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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Mutakallimun: Name.
der religiösen Gesetze erstrebte. Noch bei Maimonides gilt
der Name Mutakallimun sowohl für die freisinnigen Mutazila
als die orthodoxen Ascharija; erst später, nachdem die Partei
der Mutazila untergegangen war, wird Mutakallimun gleich-
bedeutend mit Rechtgläubigen.1

Das Bestreben der Mutakallimun, die Glaubenslehren durch
philosophische Spekulation zu begründen, rechtfertigt für sie
den Namen "arabische Scholastiker". Der Ausdruck Loquentes,
welcher sich bei lateinischen Schriftstellern gewöhnlich für
dieselben findet, bezieht sich auf ihre Methode und ist die
wörtliche Übersetzung von Mutakallimun, hebräisch Medabberim,
die Redenden. Nicht alle Mutakallimun sind Atomisten.2 Für
die Geschichte der Atomistik kommen gerade die älteren
Mutakallimun in Betracht, deren Lehren Ibn Roschd öfter
erwähnt und besonders ausführlich und systematisch Maimonides
im More Nevochim uns überliefert hat.3

Die Existenz des einzigen, unkörperlichen Gottes, an welchen
der Islam glaubte, mußte von den Mutakallimun bewiesen
werden; und aus diesem Grunde war es ihre Hauptaufgabe,

1 Nach Haarbrücker, Schahrastani etc. S. 388--392. Vgl. auch Maimo-
nides
, More Nevochim, I. T. Kap. LXXI, in der franz. Übersetzung von Munk,
Paris 1856, T. I. p. 335 f. und die Anmerkung von Munk p. 335. Desgl. Munk,
Notice sur Rabbi Saadia Gaon etc. Paris 1838. Anm. p. 16 f.
2 Munk, Melanges etc. p. 328. p. 333.
3 Daß die beste Quelle für die Lehre der Mutakallimun der More Nevochim
des Maimonides ist, s. bei Ritter "Über unsre Kenntnis" etc. S. 21
und Munk in seiner franz. Ausgabe des More, nach welcher ich citiere,
T. I, p. 400 A. 2; Melanges etc. p. 323. Anm. -- Ibn Roschd gibt zahl-
reiche Einzelheiten über die Mutakallimun in seiner gegen Algazali gerich-
teten Destructio destructionis. Für diese benutze ich die Ausgabe (in den Ge-
samtwerken des Aristoteles) Venetiis 1560, Tom. X. -- Schmölders, Essai
sur les ecoles philosophiques chez les Arabes
, Paris 1842 p. 133 ff., berücksich-
tigt hauptsächlich die Werke der späteren Mutakallimun des 13. u. 14. Jahr-
hunderts. Seine Quellen s. p. 137, 138. Welche einzelnen Männer und
besondere Sekten die betreffenden Lehren ausgebildet haben, ist für den
vorliegenden Zweck irrelevant, da es nur auf die Darstellung des Gesamtresul-
tats hier ankommen kann und insbesondere auf die Form, in welcher dasselbe
in die Entwickelung der europäischen Wissenschaft eingegriffen hat. Über die
allgemeinen Lehren der einzelnen Sekten s. die oben angegebenen Werke,
insbes. Dugat, Histoire etc. Über den mit der Atomistik zusammenhängenden
Occasionalismus der Ascharija s. d. Abhandlung von L. Stein (Arch. f. Gesch.
d. Ph.
II, S. 207--224), die jedoch im Text nicht mehr benützt werden konnte.

Mutakallimun: Name.
der religiösen Gesetze erstrebte. Noch bei Maimonides gilt
der Name Mutakallimun sowohl für die freisinnigen Mutazila
als die orthodoxen Ascharija; erst später, nachdem die Partei
der Mutazila untergegangen war, wird Mutakallimun gleich-
bedeutend mit Rechtgläubigen.1

Das Bestreben der Mutakallimun, die Glaubenslehren durch
philosophische Spekulation zu begründen, rechtfertigt für sie
den Namen „arabische Scholastiker‟. Der Ausdruck Loquentes,
welcher sich bei lateinischen Schriftstellern gewöhnlich für
dieselben findet, bezieht sich auf ihre Methode und ist die
wörtliche Übersetzung von Mutakallimun, hebräisch Medabberim,
die Redenden. Nicht alle Mutakallimun sind Atomisten.2 Für
die Geschichte der Atomistik kommen gerade die älteren
Mutakallimun in Betracht, deren Lehren Ibn Roschd öfter
erwähnt und besonders ausführlich und systematisch Maimonides
im More Nevochim uns überliefert hat.3

Die Existenz des einzigen, unkörperlichen Gottes, an welchen
der Islam glaubte, mußte von den Mutakallimun bewiesen
werden; und aus diesem Grunde war es ihre Hauptaufgabe,

1 Nach Haarbrücker, Schahrastani etc. S. 388—392. Vgl. auch Maimo-
nides
, More Nevochim, I. T. Kap. LXXI, in der franz. Übersetzung von Munk,
Paris 1856, T. I. p. 335 f. und die Anmerkung von Munk p. 335. Desgl. Munk,
Notice sur Rabbi Saadia Gaon etc. Paris 1838. Anm. p. 16 f.
2 Munk, Mélanges etc. p. 328. p. 333.
3 Daß die beste Quelle für die Lehre der Mutakallimun der More Nevochim
des Maimonides ist, s. bei Ritter „Über unsre Kenntnis‟ etc. S. 21
und Munk in seiner franz. Ausgabe des More, nach welcher ich citiere,
T. I, p. 400 A. 2; Mélanges etc. p. 323. Anm. — Ibn Roschd gibt zahl-
reiche Einzelheiten über die Mutakallimun in seiner gegen Algazali gerich-
teten Destructio destructionis. Für diese benutze ich die Ausgabe (in den Ge-
samtwerken des Aristoteles) Venetiis 1560, Tom. X. — Schmölders, Essai
sur les écoles philosophiques chez les Arabes
, Paris 1842 p. 133 ff., berücksich-
tigt hauptsächlich die Werke der späteren Mutakallimun des 13. u. 14. Jahr-
hunderts. Seine Quellen s. p. 137, 138. Welche einzelnen Männer und
besondere Sekten die betreffenden Lehren ausgebildet haben, ist für den
vorliegenden Zweck irrelevant, da es nur auf die Darstellung des Gesamtresul-
tats hier ankommen kann und insbesondere auf die Form, in welcher dasselbe
in die Entwickelung der europäischen Wissenschaft eingegriffen hat. Über die
allgemeinen Lehren der einzelnen Sekten s. die oben angegebenen Werke,
insbes. Dugat, Histoire etc. Über den mit der Atomistik zusammenhängenden
Occasionalismus der Ascharija s. d. Abhandlung von L. Stein (Arch. f. Gesch.
d. Ph.
II, S. 207—224), die jedoch im Text nicht mehr benützt werden konnte.
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[136/0154] Mutakallimun: Name. der religiösen Gesetze erstrebte. Noch bei Maimonides gilt der Name Mutakallimun sowohl für die freisinnigen Mutazila als die orthodoxen Ascharija; erst später, nachdem die Partei der Mutazila untergegangen war, wird Mutakallimun gleich- bedeutend mit Rechtgläubigen. 1 Das Bestreben der Mutakallimun, die Glaubenslehren durch philosophische Spekulation zu begründen, rechtfertigt für sie den Namen „arabische Scholastiker‟. Der Ausdruck Loquentes, welcher sich bei lateinischen Schriftstellern gewöhnlich für dieselben findet, bezieht sich auf ihre Methode und ist die wörtliche Übersetzung von Mutakallimun, hebräisch Medabberim, die Redenden. Nicht alle Mutakallimun sind Atomisten. 2 Für die Geschichte der Atomistik kommen gerade die älteren Mutakallimun in Betracht, deren Lehren Ibn Roschd öfter erwähnt und besonders ausführlich und systematisch Maimonides im More Nevochim uns überliefert hat. 3 Die Existenz des einzigen, unkörperlichen Gottes, an welchen der Islam glaubte, mußte von den Mutakallimun bewiesen werden; und aus diesem Grunde war es ihre Hauptaufgabe, 1 Nach Haarbrücker, Schahrastani etc. S. 388—392. Vgl. auch Maimo- nides, More Nevochim, I. T. Kap. LXXI, in der franz. Übersetzung von Munk, Paris 1856, T. I. p. 335 f. und die Anmerkung von Munk p. 335. Desgl. Munk, Notice sur Rabbi Saadia Gaon etc. Paris 1838. Anm. p. 16 f. 2 Munk, Mélanges etc. p. 328. p. 333. 3 Daß die beste Quelle für die Lehre der Mutakallimun der More Nevochim des Maimonides ist, s. bei Ritter „Über unsre Kenntnis‟ etc. S. 21 und Munk in seiner franz. Ausgabe des More, nach welcher ich citiere, T. I, p. 400 A. 2; Mélanges etc. p. 323. Anm. — Ibn Roschd gibt zahl- reiche Einzelheiten über die Mutakallimun in seiner gegen Algazali gerich- teten Destructio destructionis. Für diese benutze ich die Ausgabe (in den Ge- samtwerken des Aristoteles) Venetiis 1560, Tom. X. — Schmölders, Essai sur les écoles philosophiques chez les Arabes, Paris 1842 p. 133 ff., berücksich- tigt hauptsächlich die Werke der späteren Mutakallimun des 13. u. 14. Jahr- hunderts. Seine Quellen s. p. 137, 138. Welche einzelnen Männer und besondere Sekten die betreffenden Lehren ausgebildet haben, ist für den vorliegenden Zweck irrelevant, da es nur auf die Darstellung des Gesamtresul- tats hier ankommen kann und insbesondere auf die Form, in welcher dasselbe in die Entwickelung der europäischen Wissenschaft eingegriffen hat. Über die allgemeinen Lehren der einzelnen Sekten s. die oben angegebenen Werke, insbes. Dugat, Histoire etc. Über den mit der Atomistik zusammenhängenden Occasionalismus der Ascharija s. d. Abhandlung von L. Stein (Arch. f. Gesch. d. Ph. II, S. 207—224), die jedoch im Text nicht mehr benützt werden konnte.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/154>, abgerufen am 04.12.2024.