[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771."verlieren machen? Dieß glaube ich nicht; denn wir ver- Con-
„verlieren machen? Dieß glaube ich nicht; denn wir ver- Con-
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„alſo den Nutzen des ernſten Unterrichts
„verlieren machen?
Dieß glaube ich nicht; denn wir ver-
geſſen nur die Sachen gerne, die mit kei-
nem Vergnuͤgen verbunden ſind; und die
laͤchelnde, zu der Schwachheit der Men-
ſchen ſich herablaſſende Weisheit will da-
her, daß man die Pfade der Wahrheit mit
Blumen beſtreue. Die Tugend braucht
nicht mit ernſten Farben geſchildert zu wer-
den, um Verehrung zu erhalten; ihr in-
neres Weſen, jede Handlung von ihr iſt
lauter Wuͤrde. Wuͤrde iſt ein unzer-
trennbarer Theil von ihr, auch wenn ſie
in der Kleidung der Freude und des Gluͤcks
erſcheint. Jn dieſer Kleidung allein er-
haͤlt ſie Vertrauen und Ehrfurcht zugleich.
Laſſen Sie ſie die Hand ja niemals zu
ſtrengem Drohen, ſondern allein zu
freundlichen Winken erheben! Denn, ſo
lange wir in dieſer Koͤrperwelt ſind, wird
unſere Seele allein durch unſere Sinnen
handeln; wenn dieſe auf eine widerwaͤr-
tige Weiſe und zu unrechter Zeit zuruͤck-
geſtoßen werden, ſo kommen aus dem
Con-
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Zitationshilfe: | [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/146>, abgerufen am 21.07.2024. |