[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.empfand, fehlte ich gegen den Wohlstand und gegen alle gesellschaftliche Tugenden eines guten Mädchens. -- Wie dunkel, o wie dunkel ist dieser Theil meines ver- gangenen Lebens! was bleibt mir übrig, als meine Augen auf den Weg zu heften, den ich nun vor mir habe, und darinn einen geraden Schritt, bey klarem Lichte fortzugehen? Meine ersten Erquickungsstunden hab' meinen
empfand, fehlte ich gegen den Wohlſtand und gegen alle geſellſchaftliche Tugenden eines guten Maͤdchens. — Wie dunkel, o wie dunkel iſt dieſer Theil meines ver- gangenen Lebens! was bleibt mir uͤbrig, als meine Augen auf den Weg zu heften, den ich nun vor mir habe, und darinn einen geraden Schritt, bey klarem Lichte fortzugehen? Meine erſten Erquickungsſtunden hab’ meinen
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wuͤrdig. Aber itzt, da ich nur fuͤr mich
empfand, fehlte ich gegen den Wohlſtand
und gegen alle geſellſchaftliche Tugenden
eines guten Maͤdchens. — Wie dunkel,
o wie dunkel iſt dieſer Theil meines ver-
gangenen Lebens! was bleibt mir uͤbrig,
als meine Augen auf den Weg zu heften,
den ich nun vor mir habe, und darinn
einen geraden Schritt, bey klarem Lichte
fortzugehen?
Meine erſten Erquickungsſtunden hab’
ich in der Beſchaͤfftigung gefunden, zwo
arme Nichten meiner Wirthinn arbeiten
und denken zu lehren. Sie wiſſen, Emi-
lia, daß ich gerne beſchaͤfftiget bin.
Mein Nachdenken, und meine Feder
machten mich traurig; ich konnte am ge-
ſchehenen nichts mehr aͤndern, mußte den
Tadel, der uͤber mich ergieng, als eine
gerechte Folge meiner irregegangenen Ei-
genliebe anſehen, und meine Ermunterung
außer mir ſuchen, theils in dem Vorſatze,
Mylord Derby zu einem gluͤcklichen Ge-
mahl zu machen, theils in der Beſtrebung
meinen
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