Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 1. v. 2. des ersten Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
der Erwehlung anzusehen sey? Sie istanzusehen als diejenige Ordnung, welche von GOTT nach der zuvorgedachten allgemeinen Regel zur Seligkeit gemachet ist, und auf wel- che die Vorhersehung gegangen ist. c. Wie man dieses sich zu Nutze zu ma- chen habe? Also, daß, wenn einem GOttes Wort verkündiget und darinnen das geistliche und ewige Heyl in Christo angepriesen und an- geboten, und zugleich die Ordnung der Bekeh- rung und Erneuerung angewiesen wird, man in solche sich bringen lasse und darinnen verhar- re. Thut man dieses, so ist man gewiß, daß man zum ewigen Leben erwehlet sey; sintemal die Erwehlung, nach Anweisung der göttlichen Vorhersehung, von dieser Heiligung des Gei- stes, ob man sie angenommen habe, oder nicht, dependiret. d. Eben dieses finden wir 2 Thess. 2, 13. da es heißt: erwehlet seyn von Anfang (von Anfang, von Ewigkeit) zur Seligkeit durch die Heiligung des Geistes, (oder vielmehr en agiasmo pneumatos, in der Heiligung des Geistes. Denn ob gleich das en, in, sonst oft gar füglich soviel heißt, als dia, durch, so schi- cket sich doch alhier die eigentliche Bedeutung solches Wörtleins viel besser; als dadurch die Heyls-Ordnung, in welcher die Erwehlung geschehen sey, am besten ausgedrucket wird: Gleichwie nun Paulus bey itzt gedachten Worten auch des Glaubens gedencket, und damit erläutert, woher der Glaube in uns ent- stehe, nemlich durch die Heiligung des Gei- stes, und woran er sich halte, nemlich an die Wahrheit des Evangelii von Christo: also ge- dencket nun auch Petrus des Glaubens, und Christi, waren er sich zu halten hat. 4. Von dem Worte upakoe, Gehorsam a. Es ist alhier soviel, als pisis, der Glaube: wie man nicht allein aus itzo angeführtem paral- lel-Orte, sondern auch aus der Sache selbst siehet: sintemal es bey der Heiligmachung des Heiligen Geistes sonderlich darauf ankömmt, daß der Glaube, als ein geistliches Leben und ein geistliches Licht im Menschen gewircket, und er darinnen erhalten werde. Denn geschiehet dieses, so ist die Bekehrung, Rechtfertigung und Erneuerung mit der Beharrung zugleich da. Und diese Bedeutung des Worts upakoe, daß es soviel sey als der Glaube, wird auch da- durch bekräftiget, daß darauf der Bespren- gung des Bluts Christi gedacht wird, als welche durch den Glauben muß angenommen werden. b. Daß das Wort upakoe, vom Glauben ge- brauchet wird, das kömmt daher, weil das Wort akoe, Gehör genommen wird von dem dem Gehör vorgelegten Worte des Evangelii, daraus der Glaube entstehet. Man sehe davon sonderlich den Ort Röm. 10, 16, 17. HERR wer gläubet te akoe emon, unserer Predigt (nemlich des Evangelii Jes. 53, 1.) So kömmt nun der Glaube ex akoes, aus der Predigt, ede akoe, das predigen aber durch [Spaltenumbruch] das Wort GOttes. Hebr. 4, 2. heißt das Evangelium logos akoes, das Wort der Predigt, so bey denen, welche es hören, mit dem Glauben recht vermenget und zum Heyl in der Seele digeriret seyn soll. e. Wenn nun das Wort des Evangelii ange- nommen wird, so entstehet aus der akoe upakoe, der Glaube. Und weil dieses Wort auf den Glauben gehet, so wird das Wort Glaube zur Erläuterung anderwärtig auch ausdrück- lich dazu gesetzet: als Röm. 1, 2. da Paulus von seinem Apostel-Amte bezeuget, er habe es bekommen, um unter allen Heyden den Ge- horsam des Glaubens aufzurichten. Welches er auch c. 15, 26 wiederhohlet. Und im gleichen Verstande wird das Wort upakou~o, ich gehorche, zum Worte vom Glauben gesetzet, wenn Ap. Gesch. 6, 7. von vielen Priestern ge- saget wird, daß sie dem Glauben sind gehor- sam worden. So heißt auch Röm. 6, 17. gehorsam werden dem Vorbilde der Lehre, und c. 10, 16, dem Evangelio ge- horsam seyn, soviel, als Glauben. Siehe auch Röm. 15, 18. c. 16, 19. da upakoe, der gehorsam auch soviel ist als der Glaube: wie denn, was hier der Gehorsam heißt, daß er von den Römern allenthalben kund worden sey c. 1, 9. von dem Glauben gesaget wird. Und 2 Cor. 10, 5. wird der Glaube der Gehor- sam Christi, nemlich gegen seinem Evange- lio, genennet. d. Wenn der Apostel Petrus v. 14. die Gläubi- gen tekna upakoes, Kinder des Gehorsams, nennet, so siehet er damit gleichfals fürnemlich auf den Glauben; und ist eben soviel, als sag- te er, Glaubens-Kinder. Und weil es bey dem Glauben auf die Beharrung, und in die- ser auf den Einfluß in die Heiligung ankömmt, so fordert er v. 21. daß die Gläubigen sollen keusch machen ihre Seelen im Gehor- sam der Wahrheit, das ist, im Glauben, der an der Wahrheit von Christo und seinem Evangelio hält. e. Es ist demnach der Gehorsam des Glau- bens, der zu seinem eigentlichen Wesen gehö- ret von dem Gehorsam der Liebe, oder wel- chen der Glaube in der Liebe beweiset, wohl zu unterscheiden. Der wesentliche Gehorsam des Glaubens hat vor sich das Evangelium mit seinen Verheissungen, und bestehet eigent- lich in einer Ergreiffung und Annehmung: aber der Gehorsam, welcher vermöge des Glaubens in der Liebe bestehet, hat es mit dem Geben, oder mit der schuldigen Pflicht- Leistung nach dem Gesetze, zu thun. f. Und also siehet man, wie schön der Gehorsam von beyderley Art mit einander harmoniret, und wie einer ohne den andern nicht seyn kan. Denn damit man nach dem gesetzlichen Gehor- sam viel geben könne, so muß man nach dem Evangelischen Gehorsam viel nehmen. Und gleichwie ohne Einnahme keine Ausgabe von statten gehet: also würde auch keine Ein- nahme rechter Art seyn und bleiben, wo sie sich nicht durch die Treue in der Ausgabe recht- schaffen R r r 2
Cap. 1. v. 2. des erſten Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
der Erwehlung anzuſehen ſey? Sie iſtanzuſehen als diejenige Ordnung, welche von GOTT nach der zuvorgedachten allgemeinen Regel zur Seligkeit gemachet iſt, und auf wel- che die Vorherſehung gegangen iſt. c. Wie man dieſes ſich zu Nutze zu ma- chen habe? Alſo, daß, wenn einem GOttes Wort verkuͤndiget und darinnen das geiſtliche und ewige Heyl in Chriſto angeprieſen und an- geboten, und zugleich die Ordnung der Bekeh- rung und Erneuerung angewieſen wird, man in ſolche ſich bringen laſſe und darinnen verhar- re. Thut man dieſes, ſo iſt man gewiß, daß man zum ewigen Leben erwehlet ſey; ſintemal die Erwehlung, nach Anweiſung der goͤttlichen Vorherſehung, von dieſer Heiligung des Gei- ſtes, ob man ſie angenommen habe, oder nicht, dependiret. d. Eben dieſes finden wir 2 Theſſ. 2, 13. da es heißt: erwehlet ſeyn von Anfang (von Anfang, von Ewigkeit) zur Seligkeit durch die Heiligung des Geiſtes, (oder vielmehr ἐν ἁγιασμῷ πνέυματος, in der Heiligung des Geiſtes. Denn ob gleich das ἐν, in, ſonſt oft gar fuͤglich ſoviel heißt, als διὰ, durch, ſo ſchi- cket ſich doch alhier die eigentliche Bedeutung ſolches Woͤrtleins viel beſſer; als dadurch die Heyls-Ordnung, in welcher die Erwehlung geſchehen ſey, am beſten ausgedrucket wird: Gleichwie nun Paulus bey itzt gedachten Worten auch des Glaubens gedencket, und damit erlaͤutert, woher der Glaube in uns ent- ſtehe, nemlich durch die Heiligung des Gei- ſtes, und woran er ſich halte, nemlich an die Wahrheit des Evangelii von Chriſto: alſo ge- dencket nun auch Petrus des Glaubens, und Chriſti, waren er ſich zu halten hat. 4. Von dem Worte ὑπακοὴ, Gehorſam a. Es iſt alhier ſoviel, als πίςις, der Glaube: wie man nicht allein aus itzo angefuͤhrtem paral- lel-Orte, ſondern auch aus der Sache ſelbſt ſiehet: ſintemal es bey der Heiligmachung des Heiligen Geiſtes ſonderlich darauf ankoͤmmt, daß der Glaube, als ein geiſtliches Leben und ein geiſtliches Licht im Menſchen gewircket, und er darinnen erhalten werde. Denn geſchiehet dieſes, ſo iſt die Bekehrung, Rechtfertigung und Erneuerung mit der Beharrung zugleich da. Und dieſe Bedeutung des Worts ὑπακοὴ, daß es ſoviel ſey als der Glaube, wird auch da- durch bekraͤftiget, daß darauf der Beſpren- gung des Bluts Chriſti gedacht wird, als welche durch den Glauben muß angenommen werden. b. Daß das Wort ὑπακοὴ, vom Glauben ge- brauchet wird, das koͤmmt daher, weil das Wort ἀκοὴ, Gehoͤr genommen wird von dem dem Gehoͤr vorgelegten Worte des Evangelii, daraus der Glaube entſtehet. Man ſehe davon ſonderlich den Ort Roͤm. 10, 16, 17. HERR wer glaͤubet τῆ ἀκοῆ ἡμῶν, unſerer Predigt (nemlich des Evangelii Jeſ. 53, 1.) So koͤmmt nun der Glaube ἐξ ἀκοῆς, aus der Predigt, ἡδὲ ἀκοὴ, das predigen aber durch [Spaltenumbruch] das Wort GOttes. Hebr. 4, 2. heißt das Evangelium λόγος ἀκοῆς, das Wort der Predigt, ſo bey denen, welche es hoͤren, mit dem Glauben recht vermenget und zum Heyl in der Seele digeriret ſeyn ſoll. e. Wenn nun das Wort des Evangelii ange- nommen wird, ſo entſtehet aus der ἀκοῇ ὑπακοὴ, der Glaube. Und weil dieſes Wort auf den Glauben gehet, ſo wird das Wort Glaube zur Erlaͤuterung anderwaͤrtig auch ausdruͤck- lich dazu geſetzet: als Roͤm. 1, 2. da Paulus von ſeinem Apoſtel-Amte bezeuget, er habe es bekommen, um unter allen Heyden den Ge- horſam des Glaubens aufzurichten. Welches er auch c. 15, 26 wiederhohlet. Und im gleichen Verſtande wird das Wort ὑπακου῀ω, ich gehorche, zum Worte vom Glauben geſetzet, wenn Ap. Geſch. 6, 7. von vielen Prieſtern ge- ſaget wird, daß ſie dem Glauben ſind gehor- ſam worden. So heißt auch Roͤm. 6, 17. gehorſam werden dem Vorbilde der Lehre, und c. 10, 16, dem Evangelio ge- horſam ſeyn, ſoviel, als Glauben. Siehe auch Roͤm. 15, 18. c. 16, 19. da ὑπακοὴ, der gehorſam auch ſoviel iſt als der Glaube: wie denn, was hier der Gehorſam heißt, daß er von den Roͤmern allenthalben kund worden ſey c. 1, 9. von dem Glauben geſaget wird. Und 2 Cor. 10, 5. wird der Glaube der Gehor- ſam Chriſti, nemlich gegen ſeinem Evange- lio, genennet. d. Wenn der Apoſtel Petrus v. 14. die Glaͤubi- gen τέκνα ὑπακοῆς, Kinder des Gehorſams, nennet, ſo ſiehet er damit gleichfals fuͤrnemlich auf den Glauben; und iſt eben ſoviel, als ſag- te er, Glaubens-Kinder. Und weil es bey dem Glauben auf die Beharrung, und in die- ſer auf den Einfluß in die Heiligung ankoͤmmt, ſo fordert er v. 21. daß die Glaͤubigen ſollen keuſch machen ihre Seelen im Gehor- ſam der Wahrheit, das iſt, im Glauben, der an der Wahrheit von Chriſto und ſeinem Evangelio haͤlt. e. Es iſt demnach der Gehorſam des Glau- bens, der zu ſeinem eigentlichen Weſen gehoͤ- ret von dem Gehorſam der Liebe, oder wel- chen der Glaube in der Liebe beweiſet, wohl zu unterſcheiden. Der weſentliche Gehorſam des Glaubens hat vor ſich das Evangelium mit ſeinen Verheiſſungen, und beſtehet eigent- lich in einer Ergreiffung und Annehmung: aber der Gehorſam, welcher vermoͤge des Glaubens in der Liebe beſtehet, hat es mit dem Geben, oder mit der ſchuldigen Pflicht- Leiſtung nach dem Geſetze, zu thun. f. Und alſo ſiehet man, wie ſchoͤn der Gehorſam von beyderley Art mit einander harmoniret, und wie einer ohne den andern nicht ſeyn kan. Denn damit man nach dem geſetzlichen Gehor- ſam viel geben koͤnne, ſo muß man nach dem Evangeliſchen Gehorſam viel nehmen. Und gleichwie ohne Einnahme keine Ausgabe von ſtatten gehet: alſo wuͤrde auch keine Ein- nahme rechter Art ſeyn und bleiben, wo ſie ſich nicht durch die Treue in der Ausgabe recht- ſchaffen R r r 2
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Cap. 1. v. 2. des erſten Briefes Petri.
der Erwehlung anzuſehen ſey? Sie iſt
anzuſehen als diejenige Ordnung, welche von
GOTT nach der zuvorgedachten allgemeinen
Regel zur Seligkeit gemachet iſt, und auf wel-
che die Vorherſehung gegangen iſt.
c. Wie man dieſes ſich zu Nutze zu ma-
chen habe? Alſo, daß, wenn einem GOttes
Wort verkuͤndiget und darinnen das geiſtliche
und ewige Heyl in Chriſto angeprieſen und an-
geboten, und zugleich die Ordnung der Bekeh-
rung und Erneuerung angewieſen wird, man
in ſolche ſich bringen laſſe und darinnen verhar-
re. Thut man dieſes, ſo iſt man gewiß, daß
man zum ewigen Leben erwehlet ſey; ſintemal
die Erwehlung, nach Anweiſung der goͤttlichen
Vorherſehung, von dieſer Heiligung des Gei-
ſtes, ob man ſie angenommen habe, oder nicht,
dependiret.
d. Eben dieſes finden wir 2 Theſſ. 2, 13. da es
heißt: erwehlet ſeyn von Anfang (von
Anfang, von Ewigkeit) zur Seligkeit durch
die Heiligung des Geiſtes, (oder vielmehr
ἐν ἁγιασμῷ πνέυματος, in der Heiligung des
Geiſtes. Denn ob gleich das ἐν, in, ſonſt oft
gar fuͤglich ſoviel heißt, als διὰ, durch, ſo ſchi-
cket ſich doch alhier die eigentliche Bedeutung
ſolches Woͤrtleins viel beſſer; als dadurch die
Heyls-Ordnung, in welcher die Erwehlung
geſchehen ſey, am beſten ausgedrucket wird:
Gleichwie nun Paulus bey itzt gedachten
Worten auch des Glaubens gedencket, und
damit erlaͤutert, woher der Glaube in uns ent-
ſtehe, nemlich durch die Heiligung des Gei-
ſtes, und woran er ſich halte, nemlich an die
Wahrheit des Evangelii von Chriſto: alſo ge-
dencket nun auch Petrus des Glaubens, und
Chriſti, waren er ſich zu halten hat.
4. Von dem Worte ὑπακοὴ, Gehorſam
iſt alhier folgendes zu mercken:
a. Es iſt alhier ſoviel, als πίςις, der Glaube: wie
man nicht allein aus itzo angefuͤhrtem paral-
lel-Orte, ſondern auch aus der Sache ſelbſt
ſiehet: ſintemal es bey der Heiligmachung des
Heiligen Geiſtes ſonderlich darauf ankoͤmmt,
daß der Glaube, als ein geiſtliches Leben und
ein geiſtliches Licht im Menſchen gewircket, und
er darinnen erhalten werde. Denn geſchiehet
dieſes, ſo iſt die Bekehrung, Rechtfertigung
und Erneuerung mit der Beharrung zugleich
da. Und dieſe Bedeutung des Worts ὑπακοὴ,
daß es ſoviel ſey als der Glaube, wird auch da-
durch bekraͤftiget, daß darauf der Beſpren-
gung des Bluts Chriſti gedacht wird, als
welche durch den Glauben muß angenommen
werden.
b. Daß das Wort ὑπακοὴ, vom Glauben ge-
brauchet wird, das koͤmmt daher, weil das
Wort ἀκοὴ, Gehoͤr genommen wird von dem
dem Gehoͤr vorgelegten Worte des Evangelii,
daraus der Glaube entſtehet. Man ſehe davon
ſonderlich den Ort Roͤm. 10, 16, 17. HERR
wer glaͤubet τῆ ἀκοῆ ἡμῶν, unſerer Predigt
(nemlich des Evangelii Jeſ. 53, 1.) So
koͤmmt nun der Glaube ἐξ ἀκοῆς, aus der
Predigt, ἡδὲ ἀκοὴ, das predigen aber durch
das Wort GOttes. Hebr. 4, 2. heißt das
Evangelium λόγος ἀκοῆς, das Wort der
Predigt, ſo bey denen, welche es hoͤren, mit
dem Glauben recht vermenget und zum Heyl in
der Seele digeriret ſeyn ſoll.
e. Wenn nun das Wort des Evangelii ange-
nommen wird, ſo entſtehet aus der ἀκοῇ ὑπακοὴ,
der Glaube. Und weil dieſes Wort auf den
Glauben gehet, ſo wird das Wort Glaube
zur Erlaͤuterung anderwaͤrtig auch ausdruͤck-
lich dazu geſetzet: als Roͤm. 1, 2. da Paulus
von ſeinem Apoſtel-Amte bezeuget, er habe es
bekommen, um unter allen Heyden den Ge-
horſam des Glaubens aufzurichten.
Welches er auch c. 15, 26 wiederhohlet. Und im
gleichen Verſtande wird das Wort ὑπακου῀ω, ich
gehorche, zum Worte vom Glauben geſetzet,
wenn Ap. Geſch. 6, 7. von vielen Prieſtern ge-
ſaget wird, daß ſie dem Glauben ſind gehor-
ſam worden. So heißt auch Roͤm. 6, 17.
gehorſam werden dem Vorbilde der
Lehre, und c. 10, 16, dem Evangelio ge-
horſam ſeyn, ſoviel, als Glauben. Siehe
auch Roͤm. 15, 18. c. 16, 19. da ὑπακοὴ, der
gehorſam auch ſoviel iſt als der Glaube:
wie denn, was hier der Gehorſam heißt, daß
er von den Roͤmern allenthalben kund worden
ſey c. 1, 9. von dem Glauben geſaget wird.
Und 2 Cor. 10, 5. wird der Glaube der Gehor-
ſam Chriſti, nemlich gegen ſeinem Evange-
lio, genennet.
d. Wenn der Apoſtel Petrus v. 14. die Glaͤubi-
gen τέκνα ὑπακοῆς, Kinder des Gehorſams,
nennet, ſo ſiehet er damit gleichfals fuͤrnemlich
auf den Glauben; und iſt eben ſoviel, als ſag-
te er, Glaubens-Kinder. Und weil es bey
dem Glauben auf die Beharrung, und in die-
ſer auf den Einfluß in die Heiligung ankoͤmmt,
ſo fordert er v. 21. daß die Glaͤubigen ſollen
keuſch machen ihre Seelen im Gehor-
ſam der Wahrheit, das iſt, im Glauben,
der an der Wahrheit von Chriſto und ſeinem
Evangelio haͤlt.
e. Es iſt demnach der Gehorſam des Glau-
bens, der zu ſeinem eigentlichen Weſen gehoͤ-
ret von dem Gehorſam der Liebe, oder wel-
chen der Glaube in der Liebe beweiſet, wohl zu
unterſcheiden. Der weſentliche Gehorſam
des Glaubens hat vor ſich das Evangelium
mit ſeinen Verheiſſungen, und beſtehet eigent-
lich in einer Ergreiffung und Annehmung:
aber der Gehorſam, welcher vermoͤge des
Glaubens in der Liebe beſtehet, hat es mit
dem Geben, oder mit der ſchuldigen Pflicht-
Leiſtung nach dem Geſetze, zu thun.
f. Und alſo ſiehet man, wie ſchoͤn der Gehorſam
von beyderley Art mit einander harmoniret,
und wie einer ohne den andern nicht ſeyn kan.
Denn damit man nach dem geſetzlichen Gehor-
ſam viel geben koͤnne, ſo muß man nach dem
Evangeliſchen Gehorſam viel nehmen. Und
gleichwie ohne Einnahme keine Ausgabe
von ſtatten gehet: alſo wuͤrde auch keine Ein-
nahme rechter Art ſeyn und bleiben, wo ſie ſich
nicht durch die Treue in der Ausgabe recht-
ſchaffen
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