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Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856.

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mehr. Die Interpretation älterer Manuscripte, welche das
Schachspiel betreffen, ist besonders in neuerer Zeit wieder
durch Auffindung mancher alten Handschriften angeregt wor-
den. Endlich kann es Aufgabe der Philologie sein, die Be-
gründung gewisser geschichtlicher Thatsachen aus der He-
raldik, sowie anderer gesellschaftlicher Verhältnisse, welche
an das Schachspiel anknüpfen, nachzuweisen.

Anmerkung. Die mehr oder weniger richtige, correcte oder
gezwungene Interpretation gewisser klassischer Citate hat
nicht selten zu dem Irrthume verleitet, dass das Schach-
spiel bereits von den klassischen Nationen gekannt sei.
Dahin gehört vorzüglich die Erklärung einiger Stellen aus
Ovid's Ars amandi, welche sich sicherlich auf ein unserem
Damenspiele ähnliches Spiel weit eher beziehen lassen als
auf das Schach. Der verstorbene berühmte Schachspieler
Alexandre wollte aus der Interpretation eines Verses aus
dem 2. Buche Samuelis auf die Kenntniss unseres Spieles
bei den alten Hebräern schliessen. Auch diese Stelle (II.
Samuel. 2, 14), wenn sie überhaupt auf ein Spiel bezogen
werden soll, lässt wohl eher an jedes andere als an unser
Spiel denken. -- Was ältere Schachhandschriften betrifft,
so sind erst in dem vergangenen Jahre von Signor Fan-
tacci
zu Florenz verschiedene nicht uninteressante Manu-
scripte meist aus dem 15. Jahrhundert, entdeckt. Wahr-
scheinlich findet sich darunter ein Originalwerk des Greco,
und man gewinnt hierdurch noch mehr Veranlassung zur
endlichen Erledigung der Frage nach den eigentlichen Ori-
ginalspielen dieses berühmten Autors. -- In Betreff heral-
discher Fragen wollen wir an die Andeutungen in §. 153
erinnern, auch merke man, dass z. B. die Stadt Rochlitz
in Sachsen einen Rochen im Wappen und die Verpflich-
tung hatte, ihrem Bischof bei der Investitur ein massiv
silbernes Schachspiel zum Geschenk zu bringen. Ferner
soll in Schachstadt im Braunschweigischen in Folge alter
Privilegien jeder Hausvater verbunden gewesen sein, ein
Schachspiel zu halten und jeden ihn besuchenden Fremden
zum Schachspiel aufzufordern.

Dreiundfünfzigstes Kapitel.
Besondere Materien.

§. 351. Die eigenthümliche Natur des Schachbrettes
und mannigfache Beziehungen der Schachfiguren haben Anlass
zu mnemotechnischen Anknüpfungen gegeben. Besonders merk-
würdig ist in dieser Hinsicht der Versuch eines Mönches aus dem

mehr. Die Interpretation älterer Manuscripte, welche das
Schachspiel betreffen, ist besonders in neuerer Zeit wieder
durch Auffindung mancher alten Handschriften angeregt wor-
den. Endlich kann es Aufgabe der Philologie sein, die Be-
gründung gewisser geschichtlicher Thatsachen aus der He-
raldik, sowie anderer gesellschaftlicher Verhältnisse, welche
an das Schachspiel anknüpfen, nachzuweisen.

Anmerkung. Die mehr oder weniger richtige, correcte oder
gezwungene Interpretation gewisser klassischer Citate hat
nicht selten zu dem Irrthume verleitet, dass das Schach-
spiel bereits von den klassischen Nationen gekannt sei.
Dahin gehört vorzüglich die Erklärung einiger Stellen aus
Ovid’s Ars amandi, welche sich sicherlich auf ein unserem
Damenspiele ähnliches Spiel weit eher beziehen lassen als
auf das Schach. Der verstorbene berühmte Schachspieler
Alexandre wollte aus der Interpretation eines Verses aus
dem 2. Buche Samuelis auf die Kenntniss unseres Spieles
bei den alten Hebräern schliessen. Auch diese Stelle (II.
Samuel. 2, 14), wenn sie überhaupt auf ein Spiel bezogen
werden soll, lässt wohl eher an jedes andere als an unser
Spiel denken. — Was ältere Schachhandschriften betrifft,
so sind erst in dem vergangenen Jahre von Signor Fan-
tacci
zu Florenz verschiedene nicht uninteressante Manu-
scripte meist aus dem 15. Jahrhundert, entdeckt. Wahr-
scheinlich findet sich darunter ein Originalwerk des Greco,
und man gewinnt hierdurch noch mehr Veranlassung zur
endlichen Erledigung der Frage nach den eigentlichen Ori-
ginalspielen dieses berühmten Autors. — In Betreff heral-
discher Fragen wollen wir an die Andeutungen in §. 153
erinnern, auch merke man, dass z. B. die Stadt Rochlitz
in Sachsen einen Rochen im Wappen und die Verpflich-
tung hatte, ihrem Bischof bei der Investitur ein massiv
silbernes Schachspiel zum Geschenk zu bringen. Ferner
soll in Schachstadt im Braunschweigischen in Folge alter
Privilegien jeder Hausvater verbunden gewesen sein, ein
Schachspiel zu halten und jeden ihn besuchenden Fremden
zum Schachspiel aufzufordern.

Dreiundfünfzigstes Kapitel.
Besondere Materien.

§. 351. Die eigenthümliche Natur des Schachbrettes
und mannigfache Beziehungen der Schachfiguren haben Anlass
zu mnemotechnischen Anknüpfungen gegeben. Besonders merk-
würdig ist in dieser Hinsicht der Versuch eines Mönches aus dem

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[203/0215] mehr. Die Interpretation älterer Manuscripte, welche das Schachspiel betreffen, ist besonders in neuerer Zeit wieder durch Auffindung mancher alten Handschriften angeregt wor- den. Endlich kann es Aufgabe der Philologie sein, die Be- gründung gewisser geschichtlicher Thatsachen aus der He- raldik, sowie anderer gesellschaftlicher Verhältnisse, welche an das Schachspiel anknüpfen, nachzuweisen. Anmerkung. Die mehr oder weniger richtige, correcte oder gezwungene Interpretation gewisser klassischer Citate hat nicht selten zu dem Irrthume verleitet, dass das Schach- spiel bereits von den klassischen Nationen gekannt sei. Dahin gehört vorzüglich die Erklärung einiger Stellen aus Ovid’s Ars amandi, welche sich sicherlich auf ein unserem Damenspiele ähnliches Spiel weit eher beziehen lassen als auf das Schach. Der verstorbene berühmte Schachspieler Alexandre wollte aus der Interpretation eines Verses aus dem 2. Buche Samuelis auf die Kenntniss unseres Spieles bei den alten Hebräern schliessen. Auch diese Stelle (II. Samuel. 2, 14), wenn sie überhaupt auf ein Spiel bezogen werden soll, lässt wohl eher an jedes andere als an unser Spiel denken. — Was ältere Schachhandschriften betrifft, so sind erst in dem vergangenen Jahre von Signor Fan- tacci zu Florenz verschiedene nicht uninteressante Manu- scripte meist aus dem 15. Jahrhundert, entdeckt. Wahr- scheinlich findet sich darunter ein Originalwerk des Greco, und man gewinnt hierdurch noch mehr Veranlassung zur endlichen Erledigung der Frage nach den eigentlichen Ori- ginalspielen dieses berühmten Autors. — In Betreff heral- discher Fragen wollen wir an die Andeutungen in §. 153 erinnern, auch merke man, dass z. B. die Stadt Rochlitz in Sachsen einen Rochen im Wappen und die Verpflich- tung hatte, ihrem Bischof bei der Investitur ein massiv silbernes Schachspiel zum Geschenk zu bringen. Ferner soll in Schachstadt im Braunschweigischen in Folge alter Privilegien jeder Hausvater verbunden gewesen sein, ein Schachspiel zu halten und jeden ihn besuchenden Fremden zum Schachspiel aufzufordern. Dreiundfünfzigstes Kapitel. Besondere Materien. §. 351. Die eigenthümliche Natur des Schachbrettes und mannigfache Beziehungen der Schachfiguren haben Anlass zu mnemotechnischen Anknüpfungen gegeben. Besonders merk- würdig ist in dieser Hinsicht der Versuch eines Mönches aus dem

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Zitationshilfe: Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/215>, abgerufen am 23.11.2024.