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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap 2. v. 18-21.
[Spaltenumbruch] nennet. Man muß aber nicht dencken, daß bey
jenen keine Erb-Süude sey. Ja es führet oft
die natürliche Gütigkeit mehrere Verstrickung
mit sich, als ein rauher und harter Sinn. Denn
dieser kan gemeiniglich eher von seinem natürli-
chen Elende überzeuget werden, als jener; als
welcher sich auf seine eigene Gerechtigkeit zu
verlassen pfleget. Man conferire hierbey Eph.
6, 5. Col. 3, 22. 1 Tim. 6, 1. Tit. 2, 9.

V. 19.

Denn das ist Gnade, (eine Frucht der
Gnade und eine solche Ordnung, in welcher man
zu noch mehrer Gnade gelanget,) wenn ie-
mand um des Gewissens willen zu GOtt

(Welches er vor GOtt hat und gegen GOtt un-
verletzet zu bewahren suchet) das Ubel verträ-
get und leidet das Unrecht.

Anmerckungen.

1. Gleichwie gutes thun unserer verderb-
ten Natur gar was fremdes ist: also ist böses
Leiden ihr noch fremder. Und gehöret eine
Gnaden-Kraft GOttes dazu.

2. Wie das richtige und gute Gewissen in
allen Handlungen des Menschen das Regiment
führen müsse, siehet man alhier, da es auch zur
Geduld den rechten Antrieb giebet, und wo man
diese nicht erweiset, es verletzet wird.

3. Das Ubel vertragen heißt im Griechi-
schen die Traurigkeiten vertragen: damit
angezeiget wird, was einem aus dem zugefügten
Ubel zu entstehen pflege, nemlich allerhand Be-
trübniß: so doch aber durch die Gnade GOttes
leichtlich zu überwinden ist: von der Redens-
Art: das ist Gnade, sehe man die Oerter
Matth. 5, 46. Luc. 6, 32. desgleichen den nun
nächst folgenden Vers.

V. 20.

Denn was ist das für ein Ruhm (da es
vielmehr eine Schande ist,) so ihr um Misse-
that willen Streiche,
(oder andere Stra-
fe) leidet? Aber wenn ihr um Wohl-
that willen,
(da ihr eurem guten Gewissen
nachkommet und um eures Christlichen Wan-
dels willen, da ihr es nicht mehr so mit machen
wollet, als vor dem) leidet, das ist Gnade bey
GOtt
(hat die Verheissung der gnädigen Wie-
dervergeltung, oder Gnaden-Belohnung. Sie-
he hernach c. 3, 14. 17. c. 4, 14. 15.)

Anmerckungen.

1. Gutes thun und böses leiden ist der
Christen gemeine Eigenschaft.

2. Es kan sich einer, um bey einer guten
Fassung des Gemüths zu bleiben, nicht besser
bey widerwärtigen Zeiten verwahren, als wenn
er alle Morgen aufs neue gedencket, er wolle
den Tag hindurch gutes thun und böses leiden.
Bleibet das böse denn einmal aus, so muß er es
rechnen gegen die vorige Zeit, oder künftige, da
es gedoppelt und mehrfach gekommen ist, oder
noch kommen wird.

V. 21.

Denn dazu seyd ihr berufen; sintemal
[Spaltenumbruch] auch Christus gelitten hat für uns, und
uns ein Fürbild gelassen, daß ihr sollet
nachfolgen seinen Fußstapfen.

Anmerckungen.

1. Der Berufung wird alhier, wie auch
vorher v. 9. mit einem sonderlichen Nachdruck
gedacht, nemlich in Ansehung der gläubigen
Folgsamkeit, oder der damit verknüpften Gna-
de und Frucht der Bekehrung. Denn es wa-
ren diese, an welche Petrus schreibet, also be-
rufen, daß sie auch dem Rufe Gehör gegeben
hatten. Und also war die berufende Gnade
bey ihnen auch die wiedergebährende und be-
kehrende, ja auch rechtfertigende Gnade.

2. Der Terminus ad quem, die Sache,
wozu man berufen wird, wird in der heiligen
Schrift auf mancherley Art bezeichnet. Vor-
her v. 9. hieß es berufen seyn von der Fin-
sterniß zum Lichte,
hier aber zum Leiden.
Siehe auch Matth. 11, 29. c. 16, 24. Joh. 13, 15.
Rom. 8, 29. 30. u. s. w.

3. Da der Beruf zum Reiche GOTTes
auch zugleich auf die Leiden oder auf die Gemein-
schafts des Creutzes gerichtet ist, und er doch an-
genommen wird, so thut sich darinn gewißlich
ein recht göttlicher Character von der Wahr-
heit der Christlichen Religion hervor. Denn wie
wäre der verderbten Natur es möglich, ein sol-
ches mit so vielem Creutze verknüpftes Evange-
lium anzunehmen, wenn sich nicht dabey eine be-
sondere Gnaden-Kraft des heiligen Geistes äus-
serte, und auch das, was herbe und bitter ist, ange-
nehm machte?

4. Durch das Leiden Christi wird der
Versöhnungs-Tod mit allen vorhergegangenen
Leiden verstanden. Das allerfürnehmste und
schwereste Leiden aber ist gewesen das Leiden der
Seelen am Oelberge, da er im Kampfe Blut
schwitzte, und am Creutze, da er rief: Mein
GOtt! mein GOtt! warum hast du mich
verlassen!
da er für das gantze menschliche Ge-
schlecht den ewigen Tod geschmecket hat.

5. Wenn es heißt: Christus hat für
uns
gelitten; so wird mit dem Wörtlein für
angezeiget, daß das Leiden Christi uns nicht al-
lein zu gute komme, sondern daß es auch an
unsrer statt geschehen, und so gültig sey, als
habe ein ieder für sich selbst gelitten, und der rich-
terlichen Straf-Gerechtigkeit GOttes damit
ein Genügen gethan. Darum Paulus 2 Cor.
5, 15. mit Recht saget: Wir halten, daß so
einer für alle gestorben ist, so sind sie alle
gestorben.
u. f. Es ist demnach ein versöhnli-
ches und verdienstliches Leiden.

6. Es dienet uns aber das Leiden Christi
nicht allein zum Gnaden-Geschencke der Ge-
rechtigkeit, sondern auch zum Exempel der Nach-
folge. Eines muß von dem andern nicht ge-
trennet werden: Wer das Geschenck nimmt oh-
ne das Exempel, der ziehet es auf Muthwillen
und trennet das Gesetz vom Evangelio: wer a-
ber das Exempel suchet ohne das Geschenck, der
trennet das Evangelium vom Gesetze und wir-
cket in Aengstlichkeit aus eignen Kräften.

6. Jn den kurtzen Worten: und uns

ein

Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap 2. v. 18-21.
[Spaltenumbruch] nennet. Man muß aber nicht dencken, daß bey
jenen keine Erb-Suͤude ſey. Ja es fuͤhret oft
die natuͤrliche Guͤtigkeit mehrere Verſtrickung
mit ſich, als ein rauher und harter Sinn. Denn
dieſer kan gemeiniglich eher von ſeinem natuͤrli-
chen Elende uͤberzeuget werden, als jener; als
welcher ſich auf ſeine eigene Gerechtigkeit zu
verlaſſen pfleget. Man conferire hierbey Eph.
6, 5. Col. 3, 22. 1 Tim. 6, 1. Tit. 2, 9.

V. 19.

Denn das iſt Gnade, (eine Frucht der
Gnade und eine ſolche Ordnung, in welcher man
zu noch mehrer Gnade gelanget,) wenn ie-
mand um des Gewiſſens willen zu GOtt

(Welches er vor GOtt hat und gegen GOtt un-
verletzet zu bewahren ſuchet) das Ubel vertraͤ-
get und leidet das Unrecht.

Anmerckungen.

1. Gleichwie gutes thun unſerer verderb-
ten Natur gar was fremdes iſt: alſo iſt boͤſes
Leiden ihr noch fremder. Und gehoͤret eine
Gnaden-Kraft GOttes dazu.

2. Wie das richtige und gute Gewiſſen in
allen Handlungen des Menſchen das Regiment
fuͤhren muͤſſe, ſiehet man alhier, da es auch zur
Geduld den rechten Antrieb giebet, und wo man
dieſe nicht erweiſet, es verletzet wird.

3. Das Ubel vertragen heißt im Griechi-
ſchen die Traurigkeiten vertragen: damit
angezeiget wird, was einem aus dem zugefuͤgten
Ubel zu entſtehen pflege, nemlich allerhand Be-
truͤbniß: ſo doch aber durch die Gnade GOttes
leichtlich zu uͤberwinden iſt: von der Redens-
Art: das iſt Gnade, ſehe man die Oerter
Matth. 5, 46. Luc. 6, 32. desgleichen den nun
naͤchſt folgenden Vers.

V. 20.

Denn was iſt das fuͤr ein Ruhm (da es
vielmehr eine Schande iſt,) ſo ihr um Miſſe-
that willen Streiche,
(oder andere Stra-
fe) leidet? Aber wenn ihr um Wohl-
that willen,
(da ihr eurem guten Gewiſſen
nachkommet und um eures Chriſtlichen Wan-
dels willen, da ihr es nicht mehr ſo mit machen
wollet, als vor dem) leidet, das iſt Gnade bey
GOtt
(hat die Verheiſſung der gnaͤdigen Wie-
dervergeltung, oder Gnaden-Belohnung. Sie-
he hernach c. 3, 14. 17. c. 4, 14. 15.)

Anmerckungen.

1. Gutes thun und boͤſes leiden iſt der
Chriſten gemeine Eigenſchaft.

2. Es kan ſich einer, um bey einer guten
Faſſung des Gemuͤths zu bleiben, nicht beſſer
bey widerwaͤrtigen Zeiten verwahren, als wenn
er alle Morgen aufs neue gedencket, er wolle
den Tag hindurch gutes thun und boͤſes leiden.
Bleibet das boͤſe denn einmal aus, ſo muß er es
rechnen gegen die vorige Zeit, oder kuͤnftige, da
es gedoppelt und mehrfach gekommen iſt, oder
noch kommen wird.

V. 21.

Denn dazu ſeyd ihr berufen; ſintemal
[Spaltenumbruch] auch Chriſtus gelitten hat fuͤr uns, und
uns ein Fuͤrbild gelaſſen, daß ihr ſollet
nachfolgen ſeinen Fußſtapfen.

Anmerckungen.

1. Der Berufung wird alhier, wie auch
vorher v. 9. mit einem ſonderlichen Nachdruck
gedacht, nemlich in Anſehung der glaͤubigen
Folgſamkeit, oder der damit verknuͤpften Gna-
de und Frucht der Bekehrung. Denn es wa-
ren dieſe, an welche Petrus ſchreibet, alſo be-
rufen, daß ſie auch dem Rufe Gehoͤr gegeben
hatten. Und alſo war die berufende Gnade
bey ihnen auch die wiedergebaͤhrende und be-
kehrende, ja auch rechtfertigende Gnade.

2. Der Terminus ad quem, die Sache,
wozu man berufen wird, wird in der heiligen
Schrift auf mancherley Art bezeichnet. Vor-
her v. 9. hieß es berufen ſeyn von der Fin-
ſterniß zum Lichte,
hier aber zum Leiden.
Siehe auch Matth. 11, 29. c. 16, 24. Joh. 13, 15.
Rom. 8, 29. 30. u. ſ. w.

3. Da der Beruf zum Reiche GOTTes
auch zugleich auf die Leiden oder auf die Gemein-
ſchafts des Creutzes gerichtet iſt, und er doch an-
genommen wird, ſo thut ſich darinn gewißlich
ein recht goͤttlicher Character von der Wahr-
heit der Chriſtlichen Religion hervor. Denn wie
waͤre der verderbten Natur es moͤglich, ein ſol-
ches mit ſo vielem Creutze verknuͤpftes Evange-
lium anzunehmen, wenn ſich nicht dabey eine be-
ſondere Gnaden-Kraft des heiligen Geiſtes aͤuſ-
ſerte, und auch das, was herbe und bitter iſt, ange-
nehm machte?

4. Durch das Leiden Chriſti wird der
Verſoͤhnungs-Tod mit allen vorhergegangenen
Leiden verſtanden. Das allerfuͤrnehmſte und
ſchwereſte Leiden aber iſt geweſen das Leiden der
Seelen am Oelberge, da er im Kampfe Blut
ſchwitzte, und am Creutze, da er rief: Mein
GOtt! mein GOtt! warum haſt du mich
verlaſſen!
da er fuͤr das gantze menſchliche Ge-
ſchlecht den ewigen Tod geſchmecket hat.

5. Wenn es heißt: Chriſtus hat fuͤr
uns
gelitten; ſo wird mit dem Woͤrtlein fuͤr
angezeiget, daß das Leiden Chriſti uns nicht al-
lein zu gute komme, ſondern daß es auch an
unſrer ſtatt geſchehen, und ſo guͤltig ſey, als
habe ein ieder fuͤr ſich ſelbſt gelitten, und der rich-
terlichen Straf-Gerechtigkeit GOttes damit
ein Genuͤgen gethan. Darum Paulus 2 Cor.
5, 15. mit Recht ſaget: Wir halten, daß ſo
einer fuͤr alle geſtorben iſt, ſo ſind ſie alle
geſtorben.
u. f. Es iſt demnach ein verſoͤhnli-
ches und verdienſtliches Leiden.

6. Es dienet uns aber das Leiden Chriſti
nicht allein zum Gnaden-Geſchencke der Ge-
rechtigkeit, ſondern auch zum Exempel der Nach-
folge. Eines muß von dem andern nicht ge-
trennet werden: Wer das Geſchenck nimmt oh-
ne das Exempel, der ziehet es auf Muthwillen
und trennet das Geſetz vom Evangelio: wer a-
ber das Exempel ſuchet ohne das Geſchenck, der
trennet das Evangelium vom Geſetze und wir-
cket in Aengſtlichkeit aus eignen Kraͤften.

6. Jn den kurtzen Worten: und uns

ein
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[544/0546] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap 2. v. 18-21. nennet. Man muß aber nicht dencken, daß bey jenen keine Erb-Suͤude ſey. Ja es fuͤhret oft die natuͤrliche Guͤtigkeit mehrere Verſtrickung mit ſich, als ein rauher und harter Sinn. Denn dieſer kan gemeiniglich eher von ſeinem natuͤrli- chen Elende uͤberzeuget werden, als jener; als welcher ſich auf ſeine eigene Gerechtigkeit zu verlaſſen pfleget. Man conferire hierbey Eph. 6, 5. Col. 3, 22. 1 Tim. 6, 1. Tit. 2, 9. V. 19. Denn das iſt Gnade, (eine Frucht der Gnade und eine ſolche Ordnung, in welcher man zu noch mehrer Gnade gelanget,) wenn ie- mand um des Gewiſſens willen zu GOtt (Welches er vor GOtt hat und gegen GOtt un- verletzet zu bewahren ſuchet) das Ubel vertraͤ- get und leidet das Unrecht. Anmerckungen. 1. Gleichwie gutes thun unſerer verderb- ten Natur gar was fremdes iſt: alſo iſt boͤſes Leiden ihr noch fremder. Und gehoͤret eine Gnaden-Kraft GOttes dazu. 2. Wie das richtige und gute Gewiſſen in allen Handlungen des Menſchen das Regiment fuͤhren muͤſſe, ſiehet man alhier, da es auch zur Geduld den rechten Antrieb giebet, und wo man dieſe nicht erweiſet, es verletzet wird. 3. Das Ubel vertragen heißt im Griechi- ſchen die Traurigkeiten vertragen: damit angezeiget wird, was einem aus dem zugefuͤgten Ubel zu entſtehen pflege, nemlich allerhand Be- truͤbniß: ſo doch aber durch die Gnade GOttes leichtlich zu uͤberwinden iſt: von der Redens- Art: das iſt Gnade, ſehe man die Oerter Matth. 5, 46. Luc. 6, 32. desgleichen den nun naͤchſt folgenden Vers. V. 20. Denn was iſt das fuͤr ein Ruhm (da es vielmehr eine Schande iſt,) ſo ihr um Miſſe- that willen Streiche, (oder andere Stra- fe) leidet? Aber wenn ihr um Wohl- that willen, (da ihr eurem guten Gewiſſen nachkommet und um eures Chriſtlichen Wan- dels willen, da ihr es nicht mehr ſo mit machen wollet, als vor dem) leidet, das iſt Gnade bey GOtt (hat die Verheiſſung der gnaͤdigen Wie- dervergeltung, oder Gnaden-Belohnung. Sie- he hernach c. 3, 14. 17. c. 4, 14. 15.) Anmerckungen. 1. Gutes thun und boͤſes leiden iſt der Chriſten gemeine Eigenſchaft. 2. Es kan ſich einer, um bey einer guten Faſſung des Gemuͤths zu bleiben, nicht beſſer bey widerwaͤrtigen Zeiten verwahren, als wenn er alle Morgen aufs neue gedencket, er wolle den Tag hindurch gutes thun und boͤſes leiden. Bleibet das boͤſe denn einmal aus, ſo muß er es rechnen gegen die vorige Zeit, oder kuͤnftige, da es gedoppelt und mehrfach gekommen iſt, oder noch kommen wird. V. 21. Denn dazu ſeyd ihr berufen; ſintemal auch Chriſtus gelitten hat fuͤr uns, und uns ein Fuͤrbild gelaſſen, daß ihr ſollet nachfolgen ſeinen Fußſtapfen. Anmerckungen. 1. Der Berufung wird alhier, wie auch vorher v. 9. mit einem ſonderlichen Nachdruck gedacht, nemlich in Anſehung der glaͤubigen Folgſamkeit, oder der damit verknuͤpften Gna- de und Frucht der Bekehrung. Denn es wa- ren dieſe, an welche Petrus ſchreibet, alſo be- rufen, daß ſie auch dem Rufe Gehoͤr gegeben hatten. Und alſo war die berufende Gnade bey ihnen auch die wiedergebaͤhrende und be- kehrende, ja auch rechtfertigende Gnade. 2. Der Terminus ad quem, die Sache, wozu man berufen wird, wird in der heiligen Schrift auf mancherley Art bezeichnet. Vor- her v. 9. hieß es berufen ſeyn von der Fin- ſterniß zum Lichte, hier aber zum Leiden. Siehe auch Matth. 11, 29. c. 16, 24. Joh. 13, 15. Rom. 8, 29. 30. u. ſ. w. 3. Da der Beruf zum Reiche GOTTes auch zugleich auf die Leiden oder auf die Gemein- ſchafts des Creutzes gerichtet iſt, und er doch an- genommen wird, ſo thut ſich darinn gewißlich ein recht goͤttlicher Character von der Wahr- heit der Chriſtlichen Religion hervor. Denn wie waͤre der verderbten Natur es moͤglich, ein ſol- ches mit ſo vielem Creutze verknuͤpftes Evange- lium anzunehmen, wenn ſich nicht dabey eine be- ſondere Gnaden-Kraft des heiligen Geiſtes aͤuſ- ſerte, und auch das, was herbe und bitter iſt, ange- nehm machte? 4. Durch das Leiden Chriſti wird der Verſoͤhnungs-Tod mit allen vorhergegangenen Leiden verſtanden. Das allerfuͤrnehmſte und ſchwereſte Leiden aber iſt geweſen das Leiden der Seelen am Oelberge, da er im Kampfe Blut ſchwitzte, und am Creutze, da er rief: Mein GOtt! mein GOtt! warum haſt du mich verlaſſen! da er fuͤr das gantze menſchliche Ge- ſchlecht den ewigen Tod geſchmecket hat. 5. Wenn es heißt: Chriſtus hat fuͤr uns gelitten; ſo wird mit dem Woͤrtlein fuͤr angezeiget, daß das Leiden Chriſti uns nicht al- lein zu gute komme, ſondern daß es auch an unſrer ſtatt geſchehen, und ſo guͤltig ſey, als habe ein ieder fuͤr ſich ſelbſt gelitten, und der rich- terlichen Straf-Gerechtigkeit GOttes damit ein Genuͤgen gethan. Darum Paulus 2 Cor. 5, 15. mit Recht ſaget: Wir halten, daß ſo einer fuͤr alle geſtorben iſt, ſo ſind ſie alle geſtorben. u. f. Es iſt demnach ein verſoͤhnli- ches und verdienſtliches Leiden. 6. Es dienet uns aber das Leiden Chriſti nicht allein zum Gnaden-Geſchencke der Ge- rechtigkeit, ſondern auch zum Exempel der Nach- folge. Eines muß von dem andern nicht ge- trennet werden: Wer das Geſchenck nimmt oh- ne das Exempel, der ziehet es auf Muthwillen und trennet das Geſetz vom Evangelio: wer a- ber das Exempel ſuchet ohne das Geſchenck, der trennet das Evangelium vom Geſetze und wir- cket in Aengſtlichkeit aus eignen Kraͤften. 6. Jn den kurtzen Worten: und uns ein

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/546>, abgerufen am 22.11.2024.