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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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von den alten Kriegsrüstungen machte,
unter deren Last endlich der Streiter er-
lag und mit seinem schönen festen Panzer
gefangen wurde. Sage mir nichts mehr
von der frühen Sättigung, in welche mich
der so lange gesuchte Genuß der schönen
frommen *** brachte, und daß mich,
nach aller Mühe, mit dieser Tugend das
nehmliche Schicksal erwarte. Du bist
weit entfernt eine richtige Jdee von der
seltenen Creatur zu haben, von der ich
dir schreibe. Eine zärtliche Andächtige
hat freylich eben so viel übertriebne Be-
griffe von der Tugend als meine Stern-
heim, und es ist angenehm alle diese Ge-
spenster aus einer liebenswürdigen Per-
son zu verjagen; aber der Unterschied ist
dieser; so wie die Devote bloß aus Zärt-
lichkeit für sich selbst den schrecklichen
Schmerzen der Hölle durch Frömmigkeit
zu entfliehen und hingegen den Genuß der
ewigen Wonne zu erhalten sucht, folglich
aus lauter Eigennutz tugendhaft ist, und
Furcht der Hölle und Begierde nach dem
Himmel, allein aus dem feinen Gefühl

ihrer

von den alten Kriegsruͤſtungen machte,
unter deren Laſt endlich der Streiter er-
lag und mit ſeinem ſchoͤnen feſten Panzer
gefangen wurde. Sage mir nichts mehr
von der fruͤhen Saͤttigung, in welche mich
der ſo lange geſuchte Genuß der ſchoͤnen
frommen *** brachte, und daß mich,
nach aller Muͤhe, mit dieſer Tugend das
nehmliche Schickſal erwarte. Du biſt
weit entfernt eine richtige Jdee von der
ſeltenen Creatur zu haben, von der ich
dir ſchreibe. Eine zaͤrtliche Andaͤchtige
hat freylich eben ſo viel uͤbertriebne Be-
griffe von der Tugend als meine Stern-
heim, und es iſt angenehm alle dieſe Ge-
ſpenſter aus einer liebenswuͤrdigen Per-
ſon zu verjagen; aber der Unterſchied iſt
dieſer; ſo wie die Devote bloß aus Zaͤrt-
lichkeit fuͤr ſich ſelbſt den ſchrecklichen
Schmerzen der Hoͤlle durch Froͤmmigkeit
zu entfliehen und hingegen den Genuß der
ewigen Wonne zu erhalten ſucht, folglich
aus lauter Eigennutz tugendhaft iſt, und
Furcht der Hoͤlle und Begierde nach dem
Himmel, allein aus dem feinen Gefuͤhl

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[317/0343] von den alten Kriegsruͤſtungen machte, unter deren Laſt endlich der Streiter er- lag und mit ſeinem ſchoͤnen feſten Panzer gefangen wurde. Sage mir nichts mehr von der fruͤhen Saͤttigung, in welche mich der ſo lange geſuchte Genuß der ſchoͤnen frommen *** brachte, und daß mich, nach aller Muͤhe, mit dieſer Tugend das nehmliche Schickſal erwarte. Du biſt weit entfernt eine richtige Jdee von der ſeltenen Creatur zu haben, von der ich dir ſchreibe. Eine zaͤrtliche Andaͤchtige hat freylich eben ſo viel uͤbertriebne Be- griffe von der Tugend als meine Stern- heim, und es iſt angenehm alle dieſe Ge- ſpenſter aus einer liebenswuͤrdigen Per- ſon zu verjagen; aber der Unterſchied iſt dieſer; ſo wie die Devote bloß aus Zaͤrt- lichkeit fuͤr ſich ſelbſt den ſchrecklichen Schmerzen der Hoͤlle durch Froͤmmigkeit zu entfliehen und hingegen den Genuß der ewigen Wonne zu erhalten ſucht, folglich aus lauter Eigennutz tugendhaft iſt, und Furcht der Hoͤlle und Begierde nach dem Himmel, allein aus dem feinen Gefuͤhl ihrer

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/343>, abgerufen am 18.12.2024.