Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie haben die Wünsche meiner Gemahlin
und die meinige. Wir haben alles be-
dacht, was Sie bedenken können, -- soll
ich Sie bitten der Gemahl von Sophien
von P. zu werden? --

"O Gott! wie hart beurtheilen Sie
mein Herz! Sie glauben also, daß es ei-
gensinniger Stolz sey, der mich unschlüs-
sig macht?"

Jch antworte nichts, umarmen Sie
mich und nennen Sie mich ihren Bru-
der! morgen sollen Sie es seyn! Sophie
ist die Jhrige. Sehen Sie sie nicht als
das Fräulein von P., sondern als ein lie-
benswürdiges und tugendhaftes Frauen-
zimmer an, dessen Besitz alle Jhre künfti-
gen Tage beglücken wird; und nehmen
Sie diesen Segen von der Hand Jhres
treuen Freundes mit Vergnügen an!

"Sophie mein? mit einer freywilligen
Zärtlichkeit mein? Es ist genug; Sie ge-
ben alles; ich kann nichts thun, als auf
alles freywillig entsagen?"

Entsagen? -- nach der Versiche-
rung, daß Sie geliebt sind? -- O mei-

ne

Sie haben die Wuͤnſche meiner Gemahlin
und die meinige. Wir haben alles be-
dacht, was Sie bedenken koͤnnen, — ſoll
ich Sie bitten der Gemahl von Sophien
von P. zu werden? —

„O Gott! wie hart beurtheilen Sie
mein Herz! Sie glauben alſo, daß es ei-
genſinniger Stolz ſey, der mich unſchluͤſ-
ſig macht?“

Jch antworte nichts, umarmen Sie
mich und nennen Sie mich ihren Bru-
der! morgen ſollen Sie es ſeyn! Sophie
iſt die Jhrige. Sehen Sie ſie nicht als
das Fraͤulein von P., ſondern als ein lie-
benswuͤrdiges und tugendhaftes Frauen-
zimmer an, deſſen Beſitz alle Jhre kuͤnfti-
gen Tage begluͤcken wird; und nehmen
Sie dieſen Segen von der Hand Jhres
treuen Freundes mit Vergnuͤgen an!

„Sophie mein? mit einer freywilligen
Zaͤrtlichkeit mein? Es iſt genug; Sie ge-
ben alles; ich kann nichts thun, als auf
alles freywillig entſagen?“

Entſagen? — nach der Verſiche-
rung, daß Sie geliebt ſind? — O mei-

ne
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0053" n="27"/>
Sie haben die Wu&#x0364;n&#x017F;che meiner Gemahlin<lb/>
und die meinige. <hi rendition="#fr">Wir</hi> haben alles be-<lb/>
dacht, was <hi rendition="#fr">Sie</hi> bedenken ko&#x0364;nnen, &#x2014; &#x017F;oll<lb/>
ich Sie <hi rendition="#fr">bitten</hi> der Gemahl von Sophien<lb/>
von P. zu werden? &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;O Gott! wie hart beurtheilen Sie<lb/>
mein Herz! Sie glauben al&#x017F;o, daß es ei-<lb/>
gen&#x017F;inniger Stolz &#x017F;ey, der mich un&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ig macht?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Jch antworte nichts, umarmen Sie<lb/>
mich und nennen Sie mich ihren Bru-<lb/>
der! morgen &#x017F;ollen Sie es &#x017F;eyn! Sophie<lb/>
i&#x017F;t die Jhrige. Sehen Sie &#x017F;ie nicht als<lb/>
das Fra&#x0364;ulein von P., &#x017F;ondern als ein lie-<lb/>
benswu&#x0364;rdiges und tugendhaftes Frauen-<lb/>
zimmer an, de&#x017F;&#x017F;en Be&#x017F;itz alle Jhre ku&#x0364;nfti-<lb/>
gen Tage beglu&#x0364;cken wird; und nehmen<lb/>
Sie die&#x017F;en Segen von der Hand Jhres<lb/>
treuen Freundes mit Vergnu&#x0364;gen an!</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sophie mein? mit einer freywilligen<lb/>
Za&#x0364;rtlichkeit mein? Es i&#x017F;t genug; Sie ge-<lb/>
ben alles; ich kann nichts thun, als auf<lb/>
alles freywillig ent&#x017F;agen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Ent&#x017F;agen? &#x2014; nach der Ver&#x017F;iche-<lb/>
rung, daß Sie geliebt &#x017F;ind? &#x2014; O mei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ne</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0053] Sie haben die Wuͤnſche meiner Gemahlin und die meinige. Wir haben alles be- dacht, was Sie bedenken koͤnnen, — ſoll ich Sie bitten der Gemahl von Sophien von P. zu werden? — „O Gott! wie hart beurtheilen Sie mein Herz! Sie glauben alſo, daß es ei- genſinniger Stolz ſey, der mich unſchluͤſ- ſig macht?“ Jch antworte nichts, umarmen Sie mich und nennen Sie mich ihren Bru- der! morgen ſollen Sie es ſeyn! Sophie iſt die Jhrige. Sehen Sie ſie nicht als das Fraͤulein von P., ſondern als ein lie- benswuͤrdiges und tugendhaftes Frauen- zimmer an, deſſen Beſitz alle Jhre kuͤnfti- gen Tage begluͤcken wird; und nehmen Sie dieſen Segen von der Hand Jhres treuen Freundes mit Vergnuͤgen an! „Sophie mein? mit einer freywilligen Zaͤrtlichkeit mein? Es iſt genug; Sie ge- ben alles; ich kann nichts thun, als auf alles freywillig entſagen?“ Entſagen? — nach der Verſiche- rung, daß Sie geliebt ſind? — O mei- ne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/53
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/53>, abgerufen am 24.11.2024.