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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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ten Geschlechts machen. Für mein er-
stes Kind ist es ein Glücke, daß seine
Mutter eine so sanfte fromme Seele ist;
denn wenn sie von dem nehmlichen Geist
angefeurt würde wie ich, so müßte der
kleine Balg zum Besten der menschlichen
Gesellschaft in den ersten Stunden erstickt
werden; aber so giebt es eine schöne Mi-
schung von Witz und Empfindungen,
welche alle Junge von unsrer Art auszeich-
nen wird. Wie zum Henker komme ich
zu diesem Stücke von Hausphysik!
Freund, es sieht schlimm aus, wenn es
fortdauert; doch ich will die Probe bis
auf den letzten Grad durchgehen.

Mein Mädchen ließ sich noch Medi-
ein machen, und packte daneben einen
Coffer mit Weiszeug und etwas leich-
ten Kleidern voll, den ich und John
an einem Abend fortschleppten. Sie
schrieb einen großen Brief im giganti-
schen Ton der hohen Tugend, worinn
sie sagt, daß sie mit einem würdigen
Gemahl von der Gefahr und Bosheit
fliehe! sie wieß ihrem Onkle den drey-

jährigen
Z 5

ten Geſchlechts machen. Fuͤr mein er-
ſtes Kind iſt es ein Gluͤcke, daß ſeine
Mutter eine ſo ſanfte fromme Seele iſt;
denn wenn ſie von dem nehmlichen Geiſt
angefeurt wuͤrde wie ich, ſo muͤßte der
kleine Balg zum Beſten der menſchlichen
Geſellſchaft in den erſten Stunden erſtickt
werden; aber ſo giebt es eine ſchoͤne Mi-
ſchung von Witz und Empfindungen,
welche alle Junge von unſrer Art auszeich-
nen wird. Wie zum Henker komme ich
zu dieſem Stuͤcke von Hausphyſik!
Freund, es ſieht ſchlimm aus, wenn es
fortdauert; doch ich will die Probe bis
auf den letzten Grad durchgehen.

Mein Maͤdchen ließ ſich noch Medi-
ein machen, und packte daneben einen
Coffer mit Weiszeug und etwas leich-
ten Kleidern voll, den ich und John
an einem Abend fortſchleppten. Sie
ſchrieb einen großen Brief im giganti-
ſchen Ton der hohen Tugend, worinn
ſie ſagt, daß ſie mit einem wuͤrdigen
Gemahl von der Gefahr und Bosheit
fliehe! ſie wieß ihrem Onkle den drey-

jaͤhrigen
Z 5
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[361/0387] ten Geſchlechts machen. Fuͤr mein er- ſtes Kind iſt es ein Gluͤcke, daß ſeine Mutter eine ſo ſanfte fromme Seele iſt; denn wenn ſie von dem nehmlichen Geiſt angefeurt wuͤrde wie ich, ſo muͤßte der kleine Balg zum Beſten der menſchlichen Geſellſchaft in den erſten Stunden erſtickt werden; aber ſo giebt es eine ſchoͤne Mi- ſchung von Witz und Empfindungen, welche alle Junge von unſrer Art auszeich- nen wird. Wie zum Henker komme ich zu dieſem Stuͤcke von Hausphyſik! Freund, es ſieht ſchlimm aus, wenn es fortdauert; doch ich will die Probe bis auf den letzten Grad durchgehen. Mein Maͤdchen ließ ſich noch Medi- ein machen, und packte daneben einen Coffer mit Weiszeug und etwas leich- ten Kleidern voll, den ich und John an einem Abend fortſchleppten. Sie ſchrieb einen großen Brief im giganti- ſchen Ton der hohen Tugend, worinn ſie ſagt, daß ſie mit einem wuͤrdigen Gemahl von der Gefahr und Bosheit fliehe! ſie wieß ihrem Onkle den drey- jaͤhrigen Z 5

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/387>, abgerufen am 24.11.2024.