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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Cap. 3. v. 8-12.
[Spaltenumbruch] sichert er dem Noa nach der Sündfluth aufs
neue, daß ihm und allen seinen Nachkommen
dieses Recht unbenommen seyn solte, wenn er
1 B. Mos. 9, 1. 2. spricht: Seyd fruchtbar
und mehret euch und füllet die Erde. Eu-
re Furcht und Schrecken sey über alle
Thiere auf Erden, über alle Vögel unter
dem Himmel, und über alles, was auf dem
Erdboden kreucht, und alle Fische im Meer
seyn in eure Hände gegeben.

2. Es verstehet der Apostel sonderlich ein
solches Zähmen der benenneten Geschöpfe, da-
durch man sich dieselbe zu Nutze machet; sinte-
mal der Gebrauch ohne Bezähmung nicht statt
finden würde. Und bey dieser kan man sehen,
wie viel am menschlichen Witze und Verstande
liege: der gewiß eine grosse Gabe GOttes und
daher recht anzuwenden ist.

3. Es ist gar ein wichtiges Argument,
dessen sich der Apostel alhier bedienet. Denn
die Herrschaft über so vielerley Arten der Ge-
schöpfe GOTTes haben und sich doch selbst
nicht beherrschen, noch das bey einem andern,
daß er seine Zunge zähme, erhalten können, ist ei-
ne gar ungebührliche Sache.

4. Wenn der Apostel saget, es könne kein
Mensch die Zunge bezähmen, so verstehet er un-
bekehrte Menschen, welche ihre Zunge von der
Hölle nach v. 6. anzünden lassen. Und gleich-
wie ein solcher Mensch ein Sclave seiner Affe-
ct
en ist, und sich selbst nicht regieren kan: also
läßt er sich auch noch vielweniger von einem an-
dern regieren. Jst denn nun ein solcher ein Lä-
sterer, und Lügner, so läßt er sich das Maul nicht
stopfen, und iemehr man sich darüber beschwe-
ret, ie ärger machet es mancher. Siehe Ps.
120, 2. 3. 4.

5. Was der Apostel vorher genennet, von
der Höllen entzündet seyn, das nennet er itzo
ein tödtliches Gift seyn. Denn es ist die Bos-
heit der Zunge ein Same oder eine Frucht der
alten Schlange, welche das, was sie angreifet,
gleichsam wie vergiftet, sonderlich wenn es des
Nechsten seinen guten Namen betrift. Dar-
um David von solchen Leuten saget Ps. 140, 4.
Sie schärfen ihre Zungen, wie eine Schlan-
ge, Ottern-Gift ist unter ihren Lippen.

Siehe auch Ps. 55, 22. Jhr Mund ist glät-
ter, denn Butter, und haben doch Krieg
im Sinn: ihre Worte sind gelinder, denn
Oel, und sind doch blosse Schwerdter.

6. Sonderlich gehöret hieher das 28te Ca-
pitel aus dem Sirach, da das grosse Zungen-
Ubel mit mehrern, und unter andern also be-
schrieben wird v. 10. u. f. Laß ab vom Ha-
der, so bleiben viele Sünden nach. Denn
ein zorniger Mensch zündet Hader an, und
der Gottlose verwirret gute Freunde, und
setzet wider einander die guten Frieden ha-
ben. Wenn des Holtzes viel ist, wird des
Feuers desto mehr, und wenn Leute ge-
waltig sind, wird der Zorn desto grösser - -
bläsest du ins Füncklein, so wird ein groß
Feuer daraus, speyest du aber ins Fünck-
lein, so verlöschet es, und beydes kan aus ei-
[Spaltenumbruch] nem Munde kommen. Die Ohren-Bläser
und falsche böse Mäuler sind verfluchet.
Denn sie verwirren viel, die guten Frieden
haben. Ein böses Maul machet viel Leu-
te uneins - - es zerbricht veste Städte und
zerstöret Fürstenthüme.
u. s. f. Siehe auch
Röm. 1, 29. u. f.

V. 9-12.

Durch sie loben wir GOtt den Vater,
und durch sie fluchen wir denen Menschen,
nach dem Bilde GOttes gemachet:
v. 10.
aus einem Munde gehet loben und flu-
chen. Es soll nicht, lieben Brüder, also
seyn.
v. 11. Quillet auch ein Brunn aus ei-
nem Loche süsse und bitter?
v. 12. Kan
auch, lieben Brüder, ein Feigenbaum Oel,
oder ein Weinstock Feigen tragen? Also
kan auch ein Brunn nicht saltzig und süß
Wasser geben.

Anmerckungen.

1. Zuvorderst ist alhier zu mercken, in wel-
chem Verstande der Mensch noch nach dem
Fall, dadurch er das Ebenbild GOttes verloh-
ren hat, dennoch kan angesehen werden, als hät-
te er es noch, wie ihn Jacobus alhier ansiehet.
Man mercke davon folgendes:

a. Das Ebenbild GOttes bestunde theils in
dem Wesen des Menschen, theils in den
Kräften solches Wesens. Nach dem We-
sen selbst bestunde es in der unsterblichen
Seele, welche das Vermögen eines ver-
nünftigen und begreiflichen Verstandes und
eines freyen Willens hat: von welchem Adel
der Seele, welchen sie vor allen sichtbaren
und irdischen Geschöpfen hat, auch der Leib
seine guten Vortheile bekam. Die Kräfte
dieser unsterblichen Seele waren nach dem
Verstande ein himmlisches Licht und ei-
ne herrliche Weisheit; nach dem freyen
Willen Gerechtigkeit
und Heiligkeit, ohne
alle Sünde, und also die Kraft, das Gute
nicht allein ausüben zu können, sondern auch
mit aller Lust zu wollen.
b. Das Wesen hat der Mensch bey dem Sün-
den-Fall behalten, sonsten er hätte müssen
aufhören ein Mensch zu seyn: aber die himm-
lischen Kräfte des Verstandes und des Wil-
lens hat er dergestalt verlohren, daß daher
ein recht entsetzliches Verderben und Elend
nach Seel und Leib entstanden ist.
c. Es kam bey dem Ebenbilde eigentlich auf die-
se Kräfte an; als nach welchen der Mensch
mit GOTT in einer seligen Gemeinschaft
stunde; aber durch ihren Verlust in eine sol-
che Feindschaft wider GOTT, und in eine
so grosse Ungleichheit des Sinnes eingegangen
ist, daß er unmöglich damit zur seligen Ge-
meinschaft GOttes gelangen kan: obgleich
das menschliche Wesen, so fern es als ein
Geschöpfe GOttes betrachtet wird, an sich
selbst gut ist. Wie es denn auch an den ab-
gefallenen Geistern selbst seine Güte hat: die
doch aber dabey von solcher Argheit sind, daß
sie

Richtige und erbauliche Cap. 3. v. 8-12.
[Spaltenumbruch] ſichert er dem Noa nach der Suͤndfluth aufs
neue, daß ihm und allen ſeinen Nachkommen
dieſes Recht unbenommen ſeyn ſolte, wenn er
1 B. Moſ. 9, 1. 2. ſpricht: Seyd fruchtbar
und mehret euch und fuͤllet die Erde. Eu-
re Furcht und Schrecken ſey uͤber alle
Thiere auf Erden, uͤber alle Voͤgel unter
dem Himmel, und uͤber alles, was auf dem
Erdboden kreucht, und alle Fiſche im Meer
ſeyn in eure Haͤnde gegeben.

2. Es verſtehet der Apoſtel ſonderlich ein
ſolches Zaͤhmen der benenneten Geſchoͤpfe, da-
durch man ſich dieſelbe zu Nutze machet; ſinte-
mal der Gebrauch ohne Bezaͤhmung nicht ſtatt
finden wuͤrde. Und bey dieſer kan man ſehen,
wie viel am menſchlichen Witze und Verſtande
liege: der gewiß eine groſſe Gabe GOttes und
daher recht anzuwenden iſt.

3. Es iſt gar ein wichtiges Argument,
deſſen ſich der Apoſtel alhier bedienet. Denn
die Herrſchaft uͤber ſo vielerley Arten der Ge-
ſchoͤpfe GOTTes haben und ſich doch ſelbſt
nicht beherrſchen, noch das bey einem andern,
daß er ſeine Zunge zaͤhme, erhalten koͤnnen, iſt ei-
ne gar ungebuͤhrliche Sache.

4. Wenn der Apoſtel ſaget, es koͤnne kein
Menſch die Zunge bezaͤhmen, ſo verſtehet er un-
bekehrte Menſchen, welche ihre Zunge von der
Hoͤlle nach v. 6. anzuͤnden laſſen. Und gleich-
wie ein ſolcher Menſch ein Sclave ſeiner Affe-
ct
en iſt, und ſich ſelbſt nicht regieren kan: alſo
laͤßt er ſich auch noch vielweniger von einem an-
dern regieren. Jſt denn nun ein ſolcher ein Laͤ-
ſterer, und Luͤgner, ſo laͤßt er ſich das Maul nicht
ſtopfen, und iemehr man ſich daruͤber beſchwe-
ret, ie aͤrger machet es mancher. Siehe Pſ.
120, 2. 3. 4.

5. Was der Apoſtel vorher genennet, von
der Hoͤllen entzuͤndet ſeyn, das nennet er itzo
ein toͤdtliches Gift ſeyn. Denn es iſt die Bos-
heit der Zunge ein Same oder eine Frucht der
alten Schlange, welche das, was ſie angreifet,
gleichſam wie vergiftet, ſonderlich wenn es des
Nechſten ſeinen guten Namen betrift. Dar-
um David von ſolchen Leuten ſaget Pſ. 140, 4.
Sie ſchaͤrfen ihre Zungen, wie eine Schlan-
ge, Ottern-Gift iſt unter ihren Lippen.

Siehe auch Pſ. 55, 22. Jhr Mund iſt glaͤt-
ter, denn Butter, und haben doch Krieg
im Sinn: ihre Worte ſind gelinder, denn
Oel, und ſind doch bloſſe Schwerdter.

6. Sonderlich gehoͤret hieher das 28te Ca-
pitel aus dem Sirach, da das groſſe Zungen-
Ubel mit mehrern, und unter andern alſo be-
ſchrieben wird v. 10. u. f. Laß ab vom Ha-
der, ſo bleiben viele Suͤnden nach. Denn
ein zorniger Menſch zuͤndet Hader an, und
der Gottloſe verwirret gute Freunde, und
ſetzet wider einander die guten Frieden ha-
ben. Wenn des Holtzes viel iſt, wird des
Feuers deſto mehr, und wenn Leute ge-
waltig ſind, wird der Zorn deſto groͤſſer ‒ ‒
blaͤſeſt du ins Fuͤncklein, ſo wird ein groß
Feuer daraus, ſpeyeſt du aber ins Fuͤnck-
lein, ſo verloͤſchet es, und beydes kan aus ei-
[Spaltenumbruch] nem Munde kommen. Die Ohren-Blaͤſer
und falſche boͤſe Maͤuler ſind verfluchet.
Denn ſie verwirren viel, die guten Frieden
haben. Ein boͤſes Maul machet viel Leu-
te uneins ‒ ‒ es zerbricht veſte Staͤdte und
zerſtoͤret Fuͤrſtenthuͤme.
u. ſ. f. Siehe auch
Roͤm. 1, 29. u. f.

V. 9-12.

Durch ſie loben wir GOtt den Vater,
und durch ſie fluchen wir denen Menſchen,
nach dem Bilde GOttes gemachet:
v. 10.
aus einem Munde gehet loben und flu-
chen. Es ſoll nicht, lieben Bruͤder, alſo
ſeyn.
v. 11. Quillet auch ein Brunn aus ei-
nem Loche ſuͤſſe und bitter?
v. 12. Kan
auch, lieben Bruͤder, ein Feigenbaum Oel,
oder ein Weinſtock Feigen tragen? Alſo
kan auch ein Brunn nicht ſaltzig und ſuͤß
Waſſer geben.

Anmerckungen.

1. Zuvorderſt iſt alhier zu mercken, in wel-
chem Verſtande der Menſch noch nach dem
Fall, dadurch er das Ebenbild GOttes verloh-
ren hat, dennoch kan angeſehen werden, als haͤt-
te er es noch, wie ihn Jacobus alhier anſiehet.
Man mercke davon folgendes:

a. Das Ebenbild GOttes beſtunde theils in
dem Weſen des Menſchen, theils in den
Kraͤften ſolches Weſens. Nach dem We-
ſen ſelbſt beſtunde es in der unſterblichen
Seele, welche das Vermoͤgen eines ver-
nuͤnftigen und begreiflichen Verſtandes und
eines freyen Willens hat: von welchem Adel
der Seele, welchen ſie vor allen ſichtbaren
und irdiſchen Geſchoͤpfen hat, auch der Leib
ſeine guten Vortheile bekam. Die Kraͤfte
dieſer unſterblichen Seele waren nach dem
Verſtande ein himmliſches Licht und ei-
ne herrliche Weisheit; nach dem freyen
Willen Gerechtigkeit
und Heiligkeit, ohne
alle Suͤnde, und alſo die Kraft, das Gute
nicht allein ausuͤben zu koͤnnen, ſondern auch
mit aller Luſt zu wollen.
b. Das Weſen hat der Menſch bey dem Suͤn-
den-Fall behalten, ſonſten er haͤtte muͤſſen
aufhoͤren ein Menſch zu ſeyn: aber die himm-
liſchen Kraͤfte des Verſtandes und des Wil-
lens hat er dergeſtalt verlohren, daß daher
ein recht entſetzliches Verderben und Elend
nach Seel und Leib entſtanden iſt.
c. Es kam bey dem Ebenbilde eigentlich auf die-
ſe Kraͤfte an; als nach welchen der Menſch
mit GOTT in einer ſeligen Gemeinſchaft
ſtunde; aber durch ihren Verluſt in eine ſol-
che Feindſchaft wider GOTT, und in eine
ſo groſſe Ungleichheit des Sinnes eingegangen
iſt, daß er unmoͤglich damit zur ſeligen Ge-
meinſchaft GOttes gelangen kan: obgleich
das menſchliche Weſen, ſo fern es als ein
Geſchoͤpfe GOttes betrachtet wird, an ſich
ſelbſt gut iſt. Wie es denn auch an den ab-
gefallenen Geiſtern ſelbſt ſeine Guͤte hat: die
doch aber dabey von ſolcher Argheit ſind, daß
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[466/0468] Richtige und erbauliche Cap. 3. v. 8-12. ſichert er dem Noa nach der Suͤndfluth aufs neue, daß ihm und allen ſeinen Nachkommen dieſes Recht unbenommen ſeyn ſolte, wenn er 1 B. Moſ. 9, 1. 2. ſpricht: Seyd fruchtbar und mehret euch und fuͤllet die Erde. Eu- re Furcht und Schrecken ſey uͤber alle Thiere auf Erden, uͤber alle Voͤgel unter dem Himmel, und uͤber alles, was auf dem Erdboden kreucht, und alle Fiſche im Meer ſeyn in eure Haͤnde gegeben. 2. Es verſtehet der Apoſtel ſonderlich ein ſolches Zaͤhmen der benenneten Geſchoͤpfe, da- durch man ſich dieſelbe zu Nutze machet; ſinte- mal der Gebrauch ohne Bezaͤhmung nicht ſtatt finden wuͤrde. Und bey dieſer kan man ſehen, wie viel am menſchlichen Witze und Verſtande liege: der gewiß eine groſſe Gabe GOttes und daher recht anzuwenden iſt. 3. Es iſt gar ein wichtiges Argument, deſſen ſich der Apoſtel alhier bedienet. Denn die Herrſchaft uͤber ſo vielerley Arten der Ge- ſchoͤpfe GOTTes haben und ſich doch ſelbſt nicht beherrſchen, noch das bey einem andern, daß er ſeine Zunge zaͤhme, erhalten koͤnnen, iſt ei- ne gar ungebuͤhrliche Sache. 4. Wenn der Apoſtel ſaget, es koͤnne kein Menſch die Zunge bezaͤhmen, ſo verſtehet er un- bekehrte Menſchen, welche ihre Zunge von der Hoͤlle nach v. 6. anzuͤnden laſſen. Und gleich- wie ein ſolcher Menſch ein Sclave ſeiner Affe- cten iſt, und ſich ſelbſt nicht regieren kan: alſo laͤßt er ſich auch noch vielweniger von einem an- dern regieren. Jſt denn nun ein ſolcher ein Laͤ- ſterer, und Luͤgner, ſo laͤßt er ſich das Maul nicht ſtopfen, und iemehr man ſich daruͤber beſchwe- ret, ie aͤrger machet es mancher. Siehe Pſ. 120, 2. 3. 4. 5. Was der Apoſtel vorher genennet, von der Hoͤllen entzuͤndet ſeyn, das nennet er itzo ein toͤdtliches Gift ſeyn. Denn es iſt die Bos- heit der Zunge ein Same oder eine Frucht der alten Schlange, welche das, was ſie angreifet, gleichſam wie vergiftet, ſonderlich wenn es des Nechſten ſeinen guten Namen betrift. Dar- um David von ſolchen Leuten ſaget Pſ. 140, 4. Sie ſchaͤrfen ihre Zungen, wie eine Schlan- ge, Ottern-Gift iſt unter ihren Lippen. Siehe auch Pſ. 55, 22. Jhr Mund iſt glaͤt- ter, denn Butter, und haben doch Krieg im Sinn: ihre Worte ſind gelinder, denn Oel, und ſind doch bloſſe Schwerdter. 6. Sonderlich gehoͤret hieher das 28te Ca- pitel aus dem Sirach, da das groſſe Zungen- Ubel mit mehrern, und unter andern alſo be- ſchrieben wird v. 10. u. f. Laß ab vom Ha- der, ſo bleiben viele Suͤnden nach. Denn ein zorniger Menſch zuͤndet Hader an, und der Gottloſe verwirret gute Freunde, und ſetzet wider einander die guten Frieden ha- ben. Wenn des Holtzes viel iſt, wird des Feuers deſto mehr, und wenn Leute ge- waltig ſind, wird der Zorn deſto groͤſſer ‒ ‒ blaͤſeſt du ins Fuͤncklein, ſo wird ein groß Feuer daraus, ſpeyeſt du aber ins Fuͤnck- lein, ſo verloͤſchet es, und beydes kan aus ei- nem Munde kommen. Die Ohren-Blaͤſer und falſche boͤſe Maͤuler ſind verfluchet. Denn ſie verwirren viel, die guten Frieden haben. Ein boͤſes Maul machet viel Leu- te uneins ‒ ‒ es zerbricht veſte Staͤdte und zerſtoͤret Fuͤrſtenthuͤme. u. ſ. f. Siehe auch Roͤm. 1, 29. u. f. V. 9-12. Durch ſie loben wir GOtt den Vater, und durch ſie fluchen wir denen Menſchen, nach dem Bilde GOttes gemachet: v. 10. aus einem Munde gehet loben und flu- chen. Es ſoll nicht, lieben Bruͤder, alſo ſeyn. v. 11. Quillet auch ein Brunn aus ei- nem Loche ſuͤſſe und bitter? v. 12. Kan auch, lieben Bruͤder, ein Feigenbaum Oel, oder ein Weinſtock Feigen tragen? Alſo kan auch ein Brunn nicht ſaltzig und ſuͤß Waſſer geben. Anmerckungen. 1. Zuvorderſt iſt alhier zu mercken, in wel- chem Verſtande der Menſch noch nach dem Fall, dadurch er das Ebenbild GOttes verloh- ren hat, dennoch kan angeſehen werden, als haͤt- te er es noch, wie ihn Jacobus alhier anſiehet. Man mercke davon folgendes: a. Das Ebenbild GOttes beſtunde theils in dem Weſen des Menſchen, theils in den Kraͤften ſolches Weſens. Nach dem We- ſen ſelbſt beſtunde es in der unſterblichen Seele, welche das Vermoͤgen eines ver- nuͤnftigen und begreiflichen Verſtandes und eines freyen Willens hat: von welchem Adel der Seele, welchen ſie vor allen ſichtbaren und irdiſchen Geſchoͤpfen hat, auch der Leib ſeine guten Vortheile bekam. Die Kraͤfte dieſer unſterblichen Seele waren nach dem Verſtande ein himmliſches Licht und ei- ne herrliche Weisheit; nach dem freyen Willen Gerechtigkeit und Heiligkeit, ohne alle Suͤnde, und alſo die Kraft, das Gute nicht allein ausuͤben zu koͤnnen, ſondern auch mit aller Luſt zu wollen. b. Das Weſen hat der Menſch bey dem Suͤn- den-Fall behalten, ſonſten er haͤtte muͤſſen aufhoͤren ein Menſch zu ſeyn: aber die himm- liſchen Kraͤfte des Verſtandes und des Wil- lens hat er dergeſtalt verlohren, daß daher ein recht entſetzliches Verderben und Elend nach Seel und Leib entſtanden iſt. c. Es kam bey dem Ebenbilde eigentlich auf die- ſe Kraͤfte an; als nach welchen der Menſch mit GOTT in einer ſeligen Gemeinſchaft ſtunde; aber durch ihren Verluſt in eine ſol- che Feindſchaft wider GOTT, und in eine ſo groſſe Ungleichheit des Sinnes eingegangen iſt, daß er unmoͤglich damit zur ſeligen Ge- meinſchaft GOttes gelangen kan: obgleich das menſchliche Weſen, ſo fern es als ein Geſchoͤpfe GOttes betrachtet wird, an ſich ſelbſt gut iſt. Wie es denn auch an den ab- gefallenen Geiſtern ſelbſt ſeine Guͤte hat: die doch aber dabey von ſolcher Argheit ſind, daß ſie

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/468>, abgerufen am 22.11.2024.