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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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welche in ihrem Leben nichts als den Man-
gel dieser Glückseligkeiten des Reichthums
gekannt hatte, übergiebt sich mit Freuden
dem Genuß des Wohllebens, der Zer-
streuung in Gesellschaften und dem Ver-
gnügen schöner und abwechselnder Klei-
dung. Sie bekömmt Kinder; diese fängt
man auch an standesmäßig zu erziehen;
und das Vermögen wird aufgezehrt; man
macht Schulden und führt mit entlehn-
tem Gelde den gewohntem Aufwand fort,
bis die Summe so groß wird, daß die
Gläubiger keine Geduld mehr haben und
sie mit ihren Mobilien und dem Hause
selbst die Bezahlung machen müssen; und
nun verschwanden auch alle ihre Freunde.
Die Gewohnheit eines guten Tisches und
die Liebe zu schöner Kleidung, nahm ih-
nen das Uebrige. Das Einkommen von
seinem Amte wurde in den ersten Monaten
des Jahres verbraucht, in den andern
fand sich Mangel und Kummer ein; der
Mann konnte seinen Stolz, die Frau ihre
Liebe zur Gemächlichkeit nicht vergnügen;
bey ihm fehlte der Wille, bey ihr die Klug-

heit

welche in ihrem Leben nichts als den Man-
gel dieſer Gluͤckſeligkeiten des Reichthums
gekannt hatte, uͤbergiebt ſich mit Freuden
dem Genuß des Wohllebens, der Zer-
ſtreuung in Geſellſchaften und dem Ver-
gnuͤgen ſchoͤner und abwechſelnder Klei-
dung. Sie bekoͤmmt Kinder; dieſe faͤngt
man auch an ſtandesmaͤßig zu erziehen;
und das Vermoͤgen wird aufgezehrt; man
macht Schulden und fuͤhrt mit entlehn-
tem Gelde den gewohntem Aufwand fort,
bis die Summe ſo groß wird, daß die
Glaͤubiger keine Geduld mehr haben und
ſie mit ihren Mobilien und dem Hauſe
ſelbſt die Bezahlung machen muͤſſen; und
nun verſchwanden auch alle ihre Freunde.
Die Gewohnheit eines guten Tiſches und
die Liebe zu ſchoͤner Kleidung, nahm ih-
nen das Uebrige. Das Einkommen von
ſeinem Amte wurde in den erſten Monaten
des Jahres verbraucht, in den andern
fand ſich Mangel und Kummer ein; der
Mann konnte ſeinen Stolz, die Frau ihre
Liebe zur Gemaͤchlichkeit nicht vergnuͤgen;
bey ihm fehlte der Wille, bey ihr die Klug-

heit
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[276/0302] welche in ihrem Leben nichts als den Man- gel dieſer Gluͤckſeligkeiten des Reichthums gekannt hatte, uͤbergiebt ſich mit Freuden dem Genuß des Wohllebens, der Zer- ſtreuung in Geſellſchaften und dem Ver- gnuͤgen ſchoͤner und abwechſelnder Klei- dung. Sie bekoͤmmt Kinder; dieſe faͤngt man auch an ſtandesmaͤßig zu erziehen; und das Vermoͤgen wird aufgezehrt; man macht Schulden und fuͤhrt mit entlehn- tem Gelde den gewohntem Aufwand fort, bis die Summe ſo groß wird, daß die Glaͤubiger keine Geduld mehr haben und ſie mit ihren Mobilien und dem Hauſe ſelbſt die Bezahlung machen muͤſſen; und nun verſchwanden auch alle ihre Freunde. Die Gewohnheit eines guten Tiſches und die Liebe zu ſchoͤner Kleidung, nahm ih- nen das Uebrige. Das Einkommen von ſeinem Amte wurde in den erſten Monaten des Jahres verbraucht, in den andern fand ſich Mangel und Kummer ein; der Mann konnte ſeinen Stolz, die Frau ihre Liebe zur Gemaͤchlichkeit nicht vergnuͤgen; bey ihm fehlte der Wille, bey ihr die Klug- heit

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/302>, abgerufen am 22.11.2024.