1. Der Apostel redet alhier sonderlich von den, den Geübten entgegen gesetzten, Ungeübten und noch zärtlichen Bekennern und Nachfolgern Christi: welchen die Leiden alle empfindlich sind und sremd vorkommen. Solchen rufet Petrus 1 Ep. c. 4, 22. also zu: Jhr Lieben, lasset euch die Hitze, so euch begegnet, nicht befremden, (die euch widerfähret, daß ihr versuchet werdet) als widerführe euch etwas fremdes; son- dern freuet euch, daß ihr mit Christo lei- det, aufdaß ihr auch zur Zeit der Offenba- rung seiner Herrlichkeit Freude und Won- ne haben möget. Nach diesem Orte und nach dem Unterscheid der Geübten und Ungeübten, kan man denn leichtlich die Worte Jacobi verste- hen, wenn er c. 1, 2. faget: Meine Lieben, ach- tet es eitel Freude, wenn ihr in mancherley Anfechtung fallet.
2. Die Gerechtigkeit ist alhier soviel, als die Heiligkeit, und gehet auf die Erneuerung des Ebenbildes GOttes, oder Anrichtung des neuen Menschen in uns; als welcher unter dem Leiden, da er von allen Schlacken der Welt- und Eigen-Liebe immer mehr gereiniget wird, herrlich wächset. Die Frucht der Gerechtigkeit ist eine Frucht, welche in der Gerechtigkeit bestehet, und welche Paulus Röm. 6, 22. nennet die Frucht, daß man heilig werde.
3. Friedsam aber ist diese Frucht der Ge- rechtigkeit, weil sie ist voller Friede, oder erfül- let mit dem feligen und freudigen Genuß des Frie- dens in GOtt und mit GOtt. Welcher Friede auch den Geschmack der übrigen Heyls-Güter, sonderlich der geistlichen Freude, mit sich führet. Denn wo unter dem Creutze die Heiligung recht befordert wird, da wird das Gewissen immer mehr gereiniget, bewahret, und immer weniger von der anklagenden Sünde verunruhiget: und folglich kan sich der selige Friede GOttes darin- nen recht zu erkennen gegeben.
4. Und diesen Frieden versiegelt in den Creutz-Trägern der auf ihnen ruhende und sie beruhigende Geist GOttes, davon Petrus 1 Ep. 4, 14. spricht: Selig seyd ihr, wenn ihr geschmähet werdet über dem Namen Chri- sti: Denn der Geist, der ein Geist der Herr- lichkeit und GOttes ist, ruhet auf euch.
5. Nun wird zwar dieses eigentlich nur von den Leiden, die man um Christi willen über sich nimmt, gesaget, daß sie eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit bringen: es werden doch aber die- jenigen leiden, welche die Gläubigen mit den Un- gläubigen gemein haben, als da unter andern sonderlich sind Kranckheiten, Verlust zeitli- cher Güter, Armuth, zu frühzeitiges Ab- sterben der Seinigen, bey den Gottseligen der- gestalt geheiliget, daß sie ebenfals vieles zum Ge- nuß solcher friedsamen Frucht beytragen, ja auch die selbstgemachten Leiden müssen in der Ordnung der wahren Bekehrung mit dazu dienen.
V. 12. 13.
Darum (da ihr solche Versicherung von dem so herrlichen Nutzen der Leiden haben könnet) [Spaltenumbruch]richtet wieder auf die läßigen Hände (zum tapfern Streite) und die müden Knie (zum muntern Laufe) und thut gewisse Tritte mit euren Füssen (dazu ein richtiges und wohlbeve- stigtes Gewissen gehöret) daß nicht iemand strauchele wie ein Lahmer (daß nicht iemand ein Lahmer sey und auf dem Wege bey nicht ver- miedenen Anstössen leichtlich also strauchele, daß er verrencket werde und gar dahin falle) sondern vielmehr gesund werde (und als ein an Füssen gesunder fein hurtig und richtig in den Wegen GOttes einher gehe.)
Anmerckungen.
1. Hände und Füsse sollen im geistlichen Verstande wohl angewendet werden: die Hän- de zum Wircken und zum Streite: die Füsse zum Laufe, daß man nicht still stehe, sondern im- mer weiter komme. Damit man nun im Laufe nicht aufgehalten werde, so haben die Hände, die ein Bild der Treue und der Arbeitsamkeit sind, den Füssen immer alle Hinderungen aus dem Wege zu räumen, und den uns aufhaltenden Feind gleichsam vor sich weg zu schlagen und zu verjagen.
2. Es scheinet der Apostel sonderlich gese- hen zu haben auf die Worte Jes. 35, 3. Stär- cket die müden Hände, und erqvicket die strauchelnden Knie. Man hat mit David Ps. 17, 15. zu sagen: Erhalte meinen Gang auf deinen Fußsteigen, daß meine Tritte nicht gleiten. Man hat dieses so viel nöthiger zu seufzen, ie öfter man nach genauer Selbst- Prüfung aus dem 73 Psalm v. 2. mit David wird bekennen und sagen müssen: Jch hätte schier gestrauchelt mit meinen Füssen, mein Tritt hätte bey nahe geglitten.
3. Wer nach dem Reiche der Natur einen gesunden Leib und daran sonderlich gesunde Hän- de und Füsse hat, der dancke GOtt, und wende sie wohl an; sonderlich aber sey er dabey einge- denck dessen, davon Hände und Füsse im Reiche der Gnaden ein Bild sind.
V. 14.
Jaget nach dem Friede (da ihr ihn mit GOtt habet, auch) gegen iedermann (nicht al- lein gegen eure Neben-Christen, sondern auch gegen die, die draussen sind, daß ihr ihnen nicht Gelegenheit gebet zum Unfrieden) und der Hei- ligung (um die friedsame Frucht der Gerechtig- keit immer mehr zu erlangen und an euch zu erwei- sen) ohne welche wird niemand den HErrn (den Dreyeinigen GOTT, und in der heiligen Dreyeinigkeit den der menschlichen Natur nach sichtbaren Sohn GOttes) sehen (als der ein heiliger GOtt ist, und in seiner Gemeinschaft seines gleichen haben will, und dannenhero auf die Wideraufrichtung seines Ebenbildes in euch dringet, aber auch selbst gern befördert und selbst anrichtet.)
Anmerckungen.
1. Es sind dieses zwo gar nöthige Erinne- rungen: die eine gehet auf unsere Pflicht gegen
un-
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 12. v. 11-14.
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel redet alhier ſonderlich von den, den Geuͤbten entgegen geſetzten, Ungeuͤbten und noch zaͤrtlichen Bekennern und Nachfolgern Chriſti: welchen die Leiden alle empfindlich ſind und ſremd vorkommen. Solchen rufet Petrus 1 Ep. c. 4, 22. alſo zu: Jhr Lieben, laſſet euch die Hitze, ſo euch begegnet, nicht befremden, (die euch widerfaͤhret, daß ihr verſuchet werdet) als widerfuͤhre euch etwas fremdes; ſon- dern freuet euch, daß ihr mit Chriſto lei- det, aufdaß ihr auch zur Zeit der Offenba- rung ſeiner Herrlichkeit Freude und Won- ne haben moͤget. Nach dieſem Orte und nach dem Unterſcheid der Geuͤbten und Ungeuͤbten, kan man denn leichtlich die Worte Jacobi verſte- hen, wenn er c. 1, 2. faget: Meine Lieben, ach- tet es eitel Freude, wenn ihr in mancherley Anfechtung fallet.
2. Die Gerechtigkeit iſt alhier ſoviel, als die Heiligkeit, und gehet auf die Erneuerung des Ebenbildes GOttes, oder Anrichtung des neuen Menſchen in uns; als welcher unter dem Leiden, da er von allen Schlacken der Welt- und Eigen-Liebe immer mehr gereiniget wird, herrlich waͤchſet. Die Frucht der Gerechtigkeit iſt eine Frucht, welche in der Gerechtigkeit beſtehet, und welche Paulus Roͤm. 6, 22. nennet die Frucht, daß man heilig werde.
3. Friedſam aber iſt dieſe Frucht der Ge- rechtigkeit, weil ſie iſt voller Friede, oder erfuͤl- let mit dem feligen und freudigen Genuß des Frie- dens in GOtt und mit GOtt. Welcher Friede auch den Geſchmack der uͤbrigen Heyls-Guͤter, ſonderlich der geiſtlichen Freude, mit ſich fuͤhret. Denn wo unter dem Creutze die Heiligung recht befordert wird, da wird das Gewiſſen immer mehr gereiniget, bewahret, und immer weniger von der anklagenden Suͤnde verunruhiget: und folglich kan ſich der ſelige Friede GOttes darin- nen recht zu erkennen gegeben.
4. Und dieſen Frieden verſiegelt in den Creutz-Traͤgern der auf ihnen ruhende und ſie beruhigende Geiſt GOttes, davon Petrus 1 Ep. 4, 14. ſpricht: Selig ſeyd ihr, wenn ihr geſchmaͤhet werdet uͤber dem Namen Chri- ſti: Denn der Geiſt, der ein Geiſt der Herr- lichkeit und GOttes iſt, ruhet auf euch.
5. Nun wird zwar dieſes eigentlich nur von den Leiden, die man um Chriſti willen uͤber ſich nimmt, geſaget, daß ſie eine friedſame Frucht der Gerechtigkeit bringen: es werden doch aber die- jenigen leiden, welche die Glaͤubigen mit den Un- glaͤubigen gemein haben, als da unter andern ſonderlich ſind Kranckheiten, Verluſt zeitli- cher Guͤter, Armuth, zu fruͤhzeitiges Ab- ſterben der Seinigen, bey den Gottſeligen der- geſtalt geheiliget, daß ſie ebenfals vieles zum Ge- nuß ſolcher friedſamen Frucht beytragen, ja auch die ſelbſtgemachten Leiden muͤſſen in der Ordnung der wahren Bekehrung mit dazu dienen.
V. 12. 13.
Darum (da ihr ſolche Verſicherung von dem ſo herrlichen Nutzen der Leiden haben koͤnnet) [Spaltenumbruch]richtet wieder auf die laͤßigen Haͤnde (zum tapfern Streite) und die muͤden Knie (zum muntern Laufe) und thut gewiſſe Tritte mit euren Fuͤſſen (dazu ein richtiges und wohlbeve- ſtigtes Gewiſſen gehoͤret) daß nicht iemand ſtrauchele wie ein Lahmer (daß nicht iemand ein Lahmer ſey und auf dem Wege bey nicht ver- miedenen Anſtoͤſſen leichtlich alſo ſtrauchele, daß er verrencket werde und gar dahin falle) ſondern vielmehr geſund werde (und als ein an Fuͤſſen geſunder fein hurtig und richtig in den Wegen GOttes einher gehe.)
Anmerckungen.
1. Haͤnde und Fuͤſſe ſollen im geiſtlichen Verſtande wohl angewendet werden: die Haͤn- de zum Wircken und zum Streite: die Fuͤſſe zum Laufe, daß man nicht ſtill ſtehe, ſondern im- mer weiter komme. Damit man nun im Laufe nicht aufgehalten werde, ſo haben die Haͤnde, die ein Bild der Treue und der Arbeitſamkeit ſind, den Fuͤſſen immer alle Hinderungen aus dem Wege zu raͤumen, und den uns aufhaltenden Feind gleichſam vor ſich weg zu ſchlagen und zu verjagen.
2. Es ſcheinet der Apoſtel ſonderlich geſe- hen zu haben auf die Worte Jeſ. 35, 3. Staͤr- cket die muͤden Haͤnde, und erqvicket die ſtrauchelnden Knie. Man hat mit David Pſ. 17, 15. zu ſagen: Erhalte meinen Gang auf deinen Fußſteigen, daß meine Tritte nicht gleiten. Man hat dieſes ſo viel noͤthiger zu ſeufzen, ie oͤfter man nach genauer Selbſt- Pruͤfung aus dem 73 Pſalm v. 2. mit David wird bekennen und ſagen muͤſſen: Jch haͤtte ſchier geſtrauchelt mit meinen Fuͤſſen, mein Tritt haͤtte bey nahe geglitten.
3. Wer nach dem Reiche der Natur einen geſunden Leib und daran ſonderlich geſunde Haͤn- de und Fuͤſſe hat, der dancke GOtt, und wende ſie wohl an; ſonderlich aber ſey er dabey einge- denck deſſen, davon Haͤnde und Fuͤſſe im Reiche der Gnaden ein Bild ſind.
V. 14.
Jaget nach dem Friede (da ihr ihn mit GOtt habet, auch) gegen iedermann (nicht al- lein gegen eure Neben-Chriſten, ſondern auch gegen die, die drauſſen ſind, daß ihr ihnen nicht Gelegenheit gebet zum Unfrieden) und der Hei- ligung (um die friedſame Frucht der Gerechtig- keit immer mehr zu erlangen und an euch zu erwei- ſen) ohne welche wird niemand den HErrn (den Dreyeinigen GOTT, und in der heiligen Dreyeinigkeit den der menſchlichen Natur nach ſichtbaren Sohn GOttes) ſehen (als der ein heiliger GOtt iſt, und in ſeiner Gemeinſchaft ſeines gleichen haben will, und dannenhero auf die Wideraufrichtung ſeines Ebenbildes in euch dringet, aber auch ſelbſt gern befoͤrdert und ſelbſt anrichtet.)
Anmerckungen.
1. Es ſind dieſes zwo gar noͤthige Erinne- rungen: die eine gehet auf unſere Pflicht gegen
un-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0402"n="400"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 12. v. 11-14.</hi></fw><lb/><cb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Anmerckungen.</hi></head><lb/><p>1. Der Apoſtel redet alhier ſonderlich von<lb/>
den, den Geuͤbten entgegen geſetzten, <hirendition="#fr">Ungeuͤbten</hi><lb/>
und noch zaͤrtlichen Bekennern und Nachfolgern<lb/>
Chriſti: welchen die Leiden alle empfindlich ſind<lb/>
und ſremd vorkommen. Solchen rufet Petrus<lb/>
1 Ep. c. 4, 22. alſo zu: <hirendition="#fr">Jhr Lieben, laſſet euch<lb/>
die Hitze, ſo euch begegnet, nicht befremden,</hi><lb/>
(die euch widerfaͤhret, daß ihr verſuchet werdet)<lb/><hirendition="#fr">als widerfuͤhre euch etwas fremdes; ſon-<lb/>
dern freuet euch, daß ihr mit Chriſto lei-<lb/>
det, aufdaß ihr auch zur Zeit der Offenba-<lb/>
rung ſeiner Herrlichkeit Freude und Won-<lb/>
ne haben moͤget.</hi> Nach dieſem Orte und nach<lb/>
dem Unterſcheid der Geuͤbten und Ungeuͤbten,<lb/>
kan man denn leichtlich die Worte Jacobi verſte-<lb/>
hen, wenn er c. 1, 2. faget: <hirendition="#fr">Meine Lieben, ach-<lb/>
tet es eitel Freude, wenn ihr in mancherley<lb/>
Anfechtung fallet.</hi></p><lb/><p>2. Die <hirendition="#fr">Gerechtigkeit</hi> iſt alhier ſoviel,<lb/>
als die <hirendition="#fr">Heiligkeit,</hi> und gehet auf die Erneuerung<lb/>
des Ebenbildes GOttes, oder Anrichtung des<lb/>
neuen Menſchen in uns; als welcher unter dem<lb/>
Leiden, da er von allen Schlacken der Welt- und<lb/>
Eigen-Liebe immer mehr gereiniget wird, herrlich<lb/>
waͤchſet. Die <hirendition="#fr">Frucht der Gerechtigkeit</hi> iſt<lb/>
eine Frucht, welche in der Gerechtigkeit beſtehet,<lb/>
und welche Paulus Roͤm. 6, 22. nennet <hirendition="#fr">die<lb/>
Frucht, daß man heilig werde.</hi></p><lb/><p>3. <hirendition="#fr">Friedſam</hi> aber iſt dieſe Frucht der Ge-<lb/>
rechtigkeit, weil ſie iſt <hirendition="#fr">voller Friede,</hi> oder erfuͤl-<lb/>
let mit dem feligen und freudigen Genuß des Frie-<lb/>
dens in GOtt und mit GOtt. Welcher Friede<lb/>
auch den Geſchmack der uͤbrigen Heyls-Guͤter,<lb/>ſonderlich der geiſtlichen Freude, mit ſich fuͤhret.<lb/>
Denn wo unter dem Creutze die Heiligung recht<lb/>
befordert wird, da wird das Gewiſſen immer<lb/>
mehr gereiniget, bewahret, und immer weniger<lb/>
von der anklagenden Suͤnde verunruhiget: und<lb/>
folglich kan ſich der ſelige Friede GOttes darin-<lb/>
nen recht zu erkennen gegeben.</p><lb/><p>4. Und dieſen <hirendition="#fr">Frieden</hi> verſiegelt in den<lb/>
Creutz-Traͤgern der auf ihnen <hirendition="#fr">ruhende</hi> und ſie<lb/><hirendition="#fr">beruhigende Geiſt</hi> GOttes, davon Petrus<lb/>
1 Ep. 4, 14. ſpricht: <hirendition="#fr">Selig ſeyd ihr, wenn ihr<lb/>
geſchmaͤhet werdet uͤber dem Namen Chri-<lb/>ſti: Denn der Geiſt, der ein Geiſt der Herr-<lb/>
lichkeit und GOttes iſt, ruhet auf euch.</hi></p><lb/><p>5. Nun wird zwar dieſes eigentlich nur von<lb/>
den Leiden, die man um Chriſti willen uͤber ſich<lb/>
nimmt, geſaget, daß ſie eine friedſame Frucht der<lb/>
Gerechtigkeit bringen: es werden doch aber die-<lb/>
jenigen leiden, welche die Glaͤubigen mit den Un-<lb/>
glaͤubigen gemein haben, als da unter andern<lb/>ſonderlich ſind <hirendition="#fr">Kranckheiten, Verluſt zeitli-<lb/>
cher Guͤter, Armuth, zu fruͤhzeitiges Ab-<lb/>ſterben der Seinigen,</hi> bey den Gottſeligen der-<lb/>
geſtalt geheiliget, daß ſie ebenfals vieles zum Ge-<lb/>
nuß ſolcher friedſamen Frucht beytragen, ja auch<lb/>
die ſelbſtgemachten Leiden muͤſſen in der Ordnung<lb/>
der wahren Bekehrung mit dazu dienen.</p></div></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">V. 12. 13.</hi></head><lb/><p><hirendition="#fr">Darum</hi> (da ihr ſolche Verſicherung von<lb/>
dem ſo herrlichen Nutzen der Leiden haben koͤnnet)<lb/><cb/><hirendition="#fr">richtet wieder auf die laͤßigen Haͤnde</hi> (zum<lb/>
tapfern Streite) <hirendition="#fr">und die muͤden Knie</hi> (zum<lb/>
muntern Laufe) <hirendition="#fr">und thut gewiſſe Tritte mit<lb/>
euren Fuͤſſen</hi> (dazu ein richtiges und wohlbeve-<lb/>ſtigtes Gewiſſen gehoͤret) <hirendition="#fr">daß nicht iemand<lb/>ſtrauchele wie ein Lahmer</hi> (daß nicht iemand<lb/>
ein Lahmer ſey und auf dem Wege bey nicht ver-<lb/>
miedenen Anſtoͤſſen leichtlich alſo ſtrauchele, daß<lb/>
er verrencket werde und gar dahin falle) <hirendition="#fr">ſondern<lb/>
vielmehr geſund werde</hi> (und als ein an Fuͤſſen<lb/>
geſunder fein hurtig und richtig in den Wegen<lb/>
GOttes einher gehe.)</p><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Anmerckungen.</hi></head><lb/><p>1. <hirendition="#fr">Haͤnde</hi> und <hirendition="#fr">Fuͤſſe</hi>ſollen im geiſtlichen<lb/>
Verſtande wohl angewendet werden: die <hirendition="#fr">Haͤn-<lb/>
de</hi> zum Wircken und zum Streite: die <hirendition="#fr">Fuͤſſe</hi><lb/>
zum Laufe, daß man nicht ſtill ſtehe, ſondern im-<lb/>
mer weiter komme. Damit man nun im Laufe<lb/>
nicht aufgehalten werde, ſo haben die Haͤnde, die<lb/>
ein Bild der Treue und der Arbeitſamkeit ſind,<lb/>
den Fuͤſſen immer alle Hinderungen aus dem<lb/>
Wege zu raͤumen, und den uns aufhaltenden<lb/>
Feind gleichſam vor ſich weg zu ſchlagen und zu<lb/>
verjagen.</p><lb/><p>2. Es ſcheinet der Apoſtel ſonderlich geſe-<lb/>
hen zu haben auf die Worte Jeſ. 35, 3. <hirendition="#fr">Staͤr-<lb/>
cket die muͤden Haͤnde, und erqvicket die<lb/>ſtrauchelnden Knie.</hi> Man hat mit David<lb/>
Pſ. 17, 15. zu ſagen: <hirendition="#fr">Erhalte meinen Gang<lb/>
auf deinen Fußſteigen, daß meine Tritte<lb/>
nicht gleiten.</hi> Man hat dieſes ſo viel noͤthiger<lb/>
zu ſeufzen, ie oͤfter man nach genauer Selbſt-<lb/>
Pruͤfung aus dem 73 Pſalm v. 2. mit David<lb/>
wird bekennen und ſagen muͤſſen: <hirendition="#fr">Jch haͤtte<lb/>ſchier geſtrauchelt mit meinen Fuͤſſen, mein<lb/>
Tritt haͤtte bey nahe geglitten.</hi></p><lb/><p>3. Wer nach dem Reiche der Natur einen<lb/>
geſunden Leib und daran ſonderlich geſunde Haͤn-<lb/>
de und Fuͤſſe hat, der dancke GOtt, und wende<lb/>ſie wohl an; ſonderlich aber ſey er dabey einge-<lb/>
denck deſſen, davon Haͤnde und Fuͤſſe im Reiche<lb/>
der Gnaden ein Bild ſind.</p></div></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">V. 14.</hi></head><lb/><p><hirendition="#fr">Jaget nach dem Friede</hi> (da ihr ihn mit<lb/>
GOtt habet, auch) <hirendition="#fr">gegen iedermann</hi> (nicht al-<lb/>
lein gegen eure Neben-Chriſten, ſondern auch<lb/>
gegen die, die drauſſen ſind, daß ihr ihnen nicht<lb/>
Gelegenheit gebet zum Unfrieden) <hirendition="#fr">und der Hei-<lb/>
ligung</hi> (um die friedſame Frucht der Gerechtig-<lb/>
keit immer mehr zu erlangen und an euch zu erwei-<lb/>ſen) <hirendition="#fr">ohne welche wird niemand den HErrn</hi><lb/>
(den Dreyeinigen GOTT, und in der heiligen<lb/>
Dreyeinigkeit den der menſchlichen Natur nach<lb/>ſichtbaren Sohn GOttes) <hirendition="#fr">ſehen</hi> (als der ein<lb/>
heiliger GOtt iſt, und in ſeiner Gemeinſchaft<lb/>ſeines gleichen haben will, und dannenhero auf<lb/>
die Wideraufrichtung ſeines Ebenbildes in euch<lb/>
dringet, aber auch ſelbſt gern befoͤrdert und ſelbſt<lb/>
anrichtet.)</p><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Anmerckungen.</hi></head><lb/><p>1. Es ſind dieſes zwo gar noͤthige Erinne-<lb/>
rungen: die eine gehet auf unſere Pflicht gegen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">un-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[400/0402]
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 12. v. 11-14.
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel redet alhier ſonderlich von
den, den Geuͤbten entgegen geſetzten, Ungeuͤbten
und noch zaͤrtlichen Bekennern und Nachfolgern
Chriſti: welchen die Leiden alle empfindlich ſind
und ſremd vorkommen. Solchen rufet Petrus
1 Ep. c. 4, 22. alſo zu: Jhr Lieben, laſſet euch
die Hitze, ſo euch begegnet, nicht befremden,
(die euch widerfaͤhret, daß ihr verſuchet werdet)
als widerfuͤhre euch etwas fremdes; ſon-
dern freuet euch, daß ihr mit Chriſto lei-
det, aufdaß ihr auch zur Zeit der Offenba-
rung ſeiner Herrlichkeit Freude und Won-
ne haben moͤget. Nach dieſem Orte und nach
dem Unterſcheid der Geuͤbten und Ungeuͤbten,
kan man denn leichtlich die Worte Jacobi verſte-
hen, wenn er c. 1, 2. faget: Meine Lieben, ach-
tet es eitel Freude, wenn ihr in mancherley
Anfechtung fallet.
2. Die Gerechtigkeit iſt alhier ſoviel,
als die Heiligkeit, und gehet auf die Erneuerung
des Ebenbildes GOttes, oder Anrichtung des
neuen Menſchen in uns; als welcher unter dem
Leiden, da er von allen Schlacken der Welt- und
Eigen-Liebe immer mehr gereiniget wird, herrlich
waͤchſet. Die Frucht der Gerechtigkeit iſt
eine Frucht, welche in der Gerechtigkeit beſtehet,
und welche Paulus Roͤm. 6, 22. nennet die
Frucht, daß man heilig werde.
3. Friedſam aber iſt dieſe Frucht der Ge-
rechtigkeit, weil ſie iſt voller Friede, oder erfuͤl-
let mit dem feligen und freudigen Genuß des Frie-
dens in GOtt und mit GOtt. Welcher Friede
auch den Geſchmack der uͤbrigen Heyls-Guͤter,
ſonderlich der geiſtlichen Freude, mit ſich fuͤhret.
Denn wo unter dem Creutze die Heiligung recht
befordert wird, da wird das Gewiſſen immer
mehr gereiniget, bewahret, und immer weniger
von der anklagenden Suͤnde verunruhiget: und
folglich kan ſich der ſelige Friede GOttes darin-
nen recht zu erkennen gegeben.
4. Und dieſen Frieden verſiegelt in den
Creutz-Traͤgern der auf ihnen ruhende und ſie
beruhigende Geiſt GOttes, davon Petrus
1 Ep. 4, 14. ſpricht: Selig ſeyd ihr, wenn ihr
geſchmaͤhet werdet uͤber dem Namen Chri-
ſti: Denn der Geiſt, der ein Geiſt der Herr-
lichkeit und GOttes iſt, ruhet auf euch.
5. Nun wird zwar dieſes eigentlich nur von
den Leiden, die man um Chriſti willen uͤber ſich
nimmt, geſaget, daß ſie eine friedſame Frucht der
Gerechtigkeit bringen: es werden doch aber die-
jenigen leiden, welche die Glaͤubigen mit den Un-
glaͤubigen gemein haben, als da unter andern
ſonderlich ſind Kranckheiten, Verluſt zeitli-
cher Guͤter, Armuth, zu fruͤhzeitiges Ab-
ſterben der Seinigen, bey den Gottſeligen der-
geſtalt geheiliget, daß ſie ebenfals vieles zum Ge-
nuß ſolcher friedſamen Frucht beytragen, ja auch
die ſelbſtgemachten Leiden muͤſſen in der Ordnung
der wahren Bekehrung mit dazu dienen.
V. 12. 13.
Darum (da ihr ſolche Verſicherung von
dem ſo herrlichen Nutzen der Leiden haben koͤnnet)
richtet wieder auf die laͤßigen Haͤnde (zum
tapfern Streite) und die muͤden Knie (zum
muntern Laufe) und thut gewiſſe Tritte mit
euren Fuͤſſen (dazu ein richtiges und wohlbeve-
ſtigtes Gewiſſen gehoͤret) daß nicht iemand
ſtrauchele wie ein Lahmer (daß nicht iemand
ein Lahmer ſey und auf dem Wege bey nicht ver-
miedenen Anſtoͤſſen leichtlich alſo ſtrauchele, daß
er verrencket werde und gar dahin falle) ſondern
vielmehr geſund werde (und als ein an Fuͤſſen
geſunder fein hurtig und richtig in den Wegen
GOttes einher gehe.)
Anmerckungen.
1. Haͤnde und Fuͤſſe ſollen im geiſtlichen
Verſtande wohl angewendet werden: die Haͤn-
de zum Wircken und zum Streite: die Fuͤſſe
zum Laufe, daß man nicht ſtill ſtehe, ſondern im-
mer weiter komme. Damit man nun im Laufe
nicht aufgehalten werde, ſo haben die Haͤnde, die
ein Bild der Treue und der Arbeitſamkeit ſind,
den Fuͤſſen immer alle Hinderungen aus dem
Wege zu raͤumen, und den uns aufhaltenden
Feind gleichſam vor ſich weg zu ſchlagen und zu
verjagen.
2. Es ſcheinet der Apoſtel ſonderlich geſe-
hen zu haben auf die Worte Jeſ. 35, 3. Staͤr-
cket die muͤden Haͤnde, und erqvicket die
ſtrauchelnden Knie. Man hat mit David
Pſ. 17, 15. zu ſagen: Erhalte meinen Gang
auf deinen Fußſteigen, daß meine Tritte
nicht gleiten. Man hat dieſes ſo viel noͤthiger
zu ſeufzen, ie oͤfter man nach genauer Selbſt-
Pruͤfung aus dem 73 Pſalm v. 2. mit David
wird bekennen und ſagen muͤſſen: Jch haͤtte
ſchier geſtrauchelt mit meinen Fuͤſſen, mein
Tritt haͤtte bey nahe geglitten.
3. Wer nach dem Reiche der Natur einen
geſunden Leib und daran ſonderlich geſunde Haͤn-
de und Fuͤſſe hat, der dancke GOtt, und wende
ſie wohl an; ſonderlich aber ſey er dabey einge-
denck deſſen, davon Haͤnde und Fuͤſſe im Reiche
der Gnaden ein Bild ſind.
V. 14.
Jaget nach dem Friede (da ihr ihn mit
GOtt habet, auch) gegen iedermann (nicht al-
lein gegen eure Neben-Chriſten, ſondern auch
gegen die, die drauſſen ſind, daß ihr ihnen nicht
Gelegenheit gebet zum Unfrieden) und der Hei-
ligung (um die friedſame Frucht der Gerechtig-
keit immer mehr zu erlangen und an euch zu erwei-
ſen) ohne welche wird niemand den HErrn
(den Dreyeinigen GOTT, und in der heiligen
Dreyeinigkeit den der menſchlichen Natur nach
ſichtbaren Sohn GOttes) ſehen (als der ein
heiliger GOtt iſt, und in ſeiner Gemeinſchaft
ſeines gleichen haben will, und dannenhero auf
die Wideraufrichtung ſeines Ebenbildes in euch
dringet, aber auch ſelbſt gern befoͤrdert und ſelbſt
anrichtet.)
Anmerckungen.
1. Es ſind dieſes zwo gar noͤthige Erinne-
rungen: die eine gehet auf unſere Pflicht gegen
un-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/402>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.