Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 1. v. 19. [Spaltenumbruch]
4. Von dem würdigen Gebrauche des a. Das Hertz ist, nach der Redens-Art der hei- ligen Schrift, die Seele nach Verstand und Willen. Denn gleichwie das Wort ist ein Licht im Verstande; also ist es auch das Leben im Willen: wie denn unser Heiland von sei- nem Worte, welches auch das Prophetische ist, selbst bezeuget, daß es sey Geist und Leben, Joh. 6, 63. b. Dieses Wort, welches sonderlich vom Ev- angelio zu verstehen ist, war an die Hertzen der Jüden zur Erweckung und Bewegung gekom- men: wie wir von denen lesen, welchen Pe- trus am ersten Pfingst-Feste nach der Him- melfahrt Christi predigte: als von welchen es Ap. Gesch. 2, 37. heißt: Da sie das hö- reten, ging es ihnen durchs Hertz, und sprachen zu Petro und zu den andern Aposteln: Jhr Männer, lieben Brü- der, was sollen wir thun? Es ward in ihre Hertzen als ein lebendiger Same also ein- gepflantzet, daß sie daraus wiedergeboren wurden, Jac. 1, 18. 21. 1 Pet. 1, 23. und dem- nach ward es also aufgenommen, daß es mit dem Glauben gleichsam recht vermenget und durch den Glauben recht verdauet, digeriret, und zur geistlichen Nahrung angewendet wur- de. Hebr. 4, 2. c. Wenn nun das Wort also ans Hertze ge- bracht ist, so hat man darauf wohl zu achten. Dazu folgende Stücke gehören: a. Eine fleißige Forschung, daß man es bey dem, was man aus dem Prophetischen Worte schon erkennet, nicht lasse, sondern, da es von gresser Tiefe, auch Weite und Breite ist, demselben in der Furcht des HErrn immer weiter nachdencke, und dar- innen immer mehr gegründet werde. Da es denn billig heißt: Je mehr, ie weiter und ie besser: ie länger, ie lieber! b. Eine getreue Anwendung, durch welche man zu einem immer mehrern Wachsthum kömmt, auch mächtig wird in der Schrift, wie Apollo Ap. Ges. 18, 24. und von göttli- chen Dingen reden kan mit Beweisung des Geistes und der Kraft. Welches insonder- heit öffentlichen Lehrern zukömmt. g. Eine sorgfältige Beharrung und Be- wahrung, davon unser Heyland Joh. 8, 31, 32. spricht: So ihr bleiben werdet in meiner Rede, so seyd ihr meine rechte Jünger, und werdet die Wahr- heit erkennen, und die Wahrheit wird euch frey machen. Desgleichen Luc. 8, 15. Das aber auf dem guten Lande, (welches Wort, als ein guter Saame, einen guten Hertzens-Acker antraf,) sind die das Wort hören, und behalten in einem feinen guten Hertzen, und brin- gen Frucht in Geduld, en upomone, in der Beharrung. Welches Jacobus C. [Spaltenumbruch] 1, 25. heißt, ein solcher Thäter des Worts seyn, welcher durchschauet in das voll- kommne Gesetz der Freyheit, (in das Ev- angelium,) und darinnen beharret, und al- so nicht ist ein vergeßlicher Hörer, sondern ein Thäter, und daher selig ist in seiner That. Man erwege hierbey das Exempel Mariä, von welcher Luc. 2, 19. stehet: Ma- ria behielte alle diese Worte und be- wegete sie in ihrem Hertzen. d. Eine beständige Wahrnehmung, und Prüfung seiner selbst: da man über sich wachet, und, unter der getreuen innerli- chen Zucht des Heiligen Geistes an seinem Gewissen, aller Uberzeugung, welche man von dem eingepflantzten Worte bekömmt, Platz läßt, und solcher gestalt ein zartes und gutes Gewissen bewahret. Welches letzte- re Stück zu den vorhergehenden drey Pun- cten so nöthig ist, daß sie ohne dieses nicht wohl von statten gehen. d. Also hatten die gläubigen Juden grossen Theils bisher auf das Prophetische Wort ge- achtet: als welches der Apostel an ihnen lo- bet, wenn er spricht: Jhr thut wohl. Es ist aber ein solches Lob, dadurch sie erinnert wurden, theils ihrer Schuld, in soferne sie oder manche unter ihnen, es bisher nicht ge- than hatten; theils ihrer schuldigen Pflicht, welche sie ferner mit allem Fleiß auszuüben hätten; und zwar wie um der Sache selbst willen, da das Prophetische Wort der For- schung und Anwendung wohl werth ist, als auch ihres eigenen Heyls wegen, als dazu es ein gesegnetes Mittel war. 5. Zur fernern Anwendung dieses herrlichen a. Zur Lehre und zur Erweckung daß man noch heute zu tage, nebst den Schriften der Apo- stel auch die Schriften der Propheten fleißig zu forschen habe; und zwar nicht allein in denen Lehr-Puncten, welche bereits an Christo und dem Christenthum erfüllet sind; sondern auch in denen, welche an der Kirche GOttes auf Erden in dem ihr nach dem Fall Babels noch bevorstehenden Sabbatischen periodo der Zeiten unter den alsdenn bekehrten Juden und übrigen Völckern, noch sollen erfüllet wer- den; davon die Schriften der Propheten so gar voll sind. Welches aber, da man das Studium Propheticum so gar sehr versäu- met, von den allerwenigsten Lesern, ja Aus- legern selbst, recht erkannt wird, aber von den ersten Christen fleißig ist geforschet wor- den. b. Zur Widerlegung des Jrrthums, oder vielmehr zur Bestrafung der Bosheit der Pa- pisten, da sie die heilige Schrift, ob sie gleich ein Licht, und also klar und deutlich genug ist, nemlich in allen zur Seligkeit nöthigen Sa- chen, und daher allen Gläubigen zum gehei- ligten Gebrauch anbefohlen worden, dieser auch von Petro an den ersten Christen gelobet wird, dennoch den also genannten Läyen, oder denen, welche nicht zur so genannten Cle- risey
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 19. [Spaltenumbruch]
4. Von dem wuͤrdigen Gebrauche des a. Das Hertz iſt, nach der Redens-Art der hei- ligen Schrift, die Seele nach Verſtand und Willen. Denn gleichwie das Wort iſt ein Licht im Verſtande; alſo iſt es auch das Leben im Willen: wie denn unſer Heiland von ſei- nem Worte, welches auch das Prophetiſche iſt, ſelbſt bezeuget, daß es ſey Geiſt und Leben, Joh. 6, 63. b. Dieſes Wort, welches ſonderlich vom Ev- angelio zu verſtehen iſt, war an die Hertzen der Juͤden zur Erweckung und Bewegung gekom- men: wie wir von denen leſen, welchen Pe- trus am erſten Pfingſt-Feſte nach der Him- melfahrt Chriſti predigte: als von welchen es Ap. Geſch. 2, 37. heißt: Da ſie das hoͤ- reten, ging es ihnen durchs Hertz, und ſprachen zu Petro und zu den andern Apoſteln: Jhr Maͤnner, lieben Bruͤ- der, was ſollen wir thun? Es ward in ihre Hertzen als ein lebendiger Same alſo ein- gepflantzet, daß ſie daraus wiedergeboren wurden, Jac. 1, 18. 21. 1 Pet. 1, 23. und dem- nach ward es alſo aufgenommen, daß es mit dem Glauben gleichſam recht vermenget und durch den Glauben recht verdauet, digeriret, und zur geiſtlichen Nahrung angewendet wur- de. Hebr. 4, 2. c. Wenn nun das Wort alſo ans Hertze ge- bracht iſt, ſo hat man darauf wohl zu achten. Dazu folgende Stuͤcke gehoͤren: α. Eine fleißige Forſchung, daß man es bey dem, was man aus dem Prophetiſchen Worte ſchon erkennet, nicht laſſe, ſondern, da es von greſſer Tiefe, auch Weite und Breite iſt, demſelben in der Furcht des HErrn immer weiter nachdencke, und dar- innen immer mehr gegruͤndet werde. Da es denn billig heißt: Je mehr, ie weiter und ie beſſer: ie laͤnger, ie lieber! β. Eine getreue Anwendung, durch welche man zu einem immer mehrern Wachsthum koͤmmt, auch maͤchtig wird in der Schrift, wie Apollo Ap. Geſ. 18, 24. und von goͤttli- chen Dingen reden kan mit Beweiſung des Geiſtes und der Kraft. Welches inſonder- heit oͤffentlichen Lehrern zukoͤmmt. γ. Eine ſorgfaͤltige Beharrung und Be- wahrung, davon unſer Heyland Joh. 8, 31, 32. ſpricht: So ihr bleiben werdet in meiner Rede, ſo ſeyd ihr meine rechte Juͤnger, und werdet die Wahr- heit erkennen, und die Wahrheit wird euch frey machen. Desgleichen Luc. 8, 15. Das aber auf dem guten Lande, (welches Wort, als ein guter Saame, einen guten Hertzens-Acker antraf,) ſind die das Wort hoͤren, und behalten in einem feinen guten Hertzen, und brin- gen Frucht in Geduld, ἐν ὑπομονῇ, in der Beharrung. Welches Jacobus C. [Spaltenumbruch] 1, 25. heißt, ein ſolcher Thaͤter des Worts ſeyn, welcher durchſchauet in das voll- kommne Geſetz der Freyheit, (in das Ev- angelium,) und darinnen beharret, und al- ſo nicht iſt ein vergeßlicher Hoͤrer, ſondern ein Thaͤter, und daher ſelig iſt in ſeiner That. Man erwege hierbey das Exempel Mariaͤ, von welcher Luc. 2, 19. ſtehet: Ma- ria behielte alle dieſe Worte und be- wegete ſie in ihrem Hertzen. δ. Eine beſtaͤndige Wahrnehmung, und Pruͤfung ſeiner ſelbſt: da man uͤber ſich wachet, und, unter der getreuen innerli- chen Zucht des Heiligen Geiſtes an ſeinem Gewiſſen, aller Uberzeugung, welche man von dem eingepflantzten Worte bekoͤmmt, Platz laͤßt, und ſolcher geſtalt ein zartes und gutes Gewiſſen bewahret. Welches letzte- re Stuͤck zu den vorhergehenden drey Pun- cten ſo noͤthig iſt, daß ſie ohne dieſes nicht wohl von ſtatten gehen. d. Alſo hatten die glaͤubigen Juden groſſen Theils bisher auf das Prophetiſche Wort ge- achtet: als welches der Apoſtel an ihnen lo- bet, wenn er ſpricht: Jhr thut wohl. Es iſt aber ein ſolches Lob, dadurch ſie erinnert wurden, theils ihrer Schuld, in ſoferne ſie oder manche unter ihnen, es bisher nicht ge- than hatten; theils ihrer ſchuldigen Pflicht, welche ſie ferner mit allem Fleiß auszuuͤben haͤtten; und zwar wie um der Sache ſelbſt willen, da das Prophetiſche Wort der For- ſchung und Anwendung wohl werth iſt, als auch ihres eigenen Heyls wegen, als dazu es ein geſegnetes Mittel war. 5. Zur fernern Anwendung dieſes herrlichen a. Zur Lehre und zur Erweckung daß man noch heute zu tage, nebſt den Schriften der Apo- ſtel auch die Schriften der Propheten fleißig zu forſchen habe; und zwar nicht allein in denen Lehr-Puncten, welche bereits an Chriſto und dem Chriſtenthum erfuͤllet ſind; ſondern auch in denen, welche an der Kirche GOttes auf Erden in dem ihr nach dem Fall Babels noch bevorſtehenden Sabbatiſchen periodo der Zeiten unter den alsdenn bekehrten Juden und uͤbrigen Voͤlckern, noch ſollen erfuͤllet wer- den; davon die Schriften der Propheten ſo gar voll ſind. Welches aber, da man das Studium Propheticum ſo gar ſehr verſaͤu- met, von den allerwenigſten Leſern, ja Aus- legern ſelbſt, recht erkannt wird, aber von den erſten Chriſten fleißig iſt geforſchet wor- den. b. Zur Widerlegung des Jrrthums, oder vielmehr zur Beſtrafung der Bosheit der Pa- piſten, da ſie die heilige Schrift, ob ſie gleich ein Licht, und alſo klar und deutlich genug iſt, nemlich in allen zur Seligkeit noͤthigen Sa- chen, und daher allen Glaͤubigen zum gehei- ligten Gebrauch anbefohlen worden, dieſer auch von Petro an den erſten Chriſten gelobet wird, dennoch den alſo genannten Laͤyen, oder denen, welche nicht zur ſo genannten Cle- riſey
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 19.
4. Von dem wuͤrdigen Gebrauche des
Worts ſind nun, nach der bisher gezeigten fuͤg-
lichſten Conſtruction dieſes Textes, folgende
Worte uͤbrig zu betrachten: Jhr thut wohl,
daß ihr darauf achtet in euren Hertzen:
a. Das Hertz iſt, nach der Redens-Art der hei-
ligen Schrift, die Seele nach Verſtand und
Willen. Denn gleichwie das Wort iſt ein
Licht im Verſtande; alſo iſt es auch das Leben
im Willen: wie denn unſer Heiland von ſei-
nem Worte, welches auch das Prophetiſche
iſt, ſelbſt bezeuget, daß es ſey Geiſt und
Leben, Joh. 6, 63.
b. Dieſes Wort, welches ſonderlich vom Ev-
angelio zu verſtehen iſt, war an die Hertzen der
Juͤden zur Erweckung und Bewegung gekom-
men: wie wir von denen leſen, welchen Pe-
trus am erſten Pfingſt-Feſte nach der Him-
melfahrt Chriſti predigte: als von welchen
es Ap. Geſch. 2, 37. heißt: Da ſie das hoͤ-
reten, ging es ihnen durchs Hertz, und
ſprachen zu Petro und zu den andern
Apoſteln: Jhr Maͤnner, lieben Bruͤ-
der, was ſollen wir thun? Es ward in
ihre Hertzen als ein lebendiger Same alſo ein-
gepflantzet, daß ſie daraus wiedergeboren
wurden, Jac. 1, 18. 21. 1 Pet. 1, 23. und dem-
nach ward es alſo aufgenommen, daß es mit
dem Glauben gleichſam recht vermenget und
durch den Glauben recht verdauet, digeriret,
und zur geiſtlichen Nahrung angewendet wur-
de. Hebr. 4, 2.
c. Wenn nun das Wort alſo ans Hertze ge-
bracht iſt, ſo hat man darauf wohl zu achten.
Dazu folgende Stuͤcke gehoͤren:
α. Eine fleißige Forſchung, daß man es bey
dem, was man aus dem Prophetiſchen
Worte ſchon erkennet, nicht laſſe, ſondern,
da es von greſſer Tiefe, auch Weite und
Breite iſt, demſelben in der Furcht des
HErrn immer weiter nachdencke, und dar-
innen immer mehr gegruͤndet werde. Da
es denn billig heißt: Je mehr, ie weiter
und ie beſſer: ie laͤnger, ie lieber!
β. Eine getreue Anwendung, durch welche
man zu einem immer mehrern Wachsthum
koͤmmt, auch maͤchtig wird in der Schrift,
wie Apollo Ap. Geſ. 18, 24. und von goͤttli-
chen Dingen reden kan mit Beweiſung des
Geiſtes und der Kraft. Welches inſonder-
heit oͤffentlichen Lehrern zukoͤmmt.
γ. Eine ſorgfaͤltige Beharrung und Be-
wahrung, davon unſer Heyland Joh. 8,
31, 32. ſpricht: So ihr bleiben werdet
in meiner Rede, ſo ſeyd ihr meine
rechte Juͤnger, und werdet die Wahr-
heit erkennen, und die Wahrheit wird
euch frey machen. Desgleichen Luc. 8,
15. Das aber auf dem guten Lande,
(welches Wort, als ein guter Saame,
einen guten Hertzens-Acker antraf,) ſind
die das Wort hoͤren, und behalten in
einem feinen guten Hertzen, und brin-
gen Frucht in Geduld, ἐν ὑπομονῇ, in
der Beharrung. Welches Jacobus C.
1, 25. heißt, ein ſolcher Thaͤter des Worts
ſeyn, welcher durchſchauet in das voll-
kommne Geſetz der Freyheit, (in das Ev-
angelium,) und darinnen beharret, und al-
ſo nicht iſt ein vergeßlicher Hoͤrer, ſondern
ein Thaͤter, und daher ſelig iſt in ſeiner
That. Man erwege hierbey das Exempel
Mariaͤ, von welcher Luc. 2, 19. ſtehet: Ma-
ria behielte alle dieſe Worte und be-
wegete ſie in ihrem Hertzen.
δ. Eine beſtaͤndige Wahrnehmung, und
Pruͤfung ſeiner ſelbſt: da man uͤber ſich
wachet, und, unter der getreuen innerli-
chen Zucht des Heiligen Geiſtes an ſeinem
Gewiſſen, aller Uberzeugung, welche man
von dem eingepflantzten Worte bekoͤmmt,
Platz laͤßt, und ſolcher geſtalt ein zartes und
gutes Gewiſſen bewahret. Welches letzte-
re Stuͤck zu den vorhergehenden drey Pun-
cten ſo noͤthig iſt, daß ſie ohne dieſes nicht
wohl von ſtatten gehen.
d. Alſo hatten die glaͤubigen Juden groſſen
Theils bisher auf das Prophetiſche Wort ge-
achtet: als welches der Apoſtel an ihnen lo-
bet, wenn er ſpricht: Jhr thut wohl. Es
iſt aber ein ſolches Lob, dadurch ſie erinnert
wurden, theils ihrer Schuld, in ſoferne ſie
oder manche unter ihnen, es bisher nicht ge-
than hatten; theils ihrer ſchuldigen Pflicht,
welche ſie ferner mit allem Fleiß auszuuͤben
haͤtten; und zwar wie um der Sache ſelbſt
willen, da das Prophetiſche Wort der For-
ſchung und Anwendung wohl werth iſt, als
auch ihres eigenen Heyls wegen, als dazu es
ein geſegnetes Mittel war.
5. Zur fernern Anwendung dieſes herrlichen
Textes, kan auch folgendes dienen:
a. Zur Lehre und zur Erweckung daß man noch
heute zu tage, nebſt den Schriften der Apo-
ſtel auch die Schriften der Propheten fleißig zu
forſchen habe; und zwar nicht allein in denen
Lehr-Puncten, welche bereits an Chriſto und
dem Chriſtenthum erfuͤllet ſind; ſondern auch
in denen, welche an der Kirche GOttes auf
Erden in dem ihr nach dem Fall Babels noch
bevorſtehenden Sabbatiſchen periodo der
Zeiten unter den alsdenn bekehrten Juden und
uͤbrigen Voͤlckern, noch ſollen erfuͤllet wer-
den; davon die Schriften der Propheten ſo
gar voll ſind. Welches aber, da man das
Studium Propheticum ſo gar ſehr verſaͤu-
met, von den allerwenigſten Leſern, ja Aus-
legern ſelbſt, recht erkannt wird, aber von
den erſten Chriſten fleißig iſt geforſchet wor-
den.
b. Zur Widerlegung des Jrrthums, oder
vielmehr zur Beſtrafung der Bosheit der Pa-
piſten, da ſie die heilige Schrift, ob ſie gleich
ein Licht, und alſo klar und deutlich genug iſt,
nemlich in allen zur Seligkeit noͤthigen Sa-
chen, und daher allen Glaͤubigen zum gehei-
ligten Gebrauch anbefohlen worden, dieſer
auch von Petro an den erſten Chriſten gelobet
wird, dennoch den alſo genannten Laͤyen,
oder denen, welche nicht zur ſo genannten Cle-
riſey
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