Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

ihr Platz geschafft hatten. Niemals hatte ich
sie so schön gesehen als in diesem Augenblick!
sogar ihr Gang schien leichter und ange-
nehmer als sonst. Jedermann hatte die
Augen auf sie gewandt; sie sah es; schlug
die ihre zur Erden, und erröthete außer-
ordentlich. Jn dem nehmlichen Augen-
blick kam der Fürst auch mitten durch das
Gedränge des Volks aus dem Pfarrgar-
ten heraus. Nun hättest du den Aus-
druck des Argwohns und des boshaften
Urtheils der Gedanken über die Zusammen-
kunft der Sternheim mit dem Fürsten se-
hen sollen, der auf einmal in jedem sprö-
den, coquetten und devoten Affengesicht
sichtbar wurde; und die albernen Scherze
der Mannsleute über die Röthe, da sie
der Fürst mit Entzücken betrachtete.
Beydes wurde als ein Beweis ihrer ver-
gnügten Zusammenkunft im Pfarrhaus
aufgenommen, und alle sagten sich ins
Ohr: wir feyren das Fest der Uebergabe
dieser für unüberwindlich gehaltenen Schö-
nen. Die reizende Art, mit welcher sie
dem Fürsten etwas Erfrischung brachte;

die

ihr Platz geſchafft hatten. Niemals hatte ich
ſie ſo ſchoͤn geſehen als in dieſem Augenblick!
ſogar ihr Gang ſchien leichter und ange-
nehmer als ſonſt. Jedermann hatte die
Augen auf ſie gewandt; ſie ſah es; ſchlug
die ihre zur Erden, und erroͤthete außer-
ordentlich. Jn dem nehmlichen Augen-
blick kam der Fuͤrſt auch mitten durch das
Gedraͤnge des Volks aus dem Pfarrgar-
ten heraus. Nun haͤtteſt du den Aus-
druck des Argwohns und des boshaften
Urtheils der Gedanken uͤber die Zuſammen-
kunft der Sternheim mit dem Fuͤrſten ſe-
hen ſollen, der auf einmal in jedem ſproͤ-
den, coquetten und devoten Affengeſicht
ſichtbar wurde; und die albernen Scherze
der Mannsleute uͤber die Roͤthe, da ſie
der Fuͤrſt mit Entzuͤcken betrachtete.
Beydes wurde als ein Beweis ihrer ver-
gnuͤgten Zuſammenkunft im Pfarrhaus
aufgenommen, und alle ſagten ſich ins
Ohr: wir feyren das Feſt der Uebergabe
dieſer fuͤr unuͤberwindlich gehaltenen Schoͤ-
nen. Die reizende Art, mit welcher ſie
dem Fuͤrſten etwas Erfriſchung brachte;

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0264" n="238"/>
ihr Platz ge&#x017F;chafft hatten. Niemals hatte ich<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n ge&#x017F;ehen als in die&#x017F;em Augenblick!<lb/>
&#x017F;ogar ihr Gang &#x017F;chien leichter und ange-<lb/>
nehmer als &#x017F;on&#x017F;t. Jedermann hatte die<lb/>
Augen auf &#x017F;ie gewandt; &#x017F;ie &#x017F;ah es; &#x017F;chlug<lb/>
die ihre zur Erden, und erro&#x0364;thete außer-<lb/>
ordentlich. Jn dem nehmlichen Augen-<lb/>
blick kam der Fu&#x0364;r&#x017F;t auch mitten durch das<lb/>
Gedra&#x0364;nge des Volks aus dem Pfarrgar-<lb/>
ten heraus. Nun ha&#x0364;tte&#x017F;t du den Aus-<lb/>
druck des Argwohns und des boshaften<lb/>
Urtheils der Gedanken u&#x0364;ber die Zu&#x017F;ammen-<lb/>
kunft der Sternheim mit dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;e-<lb/>
hen &#x017F;ollen, der auf einmal in jedem &#x017F;pro&#x0364;-<lb/>
den, coquetten und devoten Affenge&#x017F;icht<lb/>
&#x017F;ichtbar wurde; und die albernen Scherze<lb/>
der Mannsleute u&#x0364;ber die Ro&#x0364;the, da &#x017F;ie<lb/>
der Fu&#x0364;r&#x017F;t mit Entzu&#x0364;cken betrachtete.<lb/>
Beydes wurde als ein Beweis ihrer ver-<lb/>
gnu&#x0364;gten Zu&#x017F;ammenkunft im Pfarrhaus<lb/>
aufgenommen, und alle &#x017F;agten &#x017F;ich ins<lb/>
Ohr: wir feyren das Fe&#x017F;t der Uebergabe<lb/>
die&#x017F;er fu&#x0364;r unu&#x0364;berwindlich gehaltenen Scho&#x0364;-<lb/>
nen. Die reizende Art, mit welcher &#x017F;ie<lb/>
dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten etwas Erfri&#x017F;chung brachte;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0264] ihr Platz geſchafft hatten. Niemals hatte ich ſie ſo ſchoͤn geſehen als in dieſem Augenblick! ſogar ihr Gang ſchien leichter und ange- nehmer als ſonſt. Jedermann hatte die Augen auf ſie gewandt; ſie ſah es; ſchlug die ihre zur Erden, und erroͤthete außer- ordentlich. Jn dem nehmlichen Augen- blick kam der Fuͤrſt auch mitten durch das Gedraͤnge des Volks aus dem Pfarrgar- ten heraus. Nun haͤtteſt du den Aus- druck des Argwohns und des boshaften Urtheils der Gedanken uͤber die Zuſammen- kunft der Sternheim mit dem Fuͤrſten ſe- hen ſollen, der auf einmal in jedem ſproͤ- den, coquetten und devoten Affengeſicht ſichtbar wurde; und die albernen Scherze der Mannsleute uͤber die Roͤthe, da ſie der Fuͤrſt mit Entzuͤcken betrachtete. Beydes wurde als ein Beweis ihrer ver- gnuͤgten Zuſammenkunft im Pfarrhaus aufgenommen, und alle ſagten ſich ins Ohr: wir feyren das Feſt der Uebergabe dieſer fuͤr unuͤberwindlich gehaltenen Schoͤ- nen. Die reizende Art, mit welcher ſie dem Fuͤrſten etwas Erfriſchung brachte; die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/264
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/264>, abgerufen am 22.11.2024.