt, der
Himmel und Erden beſitzet.
Welcher Se-
gen vieles auf ſich hatte, in Anſehung ſo wol Abra-
hams, als Melchiſedechs.

9. Jn Anſehung Abrahams iſt der Se-
gen deswegen merckwuͤrdig, weil er ſchon vor
allen andern Menſchen damals der geſegnete
des HErrn war, alſo daß durch ſeinen Samen,
den Meßiam, alle Geſchlechte auf Erden in geiſt-
lichen Guͤtern ſolten geſegnet werden. Davon
es 1 B. Moſ. 12, 2. 3. hieſſe: Jch will dich zum

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[322/0324] Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 7. v. 1. war Melchiſedech ein Koͤnig und Prieſter. Ein weltlicher Koͤnig, einer von den damaligen Koͤnigen des Landes Canaan, der ſeine Reſi- dentz hatte zu Salem; welchen Ort er vielleicht ſelbſt aus einem beſondern Triebe des hei- ligen Geiſtes nach ſeinem friedfertigen Regi- ment alſo vom Frieden benennet hat. Siehe Pſ. 76, 3. Nachmals iſt er Jeruſalem genannt worden; da das zugeſetzte vordere Wort ſo viel bedeutet, als timete fuͤrchtet euch, fuͤrchtet euch vor Salem, als einem ſehr veſten und un- uͤberwindlichen Ort; dergleichen er wircklich war, alſo daß er ſich daher wider die Jſraeliten hielte, bis auf die Zeiten Davids, der ihn erſt erobert, und daſelbſt ſeinen Koͤniglichen Sitz ge- nommen hat. Siehe 2 Sam. 5, 6. u. f. Und hat nun der Koͤnig den HErrn gefuͤrchtet und ei- ne ſeligmachende Erkenntniß von ihm gehabt; ſo iſt kein Zweifel, daß er nicht auch an ſeinem Hofe und bey ſeinen Unterthanen darauf gehal- ten, und zum wenigſten einige ſeines gleichen ge- habt habe. 5. Und mit dem Koͤniglichen Amte war das Prieſterliche verbunden, davon der Grund dieſer war: GOtt hatte gleich nach dem Suͤn- den-Fall die Opfer eingeſetzet; wie wir unten bey dem Anfange des eilften Capitels, da von dem Opfer Abels gehandelt wird, ſehen wer- den. Da nun aber bey dem aͤuſſerlichen Got- tesdienſte, davon die Opfer das Haupt-Stuͤcke waren, eine gewiſſe Ordnung ſeyn mußte, ſo wurde er von den Vaͤtern, als Haͤuptern der Familie, dirigiret, und von den Vaͤtern kam die Direction auf die erſtgebornen Soͤhne, gleichfals als Vaͤtern und Haͤuptern der fort- gepflantzten Geſchlechte. Als nun nach ver- mehretem menſchlichen Geſchlechte einige erſtge- bornen, bey ausgebreiteter Familie, auch bey erworbenen Guͤtern und Laͤndereyen und be- kommenen Unterthanen, eine Koͤnigliche Wuͤr- de und Herrſchaft annahmen, ſo vereinigten ſie dieſe mit dem behaltenen Prieſterthum. Und ſolchergeſtalt war Melchiſedech ein Koͤnig und Prieſter: Ob nun gleich zu der Zeit das Prieſterthum bey den Nachkommen Noaͤ ſehr abgoͤttiſch worden war, und es an ſtatt des ei- nigen wahren GOttes auf ertichtete Neben- Goͤtter gefuͤhret wurde: ſo hatte GOTT doch noch hier und da die ſeinigen, welche das Prie- ſterthum mit dem Opfer-Weſen in der Lauter- keit fuͤhreten, und darinnen auf den Meßiam ſahen. Und ein ſolcher Prieſter war der Mel- chiſedech: Der daher heißt ein Prieſter Got- tes, des Allerhoͤchſten. 6. Was nun dieſer Melchiſedech als Koͤ- nig und Prophet dem Abraham gethan, wird ausgedrucket mit dieſen Worten: Der Abraham entgegen ging, als er von der Koͤnige Schlacht kam, und ſegnete ihn. Moſes ſchreibet davon 1 B. c. 14, 18. alſo: Aber Melchiſedech, der Koͤnig von Salem, trug Brodt und Wein hervor. Und er war ein Prieſter GOttes des Allerhoͤch- ſten, und ſegnete ihn und ſprach: geſegnet ſeyſt du, Abraham, dem hoͤchſten GOTT, der Himmel und Erden beſitzet; und ge- lobet ſey GOtt der Hoͤchſte, der deine Fein- de in deine Hand gegeben hat. Dieſes al- les deſto deutlicher einzuſehen, ſo haben wir da- bey inſonderheit folgende Puncte zu bemercken: erſtlich was Abraham vorgenommen wider gewiſſe Koͤnige aus Orient: Hernach wie ſich darauf gegen Abraham der Melchiſedech be- zeiget und ihn geſegnet habe: und denn wie ſich hingegen Abraham gegen ihn verhalten, oder ihm den Zehenden von allen ſeinen Guͤtern gegeben habe. 7. Mit Abraham ging dieſes vor: Als er mit ſeines Bruders Sohn, dem Lot, in gelob- ten Lande wohnete, fielen vier kleine Koͤnige, o- der Landes-Herren aus Orient ein in Canaan, und nach dem ſie viele Verwuͤſtung angerichtet hatten, ſetzten ſich ihnen fuͤnf andere kleine Koͤ- nige, die ſich jener ihrer angemaſſeten Bothmaͤſ- ſigkeit entzogen hatten, entgegen, nemlich der von Sodom, Gomorrha Zeboim, Adama und Bela. Sie wurden aber von ihnen geſchlagen, und ihre Staͤdte ausgepluͤndert und viele Leute mit ihrer Habe gefangen hinweg gefuͤhret. Als nun dieſes auch den Lot, als bisherigen Einwoh- ner zu Sodom, betroffen hatte, und Abraham im gelobten Lande von GOTT bereits derge- ſtalt geſegnet worden war, daß er nach dama- liger Art ſchon gleichſam einen kleinen Fuͤrſten abgab, ſo wurde er von GOTT mit einem be- ſondern Heldenmuthe alſo angethan, daß er von denen zu ſeiner weitlaͤuftigen Oeconomie gehoͤrigen Leuten in aller Eil dreyhundert und achtzehen Mann bewafnete, den Feinden nachſetzte, ihnen auch gantz unvermuthet des Nachts uͤber den Hals kam, ſie theils ſchlug, theils verjagte, und alles Volck mit ihrer Ha- be wieder zuruͤck brachte und darunter inſonder- heit den Lot. 8. Als nun Abraham von dieſer gluͤckli- chen Expedition zuruͤck kam, da zog ihm Mel- chiſedech entgegen, und trug ihm Brodt und Wein vor, um ihm damit zum erhaltenen Sie- ge zu gratuliren, und ihn damit ſamt ſeiner gantzen Mannſchaft zu erquicken: Da denn bey dem Brodt und Weine ſich noch wol ein ande- rer Vorrath von Lebens-Mitteln wird gefun- den haben. Woraus man denn ſiehet, daß er vorher gute Freundſchaft mit ihm muß gehal- ten haben. Und hiezu kam die Mittheilung des Segens, davon, es 1 B. Moſ. 14, 19. heißt: und er ſegnete ihn und ſprach: Geſegnet ſeyſt du, Abraham, dem hoͤchſten GOtt, der Himmel und Erden beſitzet. Welcher Se- gen vieles auf ſich hatte, in Anſehung ſo wol Abra- hams, als Melchiſedechs. 9. Jn Anſehung Abrahams iſt der Se- gen deswegen merckwuͤrdig, weil er ſchon vor allen andern Menſchen damals der geſegnete des HErrn war, alſo daß durch ſeinen Samen, den Meßiam, alle Geſchlechte auf Erden in geiſt- lichen Guͤtern ſolten geſegnet werden. Davon es 1 B. Moſ. 12, 2. 3. hieſſe: Jch will dich zum groſſen

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/324>, abgerufen am 28.11.2024.