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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 3. 4. an die Thessalonicher.
[Spaltenumbruch] Satanas, der die gantze Welt verführet,
sey mit seinen Engeln auf die Erde geworf-
fen:
nemlich mit einem grossen Zorn auf eine
kleine Zeit v. 12. Es wird aber der auf die Erde
geworfene Drache dem Thiere seine Kraft, sei-
nen Stuhl und seine grosse Macht geben, also
daß die von GOTT abtrünnige Leute das
Thier anbeten und von ihm sprechen: Wer
ist dem Thiere gleich, und wer kan mit
ihm kriegen.
c. 13, 2. 4. Es findet sich dem-
nach der grosse Abfall von der Apostolischen
Lehr[e] und Regierungs-Form zwar allerdinge
zuvorderst im Pabstthum; als dem rechten
Anti-Christenthum: er wird sich aber auch
dabey auf eine besondere Art durch das Apoca-
lyptische Thiere hervor thun: davon, um diesen
gantzen Text desto genauer einzusehen, bey dem
folgenden Verse etwas mehrers zu erinnern
seyn wird.

V. 4.

Der da ist ein widerwärtiger, (der
Widerchrist, der sich Christo und seinem Rei-
che entgegen setzet,) und sich überhebet über
alles, das GOTT, oder GOttes-Dienst,
heißt, also daß er sich setzt in den Tempel
GOttes, als ein GOTT
(der die Gewissen,
darinnen GOtt, als in seinem Tempel, seinen Sitz
hat, beherrschet) und giebet sich für, er sey
GOtt
(ein göttlicher Statthalter auf Erden.
Dan. 11, 36-39.)

Anmerckungen.

1. Daß o antikeimenos, der Widerwärtige,
alhier so viel sey, als antikhristos, der Wider-
Christ,
zeiget, nebst der Sache selbst, auch das
Wort nicht undeutlich an. Durch die Worte,
panta legomenon theon, über alles, das GOtt
heißt,
werden die hohen Häupter dieser Welt
verstanden, welche bey den Hebräern mit dem
Namen [fremdsprachliches Material] benennet werden, nach 1 Cor.
8, 6. 2 B. Mos. 22, 9. Und der Verstand dieser
Worte wird damit erläutert, daß das Wort
sebasm[fremdsprachliches Material], welches etwas demüthig, doch nicht
eben göttlich, zuverehrendes heißt, dazu gesetzet
wird. Es wird demnach alhier angezeiget,
daß der Widerwärtige sich einer göttlichen Au-
ctorit
ät und Herrschaft, nicht allein über die
Kirche, als den geistlichen Tempel GOTTes,
sondern auch über die weltlichen Regenten, an-
massen würde.

2. Da es bey allen Interpretibus, welche
von den gantz ungegründeten Grotianischen
Glossen, wodurch dieser Text vom Käyser Ca-
jo Caligula
erkläret wird, abgehen, eine aus-
gemachte Sache ist, daß alhier von dem Anti-
christ die Rede sey, so ist vor fernerer Erklä-
rung des gantzen Contextes zuvorderst die Fra-
ge zuerörtern: Was denn durch den Anti-
christ eigentlich zu verstehen sey;
ob nicht,
ausser der Absicht auf das schon gedachte Rö-
mische Kirchen-Regiment, sonderlich auch auf
das schon erwehnte Apocalyptische Thier ge-
sehen werde? Dabey folgendes zu mercken ist:

[Spaltenumbruch]
a. Das Wort Antichrist, Widerchrist, anti-
christisch,
wird in einem weitern und engern
Verstande genommen. Jn dem weitern heißt
es so viel, als wer und was Christo sich ent-
gegen setzet, sonderlich mit einer solchen fal-
schen Lehre, wodurch die wahre Lehre von
der Person und dem Mittler-Amte Christi
verfälschet wird; damit denn auch ein un-
christliches Leben verknüpfet ist.
b. Jn diesem Verstande nennet der Apostel
Johannes die verführischen Lehrer seiner Zeit
Widerchristen, wenn er in dem ersten Brie-
fe c. 2, 18. saget: Nun sind viel Wider-
christen worden.
Desgleichen v. 22. Wer
ist ein Lügner, ohne der da leugnet, daß
JEsus der Christ sey? das ist der Wi-
derchrist, der den Vater und den Sohn
leugnet.
Ferner c. 4, 3. Ein ieglicher
Geist, der da nicht bekennet, daß JE-
sus Christus ist ins Fleisch kommen, der
ist nicht von GOTT: und das ist der
Geist des Widerchrists, von welchem
ihr habt gehöret, daß er kommen wer-
de, und ist itzt schon in der Welt.
Sie-
he auch 2 Joh. v. 7.
c. Jn einem engern Verstande heißt Antichrist
so viel, als eine solche Regierungs-Form, da
man sich, ausser der falschen Lehre von Chri-
sto, sonderlich der von seinem Mittler-Amte,
in der Kirche Christi, als in dem geistlichen
Tempel GOTTes, an Christi statt setzet,
und sich für einen Statthalter Christi aus-
giebet, in der That selbst aber damit Christo
nicht allein höchst zuwider, und also ein rech-
ter Widerchriste ist; sondern sich auch mit ei-
nem ungöttlichen Gewissens-Zwange auf ge-
wisse Art über Christum erhebet.
d. Wenn man nun erweget, daß das Römische
Kirchen-Regiment von dieser Beschaffenheit
ist, so kan man unmöglich anders urtheilen,
als daß es recht antichristisch, und ein ieder
Römischer Bischof, der sich selbst für das
Oberhaupt der gantzen Christlichen Kir-
che ausgiebt, und solches Regiment führet,
ein Antichrist sey. Denn ob man gleich im
Pabstthum die Lehre von der Person Christi,
nach den Aussprüchen der allgemeinen Con-
ciliorum,
unverletzet stehen lässet; so wird
doch hingegen die Grund- und Haupt-Lehre
von Christi Mittler-Amte also verkehret und
verdunckelt, daß sie den armen Seelen, wel-
che durch solche Decke nicht hindurch sehen,
oder sie von sich abthun, gantz unbekannt
bleibet, und ihnen, nebst einem gantz frem-
den Heyls-Grunde,
auch eine gantz unrich-
tige Heyls-Ordnung
angewiesen wird, und
endlich alles sich in eine unfehlbare, und recht
souveraine, und also recht ungöttliche, Au-
ctorit
ät des Oberhaupts resolviret.
e. Da nun solches ein recht kentliches und kund-
bares Antichristenthum ist, so hat die Be-
kentniß unsers sel. Lutheri und der sämtlichen
Protestantischen Kirche guten Grund, wenn
es
H

Cap. 2. v. 3. 4. an die Theſſalonicher.
[Spaltenumbruch] Satanas, der die gantze Welt verfuͤhret,
ſey mit ſeinen Engeln auf die Erde geworf-
fen:
nemlich mit einem groſſen Zorn auf eine
kleine Zeit v. 12. Es wird aber der auf die Erde
geworfene Drache dem Thiere ſeine Kraft, ſei-
nen Stuhl und ſeine groſſe Macht geben, alſo
daß die von GOTT abtruͤnnige Leute das
Thier anbeten und von ihm ſprechen: Wer
iſt dem Thiere gleich, und wer kan mit
ihm kriegen.
c. 13, 2. 4. Es findet ſich dem-
nach der groſſe Abfall von der Apoſtoliſchen
Lehr[e] und Regierungs-Form zwar allerdinge
zuvorderſt im Pabſtthum; als dem rechten
Anti-Chriſtenthum: er wird ſich aber auch
dabey auf eine beſondere Art durch das Apoca-
lyptiſche Thiere hervor thun: davon, um dieſen
gantzen Text deſto genauer einzuſehen, bey dem
folgenden Verſe etwas mehrers zu erinnern
ſeyn wird.

V. 4.

Der da iſt ein widerwaͤrtiger, (der
Widerchriſt, der ſich Chriſto und ſeinem Rei-
che entgegen ſetzet,) und ſich uͤberhebet uͤber
alles, das GOTT, oder GOttes-Dienſt,
heißt, alſo daß er ſich ſetzt in den Tempel
GOttes, als ein GOTT
(der die Gewiſſen,
darinnen GOtt, als in ſeinem Tempel, ſeinen Sitz
hat, beherrſchet) und giebet ſich fuͤr, er ſey
GOtt
(ein goͤttlicher Statthalter auf Erden.
Dan. 11, 36-39.)

Anmerckungen.

1. Daß ὁ ἀντικέιμενος, der Widerwaͤrtige,
alhier ſo viel ſey, als ἀντίχριστος, der Wider-
Chriſt,
zeiget, nebſt der Sache ſelbſt, auch das
Wort nicht undeutlich an. Durch die Worte,
πάντα λεγόμενον ϑεὸν, uͤber alles, das GOtt
heißt,
werden die hohen Haͤupter dieſer Welt
verſtanden, welche bey den Hebraͤern mit dem
Namen [fremdsprachliches Material] benennet werden, nach 1 Cor.
8, 6. 2 B. Moſ. 22, 9. Und der Verſtand dieſer
Worte wird damit erlaͤutert, daß das Wort
σέβασμ[fremdsprachliches Material], welches etwas demuͤthig, doch nicht
eben goͤttlich, zuverehrendes heißt, dazu geſetzet
wird. Es wird demnach alhier angezeiget,
daß der Widerwaͤrtige ſich einer goͤttlichen Au-
ctorit
aͤt und Herrſchaft, nicht allein uͤber die
Kirche, als den geiſtlichen Tempel GOTTes,
ſondern auch uͤber die weltlichen Regenten, an-
maſſen wuͤrde.

2. Da es bey allen Interpretibus, welche
von den gantz ungegruͤndeten Grotianiſchen
Gloſſen, wodurch dieſer Text vom Kaͤyſer Ca-
jo Caligula
erklaͤret wird, abgehen, eine aus-
gemachte Sache iſt, daß alhier von dem Anti-
chriſt die Rede ſey, ſo iſt vor fernerer Erklaͤ-
rung des gantzen Contextes zuvorderſt die Fra-
ge zueroͤrtern: Was denn durch den Anti-
chriſt eigentlich zu verſtehen ſey;
ob nicht,
auſſer der Abſicht auf das ſchon gedachte Roͤ-
miſche Kirchen-Regiment, ſonderlich auch auf
das ſchon erwehnte Apocalyptiſche Thier ge-
ſehen werde? Dabey folgendes zu mercken iſt:

[Spaltenumbruch]
a. Das Wort Antichriſt, Widerchriſt, anti-
chriſtiſch,
wird in einem weitern und engern
Verſtande genommen. Jn dem weitern heißt
es ſo viel, als wer und was Chriſto ſich ent-
gegen ſetzet, ſonderlich mit einer ſolchen fal-
ſchen Lehre, wodurch die wahre Lehre von
der Perſon und dem Mittler-Amte Chriſti
verfaͤlſchet wird; damit denn auch ein un-
chriſtliches Leben verknuͤpfet iſt.
b. Jn dieſem Verſtande nennet der Apoſtel
Johannes die verfuͤhriſchen Lehrer ſeiner Zeit
Widerchriſten, wenn er in dem erſten Brie-
fe c. 2, 18. ſaget: Nun ſind viel Wider-
chriſten worden.
Desgleichen v. 22. Wer
iſt ein Luͤgner, ohne der da leugnet, daß
JEſus der Chriſt ſey? das iſt der Wi-
derchriſt, der den Vater und den Sohn
leugnet.
Ferner c. 4, 3. Ein ieglicher
Geiſt, der da nicht bekennet, daß JE-
ſus Chriſtus iſt ins Fleiſch kommen, der
iſt nicht von GOTT: und das iſt der
Geiſt des Widerchriſts, von welchem
ihr habt gehoͤret, daß er kommen wer-
de, und iſt itzt ſchon in der Welt.
Sie-
he auch 2 Joh. v. 7.
c. Jn einem engern Verſtande heißt Antichriſt
ſo viel, als eine ſolche Regierungs-Form, da
man ſich, auſſer der falſchen Lehre von Chri-
ſto, ſonderlich der von ſeinem Mittler-Amte,
in der Kirche Chriſti, als in dem geiſtlichen
Tempel GOTTes, an Chriſti ſtatt ſetzet,
und ſich fuͤr einen Statthalter Chriſti aus-
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nicht allein hoͤchſt zuwider, und alſo ein rech-
ter Widerchriſte iſt; ſondern ſich auch mit ei-
nem ungoͤttlichen Gewiſſens-Zwange auf ge-
wiſſe Art uͤber Chriſtum erhebet.
d. Wenn man nun erweget, daß das Roͤmiſche
Kirchen-Regiment von dieſer Beſchaffenheit
iſt, ſo kan man unmoͤglich anders urtheilen,
als daß es recht antichriſtiſch, und ein ieder
Roͤmiſcher Biſchof, der ſich ſelbſt fuͤr das
Oberhaupt der gantzen Chriſtlichen Kir-
che ausgiebt, und ſolches Regiment fuͤhret,
ein Antichriſt ſey. Denn ob man gleich im
Pabſtthum die Lehre von der Perſon Chriſti,
nach den Ausſpruͤchen der allgemeinen Con-
ciliorum,
unverletzet ſtehen laͤſſet; ſo wird
doch hingegen die Grund- und Haupt-Lehre
von Chriſti Mittler-Amte alſo verkehret und
verdunckelt, daß ſie den armen Seelen, wel-
che durch ſolche Decke nicht hindurch ſehen,
oder ſie von ſich abthun, gantz unbekannt
bleibet, und ihnen, nebſt einem gantz frem-
den Heyls-Grunde,
auch eine gantz unrich-
tige Heyls-Ordnung
angewieſen wird, und
endlich alles ſich in eine unfehlbare, und recht
ſouveraine, und alſo recht ungoͤttliche, Au-
ctorit
aͤt des Oberhaupts reſolviret.
e. Da nun ſolches ein recht kentliches und kund-
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[57/0059] Cap. 2. v. 3. 4. an die Theſſalonicher. Satanas, der die gantze Welt verfuͤhret, ſey mit ſeinen Engeln auf die Erde geworf- fen: nemlich mit einem groſſen Zorn auf eine kleine Zeit v. 12. Es wird aber der auf die Erde geworfene Drache dem Thiere ſeine Kraft, ſei- nen Stuhl und ſeine groſſe Macht geben, alſo daß die von GOTT abtruͤnnige Leute das Thier anbeten und von ihm ſprechen: Wer iſt dem Thiere gleich, und wer kan mit ihm kriegen. c. 13, 2. 4. Es findet ſich dem- nach der groſſe Abfall von der Apoſtoliſchen Lehre und Regierungs-Form zwar allerdinge zuvorderſt im Pabſtthum; als dem rechten Anti-Chriſtenthum: er wird ſich aber auch dabey auf eine beſondere Art durch das Apoca- lyptiſche Thiere hervor thun: davon, um dieſen gantzen Text deſto genauer einzuſehen, bey dem folgenden Verſe etwas mehrers zu erinnern ſeyn wird. V. 4. Der da iſt ein widerwaͤrtiger, (der Widerchriſt, der ſich Chriſto und ſeinem Rei- che entgegen ſetzet,) und ſich uͤberhebet uͤber alles, das GOTT, oder GOttes-Dienſt, heißt, alſo daß er ſich ſetzt in den Tempel GOttes, als ein GOTT (der die Gewiſſen, darinnen GOtt, als in ſeinem Tempel, ſeinen Sitz hat, beherrſchet) und giebet ſich fuͤr, er ſey GOtt (ein goͤttlicher Statthalter auf Erden. Dan. 11, 36-39.) Anmerckungen. 1. Daß ὁ ἀντικέιμενος, der Widerwaͤrtige, alhier ſo viel ſey, als ἀντίχριστος, der Wider- Chriſt, zeiget, nebſt der Sache ſelbſt, auch das Wort nicht undeutlich an. Durch die Worte, πάντα λεγόμενον ϑεὸν, uͤber alles, das GOtt heißt, werden die hohen Haͤupter dieſer Welt verſtanden, welche bey den Hebraͤern mit dem Namen _ benennet werden, nach 1 Cor. 8, 6. 2 B. Moſ. 22, 9. Und der Verſtand dieſer Worte wird damit erlaͤutert, daß das Wort σέβασμ_ , welches etwas demuͤthig, doch nicht eben goͤttlich, zuverehrendes heißt, dazu geſetzet wird. Es wird demnach alhier angezeiget, daß der Widerwaͤrtige ſich einer goͤttlichen Au- ctoritaͤt und Herrſchaft, nicht allein uͤber die Kirche, als den geiſtlichen Tempel GOTTes, ſondern auch uͤber die weltlichen Regenten, an- maſſen wuͤrde. 2. Da es bey allen Interpretibus, welche von den gantz ungegruͤndeten Grotianiſchen Gloſſen, wodurch dieſer Text vom Kaͤyſer Ca- jo Caligula erklaͤret wird, abgehen, eine aus- gemachte Sache iſt, daß alhier von dem Anti- chriſt die Rede ſey, ſo iſt vor fernerer Erklaͤ- rung des gantzen Contextes zuvorderſt die Fra- ge zueroͤrtern: Was denn durch den Anti- chriſt eigentlich zu verſtehen ſey; ob nicht, auſſer der Abſicht auf das ſchon gedachte Roͤ- miſche Kirchen-Regiment, ſonderlich auch auf das ſchon erwehnte Apocalyptiſche Thier ge- ſehen werde? Dabey folgendes zu mercken iſt: a. Das Wort Antichriſt, Widerchriſt, anti- chriſtiſch, wird in einem weitern und engern Verſtande genommen. Jn dem weitern heißt es ſo viel, als wer und was Chriſto ſich ent- gegen ſetzet, ſonderlich mit einer ſolchen fal- ſchen Lehre, wodurch die wahre Lehre von der Perſon und dem Mittler-Amte Chriſti verfaͤlſchet wird; damit denn auch ein un- chriſtliches Leben verknuͤpfet iſt. b. Jn dieſem Verſtande nennet der Apoſtel Johannes die verfuͤhriſchen Lehrer ſeiner Zeit Widerchriſten, wenn er in dem erſten Brie- fe c. 2, 18. ſaget: Nun ſind viel Wider- chriſten worden. Desgleichen v. 22. Wer iſt ein Luͤgner, ohne der da leugnet, daß JEſus der Chriſt ſey? das iſt der Wi- derchriſt, der den Vater und den Sohn leugnet. Ferner c. 4, 3. Ein ieglicher Geiſt, der da nicht bekennet, daß JE- ſus Chriſtus iſt ins Fleiſch kommen, der iſt nicht von GOTT: und das iſt der Geiſt des Widerchriſts, von welchem ihr habt gehoͤret, daß er kommen wer- de, und iſt itzt ſchon in der Welt. Sie- he auch 2 Joh. v. 7. c. Jn einem engern Verſtande heißt Antichriſt ſo viel, als eine ſolche Regierungs-Form, da man ſich, auſſer der falſchen Lehre von Chri- ſto, ſonderlich der von ſeinem Mittler-Amte, in der Kirche Chriſti, als in dem geiſtlichen Tempel GOTTes, an Chriſti ſtatt ſetzet, und ſich fuͤr einen Statthalter Chriſti aus- giebet, in der That ſelbſt aber damit Chriſto nicht allein hoͤchſt zuwider, und alſo ein rech- ter Widerchriſte iſt; ſondern ſich auch mit ei- nem ungoͤttlichen Gewiſſens-Zwange auf ge- wiſſe Art uͤber Chriſtum erhebet. d. Wenn man nun erweget, daß das Roͤmiſche Kirchen-Regiment von dieſer Beſchaffenheit iſt, ſo kan man unmoͤglich anders urtheilen, als daß es recht antichriſtiſch, und ein ieder Roͤmiſcher Biſchof, der ſich ſelbſt fuͤr das Oberhaupt der gantzen Chriſtlichen Kir- che ausgiebt, und ſolches Regiment fuͤhret, ein Antichriſt ſey. Denn ob man gleich im Pabſtthum die Lehre von der Perſon Chriſti, nach den Ausſpruͤchen der allgemeinen Con- ciliorum, unverletzet ſtehen laͤſſet; ſo wird doch hingegen die Grund- und Haupt-Lehre von Chriſti Mittler-Amte alſo verkehret und verdunckelt, daß ſie den armen Seelen, wel- che durch ſolche Decke nicht hindurch ſehen, oder ſie von ſich abthun, gantz unbekannt bleibet, und ihnen, nebſt einem gantz frem- den Heyls-Grunde, auch eine gantz unrich- tige Heyls-Ordnung angewieſen wird, und endlich alles ſich in eine unfehlbare, und recht ſouveraine, und alſo recht ungoͤttliche, Au- ctoritaͤt des Oberhaupts reſolviret. e. Da nun ſolches ein recht kentliches und kund- bares Antichriſtenthum iſt, ſo hat die Be- kentniß unſers ſel. Lutheri und der ſaͤmtlichen Proteſtantiſchen Kirche guten Grund, wenn es H

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/59>, abgerufen am 23.11.2024.