Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Erklärung des Briefes Pauli Cap. 9. v. 11. 12. [Spaltenumbruch]
eine grössere und vollkommnere Hütte,(durch seine menschliche Natur,) die nicht mit der Hand gemachet ist, das ist, die nicht also gebauet ist, (wie die Levitische Hütte,) auch nicht durch der Böcke und Kälber Blut, sondern er ist durch sein eigen Blut einmal in das Heilige (in das Allerheiligste, das ist in dessen Gegenbild, in den Himmel der Herrlichkeit) eingegangen (hat sich zur Rechten GOttes gesetzet,) uud hat (oder nach dem er) eine ewige (ewig gültige und nimmer- mehr zu wiederhohlende) Erlösung gefunden (durch das Versöhnopfer seines Todes zu wege gebracht.) Anmerckungen. 1. Der eilfte Vers beziehet sich solcherge- 2. Gleichwie es offenbar ist, daß mit dem 3. Der Construction nach ist in beyden 4. Jn der Redens-Art eingehen nicht 5. Da nun dieses, daß Christus durch sein 6. Da der menschliche Leib auch sonst ins- 7. Jm übrigen ist alhier der Gegensatz zwi- Dort war der Levitische Hohepriester, als ein Dort eine typische und mit Händen gemachte Dort geistliche Güter im Vorbild, nach der Dort der Böcke und der Kälber Blut: hier Dort
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 9. v. 11. 12. [Spaltenumbruch]
eine groͤſſere und vollkommnere Huͤtte,(durch ſeine menſchliche Natur,) die nicht mit der Hand gemachet iſt, das iſt, die nicht alſo gebauet iſt, (wie die Levitiſche Huͤtte,) auch nicht durch der Boͤcke und Kaͤlber Blut, ſondern er iſt durch ſein eigen Blut einmal in das Heilige (in das Allerheiligſte, das iſt in deſſen Gegenbild, in den Himmel der Herrlichkeit) eingegangen (hat ſich zur Rechten GOttes geſetzet,) uud hat (oder nach dem er) eine ewige (ewig guͤltige und nimmer- mehr zu wiederhohlende) Erloͤſung gefunden (durch das Verſoͤhnopfer ſeines Todes zu wege gebracht.) Anmerckungen. 1. Der eilfte Vers beziehet ſich ſolcherge- 2. Gleichwie es offenbar iſt, daß mit dem 3. Der Conſtruction nach iſt in beyden 4. Jn der Redens-Art eingehen nicht 5. Da nun dieſes, daß Chriſtus durch ſein 6. Da der menſchliche Leib auch ſonſt ins- 7. Jm uͤbrigen iſt alhier der Gegenſatz zwi- Dort war der Levitiſche Hoheprieſter, als ein Dort eine typiſche und mit Haͤnden gemachte Dort geiſtliche Guͤter im Vorbild, nach der Dort der Boͤcke und der Kaͤlber Blut: hier Dort
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Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 9. v. 11. 12.
eine groͤſſere und vollkommnere Huͤtte,
(durch ſeine menſchliche Natur,) die nicht mit
der Hand gemachet iſt, das iſt, die nicht
alſo gebauet iſt, (wie die Levitiſche Huͤtte,)
auch nicht durch der Boͤcke und Kaͤlber
Blut, ſondern er iſt durch ſein eigen Blut
einmal in das Heilige (in das Allerheiligſte,
das iſt in deſſen Gegenbild, in den Himmel
der Herrlichkeit) eingegangen (hat ſich zur
Rechten GOttes geſetzet,) uud hat (oder nach
dem er) eine ewige (ewig guͤltige und nimmer-
mehr zu wiederhohlende) Erloͤſung gefunden
(durch das Verſoͤhnopfer ſeines Todes zu wege
gebracht.)
Anmerckungen.
1. Der eilfte Vers beziehet ſich ſolcherge-
ſtalt auf das naͤchſt vorhergehende, daß er auch ei-
ne apodoſis iſt von dem erſten und folgenden
Verſen, wie daſelbſt iſt angezeiget worden,
2. Gleichwie es offenbar iſt, daß mit dem
Worte zukuͤnftig, als einem alt-teſtamenti-
ſchen Wort, auf das neue Teſtament, da alles
gegenwaͤrtig iſt, geſehen wird: alſo werden
durch die Guͤter verſtanden alle uns durch Chri-
ſtum erworbene Heyls-Schaͤtze. Dabey man
zu conferiren hat, das, was vorher bey den
Worten des zehenden Verſes von der Zeit der
Verbeßrung iſt angefuͤhret worden.
3. Der Conſtruction nach iſt in beyden
Verſen das Wort ἐισῆλϑεν, iſt eingegangen,
wohl zu mercken. Denn von dem Eingange
Chriſti wird erſtlich etwas verneinet, und
hernach etwas bejahet. Verneinet wird, daß
er nicht eingegangen nach Levitiſcher Art durch
der Boͤcke und der Kaͤlber Blut, nemlich in das
mit Haͤnden gemachte Allerheiligſte, um alda
nur eine jaͤhrliche Erloͤſung zu finden. Bejahet
wird, daß er eingegangen ſey durch eine groͤſſere
und vollkommnere Huͤtte, die nicht mit der Hand
gemachet; und durch ſein eigenes Blut, und
zwar in das rechte Allerheiligſte, in den Him-
mel der Herrlichkeit, mit der Frucht und mit der
Kraft einer ewigen Erloͤſung.
4. Jn der Redens-Art eingehen nicht
durch der Boͤcke und der Kaͤlber Blut, ſon-
dern durch ſein eigenes Blut, ſiehet man wol,
daß das Woͤrtlein durch ſoviel ſey, als mit:
(wie denn dieſem mit das ohne entgegen ſtehet,
und ſoviel iſt, als nicht ohne Blut v. 7.) doch
alſo, daß es dabey die Bedeutung von einer ver-
dienenden Urſache behaͤlt. Denn gleichwie der
Hohe-Prieſter des alten Teſtaments alſo mit
dem Opfer-Blute in das Heilige einging, daß er
vermoͤge deſſelben auch das Recht und die Frey-
heit hatte zum Eingange: alſo iſt auch Chriſtus
mit ſeinen Blute, das iſt, mit ſeinem blutigen
Verſoͤhn-Opfer, dergeſtalt in den Himmel ein-
gegangen, daß er dadurch, als durch ein den
Glaͤubigen erworbenes Verdienſt, das Recht
uͤberkommen hat, fuͤr ſie, als der wahre Hohe-
Prieſter, zu beten und aus ſeiner der menſchli-
chen Natur mitgetheilten unendlichen Fuͤlle aller
goͤttlichen Herrlichkeit ſie zu ſegnen, und ih-
nen eine Gnade nach der andern zu ertheilen
Joh. 1, 16.
5. Da nun dieſes, daß Chriſtus durch ſein
eigenes Blut alſo ins Allerheiligſte eingegangen
iſt, einen gar richtigen und Evangeliſchen Ver-
ſtand hat; ſo verſtehet man auch durch die groͤſ-
ſere und vollkommene Huͤtte alhier billig die
menſchliche Natur, und ſonderlich den Leib
Chriſti, daß er mit derſelben, wie nach derſel-
ben, mit ſeinem Blute eingegangen. Und alſo
hat der Apoſtel dasjenige, was er v. 11. von der
groͤſſern und beſſern Huͤtten geſaget hatte, durch
die Worte: Durch ſein eigen Blut, erlaͤu-
tert. Und eben dieſes bezeuget er gar deutlich
c. 10, 20. da es heißt: Wir haben Freudigkeit
zum Eingange in das Heilige durch das
Blut Chriſti, welchen er uns zubereitet
hat zum neuen und lebendigen Wege, durch
den Vorhang, das iſt, durch ſein Fleiſch.
6. Da der menſchliche Leib auch ſonſt ins-
gemein eine Huͤtte heißt 2 Cor. 5, 1. 4. 2 Pet. 1,
13. 14. ſo vergleichet unſer Heyland ſelbſt ſeinen
Leib mit einem Tempel, oder einer Huͤtte Joh. 2,
19. Zwar verſtehet Paulus durch die wahrhaf-
tige Huͤtte Hebr. 8, 2. die gantze neue Oeco-
nomie: da aber von dieſer die menſchliche Natur
Chriſti das rechte Haupt-Stuͤcke iſt, ſo ließ es
ſich auch gar fuͤglich von dieſer inſonderheit ge-
brauchen. Und da die Stifts-Huͤtte wuͤrcklich
ein Vorbild geweſen von der menſchlichen Natur
Chriſti, und dieſe alſo von der Fuͤlle der goͤttlichen
Herrlichkeit erfuͤllet worden, wie jene von der in
der Wolcken-Seule ſich præſentirenden Herr-
lichkeit GOttes erfuͤllet wurde 2 B. Moſ. 40, 34.
35. ſo ſiehet Johannes darauf, wenn er Evang.
c. 1, 14. ſpricht: das Wort ward Fleiſch,
und wohnete unter uns, (ἐσκήνωσεν, es ſchlug
gleichſam ſeine Huͤtte, σκηνὴν, _ , unter uns
auf) und wir ſahen ſeine Herrlichkeit, eine
Herrlichkeit, als des eingebornen Sohnes
vom Vater, voller Gnade und Wahr-
heit. Und darauf ſiehet Paulus, wenn er Col.
2, 9. ſpricht: Jn ihm wohnet die gantze
Fuͤlle der Gottheit σωματικῶς, leibhaftig,
das iſt, nicht mehr τυπικῶς, im Vorbilde, wie
in der Stifts-Huͤtte, ſondern im Gegenbilde,
nach der rechten Realitaͤt, da man, an ſtatt des
Schattens, den Coͤrper ſelbſt hat. Hebr. 10, 1.
7. Jm uͤbrigen iſt alhier der Gegenſatz zwi-
ſchen dem Vorbilde und Gegenbilde nach den an-
gezeigten unterſchiedlichen Stuͤcken wohl zu mer-
cken:
Dort war der Levitiſche Hoheprieſter, als ein
bloſſer Menſch: hier der Meßias, wahrer
GOtt und Menſch.
Dort eine typiſche und mit Haͤnden gemachte
Huͤtte: hier der Leib Chriſti, durch Uberſchat-
tung des Heiligen Geiſtes in dem Leibe der Jung-
frauen Marien gebildet.
Dort geiſtliche Guͤter im Vorbild, nach der
Schwachheit: hier im Gegenbilde nach der
Kraft.
Dort der Boͤcke und der Kaͤlber Blut: hier
das Blut Chriſti.
Dort
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