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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 3. v. 17. 18.
[Spaltenumbruch]
c. Mancher liebet zwar, wie gedacht, mit der
That, aber nicht zugleich mit der Wahrheit
und Lauterkeit: und zwar auch auf unterschied-
liche Art:
a. Wenn die That ungern und zu späte ge-
schiehet, nachdem man sich lange darüber
bedacht hat, auch lange hat bitten las-
sen.
b. Wenn die That nicht ohne falsche Absicht ei-
nes grössern Nutzens, oder eines zu erhalten-
den eiteln Ruhms, oder einer zu entgehenden
schimpflichen Nachrede und eines nachthei-
ligen Vorwurfs, und also ohne den wah-
ren Grund der Liebe geschiehet.
g. Wenn man mit der thätigen Liebe keine
Proportion hält zwischen seinem Vermö-
gen und der Noth des Dürftigen. Denn
wenn man einem in Noth steckenden gar
wohl mit einem und mehrern Rthlr. nach
seinem Vermögen helfen kan, man rücket
aber endlich, oder auch bald, um seine
Freygebigkeit sehen zu lassen, mit etlichen
wenigen Groschen, oder gar Pfennigen
heraus, so ist das eine sehr schlechte That
ohne Wahrheit.
d. Die That kan zwar wol ohne Wahrheit seyn,
aber die Wahrheit der Liebe ist nie ohne alle
That. Denn ist gleich die äusserliche That
nicht in des Liebenden Vermögen, so stehet er
doch in einem thätigen Affect der Liebe gegen
ihn, und er läßt denselben auch vor GOTT
kund werden in der hertzlichen Fürbitte. Es
giebt in diesem Stücke aus dem Antriebe der
Liebe GOttes wol solche getreue Liebhaber,
welche, wenn sie ihren Nächsten in der Noth
sehen, ihm aber selbst nicht beyspringen kön-
nen, darüber vor Mitleiden selbst in einen
solchen Kummer gesetzet werden, daß sie eher
ihr Hertz nicht vor GOtt stillen können, bis sie
des Nächsten Anliegen GOTT vorgetragen
und es ihm anbefohlen haben. Welches denn
auch wol manchen verborgnen Segen über
den Dürftigen bringen mag. Und dabey läßt
es ein GOtt-ergebnes Hertze nicht; sondern
er suchet auch wol des Dürftigen Mund und
Fuß bey einigen Wohlhabenden zu seyn; wie-
wol solcher, welche zugleich an guten Wer-
cken reich wären, sehr wenige zu finden
sind.
e. Es muß demnach allezeit That und Wahr-
heit
in der Liebe bey einander seyn: gleichwie
in allen Dingen, als den Gelehrten bekannt
ist, materia und forma zusammen gehören.
Die That ist die Materie, die Wahrheit
die rechte Form. Davon hat uns der Apo-
stel vorher das allervollkommenste Exempel
vorgestellet in Christo, wenn er v. 16. saget:
Daran haben wir erkannt die Liebe,
daß er sein Leben für uns gelassen hat,
und wir sollen auch das Leben für die
Brüder lassen.
Der Parallel-Ort Jac. 2,
15. 16. ist bekannt, und daselbst auch mit meh-
rern abgehandelt.

4. Wir haben überdas diesen Ort noch zur
[Spaltenumbruch] fernern Application zu bringen: und zwar

a. Zur Lehre, und zugleich zur Bestrafung,
von dem grossen und so gemeinen Verfall des
wahren Christenthums mitten in der Chri-
stenheit, und auch in der Evangelischen Kirche
selbst. Denn ist etwas, wodurch derselbe so
gar offenbar ist, daß er iedermann in die Au-
gen fällt, so ist es das Verderben, welches
sich bey den Armen und Reichen, theils auch
an dem Mangel genugsamer Obrigkeitlicher
Anstalt befindet.
a. Auf Seiten der Armen ist viel Faulheit,
Müßiggang, Unordnung und Verschwen-
dung des ihrigen, imgleichen Gottlosig-
keit, da man sich seine Armuth nicht zur
Züchtigung, sondern nur zur desperation,
oder auch zur Dieberey, dienen läßt, zu-
mal wenn man selbst schuld daran ist.
b. Auf Seiten der Reichen ist Geitz, und
daher theils mancherley Ungerechtigkeit,
theils viele Härtigkeit und Unbarmhertzig-
keit, da man scharret und kratzet, als wol-
te und könte man alhier ewig leben: da man
entweder nichts, oder doch zu selten, und,
nach Proportion seines Vermögens, viel
zu wenig und zu ungern giebt, und es wie
an der That, also auch noch mehr an der
Wahrheit fehlen lässet, und sich mit leeren
Ausflüchten behilft, sonderlich solchen, die
man von der üblen Beschaffenheit der Ar-
men hernimmt. Denn ob solche gleich bey
vielen Grund hat, so hat sie ihn doch nicht
bey allen, sonderlich bey Haus-Armen.
Denn wie manche Familie kömmt nicht
durch dieses und jenes unverursachtes Un-
glück in grosse Noth? Wie manchen setzet
nicht die Kranckheit, die ihn von der Werck-
statt aufs Bette wirft, gantz zurück? Wie
erfodert bey manchen die vermehrete Fami-
li
e nicht viel ein mehrers, als eine und die
andere Person erwerben kan? Wie manche
Wittwe sitzet hie und da mit ihren Kindern
von menschlicher Hülfe gantz verlassen. Wie
mancher Mensch ist, der gerne arbeitete,
aber er kan bey den nahrlosen Zeiten und bey
überhäufter Menge der Leute, keine, oder
doch nicht genugsame, Arbeit überkommen?
Und zu dem muß auch die Würdigkeit zum
wenigsten in sofern von der Dürftigkeit un-
terschieden werden, daß man auch einen
Unwürdigen nicht gar lasse vor Hunger und
Frost umkommen, sondern ihm suche derge-
stalt am Leibe zu helfen, daß man ihm auch
der Seelen nach rathe und zu einer guten Le-
bens-Ordnung anhalte.
g. Auf Seiten der Obrigkeitlichen Ver-
ordnungen:
welche zwar an manchen Or-
ten und in manchen Ländern, sonderlich den
Königl. Preußischen und Brandenburgi-
schen vor andern sehr löblich sind; aber doch,
dem grossen Ubel abzuhelfen, noch nicht
hinlänglich erfunden werden, und hoffent-
lich nach und nach noch ein mehrers gesche-
hen wird, sonderlich mit den löblichen An-
stalten der Wäysen-Zucht-Arbeits- und
Kran-
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 3. v. 17. 18.
[Spaltenumbruch]
c. Mancher liebet zwar, wie gedacht, mit der
That, aber nicht zugleich mit der Wahrheit
und Lauterkeit: und zwar auch auf unterſchied-
liche Art:
α. Wenn die That ungern und zu ſpaͤte ge-
ſchiehet, nachdem man ſich lange daruͤber
bedacht hat, auch lange hat bitten laſ-
ſen.
β. Wenn die That nicht ohne falſche Abſicht ei-
nes groͤſſern Nutzens, oder eines zu erhalten-
den eiteln Ruhms, oder einer zu entgehenden
ſchimpflichen Nachrede und eines nachthei-
ligen Vorwurfs, und alſo ohne den wah-
ren Grund der Liebe geſchiehet.
γ. Wenn man mit der thaͤtigen Liebe keine
Proportion haͤlt zwiſchen ſeinem Vermoͤ-
gen und der Noth des Duͤrftigen. Denn
wenn man einem in Noth ſteckenden gar
wohl mit einem und mehrern Rthlr. nach
ſeinem Vermoͤgen helfen kan, man ruͤcket
aber endlich, oder auch bald, um ſeine
Freygebigkeit ſehen zu laſſen, mit etlichen
wenigen Groſchen, oder gar Pfennigen
heraus, ſo iſt das eine ſehr ſchlechte That
ohne Wahrheit.
d. Die That kan zwar wol ohne Wahrheit ſeyn,
aber die Wahrheit der Liebe iſt nie ohne alle
That. Denn iſt gleich die aͤuſſerliche That
nicht in des Liebenden Vermoͤgen, ſo ſtehet er
doch in einem thaͤtigen Affect der Liebe gegen
ihn, und er laͤßt denſelben auch vor GOTT
kund werden in der hertzlichen Fuͤrbitte. Es
giebt in dieſem Stuͤcke aus dem Antriebe der
Liebe GOttes wol ſolche getreue Liebhaber,
welche, wenn ſie ihren Naͤchſten in der Noth
ſehen, ihm aber ſelbſt nicht beyſpringen koͤn-
nen, daruͤber vor Mitleiden ſelbſt in einen
ſolchen Kummer geſetzet werden, daß ſie eher
ihr Hertz nicht vor GOtt ſtillen koͤnnen, bis ſie
des Naͤchſten Anliegen GOTT vorgetragen
und es ihm anbefohlen haben. Welches denn
auch wol manchen verborgnen Segen uͤber
den Duͤrftigen bringen mag. Und dabey laͤßt
es ein GOtt-ergebnes Hertze nicht; ſondern
er ſuchet auch wol des Duͤrftigen Mund und
Fuß bey einigen Wohlhabenden zu ſeyn; wie-
wol ſolcher, welche zugleich an guten Wer-
cken reich waͤren, ſehr wenige zu finden
ſind.
e. Es muß demnach allezeit That und Wahr-
heit
in der Liebe bey einander ſeyn: gleichwie
in allen Dingen, als den Gelehrten bekannt
iſt, materia und forma zuſammen gehoͤren.
Die That iſt die Materie, die Wahrheit
die rechte Form. Davon hat uns der Apo-
ſtel vorher das allervollkommenſte Exempel
vorgeſtellet in Chriſto, wenn er v. 16. ſaget:
Daran haben wir erkannt die Liebe,
daß er ſein Leben fuͤr uns gelaſſen hat,
und wir ſollen auch das Leben fuͤr die
Bruͤder laſſen.
Der Parallel-Ort Jac. 2,
15. 16. iſt bekannt, und daſelbſt auch mit meh-
rern abgehandelt.

4. Wir haben uͤberdas dieſen Ort noch zur
[Spaltenumbruch] fernern Application zu bringen: und zwar

a. Zur Lehre, und zugleich zur Beſtrafung,
von dem groſſen und ſo gemeinen Verfall des
wahren Chriſtenthums mitten in der Chri-
ſtenheit, und auch in der Evangeliſchen Kirche
ſelbſt. Denn iſt etwas, wodurch derſelbe ſo
gar offenbar iſt, daß er iedermann in die Au-
gen faͤllt, ſo iſt es das Verderben, welches
ſich bey den Armen und Reichen, theils auch
an dem Mangel genugſamer Obrigkeitlicher
Anſtalt befindet.
α. Auf Seiten der Armen iſt viel Faulheit,
Muͤßiggang, Unordnung und Verſchwen-
dung des ihrigen, imgleichen Gottloſig-
keit, da man ſich ſeine Armuth nicht zur
Zuͤchtigung, ſondern nur zur deſperation,
oder auch zur Dieberey, dienen laͤßt, zu-
mal wenn man ſelbſt ſchuld daran iſt.
β. Auf Seiten der Reichen iſt Geitz, und
daher theils mancherley Ungerechtigkeit,
theils viele Haͤrtigkeit und Unbarmhertzig-
keit, da man ſcharret und kratzet, als wol-
te und koͤnte man alhier ewig leben: da man
entweder nichts, oder doch zu ſelten, und,
nach Proportion ſeines Vermoͤgens, viel
zu wenig und zu ungern giebt, und es wie
an der That, alſo auch noch mehr an der
Wahrheit fehlen laͤſſet, und ſich mit leeren
Ausfluͤchten behilft, ſonderlich ſolchen, die
man von der uͤblen Beſchaffenheit der Ar-
men hernimmt. Denn ob ſolche gleich bey
vielen Grund hat, ſo hat ſie ihn doch nicht
bey allen, ſonderlich bey Haus-Armen.
Denn wie manche Familie koͤmmt nicht
durch dieſes und jenes unverurſachtes Un-
gluͤck in groſſe Noth? Wie manchen ſetzet
nicht die Kranckheit, die ihn von der Werck-
ſtatt aufs Bette wirft, gantz zuruͤck? Wie
erfodert bey manchen die vermehrete Fami-
li
e nicht viel ein mehrers, als eine und die
andere Perſon erwerben kan? Wie manche
Wittwe ſitzet hie und da mit ihren Kindern
von menſchlicher Huͤlfe gantz verlaſſen. Wie
mancher Menſch iſt, der gerne arbeitete,
aber er kan bey den nahrloſen Zeiten und bey
uͤberhaͤufter Menge der Leute, keine, oder
doch nicht genugſame, Arbeit uͤberkommen?
Und zu dem muß auch die Wuͤrdigkeit zum
wenigſten in ſofern von der Duͤrftigkeit un-
terſchieden werden, daß man auch einen
Unwuͤrdigen nicht gar laſſe vor Hunger und
Froſt umkommen, ſondern ihm ſuche derge-
ſtalt am Leibe zu helfen, daß man ihm auch
der Seelen nach rathe und zu einer guten Le-
bens-Ordnung anhalte.
γ. Auf Seiten der Obrigkeitlichen Ver-
ordnungen:
welche zwar an manchen Or-
ten und in manchen Laͤndern, ſonderlich den
Koͤnigl. Preußiſchen und Brandenburgi-
ſchen vor andern ſehr loͤblich ſind; aber doch,
dem groſſen Ubel abzuhelfen, noch nicht
hinlaͤnglich erfunden werden, und hoffent-
lich nach und nach noch ein mehrers geſche-
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Denn wenn man einem in Noth ſteckenden gar wohl mit einem und mehrern Rthlr. nach ſeinem Vermoͤgen helfen kan, man ruͤcket aber endlich, oder auch bald, um ſeine Freygebigkeit ſehen zu laſſen, mit etlichen wenigen Groſchen, oder gar Pfennigen heraus, ſo iſt das eine ſehr ſchlechte That ohne Wahrheit. d. Die That kan zwar wol ohne Wahrheit ſeyn, aber die Wahrheit der Liebe iſt nie ohne alle That. Denn iſt gleich die aͤuſſerliche That nicht in des Liebenden Vermoͤgen, ſo ſtehet er doch in einem thaͤtigen Affect der Liebe gegen ihn, und er laͤßt denſelben auch vor GOTT kund werden in der hertzlichen Fuͤrbitte. Es giebt in dieſem Stuͤcke aus dem Antriebe der Liebe GOttes wol ſolche getreue Liebhaber, welche, wenn ſie ihren Naͤchſten in der Noth ſehen, ihm aber ſelbſt nicht beyſpringen koͤn- nen, daruͤber vor Mitleiden ſelbſt in einen ſolchen Kummer geſetzet werden, daß ſie eher ihr Hertz nicht vor GOtt ſtillen koͤnnen, bis ſie des Naͤchſten Anliegen GOTT vorgetragen und es ihm anbefohlen haben. Welches denn auch wol manchen verborgnen Segen uͤber den Duͤrftigen bringen mag. Und dabey laͤßt es ein GOtt-ergebnes Hertze nicht; ſondern er ſuchet auch wol des Duͤrftigen Mund und Fuß bey einigen Wohlhabenden zu ſeyn; wie- wol ſolcher, welche zugleich an guten Wer- cken reich waͤren, ſehr wenige zu finden ſind. e. Es muß demnach allezeit That und Wahr- heit in der Liebe bey einander ſeyn: gleichwie in allen Dingen, als den Gelehrten bekannt iſt, materia und forma zuſammen gehoͤren. Die That iſt die Materie, die Wahrheit die rechte Form. Davon hat uns der Apo- ſtel vorher das allervollkommenſte Exempel vorgeſtellet in Chriſto, wenn er v. 16. ſaget: Daran haben wir erkannt die Liebe, daß er ſein Leben fuͤr uns gelaſſen hat, und wir ſollen auch das Leben fuͤr die Bruͤder laſſen. Der Parallel-Ort Jac. 2, 15. 16. iſt bekannt, und daſelbſt auch mit meh- rern abgehandelt. 4. Wir haben uͤberdas dieſen Ort noch zur fernern Application zu bringen: und zwar a. Zur Lehre, und zugleich zur Beſtrafung, von dem groſſen und ſo gemeinen Verfall des wahren Chriſtenthums mitten in der Chri- ſtenheit, und auch in der Evangeliſchen Kirche ſelbſt. Denn iſt etwas, wodurch derſelbe ſo gar offenbar iſt, daß er iedermann in die Au- gen faͤllt, ſo iſt es das Verderben, welches ſich bey den Armen und Reichen, theils auch an dem Mangel genugſamer Obrigkeitlicher Anſtalt befindet. α. Auf Seiten der Armen iſt viel Faulheit, Muͤßiggang, Unordnung und Verſchwen- dung des ihrigen, imgleichen Gottloſig- keit, da man ſich ſeine Armuth nicht zur Zuͤchtigung, ſondern nur zur deſperation, oder auch zur Dieberey, dienen laͤßt, zu- mal wenn man ſelbſt ſchuld daran iſt. β. Auf Seiten der Reichen iſt Geitz, und daher theils mancherley Ungerechtigkeit, theils viele Haͤrtigkeit und Unbarmhertzig- keit, da man ſcharret und kratzet, als wol- te und koͤnte man alhier ewig leben: da man entweder nichts, oder doch zu ſelten, und, nach Proportion ſeines Vermoͤgens, viel zu wenig und zu ungern giebt, und es wie an der That, alſo auch noch mehr an der Wahrheit fehlen laͤſſet, und ſich mit leeren Ausfluͤchten behilft, ſonderlich ſolchen, die man von der uͤblen Beſchaffenheit der Ar- men hernimmt. Denn ob ſolche gleich bey vielen Grund hat, ſo hat ſie ihn doch nicht bey allen, ſonderlich bey Haus-Armen. Denn wie manche Familie koͤmmt nicht durch dieſes und jenes unverurſachtes Un- gluͤck in groſſe Noth? Wie manchen ſetzet nicht die Kranckheit, die ihn von der Werck- ſtatt aufs Bette wirft, gantz zuruͤck? Wie erfodert bey manchen die vermehrete Fami- lie nicht viel ein mehrers, als eine und die andere Perſon erwerben kan? Wie manche Wittwe ſitzet hie und da mit ihren Kindern von menſchlicher Huͤlfe gantz verlaſſen. Wie mancher Menſch iſt, der gerne arbeitete, aber er kan bey den nahrloſen Zeiten und bey uͤberhaͤufter Menge der Leute, keine, oder doch nicht genugſame, Arbeit uͤberkommen? Und zu dem muß auch die Wuͤrdigkeit zum wenigſten in ſofern von der Duͤrftigkeit un- terſchieden werden, daß man auch einen Unwuͤrdigen nicht gar laſſe vor Hunger und Froſt umkommen, ſondern ihm ſuche derge- ſtalt am Leibe zu helfen, daß man ihm auch der Seelen nach rathe und zu einer guten Le- bens-Ordnung anhalte. γ. Auf Seiten der Obrigkeitlichen Ver- ordnungen: welche zwar an manchen Or- ten und in manchen Laͤndern, ſonderlich den Koͤnigl. Preußiſchen und Brandenburgi- ſchen vor andern ſehr loͤblich ſind; aber doch, dem groſſen Ubel abzuhelfen, noch nicht hinlaͤnglich erfunden werden, und hoffent- lich nach und nach noch ein mehrers geſche- hen wird, ſonderlich mit den loͤblichen An- ſtalten der Waͤyſen-Zucht-Arbeits- und Kran-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/700>, abgerufen am 24.11.2024.