Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 5. v. 4. 5. des ersten Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
Oerter 1 Cor. 9, 25. 2 Tim. 4, 8. 1 Pet. 1, 4.Jac. 1, 12. Offenb. 1, 5. 6. c. 3, 21. c. 5, 9. 10. u. s. w. f. Ein anders ist eine geistliche Lohnsucht, wenn man GOtt nur bloß um der Belohnung wil- len dienen und sich im Lehr-Amte treu erwei- sen wolte: ein anders sich, nebst andern Gründen, (als des Willens GOttes, der dringenden Liebe gegen GOtt und den Näch- sten u. s. w.) auch die Vorstellung der künfti- gen Gnaden-Belohnung zur öftern Aufmun- terung bey der Amts-Treue dienen lassen. g. Haben treue Lehrer eine so grosse Belohnung zu gewarten; was für eine grosse Verdamm- niß wird denn nicht hingegen über die Miet- linge und Wölfe ergehen, welche entweder über das Volck und ihre Gewissen herrschen, oder doch nur alles obenhin, gezwungen und in Unlauterkeit thun, und dabey ihre Zuhörer ärgern? h. Hat eine Gemeine einen rechtschaffnen Hir- ten, und folget ihm nicht, was wird die für eine Verantwortung auf sich laden? Es ist demnach der Zuhörer Pflicht, sich gegen ge- treue Hirten also zu verhalten, daß diese mit Paulo sagen können: Also meine Lieben und gewünschten Brüder, meine Freu- de und Crone, bestehet also in dem HErrn, meine Lieben! Phil. 4, 1. Denn wer ist unsere Hoffnung, oder Freude, oder Crone des Ruhms? Seyd nicht auch ihrs vor unserm HErrn JESU CHristo, zu seiner Zukunft? Jhr seyd ja unsere Ehre und Freude! 1 Thess. 3, 19. 20. V. 5. Desselbigen gleichen, ihr Jungen, seyd Anmerckungen. 1. Da der Apostel vorher durch die Aelte- 2. Wenn junge Leute ältere sehen, sonder- 3. So paradox es gleich lautet, daß die 4. Weil es nun bey einer solchen Unterthä- a. Keine eitele Ehre nach Art der Welt suchen, sondern vielmehr fliehen; insonderheit die Ti- tel-Sucht; da man sich um des äusserlichen Vorzuges willen, Titel von solchen Chren- Aemtern ausbittet, oder gar erkaufet, wel- chen man doch nicht vorstehet. b. Der Ehre, welche einem entweder Alters, oder Amts, oder auch einiger Verdienste we- gen angethan wird, sich nicht überheben, oder etwas daraus machen, sondern sie in der Ver- leug- D d d d
Cap. 5. v. 4. 5. des erſten Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
Oerter 1 Cor. 9, 25. 2 Tim. 4, 8. 1 Pet. 1, 4.Jac. 1, 12. Offenb. 1, 5. 6. c. 3, 21. c. 5, 9. 10. u. ſ. w. f. Ein anders iſt eine geiſtliche Lohnſucht, wenn man GOtt nur bloß um der Belohnung wil- len dienen und ſich im Lehr-Amte treu erwei- ſen wolte: ein anders ſich, nebſt andern Gruͤnden, (als des Willens GOttes, der dringenden Liebe gegen GOtt und den Naͤch- ſten u. ſ. w.) auch die Vorſtellung der kuͤnfti- gen Gnaden-Belohnung zur oͤftern Aufmun- terung bey der Amts-Treue dienen laſſen. g. Haben treue Lehrer eine ſo groſſe Belohnung zu gewarten; was fuͤr eine groſſe Verdamm- niß wird denn nicht hingegen uͤber die Miet- linge und Woͤlfe ergehen, welche entweder uͤber das Volck und ihre Gewiſſen herrſchen, oder doch nur alles obenhin, gezwungen und in Unlauterkeit thun, und dabey ihre Zuhoͤrer aͤrgern? h. Hat eine Gemeine einen rechtſchaffnen Hir- ten, und folget ihm nicht, was wird die fuͤr eine Verantwortung auf ſich laden? Es iſt demnach der Zuhoͤrer Pflicht, ſich gegen ge- treue Hirten alſo zu verhalten, daß dieſe mit Paulo ſagen koͤnnen: Alſo meine Lieben und gewuͤnſchten Bruͤder, meine Freu- de und Crone, beſtehet alſo in dem HErrn, meine Lieben! Phil. 4, 1. Denn wer iſt unſere Hoffnung, oder Freude, oder Crone des Ruhms? Seyd nicht auch ihrs vor unſerm HErrn JESU CHriſto, zu ſeiner Zukunft? Jhr ſeyd ja unſere Ehre und Freude! 1 Theſſ. 3, 19. 20. V. 5. Deſſelbigen gleichen, ihr Jungen, ſeyd Anmerckungen. 1. Da der Apoſtel vorher durch die Aelte- 2. Wenn junge Leute aͤltere ſehen, ſonder- 3. So paradox es gleich lautet, daß die 4. Weil es nun bey einer ſolchen Unterthaͤ- a. Keine eitele Ehre nach Art der Welt ſuchen, ſondern vielmehr fliehen; inſonderheit die Ti- tel-Sucht; da man ſich um des aͤuſſerlichen Vorzuges willen, Titel von ſolchen Chren- Aemtern ausbittet, oder gar erkaufet, wel- chen man doch nicht vorſtehet. b. Der Ehre, welche einem entweder Alters, oder Amts, oder auch einiger Verdienſte we- gen angethan wird, ſich nicht uͤberheben, oder etwas daraus machen, ſondern ſie in der Ver- leug- D d d d
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Cap. 5. v. 4. 5. des erſten Briefes Petri.
Oerter 1 Cor. 9, 25. 2 Tim. 4, 8. 1 Pet. 1, 4.
Jac. 1, 12. Offenb. 1, 5. 6. c. 3, 21. c. 5, 9. 10.
u. ſ. w.
f. Ein anders iſt eine geiſtliche Lohnſucht, wenn
man GOtt nur bloß um der Belohnung wil-
len dienen und ſich im Lehr-Amte treu erwei-
ſen wolte: ein anders ſich, nebſt andern
Gruͤnden, (als des Willens GOttes, der
dringenden Liebe gegen GOtt und den Naͤch-
ſten u. ſ. w.) auch die Vorſtellung der kuͤnfti-
gen Gnaden-Belohnung zur oͤftern Aufmun-
terung bey der Amts-Treue dienen laſſen.
g. Haben treue Lehrer eine ſo groſſe Belohnung
zu gewarten; was fuͤr eine groſſe Verdamm-
niß wird denn nicht hingegen uͤber die Miet-
linge und Woͤlfe ergehen, welche entweder
uͤber das Volck und ihre Gewiſſen herrſchen,
oder doch nur alles obenhin, gezwungen und
in Unlauterkeit thun, und dabey ihre Zuhoͤrer
aͤrgern?
h. Hat eine Gemeine einen rechtſchaffnen Hir-
ten, und folget ihm nicht, was wird die fuͤr
eine Verantwortung auf ſich laden? Es iſt
demnach der Zuhoͤrer Pflicht, ſich gegen ge-
treue Hirten alſo zu verhalten, daß dieſe mit
Paulo ſagen koͤnnen: Alſo meine Lieben
und gewuͤnſchten Bruͤder, meine Freu-
de und Crone, beſtehet alſo in dem
HErrn, meine Lieben! Phil. 4, 1. Denn
wer iſt unſere Hoffnung, oder Freude,
oder Crone des Ruhms? Seyd nicht
auch ihrs vor unſerm HErrn JESU
CHriſto, zu ſeiner Zukunft? Jhr ſeyd
ja unſere Ehre und Freude! 1 Theſſ. 3,
19. 20.
V. 5.
Deſſelbigen gleichen, ihr Jungen, ſeyd
unterthan den Aelteſten. Alleſamt ſeyd
unter einander unterthan, (ſo fern die Un-
terthaͤnigkeit in einer Erniedrigung, im Nach-
geben und in ergebenſter Dienſtgefliſſenheit be-
ſtehet, damit auch die Aelteſten den Juͤngſten
zuvorkommen koͤnnen:) und haltet veſt an
der Demuth, (alſo, daß ihr einen rechten
Seelen-Schmuck und Veſtigkeit des Gemuͤths
darinnen ſuchet und erweiſet,) denn GOTT
widerſtehet den Hoffaͤrtigen, (ὑπερηφάνοις,
welche uͤber andere ſich erheben, und vor ihnen
an Ehren und Anſehen alſo hervorragen wollen,
wie Saul mit ſeinem Haupte vor allem Volcke
hervorragete, 1 Sam. 9, 2.) aber den Demuͤ-
thigen giebt er Gnade, (laͤßt ihnen uͤber die
Gnade, durch welche ſie zur Demuth gelanget
ſind, noch mehrere zuflieſſen.
Anmerckungen.
1. Da der Apoſtel vorher durch die Aelte-
ſten inſonderheit die Lehrer verſtanden hat, ſo
verſtehet er durch die Jungen hier ſonderlich die
Zuhoͤrer; doch alſo, daß er die Worte ſowol
von den Aelteſten als Jungen zugleich in einem
weitern Sinne nimmt, und auch denen, welche
an Jahren juͤnger waren, ſonderlich den Kindern,
gegen alle aͤltere Perſonen, inſonderheit gegen die
eigentlichen Eltern, die Unterthaͤnigkeit ein-
ſchaͤrfet. Es gehet aber dieſelbe weiter nicht, als
auf eine gute Ordnung, ſubordination und
harmonie, damit in einer Chriſtlichen Gemei-
ne eine ſolche Ubereinſtimmung zu ſehen ſeyn
moͤge, als man bey einer wohleingerichteten
Muſic an vielen Stimmen hoͤret.
2. Wenn junge Leute aͤltere ſehen, ſonder-
lich ſolche, welche bereits mit einem grauen
Haupte gehen; ſo haben ſie ihnen, wenn ſie
auch ſonſt aͤuſſerlich von noch ſo geringem Stan-
de und Anſehen ſind, ſonderlich daher Ehrer-
bietung zu erweiſen, weil ſie an ihnen Exempel
haben von viel laͤngerer Vorſorge GOttes; als
nach welcher ſie ihr Leben, unter goͤttlicher Ob-
hut, ſchon ſo und ſo hoch gebracht haben, und
natuͤrlicher Weiſe der Ewigkeit naͤher ſind, als
ſie; zu geſchweigen, daß alte Leute auch mehr
Erfahrung und Verſtand haben; zumal wenn
ſie GOtt kennen und fuͤrchten: als von welchen
Petrus auch eigentlich redet. Man hat dem-
nach alhier das Gebot 3 B. Moſ. 19, 32. wohl
zu mercken: Vor einem grauen Haupte ſolt
du aufſtehen und die Alten ehren.
3. So paradox es gleich lautet, daß die
Glaͤubigen alleſamt unter einander unter-
than ſeyn ſollen, ſo moͤglich, ja noͤthig iſt es
doch, wenn man es nur recht verſtehet. Denn
die Unterthaͤnigkeit iſt alhier nichts anders, als
eine ſolche Dienſtgefliſſenheit, da ein ieder, mit
Verleugnung ſeiner ſelbſt, ſuchet dem andern in
billigen Dingen nachzugeben, gefaͤllig zu ſeyn
und zu fuͤgen: auf welche Art Paulus allen al-
lerley wurde, damit er viele gewinnen, und
viel gutes ſchaffen moͤchte. Es gehoͤren zur Er-
laͤuterung dieſer Worte folgende Oerter: Roͤm.
12. Einer komme dem andern mit Ehrer-
bietung zuvor. Eph. 5, 21. Seyd unter ein-
ander unterthan in der Furcht GOttes.
Das bekannte teutſche Spruͤchlein: Je hoͤher
du biſt, ie mehr dich demuͤthige, ſchicket
ſich hieher nicht uneben.
4. Weil es nun bey einer ſolchen Unterthaͤ-
nigkeit ſonderlich auf die Demuth ankoͤmmt, ſo
fordert der Apoſtel dieſe dazu. Der Grund der
wahren Demuth lieget in dem Gefuͤhle der Ar-
muth des Geiſtes und des natuͤrlichen Elendes;
welches einen zu keiner Einbildung und Erhe-
bung kommen laͤßt, oder, was davon aufſteiget,
bald daͤmpfet. Das vollkommenſte Exempel
zur Nachfolge haben wir an Chriſto; der auch
dieſe Lection in ſeiner Schule faſt fuͤr die allerer-
ſte haͤlt. Matth. 11, 28. Die Kennzeichen ei-
nes demuͤthigen Gemuͤths ſind unter vielen an-
dern ſonderlich folgende:
a. Keine eitele Ehre nach Art der Welt ſuchen,
ſondern vielmehr fliehen; inſonderheit die Ti-
tel-Sucht; da man ſich um des aͤuſſerlichen
Vorzuges willen, Titel von ſolchen Chren-
Aemtern ausbittet, oder gar erkaufet, wel-
chen man doch nicht vorſtehet.
b. Der Ehre, welche einem entweder Alters,
oder Amts, oder auch einiger Verdienſte we-
gen angethan wird, ſich nicht uͤberheben, oder
etwas daraus machen, ſondern ſie in der Ver-
leug-
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