mit der heftigsten Bosheit beym Arm und um den Leib packte, zum Hause hinaus gegen den alten Thurm hinschleppte, und mit Wüthen und Fluchen zu einer Thüre hinein stieß, mit dem Ausdruck, daß ich da crepiren möchte, damit sein Herr und Er einmal meiner los würden. Mein Sträuben und die entsetzliche Angst so ich hatte, ich möchte mit Gewalt nach Lon- don geführt werden, hatte mich abge- mattet, und halb von Sinnen gebracht; ich fiel nach meiner ganzen Länge in das mit Schutt und Morast angefüllte Ge- wölbe, wo ich auf den Steinen meine linke Hand und das halbe Gesicht beschä- digte, und heftig aus der Nase und Mund blutete. Jch weiß nicht, wie lang ich ohne Bewußtseyn da lag; als ich mich wieder fühlte, war ich ganz entkräftet und voll Schmerzen; die faule dünstige Luft, die ich athmete, beklemmte in kurzer Zeit meine Brust so sehr, daß ich an dem letz- ten Augenblicke meines Lebens zu seyn glaubte. Jch sah nichts, aber ich fühlte mit der einen Hand, daß der Boden stark
abhän-
mit der heftigſten Bosheit beym Arm und um den Leib packte, zum Hauſe hinaus gegen den alten Thurm hinſchleppte, und mit Wuͤthen und Fluchen zu einer Thuͤre hinein ſtieß, mit dem Ausdruck, daß ich da crepiren moͤchte, damit ſein Herr und Er einmal meiner los wuͤrden. Mein Straͤuben und die entſetzliche Angſt ſo ich hatte, ich moͤchte mit Gewalt nach Lon- don gefuͤhrt werden, hatte mich abge- mattet, und halb von Sinnen gebracht; ich fiel nach meiner ganzen Laͤnge in das mit Schutt und Moraſt angefuͤllte Ge- woͤlbe, wo ich auf den Steinen meine linke Hand und das halbe Geſicht beſchaͤ- digte, und heftig aus der Naſe und Mund blutete. Jch weiß nicht, wie lang ich ohne Bewußtſeyn da lag; als ich mich wieder fuͤhlte, war ich ganz entkraͤftet und voll Schmerzen; die faule duͤnſtige Luft, die ich athmete, beklemmte in kurzer Zeit meine Bruſt ſo ſehr, daß ich an dem letz- ten Augenblicke meines Lebens zu ſeyn glaubte. Jch ſah nichts, aber ich fuͤhlte mit der einen Hand, daß der Boden ſtark
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mit der heftigſten Bosheit beym Arm und
um den Leib packte, zum Hauſe hinaus
gegen den alten Thurm hinſchleppte, und
mit Wuͤthen und Fluchen zu einer Thuͤre
hinein ſtieß, mit dem Ausdruck, daß ich
da crepiren moͤchte, damit ſein Herr und
Er einmal meiner los wuͤrden. Mein
Straͤuben und die entſetzliche Angſt ſo ich
hatte, ich moͤchte mit Gewalt nach Lon-
don gefuͤhrt werden, hatte mich abge-
mattet, und halb von Sinnen gebracht;
ich fiel nach meiner ganzen Laͤnge in das
mit Schutt und Moraſt angefuͤllte Ge-
woͤlbe, wo ich auf den Steinen meine
linke Hand und das halbe Geſicht beſchaͤ-
digte, und heftig aus der Naſe und
Mund blutete. Jch weiß nicht, wie lang
ich ohne Bewußtſeyn da lag; als ich mich
wieder fuͤhlte, war ich ganz entkraͤftet und
voll Schmerzen; die faule duͤnſtige Luft,
die ich athmete, beklemmte in kurzer Zeit
meine Bruſt ſo ſehr, daß ich an dem letz-
ten Augenblicke meines Lebens zu ſeyn
glaubte. Jch ſah nichts, aber ich fuͤhlte
mit der einen Hand, daß der Boden ſtark
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/244>, abgerufen am 24.11.2024.
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