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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Cap. 2. v. 1-4.
[Spaltenumbruch] man die Armen und Geringen nicht verachten
solle, so führet der Apostel dazu dieses von dem
HErrn der Herrlichkeit, als einen Bewegungs-
Grund an, warum man sie nicht so gering ach-
ten solle, nemlich weil sie glauben an den HErrn
der Herrlichkeit, und bey ihm um des Glaubens
willen hoch geachtet seynd; wie er sie denn auch
so hoch geachtet, daß er sie erlöset habe.

3. Nun gehet der Glaube zwar an den
Dreyeinigen GOTT: weil aber die Gründung
unsers Heyls in Christo und von Christo gesche-
hen ist, so ist er insonderheit auf ihn gerichtet,
und dabey zugleich auf den Vater, und den Hei-
ligen Geist, wegen der Einigkeit des göttlichen
Wesens.

4. An Christum glauben aber ist ihn
nicht allein für einen HErrn und Schöpfer Him-
mels und der Erden, und also für den wahren
GOTT erkennen, sondern ihn auch halten für
seinen HERRN, und demnach auf sein Mitt-
ler-Amt sehen, nach welchem er uns erlöset hat.
Darum ihn Jacobus nennet unsern HErrn.
Es gehet aber der Glaube also auf Christum, daß
er sich seine Gerechtigkeit zur Seligkeit zueig-
net. Welches Jacobus als eine zu den ersten
Catechetischen Gründen gehörige Lehre schon
voraussetzet.

5. Das Wort Person heißt alhier dasje-
nige, was sich ausser dem Glauben an Christum,
und ausser dem Christenthum, bey einem Men-
schen von weltlichen Dingen, als hoher Stand,
Ansehen, Gewalt, und Reichthum befindet.
Die Person ansehen, ist einen nicht beurthei-
len, oder einen nicht schätzen, nach dem Glau-
ben an Christum, und nach dem Christenthum,
wie werth, oder unwerth er sey, sondern nach sol-
chen weltlichen Dingen, darinnen er sich selbst
vor andern distinguiret und hervorthut. Und
heißt solches die Person, weil es mehr zu gelten
pflegt, als die Person selbst.

6. Wenn man nun einen gottseligen Menschen
um deßwillen, daß er in der Welt arm und gering
ist, wenig, ja nichts, achtet; hingegen aber aus
einem Gottlosen nur um deßwillen, weil er vor
Menschen hoch angesehen auch reich und gewal-
tig ist, viel machet, so heisset das die Personen
ansehen.
Welches denn freylich eine böse Sa-
che, die mit der Lauterkeit des Glaubens an Chri-
stum, nach welchem die Gottseligen aufs höchste
geadelt sind, nicht bestehen kan.

7. Das Ansehen der Person ist zuvor-
derst den Richtern verboten; sintemal dadurch
die Gerechtigkeit gebeuget, ja alles verkehret
wird. Darum es 5 B. Mos. 1, 17. heißt: Kei-
ne Person solt ihr im Gerichte ansehen son-
dern solt den kleinen ehren wie den grossen,
und vor niemands Person euch scheuen.
Denn das Gericht-Amt ist GOttes.
Siehe
auch c. 10, 17. c. 16, 19. 2 Chron. 19, 6. 7.

8. Es soll aber auch ausser den Gerichten
die Ansehung der Person nicht statt finden. Dar-
um Ps. 15, 4. stehet, wer die Gottlosen nichts
achtet, sondern ehret die Gottesfürchti-
gen,
nemlich der wird wohnen in der Hütten
GOttes.
Und darinn hat uns unser Heyland
[Spaltenumbruch] ein vollkommnes Exempel zur Nachfolge hinter-
lassen, also, daß ihm auch seine eigene Feinde
Matth. 22, 16. das Zeugniß geben und sagen mu-
sten: Meister, wir wissen, daß du wahr-
haftig bist, und lehrest den Weg GOttes
recht; und du fragest nach niemand: denn
du achtest nicht das Ansehen der Person.

Und da sie nichts weniger thaten, sprach er zu ih-
nen: Richtet nicht nach dem Ansehen, son-
dern richtet ein recht Gericht.
Joh. 7, 24.

9. Nun ist es zwar freylich an dem, daß
man solchen Personen, welche Standes- und
Amts-halber im Ansehen vor andern stehen,
auch eine Ehrerbietung schuldig sey: aber diese
wird ihnen sodann erwiesen nicht deßwegen, weil
sie reich und mächtig sind, sondern ihres Amts
wegen, welchem GOtt, der ein GOtt der Ord-
nung ist, einigen Character angehenget hat.
Daher man ihnen auch gleiches zu erweisen hat,
wenn sie auch bey ihrem Amte schon arm sind,
oder werden, auch in einen solchen Stand kom-
men, da sie einem weder viel helfen, noch viel
schaden können.

V. 2. 3. 4.

Denn so in eure Versamlung käme ein
Mann mit einem güldnen Ringe, und mit
einem herrlichen Kleide, es käme aber auch
ein Armer in einem unsaubern Kleide;
v. 3.
Und ihr sehet (mit einer grossen Verwunde-
rung und Hochachtung) auf den, der das
herrliche Kleid träget, und sprechet zu
ihm: setze du dich hieher aufs beste; und
sprechet zu dem Armen: stehe du dort, oder
setze dich hieher zu meinen Füssen,
v. 4. und
bedencket es nicht recht, (so fället ihr kein
rechtes Urtheil,) sondern ihr werdet Richter,
und machet bösen Unterscheid.

Anmerckungen.

1. Da durch die Worte des vierdten Ver-
ses der Periodus zu Ende gehet und damit das
üble Verfahren, so bey der Ansehung der Perso-
nen vorgehet, angezeiget und gemißbilliget wird:
so stehet im Anfange desselben die Particula
kai überflüßig, oder heißt vielmehr nach dem
Hebraismo so viel als so, alsdenn. Die letz-
tern Worte können am füglichsten gegeben wer-
den: ihr werdet Richter übler Gedancken,
oder übler Urtheile: daß also die Genitivi nicht
auf das Objectum, auf die Sache, die gerichtet
wird, sondern auf die Beschaffenheit der Rich-
ter und des richtens, oder beurtheilens gehen.

2. Kostbare Kleider tragen, und diesel-
be mit Gold und Silber zieren, ist eine Sache,
welche unter vieler Eitelkeit lieget; und damit
sich mancher also versündiget, daß er seines See-
len-Schmucks darüber gar vergisset. Kömmt
der Prunck nur vom blossen Reichthum her ohne
obrigkeitlichen Ehren-Stand, so ist er so viel ei-
teler und sündlicher, wie dort bey dem reichen
Manne Luc. 16, 19, Was aber die Gewohnheit
dem Stande angehenget hat, wird so viel un-
verwerflicher, in so viel mehrer Verleugnung
und so vielweniger Anklebung man es hat, und

also

Richtige und erbauliche Cap. 2. v. 1-4.
[Spaltenumbruch] man die Armen und Geringen nicht verachten
ſolle, ſo fuͤhret der Apoſtel dazu dieſes von dem
HErrn der Herrlichkeit, als einen Bewegungs-
Grund an, warum man ſie nicht ſo gering ach-
ten ſolle, nemlich weil ſie glauben an den HErrn
der Herrlichkeit, und bey ihm um des Glaubens
willen hoch geachtet ſeynd; wie er ſie denn auch
ſo hoch geachtet, daß er ſie erloͤſet habe.

3. Nun gehet der Glaube zwar an den
Dreyeinigen GOTT: weil aber die Gruͤndung
unſers Heyls in Chriſto und von Chriſto geſche-
hen iſt, ſo iſt er inſonderheit auf ihn gerichtet,
und dabey zugleich auf den Vater, und den Hei-
ligen Geiſt, wegen der Einigkeit des goͤttlichen
Weſens.

4. An Chriſtum glauben aber iſt ihn
nicht allein fuͤr einen HErrn und Schoͤpfer Him-
mels und der Erden, und alſo fuͤr den wahren
GOTT erkennen, ſondern ihn auch halten fuͤr
ſeinen HERRN, und demnach auf ſein Mitt-
ler-Amt ſehen, nach welchem er uns erloͤſet hat.
Darum ihn Jacobus nennet unſern HErrn.
Es gehet aber der Glaube alſo auf Chriſtum, daß
er ſich ſeine Gerechtigkeit zur Seligkeit zueig-
net. Welches Jacobus als eine zu den erſten
Catechetiſchen Gruͤnden gehoͤrige Lehre ſchon
vorausſetzet.

5. Das Wort Perſon heißt alhier dasje-
nige, was ſich auſſer dem Glauben an Chriſtum,
und auſſer dem Chriſtenthum, bey einem Men-
ſchen von weltlichen Dingen, als hoher Stand,
Anſehen, Gewalt, und Reichthum befindet.
Die Perſon anſehen, iſt einen nicht beurthei-
len, oder einen nicht ſchaͤtzen, nach dem Glau-
ben an Chriſtum, und nach dem Chriſtenthum,
wie werth, oder unwerth er ſey, ſondern nach ſol-
chen weltlichen Dingen, darinnen er ſich ſelbſt
vor andern diſtinguiret und hervorthut. Und
heißt ſolches die Perſon, weil es mehr zu gelten
pflegt, als die Perſon ſelbſt.

6. Wenn man nun einen gottſeligen Menſchen
um deßwillen, daß er in der Welt arm und gering
iſt, wenig, ja nichts, achtet; hingegen aber aus
einem Gottloſen nur um deßwillen, weil er vor
Menſchen hoch angeſehen auch reich und gewal-
tig iſt, viel machet, ſo heiſſet das die Perſonen
anſehen.
Welches denn freylich eine boͤſe Sa-
che, die mit der Lauterkeit des Glaubens an Chri-
ſtum, nach welchem die Gottſeligen aufs hoͤchſte
geadelt ſind, nicht beſtehen kan.

7. Das Anſehen der Perſon iſt zuvor-
derſt den Richtern verboten; ſintemal dadurch
die Gerechtigkeit gebeuget, ja alles verkehret
wird. Darum es 5 B. Moſ. 1, 17. heißt: Kei-
ne Perſon ſolt ihr im Gerichte anſehen ſon-
dern ſolt den kleinen ehren wie den groſſen,
und vor niemands Perſon euch ſcheuen.
Denn das Gericht-Amt iſt GOttes.
Siehe
auch c. 10, 17. c. 16, 19. 2 Chron. 19, 6. 7.

8. Es ſoll aber auch auſſer den Gerichten
die Anſehung der Perſon nicht ſtatt finden. Dar-
um Pſ. 15, 4. ſtehet, wer die Gottloſen nichts
achtet, ſondern ehret die Gottesfuͤrchti-
gen,
nemlich der wird wohnen in der Huͤtten
GOttes.
Und darinn hat uns unſer Heyland
[Spaltenumbruch] ein vollkommnes Exempel zur Nachfolge hinter-
laſſen, alſo, daß ihm auch ſeine eigene Feinde
Matth. 22, 16. das Zeugniß geben und ſagen mu-
ſten: Meiſter, wir wiſſen, daß du wahr-
haftig biſt, und lehreſt den Weg GOttes
recht; und du frageſt nach niemand: denn
du achteſt nicht das Anſehen der Perſon.

Und da ſie nichts weniger thaten, ſprach er zu ih-
nen: Richtet nicht nach dem Anſehen, ſon-
dern richtet ein recht Gericht.
Joh. 7, 24.

9. Nun iſt es zwar freylich an dem, daß
man ſolchen Perſonen, welche Standes- und
Amts-halber im Anſehen vor andern ſtehen,
auch eine Ehrerbietung ſchuldig ſey: aber dieſe
wird ihnen ſodann erwieſen nicht deßwegen, weil
ſie reich und maͤchtig ſind, ſondern ihres Amts
wegen, welchem GOtt, der ein GOtt der Ord-
nung iſt, einigen Character angehenget hat.
Daher man ihnen auch gleiches zu erweiſen hat,
wenn ſie auch bey ihrem Amte ſchon arm ſind,
oder werden, auch in einen ſolchen Stand kom-
men, da ſie einem weder viel helfen, noch viel
ſchaden koͤnnen.

V. 2. 3. 4.

Denn ſo in eure Verſamlung kaͤme ein
Mann mit einem guͤldnen Ringe, und mit
einem herrlichen Kleide, es kaͤme aber auch
ein Armer in einem unſaubern Kleide;
v. 3.
Und ihr ſehet (mit einer groſſen Verwunde-
rung und Hochachtung) auf den, der das
herrliche Kleid traͤget, und ſprechet zu
ihm: ſetze du dich hieher aufs beſte; und
ſprechet zu dem Armen: ſtehe du dort, oder
ſetze dich hieher zu meinen Fuͤſſen,
v. 4. und
bedencket es nicht recht, (ſo faͤllet ihr kein
rechtes Urtheil,) ſondern ihr werdet Richter,
und machet boͤſen Unterſcheid.

Anmerckungen.

1. Da durch die Worte des vierdten Ver-
ſes der Periodus zu Ende gehet und damit das
uͤble Verfahren, ſo bey der Anſehung der Perſo-
nen vorgehet, angezeiget und gemißbilliget wird:
ſo ſtehet im Anfange deſſelben die Particula
καὶ uͤberfluͤßig, oder heißt vielmehr nach dem
Hebraiſmo ſo viel als ſo, alsdenn. Die letz-
tern Worte koͤnnen am fuͤglichſten gegeben wer-
den: ihr werdet Richter uͤbler Gedancken,
oder uͤbler Urtheile: daß alſo die Genitivi nicht
auf das Objectum, auf die Sache, die gerichtet
wird, ſondern auf die Beſchaffenheit der Rich-
ter und des richtens, oder beurtheilens gehen.

2. Koſtbare Kleider tragen, und dieſel-
be mit Gold und Silber zieren, iſt eine Sache,
welche unter vieler Eitelkeit lieget; und damit
ſich mancher alſo verſuͤndiget, daß er ſeines See-
len-Schmucks daruͤber gar vergiſſet. Koͤmmt
der Prunck nur vom bloſſen Reichthum her ohne
obrigkeitlichen Ehren-Stand, ſo iſt er ſo viel ei-
teler und ſuͤndlicher, wie dort bey dem reichen
Manne Luc. 16, 19, Was aber die Gewohnheit
dem Stande angehenget hat, wird ſo viel un-
verwerflicher, in ſo viel mehrer Verleugnung
und ſo vielweniger Anklebung man es hat, und

alſo
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[448/0450] Richtige und erbauliche Cap. 2. v. 1-4. man die Armen und Geringen nicht verachten ſolle, ſo fuͤhret der Apoſtel dazu dieſes von dem HErrn der Herrlichkeit, als einen Bewegungs- Grund an, warum man ſie nicht ſo gering ach- ten ſolle, nemlich weil ſie glauben an den HErrn der Herrlichkeit, und bey ihm um des Glaubens willen hoch geachtet ſeynd; wie er ſie denn auch ſo hoch geachtet, daß er ſie erloͤſet habe. 3. Nun gehet der Glaube zwar an den Dreyeinigen GOTT: weil aber die Gruͤndung unſers Heyls in Chriſto und von Chriſto geſche- hen iſt, ſo iſt er inſonderheit auf ihn gerichtet, und dabey zugleich auf den Vater, und den Hei- ligen Geiſt, wegen der Einigkeit des goͤttlichen Weſens. 4. An Chriſtum glauben aber iſt ihn nicht allein fuͤr einen HErrn und Schoͤpfer Him- mels und der Erden, und alſo fuͤr den wahren GOTT erkennen, ſondern ihn auch halten fuͤr ſeinen HERRN, und demnach auf ſein Mitt- ler-Amt ſehen, nach welchem er uns erloͤſet hat. Darum ihn Jacobus nennet unſern HErrn. Es gehet aber der Glaube alſo auf Chriſtum, daß er ſich ſeine Gerechtigkeit zur Seligkeit zueig- net. Welches Jacobus als eine zu den erſten Catechetiſchen Gruͤnden gehoͤrige Lehre ſchon vorausſetzet. 5. Das Wort Perſon heißt alhier dasje- nige, was ſich auſſer dem Glauben an Chriſtum, und auſſer dem Chriſtenthum, bey einem Men- ſchen von weltlichen Dingen, als hoher Stand, Anſehen, Gewalt, und Reichthum befindet. Die Perſon anſehen, iſt einen nicht beurthei- len, oder einen nicht ſchaͤtzen, nach dem Glau- ben an Chriſtum, und nach dem Chriſtenthum, wie werth, oder unwerth er ſey, ſondern nach ſol- chen weltlichen Dingen, darinnen er ſich ſelbſt vor andern diſtinguiret und hervorthut. Und heißt ſolches die Perſon, weil es mehr zu gelten pflegt, als die Perſon ſelbſt. 6. Wenn man nun einen gottſeligen Menſchen um deßwillen, daß er in der Welt arm und gering iſt, wenig, ja nichts, achtet; hingegen aber aus einem Gottloſen nur um deßwillen, weil er vor Menſchen hoch angeſehen auch reich und gewal- tig iſt, viel machet, ſo heiſſet das die Perſonen anſehen. Welches denn freylich eine boͤſe Sa- che, die mit der Lauterkeit des Glaubens an Chri- ſtum, nach welchem die Gottſeligen aufs hoͤchſte geadelt ſind, nicht beſtehen kan. 7. Das Anſehen der Perſon iſt zuvor- derſt den Richtern verboten; ſintemal dadurch die Gerechtigkeit gebeuget, ja alles verkehret wird. Darum es 5 B. Moſ. 1, 17. heißt: Kei- ne Perſon ſolt ihr im Gerichte anſehen ſon- dern ſolt den kleinen ehren wie den groſſen, und vor niemands Perſon euch ſcheuen. Denn das Gericht-Amt iſt GOttes. Siehe auch c. 10, 17. c. 16, 19. 2 Chron. 19, 6. 7. 8. Es ſoll aber auch auſſer den Gerichten die Anſehung der Perſon nicht ſtatt finden. Dar- um Pſ. 15, 4. ſtehet, wer die Gottloſen nichts achtet, ſondern ehret die Gottesfuͤrchti- gen, nemlich der wird wohnen in der Huͤtten GOttes. Und darinn hat uns unſer Heyland ein vollkommnes Exempel zur Nachfolge hinter- laſſen, alſo, daß ihm auch ſeine eigene Feinde Matth. 22, 16. das Zeugniß geben und ſagen mu- ſten: Meiſter, wir wiſſen, daß du wahr- haftig biſt, und lehreſt den Weg GOttes recht; und du frageſt nach niemand: denn du achteſt nicht das Anſehen der Perſon. Und da ſie nichts weniger thaten, ſprach er zu ih- nen: Richtet nicht nach dem Anſehen, ſon- dern richtet ein recht Gericht. Joh. 7, 24. 9. Nun iſt es zwar freylich an dem, daß man ſolchen Perſonen, welche Standes- und Amts-halber im Anſehen vor andern ſtehen, auch eine Ehrerbietung ſchuldig ſey: aber dieſe wird ihnen ſodann erwieſen nicht deßwegen, weil ſie reich und maͤchtig ſind, ſondern ihres Amts wegen, welchem GOtt, der ein GOtt der Ord- nung iſt, einigen Character angehenget hat. Daher man ihnen auch gleiches zu erweiſen hat, wenn ſie auch bey ihrem Amte ſchon arm ſind, oder werden, auch in einen ſolchen Stand kom- men, da ſie einem weder viel helfen, noch viel ſchaden koͤnnen. V. 2. 3. 4. Denn ſo in eure Verſamlung kaͤme ein Mann mit einem guͤldnen Ringe, und mit einem herrlichen Kleide, es kaͤme aber auch ein Armer in einem unſaubern Kleide; v. 3. Und ihr ſehet (mit einer groſſen Verwunde- rung und Hochachtung) auf den, der das herrliche Kleid traͤget, und ſprechet zu ihm: ſetze du dich hieher aufs beſte; und ſprechet zu dem Armen: ſtehe du dort, oder ſetze dich hieher zu meinen Fuͤſſen, v. 4. und bedencket es nicht recht, (ſo faͤllet ihr kein rechtes Urtheil,) ſondern ihr werdet Richter, und machet boͤſen Unterſcheid. Anmerckungen. 1. Da durch die Worte des vierdten Ver- ſes der Periodus zu Ende gehet und damit das uͤble Verfahren, ſo bey der Anſehung der Perſo- nen vorgehet, angezeiget und gemißbilliget wird: ſo ſtehet im Anfange deſſelben die Particula καὶ uͤberfluͤßig, oder heißt vielmehr nach dem Hebraiſmo ſo viel als ſo, alsdenn. Die letz- tern Worte koͤnnen am fuͤglichſten gegeben wer- den: ihr werdet Richter uͤbler Gedancken, oder uͤbler Urtheile: daß alſo die Genitivi nicht auf das Objectum, auf die Sache, die gerichtet wird, ſondern auf die Beſchaffenheit der Rich- ter und des richtens, oder beurtheilens gehen. 2. Koſtbare Kleider tragen, und dieſel- be mit Gold und Silber zieren, iſt eine Sache, welche unter vieler Eitelkeit lieget; und damit ſich mancher alſo verſuͤndiget, daß er ſeines See- len-Schmucks daruͤber gar vergiſſet. Koͤmmt der Prunck nur vom bloſſen Reichthum her ohne obrigkeitlichen Ehren-Stand, ſo iſt er ſo viel ei- teler und ſuͤndlicher, wie dort bey dem reichen Manne Luc. 16, 19, Was aber die Gewohnheit dem Stande angehenget hat, wird ſo viel un- verwerflicher, in ſo viel mehrer Verleugnung und ſo vielweniger Anklebung man es hat, und alſo

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/450>, abgerufen am 22.11.2024.