Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 3. v. 1.
Das Dritte Capitel,
Darinnen
Der Apostel, die gläubigen Christen mehrmal dergestalt
auf die Evangelischen Heyls-Güter führet/ daß er anzeiget/ daß ihr
gantzes Leben innerlich und äusserlich vor GOTT und Menschen
denselben gemäß seyn/ und daher wie in aller Freywilligkeit/ also auch
in aller Lauterkeit und Beständigkeit geführet/ und sonderlich
mit einer thätigen Liebe gegen den Nächsten müsse
gezieret werden.
[Spaltenumbruch]
V. 1.

SEhet, welche eine Liebe hat
uns der Vater erzeiget, daß
wir GOttes Kinder sollen
heissen
(auch in der That seyn?)
darum kennet euch die Welt
nicht
(daß sie euch für die ihrigen achten und
euch lieben solte) denn sie kennet ihn nicht
(und was sie natürlicher Weise, oder auch aus
einer bessern Ubezeugung von ihm weiß, das hält
sie in Ungerechtigkeit auf; gleichwie sie es auch
also mit seinen Kindern machet, daß sie das, was
sie gutes an ihnen siehet, und von ihnen höret,
weder sehen, noch hören will, sondern es verkeh-
ret und hasset.)

Anmerckungen.

1. Weil der Apostel vorher der Wieder-
geburt gedacht hatte, und man durch dieselbe
zur Kindschaft GOttes kömmt, so zeiget er dar-
auf an, theils wie vortreflich dieselbe sey, theils
auch wie wenig solches von den Welt-Menschen
erkannt werde. Und da er die Wiedergeburt
vorher dem Sohne GOttes zugeschrieben hatte,
so eignet er hier die daher entstehende Kindschaft
dem Vater zu, als zu dessen persönlichen Va-
ter-Namen sie sich auch am füglichsten schicket,
ob sie wol ein Gnaden-Werck der gantzen hoch-
gelobten Dreyeinigkeit ist.

2. Die Liebe, welche uns GOtt erzeiget
hat zur Kindschaft, hat die Liebe zur Sendung
des Sohnes in die Welt nach Joh. 3, 16. auch
dabey die Annehmung des gebrachten Lösegel-
des, nach 1 Joh. 2, 2. zum Grunde: und also ist
es eine wohlgegründete, höchst zarte und innige,
auch allgemeine und recht thätige, auch wirck-
same Liebe, von welcher Paulus Eph. 3, 18.
wünschet, daß die Gläubigen möchten durch die
Liebe recht eingewurtzelt und gegründet
werden,
um zu begreifen, welches da sey die
Breite und die Länge, und die Tiefe, und
die Höhe,
nemlich solcher Liebe.

3. Die Gnaden-Gabe der Liebe GOttes
bestehet ausser andern derselben Proben nach
diesem Texte in wircklicher Mittheilung der
Kindschaft GOttes. Da sich denn dieselbe
darinnen bey den Gläubigen äussert, daß sie in
[Spaltenumbruch] sich den Geist der Kindschaft empfinden, und in
kindlicher Liebe und Aufopferung sagen können:
Abba! lieber Vater Röm. 8, 15. Gal. 4, 6.
Und solchergestalt ist denn die Liebe GOttes aus-
gegossen in ihr Hertz durch den Heiligen Geist,
den Geist der Kindschaft Röm. 5, 5. Und so ist
denn die Liebe GOttes vollkommen in ihnen;
und daran erkennen sie denn, daß sie in ihm sind.
1 Joh. 2, 5. Siehe auch c. 4, 24.

4. Jn der Kindschaft GOttes kommen
alle übrige Heyls-Güter zusammen, und endi-
get sie sich, oder bekömmt vielmehr ihre Voll-
kommenheit in der künftigen ewigen Erbschaft
Röm. 8, 15. 16. 17. Darum der Apostel saget:
Sehet! welch eine grosse Liebe hat uns der
Vater erzeiget!
könte doch auf dieser Welt
keine Würde und Herrlichkeit grösser sey, als
wenn ein armes Menschen-Kind von einem gros-
sen Monarchen an Kindes statt angenommen
würde. Jn Ansehung der künftigen Offenba-
rung sehnen sich die Gläubigen darnach Röm.
8, 23. Weil sie im Reiche der Gnaden, dem wirck-
lichen Genusse nach, noch sehr verdunckelt ist, und
das wenigste davon recht erkannt zu werden pfle-
get, so erwecket der Apostel dazu der gläubigen
Betrachtung, und spricht: Sehet! welches,
denn ein solches sehen seyn soll, welches mit
geöffneten Glaubens-Augen geschiehet, und mit
Danckbegierigster Aufopferung gegen GOTT
verknüpfet ist.

5. Was für ein grosser Unterscheid zwi-
schen Frommen und Gottlosen sey, erkennet man
unter andern auch daraus, daß da jene Kinder
GOttes
sind, diese Kinder des Teufels ge-
nennet werden v. 10. Uber welche gewiß die
Straf-Gerechtigkeit GOttes zum Gerichte ein-
bricht, da jene schmecken und sehen, wie freund-
lich der HErr ist.

6. Durch die Welt, die gantz im argen
lieget c. 5, 19. verstehet der Apostel alle unbe-
kehrte Meschen, wenn sie auch gleich mitten in
der Christenheit sind; als darinn der grosse Hau-
fe der Gottlosen theils aus rohen, theils aus äus-
serlich ehrbaren und heuchlerischen Leuten beste-
het. Diese alle kennen die Kinder GOttes
nicht, nemlich nach ihrem geistlichen Ehren-
Stande und nach ihrer Gemüths-Beschaffen-
heit: als davon sie gantz keine Erfahrung haben,

ohne
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 3. v. 1.
Das Dritte Capitel,
Darinnen
Der Apoſtel, die glaͤubigen Chriſten mehrmal dergeſtalt
auf die Evangeliſchen Heyls-Guͤter fuͤhret/ daß er anzeiget/ daß ihr
gantzes Leben innerlich und aͤuſſerlich vor GOTT und Menſchen
denſelben gemaͤß ſeyn/ und daher wie in aller Freywilligkeit/ alſo auch
in aller Lauterkeit und Beſtaͤndigkeit gefuͤhret/ und ſonderlich
mit einer thaͤtigen Liebe gegen den Naͤchſten muͤſſe
gezieret werden.
[Spaltenumbruch]
V. 1.

SEhet, welche eine Liebe hat
uns der Vater erzeiget, daß
wir GOttes Kinder ſollen
heiſſen
(auch in der That ſeyn?)
darum kennet euch die Welt
nicht
(daß ſie euch fuͤr die ihrigen achten und
euch lieben ſolte) denn ſie kennet ihn nicht
(und was ſie natuͤrlicher Weiſe, oder auch aus
einer beſſern Ubezeugung von ihm weiß, das haͤlt
ſie in Ungerechtigkeit auf; gleichwie ſie es auch
alſo mit ſeinen Kindern machet, daß ſie das, was
ſie gutes an ihnen ſiehet, und von ihnen hoͤret,
weder ſehen, noch hoͤren will, ſondern es verkeh-
ret und haſſet.)

Anmerckungen.

1. Weil der Apoſtel vorher der Wieder-
geburt gedacht hatte, und man durch dieſelbe
zur Kindſchaft GOttes koͤmmt, ſo zeiget er dar-
auf an, theils wie vortreflich dieſelbe ſey, theils
auch wie wenig ſolches von den Welt-Menſchen
erkannt werde. Und da er die Wiedergeburt
vorher dem Sohne GOttes zugeſchrieben hatte,
ſo eignet er hier die daher entſtehende Kindſchaft
dem Vater zu, als zu deſſen perſoͤnlichen Va-
ter-Namen ſie ſich auch am fuͤglichſten ſchicket,
ob ſie wol ein Gnaden-Werck der gantzen hoch-
gelobten Dreyeinigkeit iſt.

2. Die Liebe, welche uns GOtt erzeiget
hat zur Kindſchaft, hat die Liebe zur Sendung
des Sohnes in die Welt nach Joh. 3, 16. auch
dabey die Annehmung des gebrachten Loͤſegel-
des, nach 1 Joh. 2, 2. zum Grunde: und alſo iſt
es eine wohlgegruͤndete, hoͤchſt zarte und innige,
auch allgemeine und recht thaͤtige, auch wirck-
ſame Liebe, von welcher Paulus Eph. 3, 18.
wuͤnſchet, daß die Glaͤubigen moͤchten durch die
Liebe recht eingewurtzelt und gegruͤndet
werden,
um zu begreifen, welches da ſey die
Breite und die Laͤnge, und die Tiefe, und
die Hoͤhe,
nemlich ſolcher Liebe.

3. Die Gnaden-Gabe der Liebe GOttes
beſtehet auſſer andern derſelben Proben nach
dieſem Texte in wircklicher Mittheilung der
Kindſchaft GOttes. Da ſich denn dieſelbe
darinnen bey den Glaͤubigen aͤuſſert, daß ſie in
[Spaltenumbruch] ſich den Geiſt der Kindſchaft empfinden, und in
kindlicher Liebe und Aufopferung ſagen koͤnnen:
Abba! lieber Vater Roͤm. 8, 15. Gal. 4, 6.
Und ſolchergeſtalt iſt denn die Liebe GOttes aus-
gegoſſen in ihr Hertz durch den Heiligen Geiſt,
den Geiſt der Kindſchaft Roͤm. 5, 5. Und ſo iſt
denn die Liebe GOttes vollkommen in ihnen;
und daran erkennen ſie denn, daß ſie in ihm ſind.
1 Joh. 2, 5. Siehe auch c. 4, 24.

4. Jn der Kindſchaft GOttes kommen
alle uͤbrige Heyls-Guͤter zuſammen, und endi-
get ſie ſich, oder bekoͤmmt vielmehr ihre Voll-
kommenheit in der kuͤnftigen ewigen Erbſchaft
Roͤm. 8, 15. 16. 17. Darum der Apoſtel ſaget:
Sehet! welch eine groſſe Liebe hat uns der
Vater erzeiget!
koͤnte doch auf dieſer Welt
keine Wuͤrde und Herrlichkeit groͤſſer ſey, als
wenn ein armes Menſchen-Kind von einem groſ-
ſen Monarchen an Kindes ſtatt angenommen
wuͤrde. Jn Anſehung der kuͤnftigen Offenba-
rung ſehnen ſich die Glaͤubigen darnach Roͤm.
8, 23. Weil ſie im Reiche der Gnaden, dem wirck-
lichen Genuſſe nach, noch ſehr verdunckelt iſt, und
das wenigſte davon recht erkannt zu werden pfle-
get, ſo erwecket der Apoſtel dazu der glaͤubigen
Betrachtung, und ſpricht: Sehet! welches,
denn ein ſolches ſehen ſeyn ſoll, welches mit
geoͤffneten Glaubens-Augen geſchiehet, und mit
Danckbegierigſter Aufopferung gegen GOTT
verknuͤpfet iſt.

5. Was fuͤr ein groſſer Unterſcheid zwi-
ſchen Frommen und Gottloſen ſey, erkennet man
unter andern auch daraus, daß da jene Kinder
GOttes
ſind, dieſe Kinder des Teufels ge-
nennet werden v. 10. Uber welche gewiß die
Straf-Gerechtigkeit GOttes zum Gerichte ein-
bricht, da jene ſchmecken und ſehen, wie freund-
lich der HErr iſt.

6. Durch die Welt, die gantz im argen
lieget c. 5, 19. verſtehet der Apoſtel alle unbe-
kehrte Meſchen, wenn ſie auch gleich mitten in
der Chriſtenheit ſind; als darinn der groſſe Hau-
fe der Gottloſen theils aus rohen, theils aus aͤuſ-
ſerlich ehrbaren und heuchleriſchen Leuten beſte-
het. Dieſe alle kennen die Kinder GOttes
nicht, nemlich nach ihrem geiſtlichen Ehren-
Stande und nach ihrer Gemuͤths-Beſchaffen-
heit: als davon ſie gantz keine Erfahrung haben,

ohne
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0684" n="682"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Richtige und erbauliche Erkla&#x0364;rung Cap. 3. v. 1.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Das Dritte Capitel,</hi><lb/>
Darinnen<lb/>
Der Apo&#x017F;tel, die gla&#x0364;ubigen Chri&#x017F;ten mehrmal derge&#x017F;talt<lb/>
auf die Evangeli&#x017F;chen Heyls-Gu&#x0364;ter fu&#x0364;hret/ daß er anzeiget/ daß ihr<lb/>
gantzes Leben innerlich und a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich vor <hi rendition="#g">GOTT</hi> und Men&#x017F;chen<lb/>
den&#x017F;elben gema&#x0364;ß &#x017F;eyn/ und daher wie in aller Freywilligkeit/ al&#x017F;o auch<lb/>
in aller Lauterkeit und Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit gefu&#x0364;hret/ und &#x017F;onderlich<lb/>
mit einer tha&#x0364;tigen Liebe gegen den Na&#x0364;ch&#x017F;ten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
gezieret werden.</hi> </head><lb/>
          <cb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 1.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">S</hi><hi rendition="#fr">Ehet, welche eine Liebe hat<lb/>
uns der Vater erzeiget, daß<lb/>
wir GOttes Kinder &#x017F;ollen<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;en</hi> (auch in der That &#x017F;eyn?)<lb/><hi rendition="#fr">darum kennet euch die Welt<lb/>
nicht</hi> (daß &#x017F;ie euch fu&#x0364;r die ihrigen achten und<lb/>
euch lieben &#x017F;olte) <hi rendition="#fr">denn &#x017F;ie kennet ihn nicht</hi><lb/>
(und was &#x017F;ie natu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e, oder auch aus<lb/>
einer be&#x017F;&#x017F;ern Ubezeugung von ihm weiß, das ha&#x0364;lt<lb/>
&#x017F;ie in Ungerechtigkeit auf; gleichwie &#x017F;ie es auch<lb/>
al&#x017F;o mit &#x017F;einen Kindern machet, daß &#x017F;ie das, was<lb/>
&#x017F;ie gutes an ihnen &#x017F;iehet, und von ihnen ho&#x0364;ret,<lb/>
weder &#x017F;ehen, noch ho&#x0364;ren will, &#x017F;ondern es verkeh-<lb/>
ret und ha&#x017F;&#x017F;et.)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. Weil der Apo&#x017F;tel vorher der Wieder-<lb/>
geburt gedacht hatte, und man durch die&#x017F;elbe<lb/>
zur Kind&#x017F;chaft GOttes ko&#x0364;mmt, &#x017F;o zeiget er dar-<lb/>
auf an, theils wie vortreflich die&#x017F;elbe &#x017F;ey, theils<lb/>
auch wie wenig &#x017F;olches von den Welt-Men&#x017F;chen<lb/>
erkannt werde. Und da er die Wiedergeburt<lb/>
vorher dem Sohne GOttes zuge&#x017F;chrieben hatte,<lb/>
&#x017F;o eignet er hier die daher ent&#x017F;tehende Kind&#x017F;chaft<lb/>
dem Vater zu, als zu de&#x017F;&#x017F;en per&#x017F;o&#x0364;nlichen Va-<lb/>
ter-Namen &#x017F;ie &#x017F;ich auch am fu&#x0364;glich&#x017F;ten &#x017F;chicket,<lb/>
ob &#x017F;ie wol ein Gnaden-Werck der gantzen hoch-<lb/>
gelobten Dreyeinigkeit i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>2. Die <hi rendition="#fr">Liebe,</hi> welche uns GOtt erzeiget<lb/>
hat zur Kind&#x017F;chaft, hat die Liebe zur Sendung<lb/>
des Sohnes in die Welt nach Joh. 3, 16. auch<lb/>
dabey die Annehmung des gebrachten Lo&#x0364;&#x017F;egel-<lb/>
des, nach 1 Joh. 2, 2. zum Grunde: und al&#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
es eine wohlgegru&#x0364;ndete, ho&#x0364;ch&#x017F;t zarte und innige,<lb/>
auch allgemeine und recht tha&#x0364;tige, auch wirck-<lb/>
&#x017F;ame Liebe, von welcher Paulus Eph. 3, 18.<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chet, daß die Gla&#x0364;ubigen mo&#x0364;chten durch die<lb/>
Liebe <hi rendition="#fr">recht eingewurtzelt und gegru&#x0364;ndet<lb/>
werden,</hi> um zu begreifen, welches da &#x017F;ey <hi rendition="#fr">die<lb/>
Breite und die La&#x0364;nge, und die Tiefe, und<lb/>
die Ho&#x0364;he,</hi> nemlich &#x017F;olcher Liebe.</p><lb/>
              <p>3. Die Gnaden-Gabe der Liebe GOttes<lb/>
be&#x017F;tehet au&#x017F;&#x017F;er andern der&#x017F;elben Proben nach<lb/>
die&#x017F;em Texte in wircklicher Mittheilung der<lb/>
Kind&#x017F;chaft GOttes. Da &#x017F;ich denn die&#x017F;elbe<lb/>
darinnen bey den Gla&#x0364;ubigen a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ert, daß &#x017F;ie in<lb/><cb/>
&#x017F;ich den Gei&#x017F;t der Kind&#x017F;chaft empfinden, und in<lb/>
kindlicher Liebe und Aufopferung &#x017F;agen ko&#x0364;nnen:<lb/><hi rendition="#fr">Abba! lieber Vater</hi> Ro&#x0364;m. 8, 15. Gal. 4, 6.<lb/>
Und &#x017F;olcherge&#x017F;talt i&#x017F;t denn die Liebe GOttes aus-<lb/>
gego&#x017F;&#x017F;en in ihr Hertz durch den Heiligen Gei&#x017F;t,<lb/>
den Gei&#x017F;t der Kind&#x017F;chaft Ro&#x0364;m. 5, 5. Und &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
denn die Liebe GOttes vollkommen in ihnen;<lb/>
und daran erkennen &#x017F;ie denn, daß &#x017F;ie in ihm &#x017F;ind.<lb/>
1 Joh. 2, 5. Siehe auch c. 4, 24.</p><lb/>
              <p>4. Jn der <hi rendition="#fr">Kind&#x017F;chaft</hi> GOttes kommen<lb/>
alle u&#x0364;brige Heyls-Gu&#x0364;ter zu&#x017F;ammen, und endi-<lb/>
get &#x017F;ie &#x017F;ich, oder beko&#x0364;mmt vielmehr ihre Voll-<lb/>
kommenheit in der ku&#x0364;nftigen ewigen <hi rendition="#fr">Erb&#x017F;chaft</hi><lb/>
Ro&#x0364;m. 8, 15. 16. 17. Darum der Apo&#x017F;tel &#x017F;aget:<lb/><hi rendition="#fr">Sehet! welch eine gro&#x017F;&#x017F;e Liebe hat uns der<lb/>
Vater erzeiget!</hi> ko&#x0364;nte doch auf die&#x017F;er Welt<lb/>
keine Wu&#x0364;rde und Herrlichkeit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ey, als<lb/>
wenn ein armes Men&#x017F;chen-Kind von einem gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Monarchen an Kindes &#x017F;tatt angenommen<lb/>
wu&#x0364;rde. Jn An&#x017F;ehung der ku&#x0364;nftigen Offenba-<lb/>
rung &#x017F;ehnen &#x017F;ich die Gla&#x0364;ubigen darnach Ro&#x0364;m.<lb/>
8, 23. Weil &#x017F;ie im Reiche der Gnaden, dem wirck-<lb/>
lichen Genu&#x017F;&#x017F;e nach, noch &#x017F;ehr verdunckelt i&#x017F;t, und<lb/>
das wenig&#x017F;te davon recht erkannt zu werden pfle-<lb/>
get, &#x017F;o erwecket der Apo&#x017F;tel dazu der gla&#x0364;ubigen<lb/>
Betrachtung, und &#x017F;pricht: <hi rendition="#fr">Sehet!</hi> welches,<lb/>
denn ein &#x017F;olches <hi rendition="#fr">&#x017F;ehen &#x017F;eyn</hi> &#x017F;oll, welches mit<lb/>
geo&#x0364;ffneten Glaubens-Augen ge&#x017F;chiehet, und mit<lb/>
Danckbegierig&#x017F;ter Aufopferung gegen GOTT<lb/>
verknu&#x0364;pfet i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>5. Was fu&#x0364;r ein gro&#x017F;&#x017F;er Unter&#x017F;cheid zwi-<lb/>
&#x017F;chen Frommen und Gottlo&#x017F;en &#x017F;ey, erkennet man<lb/>
unter andern auch daraus, daß da jene <hi rendition="#fr">Kinder<lb/>
GOttes</hi> &#x017F;ind, die&#x017F;e <hi rendition="#fr">Kinder des Teufels</hi> ge-<lb/>
nennet werden v. 10. Uber welche gewiß die<lb/>
Straf-Gerechtigkeit GOttes zum Gerichte ein-<lb/>
bricht, da jene &#x017F;chmecken und &#x017F;ehen, wie freund-<lb/>
lich der HErr i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>6. Durch die <hi rendition="#fr">Welt,</hi> die gantz im argen<lb/>
lieget c. 5, 19. ver&#x017F;tehet der Apo&#x017F;tel alle unbe-<lb/>
kehrte Me&#x017F;chen, wenn &#x017F;ie auch gleich mitten in<lb/>
der Chri&#x017F;tenheit &#x017F;ind; als darinn der gro&#x017F;&#x017F;e Hau-<lb/>
fe der Gottlo&#x017F;en theils aus rohen, theils aus a&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erlich ehrbaren und heuchleri&#x017F;chen Leuten be&#x017F;te-<lb/>
het. Die&#x017F;e alle kennen die Kinder GOttes<lb/>
nicht, nemlich nach ihrem gei&#x017F;tlichen Ehren-<lb/>
Stande und nach ihrer Gemu&#x0364;ths-Be&#x017F;chaffen-<lb/>
heit: als davon &#x017F;ie gantz keine Erfahrung haben,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ohne</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[682/0684] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 3. v. 1. Das Dritte Capitel, Darinnen Der Apoſtel, die glaͤubigen Chriſten mehrmal dergeſtalt auf die Evangeliſchen Heyls-Guͤter fuͤhret/ daß er anzeiget/ daß ihr gantzes Leben innerlich und aͤuſſerlich vor GOTT und Menſchen denſelben gemaͤß ſeyn/ und daher wie in aller Freywilligkeit/ alſo auch in aller Lauterkeit und Beſtaͤndigkeit gefuͤhret/ und ſonderlich mit einer thaͤtigen Liebe gegen den Naͤchſten muͤſſe gezieret werden. V. 1. SEhet, welche eine Liebe hat uns der Vater erzeiget, daß wir GOttes Kinder ſollen heiſſen (auch in der That ſeyn?) darum kennet euch die Welt nicht (daß ſie euch fuͤr die ihrigen achten und euch lieben ſolte) denn ſie kennet ihn nicht (und was ſie natuͤrlicher Weiſe, oder auch aus einer beſſern Ubezeugung von ihm weiß, das haͤlt ſie in Ungerechtigkeit auf; gleichwie ſie es auch alſo mit ſeinen Kindern machet, daß ſie das, was ſie gutes an ihnen ſiehet, und von ihnen hoͤret, weder ſehen, noch hoͤren will, ſondern es verkeh- ret und haſſet.) Anmerckungen. 1. Weil der Apoſtel vorher der Wieder- geburt gedacht hatte, und man durch dieſelbe zur Kindſchaft GOttes koͤmmt, ſo zeiget er dar- auf an, theils wie vortreflich dieſelbe ſey, theils auch wie wenig ſolches von den Welt-Menſchen erkannt werde. Und da er die Wiedergeburt vorher dem Sohne GOttes zugeſchrieben hatte, ſo eignet er hier die daher entſtehende Kindſchaft dem Vater zu, als zu deſſen perſoͤnlichen Va- ter-Namen ſie ſich auch am fuͤglichſten ſchicket, ob ſie wol ein Gnaden-Werck der gantzen hoch- gelobten Dreyeinigkeit iſt. 2. Die Liebe, welche uns GOtt erzeiget hat zur Kindſchaft, hat die Liebe zur Sendung des Sohnes in die Welt nach Joh. 3, 16. auch dabey die Annehmung des gebrachten Loͤſegel- des, nach 1 Joh. 2, 2. zum Grunde: und alſo iſt es eine wohlgegruͤndete, hoͤchſt zarte und innige, auch allgemeine und recht thaͤtige, auch wirck- ſame Liebe, von welcher Paulus Eph. 3, 18. wuͤnſchet, daß die Glaͤubigen moͤchten durch die Liebe recht eingewurtzelt und gegruͤndet werden, um zu begreifen, welches da ſey die Breite und die Laͤnge, und die Tiefe, und die Hoͤhe, nemlich ſolcher Liebe. 3. Die Gnaden-Gabe der Liebe GOttes beſtehet auſſer andern derſelben Proben nach dieſem Texte in wircklicher Mittheilung der Kindſchaft GOttes. Da ſich denn dieſelbe darinnen bey den Glaͤubigen aͤuſſert, daß ſie in ſich den Geiſt der Kindſchaft empfinden, und in kindlicher Liebe und Aufopferung ſagen koͤnnen: Abba! lieber Vater Roͤm. 8, 15. Gal. 4, 6. Und ſolchergeſtalt iſt denn die Liebe GOttes aus- gegoſſen in ihr Hertz durch den Heiligen Geiſt, den Geiſt der Kindſchaft Roͤm. 5, 5. Und ſo iſt denn die Liebe GOttes vollkommen in ihnen; und daran erkennen ſie denn, daß ſie in ihm ſind. 1 Joh. 2, 5. Siehe auch c. 4, 24. 4. Jn der Kindſchaft GOttes kommen alle uͤbrige Heyls-Guͤter zuſammen, und endi- get ſie ſich, oder bekoͤmmt vielmehr ihre Voll- kommenheit in der kuͤnftigen ewigen Erbſchaft Roͤm. 8, 15. 16. 17. Darum der Apoſtel ſaget: Sehet! welch eine groſſe Liebe hat uns der Vater erzeiget! koͤnte doch auf dieſer Welt keine Wuͤrde und Herrlichkeit groͤſſer ſey, als wenn ein armes Menſchen-Kind von einem groſ- ſen Monarchen an Kindes ſtatt angenommen wuͤrde. Jn Anſehung der kuͤnftigen Offenba- rung ſehnen ſich die Glaͤubigen darnach Roͤm. 8, 23. Weil ſie im Reiche der Gnaden, dem wirck- lichen Genuſſe nach, noch ſehr verdunckelt iſt, und das wenigſte davon recht erkannt zu werden pfle- get, ſo erwecket der Apoſtel dazu der glaͤubigen Betrachtung, und ſpricht: Sehet! welches, denn ein ſolches ſehen ſeyn ſoll, welches mit geoͤffneten Glaubens-Augen geſchiehet, und mit Danckbegierigſter Aufopferung gegen GOTT verknuͤpfet iſt. 5. Was fuͤr ein groſſer Unterſcheid zwi- ſchen Frommen und Gottloſen ſey, erkennet man unter andern auch daraus, daß da jene Kinder GOttes ſind, dieſe Kinder des Teufels ge- nennet werden v. 10. Uber welche gewiß die Straf-Gerechtigkeit GOttes zum Gerichte ein- bricht, da jene ſchmecken und ſehen, wie freund- lich der HErr iſt. 6. Durch die Welt, die gantz im argen lieget c. 5, 19. verſtehet der Apoſtel alle unbe- kehrte Meſchen, wenn ſie auch gleich mitten in der Chriſtenheit ſind; als darinn der groſſe Hau- fe der Gottloſen theils aus rohen, theils aus aͤuſ- ſerlich ehrbaren und heuchleriſchen Leuten beſte- het. Dieſe alle kennen die Kinder GOttes nicht, nemlich nach ihrem geiſtlichen Ehren- Stande und nach ihrer Gemuͤths-Beſchaffen- heit: als davon ſie gantz keine Erfahrung haben, ohne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/684
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 682. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/684>, abgerufen am 24.11.2024.