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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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angebethet habe -- Meine erste Anrede
brachte das vollkommenste Erstaunen in ihr
hervor; sie konnte nichts sagen, als ihre
Hand gegen die Brust heben, -- ich --
ich
-- stotterte sie -- mit der andern
wollte sie mich haschen. Aber ich Elen-
der, entfloh, ohne auf die Wirkung ach-
ten zu wollen, die meine Rede machen
würde. Nach Hause eilte ich, ließ mir
sechs Postpferde vor meine Chaise geben,
nahm meinen alten Dik mit, und fuhr
sechs Tage ohne zu wissen, wohin; bis
ich endlich in einem Dorfe liegen bleiben
mußte, wo ich Diken auf das äußerste
verbot, jemanden Nachricht von mir zu
geben. Mein Gemüthszustand ist nicht
zu beschreiben; gefühllos, geistlos war
ich, misvergnügt, unruhig, und dennoch
versagt' ich mir die einzige Hülfe, die mei-
ne Leiden erforderten -- Nachrichten von
D. zu haben. Dieser unselige Eigensinn
legte den Grund zu der tiefen Traurigkeit,
die mich bis an mein Ende begleiten wird.
Denn während ich das stumme Wüthen
meiner unüberwindlichen Liebe in dem

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angebethet habe — Meine erſte Anrede
brachte das vollkommenſte Erſtaunen in ihr
hervor; ſie konnte nichts ſagen, als ihre
Hand gegen die Bruſt heben, — ich —
ich
— ſtotterte ſie — mit der andern
wollte ſie mich haſchen. Aber ich Elen-
der, entfloh, ohne auf die Wirkung ach-
ten zu wollen, die meine Rede machen
wuͤrde. Nach Hauſe eilte ich, ließ mir
ſechs Poſtpferde vor meine Chaiſe geben,
nahm meinen alten Dik mit, und fuhr
ſechs Tage ohne zu wiſſen, wohin; bis
ich endlich in einem Dorfe liegen bleiben
mußte, wo ich Diken auf das aͤußerſte
verbot, jemanden Nachricht von mir zu
geben. Mein Gemuͤthszuſtand iſt nicht
zu beſchreiben; gefuͤhllos, geiſtlos war
ich, misvergnuͤgt, unruhig, und dennoch
verſagt’ ich mir die einzige Huͤlfe, die mei-
ne Leiden erforderten — Nachrichten von
D. zu haben. Dieſer unſelige Eigenſinn
legte den Grund zu der tiefen Traurigkeit,
die mich bis an mein Ende begleiten wird.
Denn waͤhrend ich das ſtumme Wuͤthen
meiner unuͤberwindlichen Liebe in dem

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[5/0011] angebethet habe — Meine erſte Anrede brachte das vollkommenſte Erſtaunen in ihr hervor; ſie konnte nichts ſagen, als ihre Hand gegen die Bruſt heben, — ich — ich — ſtotterte ſie — mit der andern wollte ſie mich haſchen. Aber ich Elen- der, entfloh, ohne auf die Wirkung ach- ten zu wollen, die meine Rede machen wuͤrde. Nach Hauſe eilte ich, ließ mir ſechs Poſtpferde vor meine Chaiſe geben, nahm meinen alten Dik mit, und fuhr ſechs Tage ohne zu wiſſen, wohin; bis ich endlich in einem Dorfe liegen bleiben mußte, wo ich Diken auf das aͤußerſte verbot, jemanden Nachricht von mir zu geben. Mein Gemuͤthszuſtand iſt nicht zu beſchreiben; gefuͤhllos, geiſtlos war ich, misvergnuͤgt, unruhig, und dennoch verſagt’ ich mir die einzige Huͤlfe, die mei- ne Leiden erforderten — Nachrichten von D. zu haben. Dieſer unſelige Eigenſinn legte den Grund zu der tiefen Traurigkeit, die mich bis an mein Ende begleiten wird. Denn waͤhrend ich das ſtumme Wuͤthen meiner unuͤberwindlichen Liebe in dem aͤußer- A 3

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/11>, abgerufen am 21.11.2024.