Vaters seyn, zu deren Belohnung er nun gegangen ist! Erhalten Sie in diesen ge- rührten Herzen (wobey er auf uns wies) das gesegnete Andenken Jhrer verehrungs- würdigen Aeltern, durch die Bemühung in ihren Fußstapfen zu wandeln!
Die alte Dame war auch da, und die- ser bediente sich mein Vater zum Vor- wand, das Fräulein aus dem Zimmer zu bringen, indem er sie bat, ihre Frau Großmutter zur Ruhe zu führen. Wie das Fräulein anfieng zu gehen, machten wir alle Platz. Sie sah uns an, und Thräneu rollten über ihre Backen; da drängten sich alle, und küßten ihre Hände, ihre Kleider; und gewiß, es war nicht die Bewegung sich der Erbin zu empfehlen, sondern eine Bezeugung der Ehrfurcht für den Ueberrest des besten Herrn, den wir in ihr sahen.
Mein Vater und der Beamte sorgten für die Beerdigung.
Niemals ist ein solches Leichbegängniß ge- wesen. Es war vom Herrn von Sternheim befohlen, daß es Nachts und ruhig seyn
sollte:
Vaters ſeyn, zu deren Belohnung er nun gegangen iſt! Erhalten Sie in dieſen ge- ruͤhrten Herzen (wobey er auf uns wies) das geſegnete Andenken Jhrer verehrungs- wuͤrdigen Aeltern, durch die Bemuͤhung in ihren Fußſtapfen zu wandeln!
Die alte Dame war auch da, und die- ſer bediente ſich mein Vater zum Vor- wand, das Fraͤulein aus dem Zimmer zu bringen, indem er ſie bat, ihre Frau Großmutter zur Ruhe zu fuͤhren. Wie das Fraͤulein anfieng zu gehen, machten wir alle Platz. Sie ſah uns an, und Thraͤneu rollten uͤber ihre Backen; da draͤngten ſich alle, und kuͤßten ihre Haͤnde, ihre Kleider; und gewiß, es war nicht die Bewegung ſich der Erbin zu empfehlen, ſondern eine Bezeugung der Ehrfurcht fuͤr den Ueberreſt des beſten Herrn, den wir in ihr ſahen.
Mein Vater und der Beamte ſorgten fuͤr die Beerdigung.
Niemals iſt ein ſolches Leichbegaͤngniß ge- weſen. Es war vom Herrn von Sternheim befohlen, daß es Nachts und ruhig ſeyn
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Vaters ſeyn, zu deren Belohnung er nun
gegangen iſt! Erhalten Sie in dieſen ge-
ruͤhrten Herzen (wobey er auf uns wies)
das geſegnete Andenken Jhrer verehrungs-
wuͤrdigen Aeltern, durch die Bemuͤhung
in ihren Fußſtapfen zu wandeln!
Die alte Dame war auch da, und die-
ſer bediente ſich mein Vater zum Vor-
wand, das Fraͤulein aus dem Zimmer zu
bringen, indem er ſie bat, ihre Frau
Großmutter zur Ruhe zu fuͤhren. Wie
das Fraͤulein anfieng zu gehen, machten
wir alle Platz. Sie ſah uns an, und
Thraͤneu rollten uͤber ihre Backen; da
draͤngten ſich alle, und kuͤßten ihre Haͤnde,
ihre Kleider; und gewiß, es war nicht
die Bewegung ſich der Erbin zu empfehlen,
ſondern eine Bezeugung der Ehrfurcht fuͤr
den Ueberreſt des beſten Herrn, den wir
in ihr ſahen.
Mein Vater und der Beamte ſorgten
fuͤr die Beerdigung.
Niemals iſt ein ſolches Leichbegaͤngniß ge-
weſen. Es war vom Herrn von Sternheim
befohlen, daß es Nachts und ruhig ſeyn
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/104>, abgerufen am 27.11.2024.
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