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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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stolzem Zorn ist sie fort; meinen Wechsel-
brief zerriß sie in tausend Stücke, und
alle meine Geschenke hat sie zurückgelassen
Jch hätte sie bald deswegen wieder einge-
hohlt, aber wenn sie mir meine Streiche
vergeben könnte, so würde ich sie verach-
ten. Lieben kann sie mich nach allem die-
sem unmöglich, und ich hätte nicht mehr
glücklich mit ihr seyn können; wozu wür-
de also die Verlängerung meiner Rolle
gedient haben? Sie muß doch immer
meine Wahrheitsliebe verehren, und mei-
ne Kenntnisse der geheimsten Triebfedern
unsrer Seele bewundern. Jch verließ
sie, unschlüßig, was ich mit ihr und mei-
nem Bündniß machen sollte; aber ihre
unaufhörliche Anfoderung, sie nach Flo-
renz zu führen, und die Drohung auch
ohne mich abzureisen, brachte mich dahin,
ihr ganz trocken zu schreiben:

"Jch sehe wohl, daß sie sich meiner Lie-
"be nur bedient habe, um ihren Oheim
"Löbau zu entgehen, und ihren Ehr-
"geiz in Sicherheit zu setzen, daß sie
"das Glück meiner Liebe, und meines

"Herzens


ſtolzem Zorn iſt ſie fort; meinen Wechſel-
brief zerriß ſie in tauſend Stuͤcke, und
alle meine Geſchenke hat ſie zuruͤckgelaſſen
Jch haͤtte ſie bald deswegen wieder einge-
hohlt, aber wenn ſie mir meine Streiche
vergeben koͤnnte, ſo wuͤrde ich ſie verach-
ten. Lieben kann ſie mich nach allem die-
ſem unmoͤglich, und ich haͤtte nicht mehr
gluͤcklich mit ihr ſeyn koͤnnen; wozu wuͤr-
de alſo die Verlaͤngerung meiner Rolle
gedient haben? Sie muß doch immer
meine Wahrheitsliebe verehren, und mei-
ne Kenntniſſe der geheimſten Triebfedern
unſrer Seele bewundern. Jch verließ
ſie, unſchluͤßig, was ich mit ihr und mei-
nem Buͤndniß machen ſollte; aber ihre
unaufhoͤrliche Anfoderung, ſie nach Flo-
renz zu fuͤhren, und die Drohung auch
ohne mich abzureiſen, brachte mich dahin,
ihr ganz trocken zu ſchreiben:

„Jch ſehe wohl, daß ſie ſich meiner Lie-
„be nur bedient habe, um ihren Oheim
„Loͤbau zu entgehen, und ihren Ehr-
„geiz in Sicherheit zu ſetzen, daß ſie
„das Gluͤck meiner Liebe, und meines

„Herzens
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[54/0060] ſtolzem Zorn iſt ſie fort; meinen Wechſel- brief zerriß ſie in tauſend Stuͤcke, und alle meine Geſchenke hat ſie zuruͤckgelaſſen Jch haͤtte ſie bald deswegen wieder einge- hohlt, aber wenn ſie mir meine Streiche vergeben koͤnnte, ſo wuͤrde ich ſie verach- ten. Lieben kann ſie mich nach allem die- ſem unmoͤglich, und ich haͤtte nicht mehr gluͤcklich mit ihr ſeyn koͤnnen; wozu wuͤr- de alſo die Verlaͤngerung meiner Rolle gedient haben? Sie muß doch immer meine Wahrheitsliebe verehren, und mei- ne Kenntniſſe der geheimſten Triebfedern unſrer Seele bewundern. Jch verließ ſie, unſchluͤßig, was ich mit ihr und mei- nem Buͤndniß machen ſollte; aber ihre unaufhoͤrliche Anfoderung, ſie nach Flo- renz zu fuͤhren, und die Drohung auch ohne mich abzureiſen, brachte mich dahin, ihr ganz trocken zu ſchreiben: „Jch ſehe wohl, daß ſie ſich meiner Lie- „be nur bedient habe, um ihren Oheim „Loͤbau zu entgehen, und ihren Ehr- „geiz in Sicherheit zu ſetzen, daß ſie „das Gluͤck meiner Liebe, und meines „Herzens

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/60>, abgerufen am 24.11.2024.