Langemann, Ludwig: Das Frauenstimmrecht und seine Bekämpfung. Berlin, [1913] (= Schriften des Deutschen Bundes zur Bekämpfung der Frauenemanzipation, Bd. 4).und Frau, die Familie im Stich lassen und in die politischen Ver- Es erhebt sich weiter die Frage: Wie ist das Frauenstimm- und Frau, die Familie im Stich lassen und in die politischen Ver- Es erhebt sich weiter die Frage: Wie ist das Frauenstimm- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0016" n="16"/> und Frau, die Familie im Stich lassen und in die politischen Ver-<lb/> sammlungen gehen. Was sollte da aus der leiblichen und geistigen<lb/> Pflege unserer Kinder werden, welche gründliche Zerstörung<lb/> deutschen Familienlebens müßte die Folge sein! – Da hilft auch<lb/> die Ausrede nichts, daß ja keine Frau gezwungen würde, am<lb/> politischen Leben teilzunehmen. Wenn einmal das Frauenstimm-<lb/> recht eingeführt ist – das bezeugen heute schon die dänischen Fa-<lb/> milienmütter – dann werden die Hausfrauen schon durch die<lb/> Unmöglichkeit, den radikalen Ledigen das ganze politische Feld<lb/> zu überlassen, gezwungen, ihren Widerwillen zu überwinden und<lb/> zum Wahllokal zu gehen. – Vermutlich würden die meisten Ehe-<lb/> frauen sich in ihren politischen Meinungen denen der Männer<lb/> anschließen, und es würde dann beim Frauenstimmrecht nichts<lb/> weiter herauskommen als eine Verdopplung der Stimmen, die<lb/> besonders den radikalen Parteien zugute käme, die ihrer Frauen<lb/> ganz sicher sind. Oder aber die Frauen sind echte Rechtlerinnen<lb/> von eigener Ueberzeugung, und dann werden sie den ehelichen<lb/> Frieden in der stärksten Weise stören. – Man erkennt: Eine<lb/> normale Ehefrau konnte unmöglich auf den Gedanken des Frauen-<lb/> stimmrechts kommen, er konnte nur dem Kopfe der selbständigen<lb/> Ledigen entspringen. Von dem gewaltigen politischen Einfluß,<lb/> welchen die Ehefrauen und Mütter durch ihre erziehliche<lb/> Einwirkung auf die heranwachsende Generation ausüben, von<lb/> der wahren, echten Mütterlichkeit im Staatsleben erzählt uns in<lb/> ergreifender Weise das Erhebungsjahr 1813, dessen Jubelfeier<lb/> wir begehen. Aus 15jährigen Knaben machte die hinreißende<lb/> vaterländische Glut tapferer preußischer und deutscher Mütter<lb/> über Nacht Männer und Helden, die freudig hinauszogen in<lb/> Kampf und Tod fürs Vaterland. Dieser Art von Müttern<lb/> wünschte Bismarck einst einen größeren politischen Einfluß; an<lb/> das Frauenstimmrecht hat er bei ihnen gewiß nicht gedacht.</p><lb/> <p>Es erhebt sich weiter die Frage: Wie ist das Frauenstimm-<lb/> recht vom Standpunkte der Kirche, der Gemeinde und des Staates<lb/> zu beurteilen? – Es gibt heute unter uns schon zahlreiche Geist-<lb/> liche und Laien, die sich von einer Teilnahme der Frauen an den<lb/> kirchlichen Wahlen viel Gutes für die Kirche versprechen und vor<lb/> allem der Meinung sind, daß es ein Gebot der Gerechtigkeit sei,<lb/> den Frauen als den fleißigsten Kirchgängern auch die entsprechenden<lb/> kirchlichen Rechte zu gewähren. Allgemein ist dazu zunächst zu<lb/> sagen: Wenn der Persönlichkeitswert des einzelnen und die Jdee<lb/> der Gerechtigkeit für alle Staatsangehörigen die politische Betä-<lb/> tigung und das Stimmrecht erforderte, so würde es z. B. von<lb/> seiten des Staates eine schreiende Ungerechtigkeit sein, daß er<lb/>   </p> </div> </body> </text> </TEI> [16/0016]
und Frau, die Familie im Stich lassen und in die politischen Ver-
sammlungen gehen. Was sollte da aus der leiblichen und geistigen
Pflege unserer Kinder werden, welche gründliche Zerstörung
deutschen Familienlebens müßte die Folge sein! – Da hilft auch
die Ausrede nichts, daß ja keine Frau gezwungen würde, am
politischen Leben teilzunehmen. Wenn einmal das Frauenstimm-
recht eingeführt ist – das bezeugen heute schon die dänischen Fa-
milienmütter – dann werden die Hausfrauen schon durch die
Unmöglichkeit, den radikalen Ledigen das ganze politische Feld
zu überlassen, gezwungen, ihren Widerwillen zu überwinden und
zum Wahllokal zu gehen. – Vermutlich würden die meisten Ehe-
frauen sich in ihren politischen Meinungen denen der Männer
anschließen, und es würde dann beim Frauenstimmrecht nichts
weiter herauskommen als eine Verdopplung der Stimmen, die
besonders den radikalen Parteien zugute käme, die ihrer Frauen
ganz sicher sind. Oder aber die Frauen sind echte Rechtlerinnen
von eigener Ueberzeugung, und dann werden sie den ehelichen
Frieden in der stärksten Weise stören. – Man erkennt: Eine
normale Ehefrau konnte unmöglich auf den Gedanken des Frauen-
stimmrechts kommen, er konnte nur dem Kopfe der selbständigen
Ledigen entspringen. Von dem gewaltigen politischen Einfluß,
welchen die Ehefrauen und Mütter durch ihre erziehliche
Einwirkung auf die heranwachsende Generation ausüben, von
der wahren, echten Mütterlichkeit im Staatsleben erzählt uns in
ergreifender Weise das Erhebungsjahr 1813, dessen Jubelfeier
wir begehen. Aus 15jährigen Knaben machte die hinreißende
vaterländische Glut tapferer preußischer und deutscher Mütter
über Nacht Männer und Helden, die freudig hinauszogen in
Kampf und Tod fürs Vaterland. Dieser Art von Müttern
wünschte Bismarck einst einen größeren politischen Einfluß; an
das Frauenstimmrecht hat er bei ihnen gewiß nicht gedacht.
Es erhebt sich weiter die Frage: Wie ist das Frauenstimm-
recht vom Standpunkte der Kirche, der Gemeinde und des Staates
zu beurteilen? – Es gibt heute unter uns schon zahlreiche Geist-
liche und Laien, die sich von einer Teilnahme der Frauen an den
kirchlichen Wahlen viel Gutes für die Kirche versprechen und vor
allem der Meinung sind, daß es ein Gebot der Gerechtigkeit sei,
den Frauen als den fleißigsten Kirchgängern auch die entsprechenden
kirchlichen Rechte zu gewähren. Allgemein ist dazu zunächst zu
sagen: Wenn der Persönlichkeitswert des einzelnen und die Jdee
der Gerechtigkeit für alle Staatsangehörigen die politische Betä-
tigung und das Stimmrecht erforderte, so würde es z. B. von
seiten des Staates eine schreiende Ungerechtigkeit sein, daß er
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(2018-02-05T14:39:49Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
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