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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Das Denkmittel der Variabilität.
änderung Realität ist. Die Empfindung, als das sinnliche
Zeichen der Realität, ist nur als veränderlicher Zustand ge-
geben. In der Kontinuität des Bewußtseins hebt sich der
einzelne Moment als eine Realität dadurch hervor, daß der
Begriff seines Inhalts gesetzliche Verbindung nach vor- und
rückwärts enthält; die Kausalität bestimmt die Relation zwi-
schen diesen Momenten, die Kontinuität aber ist die Voraus-
setzung dazu, indem sie die Veränderlichkeit des in der Sub-
stanzialität als identisch mit sich selbst Gegebenem garantiert
und ihm dadurch Realität verleiht. Aus dem Flusse der Er-
scheinung, die als solche noch nicht objektive Realität besitzt,
muß etwas herausgehoben werden können, das gedanken-
mäßige Anknüpfung gestattet; sonst bleibt das Kontinuum
des Bewußtseins das unbestimmte Erlebnis, ohne Wissenschaft,
d. i. Ordnung des Denkens, zu begründen. Die Kategorie der
Realität ist also das Denkmittel, welches in der Kontinuität
des Bewußtseins und in der Einheitsbeziehung zu Tage tritt,
durch welche die Dinge als die Tendenz der Veränderung ent-
haltend gedacht werden. Man könnte daher diese Funktion
des Bewußtseins oder diese Bedingung der Erfahrung als das
Denkmittel der Realität oder der Kontinuität bezeichnen. Da
aber der Ausdruck Realität sehr verschiedenartig gebraucht
wird, und Kontinuität besser zur Bezeichnung jener Grund-
eigenschaft des Bewußtseins, die der Identität coordiniert ist,
reserviert bleibt, so wollen wir das Denkmittel, durch welches
der Begriff der Veränderung möglich wird, als das Denk-
mittel der Variabilität
bezeichnen. Wir verstehen also
unter dem Denkmittel der Variabilität jene Einheitsbe-
ziehung des Bewußtseins, welche die Bedingung
dafür ist, daß der sinnliche Bewußtseinsinhalt ein
gesetzmäßig verknüpfbares, die Möglichkeit einer Fort-
setzung in sich schließendes Sein enthält, ein Ver-
fahren der Realisation durch Erzeugung der Größe,
nicht insofern sie Extension ist, sondern insofern sie
die Regel ihrer Tendenz zur Extension enthält
.1 Dieses

1 Vgl. m. Abh. Zum Problem der Kontinuität, Philos. Monatshefte XXIV,
S. 16 ff. und Galileis Theorie d. Materie, V. f. w. Phil. XII. S. 462 f. Die
systematische Ableitung dieses Denkmittels und die erforderliche Auseinander-
setzung mit Kant kann hier nicht gegeben werden. Wir führen den Begriff

Das Denkmittel der Variabilität.
änderung Realität ist. Die Empfindung, als das sinnliche
Zeichen der Realität, ist nur als veränderlicher Zustand ge-
geben. In der Kontinuität des Bewußtseins hebt sich der
einzelne Moment als eine Realität dadurch hervor, daß der
Begriff seines Inhalts gesetzliche Verbindung nach vor- und
rückwärts enthält; die Kausalität bestimmt die Relation zwi-
schen diesen Momenten, die Kontinuität aber ist die Voraus-
setzung dazu, indem sie die Veränderlichkeit des in der Sub-
stanzialität als identisch mit sich selbst Gegebenem garantiert
und ihm dadurch Realität verleiht. Aus dem Flusse der Er-
scheinung, die als solche noch nicht objektive Realität besitzt,
muß etwas herausgehoben werden können, das gedanken-
mäßige Anknüpfung gestattet; sonst bleibt das Kontinuum
des Bewußtseins das unbestimmte Erlebnis, ohne Wissenschaft,
d. i. Ordnung des Denkens, zu begründen. Die Kategorie der
Realität ist also das Denkmittel, welches in der Kontinuität
des Bewußtseins und in der Einheitsbeziehung zu Tage tritt,
durch welche die Dinge als die Tendenz der Veränderung ent-
haltend gedacht werden. Man könnte daher diese Funktion
des Bewußtseins oder diese Bedingung der Erfahrung als das
Denkmittel der Realität oder der Kontinuität bezeichnen. Da
aber der Ausdruck Realität sehr verschiedenartig gebraucht
wird, und Kontinuität besser zur Bezeichnung jener Grund-
eigenschaft des Bewußtseins, die der Identität coordiniert ist,
reserviert bleibt, so wollen wir das Denkmittel, durch welches
der Begriff der Veränderung möglich wird, als das Denk-
mittel der Variabilität
bezeichnen. Wir verstehen also
unter dem Denkmittel der Variabilität jene Einheitsbe-
ziehung des Bewußtseins, welche die Bedingung
dafür ist, daß der sinnliche Bewußtseinsinhalt ein
gesetzmäßig verknüpfbares, die Möglichkeit einer Fort-
setzung in sich schließendes Sein enthält, ein Ver-
fahren der Realisation durch Erzeugung der Größe,
nicht insofern sie Extension ist, sondern insofern sie
die Regel ihrer Tendenz zur Extension enthält
.1 Dieses

1 Vgl. m. Abh. Zum Problem der Kontinuität, Philos. Monatshefte XXIV,
S. 16 ff. und Galileis Theorie d. Materie, V. f. w. Phil. XII. S. 462 f. Die
systematische Ableitung dieses Denkmittels und die erforderliche Auseinander-
setzung mit Kant kann hier nicht gegeben werden. Wir führen den Begriff
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[272/0290] Das Denkmittel der Variabilität. änderung Realität ist. Die Empfindung, als das sinnliche Zeichen der Realität, ist nur als veränderlicher Zustand ge- geben. In der Kontinuität des Bewußtseins hebt sich der einzelne Moment als eine Realität dadurch hervor, daß der Begriff seines Inhalts gesetzliche Verbindung nach vor- und rückwärts enthält; die Kausalität bestimmt die Relation zwi- schen diesen Momenten, die Kontinuität aber ist die Voraus- setzung dazu, indem sie die Veränderlichkeit des in der Sub- stanzialität als identisch mit sich selbst Gegebenem garantiert und ihm dadurch Realität verleiht. Aus dem Flusse der Er- scheinung, die als solche noch nicht objektive Realität besitzt, muß etwas herausgehoben werden können, das gedanken- mäßige Anknüpfung gestattet; sonst bleibt das Kontinuum des Bewußtseins das unbestimmte Erlebnis, ohne Wissenschaft, d. i. Ordnung des Denkens, zu begründen. Die Kategorie der Realität ist also das Denkmittel, welches in der Kontinuität des Bewußtseins und in der Einheitsbeziehung zu Tage tritt, durch welche die Dinge als die Tendenz der Veränderung ent- haltend gedacht werden. Man könnte daher diese Funktion des Bewußtseins oder diese Bedingung der Erfahrung als das Denkmittel der Realität oder der Kontinuität bezeichnen. Da aber der Ausdruck Realität sehr verschiedenartig gebraucht wird, und Kontinuität besser zur Bezeichnung jener Grund- eigenschaft des Bewußtseins, die der Identität coordiniert ist, reserviert bleibt, so wollen wir das Denkmittel, durch welches der Begriff der Veränderung möglich wird, als das Denk- mittel der Variabilität bezeichnen. Wir verstehen also unter dem Denkmittel der Variabilität jene Einheitsbe- ziehung des Bewußtseins, welche die Bedingung dafür ist, daß der sinnliche Bewußtseinsinhalt ein gesetzmäßig verknüpfbares, die Möglichkeit einer Fort- setzung in sich schließendes Sein enthält, ein Ver- fahren der Realisation durch Erzeugung der Größe, nicht insofern sie Extension ist, sondern insofern sie die Regel ihrer Tendenz zur Extension enthält. 1 Dieses 1 Vgl. m. Abh. Zum Problem der Kontinuität, Philos. Monatshefte XXIV, S. 16 ff. und Galileis Theorie d. Materie, V. f. w. Phil. XII. S. 462 f. Die systematische Ableitung dieses Denkmittels und die erforderliche Auseinander- setzung mit Kant kann hier nicht gegeben werden. Wir führen den Begriff

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/290>, abgerufen am 24.11.2024.