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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 5. v. 13. 14. des ersten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] wisset, (bey eurer Erkenntniß zu einer mehrern
Freudigkeit gelangen möget, über der Versiche-
rung) daß ihr das ewige Leben habet, und
daß ihr glaubet an den Namen des Soh-
nes GOttes
(im Glauben zunehmet, und be-
harret.)

Anmerckungen.

1. Der Apostel schreibet den Gläubigen
zu dem Zweck, daß sie von dem herrlichen Aus-
gange ihres Glaubens, der Seelen Seligkeit, zur
mehrern Gewißheit gelangen möchten: welche
ihnen denn zu einer so viel mehrern Glaubens-
Freudigkeit dienen solte. Und solcher gestalt
kömmt dieses überein mit mehrern andern Stellen
dieses Briefes, darinn der Apostel die Gläubigen,
und unter ihnen sonderlich die angefochtenen und
blöden Gewissen zu ermuntern suchet.

2. Der Sohn GOttes, der Glaube
und das ewige Leben, das sind die drey Haupt-
Stücke in der gantzen heiligen Schrift und The-
ologie.
Und gleichwie der Sohn GOttes, als
der Erwerber, billig voran stehet, so gehöret der
Glaube unmittelbar dazu, und stehet zwischen
Christo, und dem ewigen Leben, welches er in
Christo ergreifet, in der Mitte. Siehe auch Joh.
3, 16. c. 20, 31. 1 Joh. 3, 23.

V. 14.

Und das ist die Freudigkeit, die wir
haben zu ihm, daß, so wir etwas bitten nach
seinem Willen, so höret er uns. Und so
wir wissen, daß er uns höret, was wir bit-
ten, so wissen wir, daß wir die Bitte haben,
die wir von ihm gebeten haben.

Anmerckungen.

1. Nachdem der Apostel den Zweck seiner
Vorstellung auf eine zu erweckende mehrere Glau-
bens-Freudigkeit bey den Gläubigen gerichtet
hatte, so zeiget er nun an, worinnen sich solche am
meisten erweisen solle, und worinnen sie auch zum
reichlichern Wachsthum kommen könne, nemlich
im Gebet.

2. Jm 14ten Vers finden wir drey Stücke
vom Gebet, erstlich die dazu gehörige Glaubens-
Freudigkeit;
hernach das Gebet selbst, wie
es nach dem Willen GOttes eingerichtet seyn
müsse; und denn die gnädige Erhörung des-
selben.

3. Die Freudigkeit, paRResia, heißt ei-
gentlich eine solche Freymündigkeit, welche aus
der Freudigkeit des Hertzens entstehet. Denn diß
ist des Glaubens Eigenschaft, daß er das Hertz
mit kindlicher Zuversicht zu GOtt erfüllet. Wo
denn diese ist, da gehet der Gläubige mit GOtt
um, wie ein Kind mit dem Vater, welches gar
frey das Hertz vor ihm mündlich ausschüttet.
Dahingegen, wo es an dem Vertrauen des Her-
tzens fehlet, man zu furchtsam ist, seinen Mund
vor ihm aufzuthun. Das Pronomen ihm,
zu ihm, gehet dergestalt auf den Sohn GOttes,
daß es in dem Sohn auch auf den Vater gehet,
weil er mit dem Vater eines Wesens ist. Und
da der Heilige Geist ist ein Geist des Vaters und
[Spaltenumbruch] des Sohnes, so ist er so viel weniger davon aus-
geschlossen, so viel mehr er, als der himmlische
Zeuge, sein Zeugniß in der Seele eben damit ab-
leget, daß er darinnen die Glaubens-Freudig-
keit wircket, und damit zum Gebet, daß auch auf
ihn mit gerichtet ist, antreibet. Siehe von der
Freudigkeit c. 2, 28. c. 3, 21. 22. auch c. 4, 17. und
von dem freudigen Zugange zu GOtt Hebr. 4,
16. c. 10, 19. 22.

4. Vom andern Stücke ist folgendes zu
betrachten:

a. Was wir GOtt im Gebet vortragen sollen,
drucket der Apostel nicht aus, sondern saget
nur ti etwas, und verstehet dadurch alles An-
liegen in innerlichen und äusserlichen, geistlichen
und leiblichen, grossen und kleinen Dingen, und
die nicht allein uns selbst, sondern auch andere
angehen: wie denn dieses Gebet auch die Ab-
bitte und Fürbitte mit in sich hält. Denn
wenn der Mensch eine solche Providentz GOt-
tes glaubet, die ihren Einfluß in alle Dinge hat,
und dazu weiß, daß oft geringe entweder seyen-
de, oder doch scheinende Dinge, vieles auf sich
haben und nach sich ziehen; so führet er die gnä-
dige Vorsehung und Regierung GOttes mit
gläubiger Zueignung gern in alles ein, damit
alles geheiliget und gesegnet werden möge. Daß
aber das Gebet sonderlich aufs geistliche gerich-
tet seyn müsse, das kan man aus dem Vorzuge,
welchen geistliche Dinge vor den leiblichen ha-
ben, leichtlich erkennen.
b. Das Gebet selbst ist eine solche Handlung,
da man im Glauben sich den allgegenwärtigen,
allwissenden und allgütigen GOtt also vorstellet,
daß man ihm alles sein erkanntes Anliegen zu-
versichtlich vorträget, und ihm befiehlet, auch
seine Gnade, Hülfe, Segen, und gnädige Re-
gierung dazu erbittet, und zwar mit einer be-
ständig widerholten Aufopferung. Daher
es denn bey dem Gebet nicht ankömmt auf eine
und die andere Handlung, sondern auf eine be-
ständige Ubung, welche, so oft es andere nöthi-
ge Berufs-Geschäfte zulassen, wiederholet
wird. Und kan es nicht mit dem Hertzen und
Munde zugleich geschehen, so geschiehet es mit
einer Erhebung des gläubigen Hertzens allein:
als in welcher ein Gläubiger nach der Ermah-
nung Christi allezeit beten soll. Luc. 18, 1. c. 21,
36. Welches Paulus nennet das Anhalten
am Gebet
Röm. 12, 12. Eph. 6, 18. Col. 4, 2.
1 Thess. 5, 17. Siehe auch Matth. 7, 7. 8.
c. Ein zum Gebet gehöriges Haupt-Stücke ist
dieses, daß man nach GOttes Willen bete.
Welches geschiehet, wenn man betet
a. Mit der Erkenntniß des göttlichen
Willens,
theils auch mit dem Verlangen,
daß uns GOtt hierinn und darinn seinen
noch nicht genugsam erkannten Willen recht
zu erkennen gebe.
b. Jm Glauben und im Namen JEsu
Christi
da man auf seinen Befehl und auf
seine Verheissung und sonderlich auf sein
Verdienst siehet. Joh. 14, 13. c. 15, 7. c
16, 24.
g. Mit
Z z z z

Cap. 5. v. 13. 14. des erſten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] wiſſet, (bey eurer Erkenntniß zu einer mehrern
Freudigkeit gelangen moͤget, uͤber der Verſiche-
rung) daß ihr das ewige Leben habet, und
daß ihr glaubet an den Namen des Soh-
nes GOttes
(im Glauben zunehmet, und be-
harret.)

Anmerckungen.

1. Der Apoſtel ſchreibet den Glaͤubigen
zu dem Zweck, daß ſie von dem herrlichen Aus-
gange ihres Glaubens, der Seelen Seligkeit, zur
mehrern Gewißheit gelangen moͤchten: welche
ihnen denn zu einer ſo viel mehrern Glaubens-
Freudigkeit dienen ſolte. Und ſolcher geſtalt
koͤmmt dieſes uͤberein mit mehrern andern Stellen
dieſes Briefes, darinn der Apoſtel die Glaͤubigen,
und unter ihnen ſonderlich die angefochtenen und
bloͤden Gewiſſen zu ermuntern ſuchet.

2. Der Sohn GOttes, der Glaube
und das ewige Leben, das ſind die drey Haupt-
Stuͤcke in der gantzen heiligen Schrift und The-
ologie.
Und gleichwie der Sohn GOttes, als
der Erwerber, billig voran ſtehet, ſo gehoͤret der
Glaube unmittelbar dazu, und ſtehet zwiſchen
Chriſto, und dem ewigen Leben, welches er in
Chriſto ergreifet, in der Mitte. Siehe auch Joh.
3, 16. c. 20, 31. 1 Joh. 3, 23.

V. 14.

Und das iſt die Freudigkeit, die wir
haben zu ihm, daß, ſo wir etwas bitten nach
ſeinem Willen, ſo hoͤret er uns. Und ſo
wir wiſſen, daß er uns hoͤret, was wir bit-
ten, ſo wiſſen wir, daß wir die Bitte haben,
die wir von ihm gebeten haben.

Anmerckungen.

1. Nachdem der Apoſtel den Zweck ſeiner
Vorſtellung auf eine zu erweckende mehrere Glau-
bens-Freudigkeit bey den Glaͤubigen gerichtet
hatte, ſo zeiget er nun an, worinnen ſich ſolche am
meiſten erweiſen ſolle, und worinnen ſie auch zum
reichlichern Wachsthum kommen koͤnne, nemlich
im Gebet.

2. Jm 14ten Vers finden wir drey Stuͤcke
vom Gebet, erſtlich die dazu gehoͤrige Glaubens-
Freudigkeit;
hernach das Gebet ſelbſt, wie
es nach dem Willen GOttes eingerichtet ſeyn
muͤſſe; und denn die gnaͤdige Erhoͤrung deſ-
ſelben.

3. Die Freudigkeit, παῤῥησία, heißt ei-
gentlich eine ſolche Freymuͤndigkeit, welche aus
der Freudigkeit des Hertzens entſtehet. Denn diß
iſt des Glaubens Eigenſchaft, daß er das Hertz
mit kindlicher Zuverſicht zu GOtt erfuͤllet. Wo
denn dieſe iſt, da gehet der Glaͤubige mit GOtt
um, wie ein Kind mit dem Vater, welches gar
frey das Hertz vor ihm muͤndlich ausſchuͤttet.
Dahingegen, wo es an dem Vertrauen des Her-
tzens fehlet, man zu furchtſam iſt, ſeinen Mund
vor ihm aufzuthun. Das Pronomen ihm,
zu ihm, gehet dergeſtalt auf den Sohn GOttes,
daß es in dem Sohn auch auf den Vater gehet,
weil er mit dem Vater eines Weſens iſt. Und
da der Heilige Geiſt iſt ein Geiſt des Vaters und
[Spaltenumbruch] des Sohnes, ſo iſt er ſo viel weniger davon aus-
geſchloſſen, ſo viel mehr er, als der himmliſche
Zeuge, ſein Zeugniß in der Seele eben damit ab-
leget, daß er darinnen die Glaubens-Freudig-
keit wircket, und damit zum Gebet, daß auch auf
ihn mit gerichtet iſt, antreibet. Siehe von der
Freudigkeit c. 2, 28. c. 3, 21. 22. auch c. 4, 17. und
von dem freudigen Zugange zu GOtt Hebr. 4,
16. c. 10, 19. 22.

4. Vom andern Stuͤcke iſt folgendes zu
betrachten:

a. Was wir GOtt im Gebet vortragen ſollen,
drucket der Apoſtel nicht aus, ſondern ſaget
nur τὶ etwas, und verſtehet dadurch alles An-
liegen in innerlichen und aͤuſſerlichen, geiſtlichen
und leiblichen, groſſen und kleinen Dingen, und
die nicht allein uns ſelbſt, ſondern auch andere
angehen: wie denn dieſes Gebet auch die Ab-
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tes glaubet, die ihren Einfluß in alle Dinge hat,
und dazu weiß, daß oft geringe entweder ſeyen-
de, oder doch ſcheinende Dinge, vieles auf ſich
haben und nach ſich ziehen; ſo fuͤhret er die gnaͤ-
dige Vorſehung und Regierung GOttes mit
glaͤubiger Zueignung gern in alles ein, damit
alles geheiliget und geſegnet werden moͤge. Daß
aber das Gebet ſonderlich aufs geiſtliche gerich-
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welchen geiſtliche Dinge vor den leiblichen ha-
ben, leichtlich erkennen.
b. Das Gebet ſelbſt iſt eine ſolche Handlung,
da man im Glauben ſich den allgegenwaͤrtigen,
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verſichtlich vortraͤget, und ihm befiehlet, auch
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es denn bey dem Gebet nicht ankoͤmmt auf eine
und die andere Handlung, ſondern auf eine be-
ſtaͤndige Ubung, welche, ſo oft es andere noͤthi-
ge Berufs-Geſchaͤfte zulaſſen, wiederholet
wird. Und kan es nicht mit dem Hertzen und
Munde zugleich geſchehen, ſo geſchiehet es mit
einer Erhebung des glaͤubigen Hertzens allein:
als in welcher ein Glaͤubiger nach der Ermah-
nung Chriſti allezeit beten ſoll. Luc. 18, 1. c. 21,
36. Welches Paulus nennet das Anhalten
am Gebet
Roͤm. 12, 12. Eph. 6, 18. Col. 4, 2.
1 Theſſ. 5, 17. Siehe auch Matth. 7, 7. 8.
c. Ein zum Gebet gehoͤriges Haupt-Stuͤcke iſt
dieſes, daß man nach GOttes Willen bete.
Welches geſchiehet, wenn man betet
α. Mit der Erkenntniß des goͤttlichen
Willens,
theils auch mit dem Verlangen,
daß uns GOtt hierinn und darinn ſeinen
noch nicht genugſam erkannten Willen recht
zu erkennen gebe.
β. Jm Glauben und im Namen JEſu
Chriſti
da man auf ſeinen Befehl und auf
ſeine Verheiſſung und ſonderlich auf ſein
Verdienſt ſiehet. Joh. 14, 13. c. 15, 7. c
16, 24.
γ. Mit
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[731/0731] Cap. 5. v. 13. 14. des erſten Briefes Johannis. wiſſet, (bey eurer Erkenntniß zu einer mehrern Freudigkeit gelangen moͤget, uͤber der Verſiche- rung) daß ihr das ewige Leben habet, und daß ihr glaubet an den Namen des Soh- nes GOttes (im Glauben zunehmet, und be- harret.) Anmerckungen. 1. Der Apoſtel ſchreibet den Glaͤubigen zu dem Zweck, daß ſie von dem herrlichen Aus- gange ihres Glaubens, der Seelen Seligkeit, zur mehrern Gewißheit gelangen moͤchten: welche ihnen denn zu einer ſo viel mehrern Glaubens- Freudigkeit dienen ſolte. Und ſolcher geſtalt koͤmmt dieſes uͤberein mit mehrern andern Stellen dieſes Briefes, darinn der Apoſtel die Glaͤubigen, und unter ihnen ſonderlich die angefochtenen und bloͤden Gewiſſen zu ermuntern ſuchet. 2. Der Sohn GOttes, der Glaube und das ewige Leben, das ſind die drey Haupt- Stuͤcke in der gantzen heiligen Schrift und The- ologie. Und gleichwie der Sohn GOttes, als der Erwerber, billig voran ſtehet, ſo gehoͤret der Glaube unmittelbar dazu, und ſtehet zwiſchen Chriſto, und dem ewigen Leben, welches er in Chriſto ergreifet, in der Mitte. Siehe auch Joh. 3, 16. c. 20, 31. 1 Joh. 3, 23. V. 14. Und das iſt die Freudigkeit, die wir haben zu ihm, daß, ſo wir etwas bitten nach ſeinem Willen, ſo hoͤret er uns. Und ſo wir wiſſen, daß er uns hoͤret, was wir bit- ten, ſo wiſſen wir, daß wir die Bitte haben, die wir von ihm gebeten haben. Anmerckungen. 1. Nachdem der Apoſtel den Zweck ſeiner Vorſtellung auf eine zu erweckende mehrere Glau- bens-Freudigkeit bey den Glaͤubigen gerichtet hatte, ſo zeiget er nun an, worinnen ſich ſolche am meiſten erweiſen ſolle, und worinnen ſie auch zum reichlichern Wachsthum kommen koͤnne, nemlich im Gebet. 2. Jm 14ten Vers finden wir drey Stuͤcke vom Gebet, erſtlich die dazu gehoͤrige Glaubens- Freudigkeit; hernach das Gebet ſelbſt, wie es nach dem Willen GOttes eingerichtet ſeyn muͤſſe; und denn die gnaͤdige Erhoͤrung deſ- ſelben. 3. Die Freudigkeit, παῤῥησία, heißt ei- gentlich eine ſolche Freymuͤndigkeit, welche aus der Freudigkeit des Hertzens entſtehet. Denn diß iſt des Glaubens Eigenſchaft, daß er das Hertz mit kindlicher Zuverſicht zu GOtt erfuͤllet. Wo denn dieſe iſt, da gehet der Glaͤubige mit GOtt um, wie ein Kind mit dem Vater, welches gar frey das Hertz vor ihm muͤndlich ausſchuͤttet. Dahingegen, wo es an dem Vertrauen des Her- tzens fehlet, man zu furchtſam iſt, ſeinen Mund vor ihm aufzuthun. Das Pronomen ihm, zu ihm, gehet dergeſtalt auf den Sohn GOttes, daß es in dem Sohn auch auf den Vater gehet, weil er mit dem Vater eines Weſens iſt. Und da der Heilige Geiſt iſt ein Geiſt des Vaters und des Sohnes, ſo iſt er ſo viel weniger davon aus- geſchloſſen, ſo viel mehr er, als der himmliſche Zeuge, ſein Zeugniß in der Seele eben damit ab- leget, daß er darinnen die Glaubens-Freudig- keit wircket, und damit zum Gebet, daß auch auf ihn mit gerichtet iſt, antreibet. Siehe von der Freudigkeit c. 2, 28. c. 3, 21. 22. auch c. 4, 17. und von dem freudigen Zugange zu GOtt Hebr. 4, 16. c. 10, 19. 22. 4. Vom andern Stuͤcke iſt folgendes zu betrachten: a. Was wir GOtt im Gebet vortragen ſollen, drucket der Apoſtel nicht aus, ſondern ſaget nur τὶ etwas, und verſtehet dadurch alles An- liegen in innerlichen und aͤuſſerlichen, geiſtlichen und leiblichen, groſſen und kleinen Dingen, und die nicht allein uns ſelbſt, ſondern auch andere angehen: wie denn dieſes Gebet auch die Ab- bitte und Fuͤrbitte mit in ſich haͤlt. Denn wenn der Menſch eine ſolche Providentz GOt- tes glaubet, die ihren Einfluß in alle Dinge hat, und dazu weiß, daß oft geringe entweder ſeyen- de, oder doch ſcheinende Dinge, vieles auf ſich haben und nach ſich ziehen; ſo fuͤhret er die gnaͤ- dige Vorſehung und Regierung GOttes mit glaͤubiger Zueignung gern in alles ein, damit alles geheiliget und geſegnet werden moͤge. Daß aber das Gebet ſonderlich aufs geiſtliche gerich- tet ſeyn muͤſſe, das kan man aus dem Vorzuge, welchen geiſtliche Dinge vor den leiblichen ha- ben, leichtlich erkennen. b. Das Gebet ſelbſt iſt eine ſolche Handlung, da man im Glauben ſich den allgegenwaͤrtigen, allwiſſenden und allguͤtigen GOtt alſo vorſtellet, daß man ihm alles ſein erkanntes Anliegen zu- verſichtlich vortraͤget, und ihm befiehlet, auch ſeine Gnade, Huͤlfe, Segen, und gnaͤdige Re- gierung dazu erbittet, und zwar mit einer be- ſtaͤndig widerholten Aufopferung. Daher es denn bey dem Gebet nicht ankoͤmmt auf eine und die andere Handlung, ſondern auf eine be- ſtaͤndige Ubung, welche, ſo oft es andere noͤthi- ge Berufs-Geſchaͤfte zulaſſen, wiederholet wird. Und kan es nicht mit dem Hertzen und Munde zugleich geſchehen, ſo geſchiehet es mit einer Erhebung des glaͤubigen Hertzens allein: als in welcher ein Glaͤubiger nach der Ermah- nung Chriſti allezeit beten ſoll. Luc. 18, 1. c. 21, 36. Welches Paulus nennet das Anhalten am Gebet Roͤm. 12, 12. Eph. 6, 18. Col. 4, 2. 1 Theſſ. 5, 17. Siehe auch Matth. 7, 7. 8. c. Ein zum Gebet gehoͤriges Haupt-Stuͤcke iſt dieſes, daß man nach GOttes Willen bete. Welches geſchiehet, wenn man betet α. Mit der Erkenntniß des goͤttlichen Willens, theils auch mit dem Verlangen, daß uns GOtt hierinn und darinn ſeinen noch nicht genugſam erkannten Willen recht zu erkennen gebe. β. Jm Glauben und im Namen JEſu Chriſti da man auf ſeinen Befehl und auf ſeine Verheiſſung und ſonderlich auf ſein Verdienſt ſiehet. Joh. 14, 13. c. 15, 7. c 16, 24. γ. Mit Z z z z

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 731. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/731>, abgerufen am 24.11.2024.