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Lange, Helene: Die höhere Mädchenschule und ihre Bestimmung. Berlin, 1887.

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dienen könnten. Da dieselben vom Gefallen des Publikums
unabhängig waren, so waren obenerwähnte Ausschreitungen
nicht zu fürchten; andrerseits konnte zwar auch der in sei-
ner freien Verfügung vielfach gehemmte Direktor der staat-
lichen oder städtischen Anstalt, der weder Lehrprogramm
noch Lehrpersonal ganz nach seinem Ermessen wählen durfte,
niemals an die Verwirklichung etwaiger schöpferischer Ideen
in seiner Anstalt denken.

Diese neuen Schulen unterschieden sich ganz besonders
in einem Punkt wesentlich von den Privatanstalten, da-
durch nämlich, daß der Einfluß der Frauen, der in den
Privatanstalten von hoher Bedeutung erschien, hier wenig
geschätzt wurde. Feststellung des Lehrprogramms, oberste
Leitung und Unterricht in den oberen Klassen wurde in
die Hand von Männern gelegt, und dieser Umstand scheint,
obwohl es sich um Heranbildung von Frauen handelte,
nicht die geringsten principiellen Bedenken veranlaßt zu
haben.

Die Resultate waren weniger befriedigend, als man
erwartet hatte. Man glaubte den Grund darin zu finden,
daß noch eine zu starke Anlehnung an die Knabenschule
stattgefunden hätte, und suchte nun zunächst eine feste
Basis für die Mädchenschule zu gewinnen, indem man
über das Wesen weiblicher Bildung allerlei Theorien auf-
stellte und viel schrieb und disputierte. Als man über die
für die innere Organisation der höheren Mädchenschule
maßgebenden Grundsätze ins Klare gekommen zu sein
glaubte, kam im Jahre 1872 auf Veranlassung von Dr.
Versammlung deutscher
Mädchenschulpädagogen
zu Weimar 1872.
G. Kreyenberg in Iserlohn eine Versammlung deutscher
Mädchenschulpädagogen in Weimar zu stande, welche in
einer den deutschen Staatsregierungen gewidmeten Denk-
Weimarer Denkschrift.schrift
1) das Ziel der höheren Mädchenschule festzustellen
suchte. Sie bestimmt in These II dieses Ziel folgender-
maßen: "Die höhere Mädchenschule hat die Bestimmung,

1) Gedruckt bei Samuel Lucas, Elberfeld.

dienen könnten. Da dieselben vom Gefallen des Publikums
unabhängig waren, so waren obenerwähnte Ausschreitungen
nicht zu fürchten; andrerseits konnte zwar auch der in sei-
ner freien Verfügung vielfach gehemmte Direktor der staat-
lichen oder städtischen Anstalt, der weder Lehrprogramm
noch Lehrpersonal ganz nach seinem Ermessen wählen durfte,
niemals an die Verwirklichung etwaiger schöpferischer Ideen
in seiner Anstalt denken.

Diese neuen Schulen unterschieden sich ganz besonders
in einem Punkt wesentlich von den Privatanstalten, da-
durch nämlich, daß der Einfluß der Frauen, der in den
Privatanstalten von hoher Bedeutung erschien, hier wenig
geschätzt wurde. Feststellung des Lehrprogramms, oberste
Leitung und Unterricht in den oberen Klassen wurde in
die Hand von Männern gelegt, und dieser Umstand scheint,
obwohl es sich um Heranbildung von Frauen handelte,
nicht die geringsten principiellen Bedenken veranlaßt zu
haben.

Die Resultate waren weniger befriedigend, als man
erwartet hatte. Man glaubte den Grund darin zu finden,
daß noch eine zu starke Anlehnung an die Knabenschule
stattgefunden hätte, und suchte nun zunächst eine feste
Basis für die Mädchenschule zu gewinnen, indem man
über das Wesen weiblicher Bildung allerlei Theorien auf-
stellte und viel schrieb und disputierte. Als man über die
für die innere Organisation der höheren Mädchenschule
maßgebenden Grundsätze ins Klare gekommen zu sein
glaubte, kam im Jahre 1872 auf Veranlassung von Dr.
Versammlung deutscher
Mädchenschulpädagogen
zu Weimar 1872.
G. Kreyenberg in Iserlohn eine Versammlung deutscher
Mädchenschulpädagogen in Weimar zu stande, welche in
einer den deutschen Staatsregierungen gewidmeten Denk-
Weimarer Denkschrift.schrift
1) das Ziel der höheren Mädchenschule festzustellen
suchte. Sie bestimmt in These II dieses Ziel folgender-
maßen: „Die höhere Mädchenschule hat die Bestimmung,

1) Gedruckt bei Samuel Lucas, Elberfeld.
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[6/0007] dienen könnten. Da dieselben vom Gefallen des Publikums unabhängig waren, so waren obenerwähnte Ausschreitungen nicht zu fürchten; andrerseits konnte zwar auch der in sei- ner freien Verfügung vielfach gehemmte Direktor der staat- lichen oder städtischen Anstalt, der weder Lehrprogramm noch Lehrpersonal ganz nach seinem Ermessen wählen durfte, niemals an die Verwirklichung etwaiger schöpferischer Ideen in seiner Anstalt denken. Diese neuen Schulen unterschieden sich ganz besonders in einem Punkt wesentlich von den Privatanstalten, da- durch nämlich, daß der Einfluß der Frauen, der in den Privatanstalten von hoher Bedeutung erschien, hier wenig geschätzt wurde. Feststellung des Lehrprogramms, oberste Leitung und Unterricht in den oberen Klassen wurde in die Hand von Männern gelegt, und dieser Umstand scheint, obwohl es sich um Heranbildung von Frauen handelte, nicht die geringsten principiellen Bedenken veranlaßt zu haben. Die Resultate waren weniger befriedigend, als man erwartet hatte. Man glaubte den Grund darin zu finden, daß noch eine zu starke Anlehnung an die Knabenschule stattgefunden hätte, und suchte nun zunächst eine feste Basis für die Mädchenschule zu gewinnen, indem man über das Wesen weiblicher Bildung allerlei Theorien auf- stellte und viel schrieb und disputierte. Als man über die für die innere Organisation der höheren Mädchenschule maßgebenden Grundsätze ins Klare gekommen zu sein glaubte, kam im Jahre 1872 auf Veranlassung von Dr. G. Kreyenberg in Iserlohn eine Versammlung deutscher Mädchenschulpädagogen in Weimar zu stande, welche in einer den deutschen Staatsregierungen gewidmeten Denk- schrift 1) das Ziel der höheren Mädchenschule festzustellen suchte. Sie bestimmt in These II dieses Ziel folgender- maßen: „Die höhere Mädchenschule hat die Bestimmung, Versammlung deutscher Mädchenschulpädagogen zu Weimar 1872. 1) Gedruckt bei Samuel Lucas, Elberfeld.

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Zitationshilfe: Lange, Helene: Die höhere Mädchenschule und ihre Bestimmung. Berlin, 1887, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_maedchenschule_1887/7>, abgerufen am 21.11.2024.