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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Basilius Valentinus und Paracelsus.
gegenseitige Unabhängigkeit der älteren alchymistischen Schrif-
ten nichts Zuverlässiges bekannt ist. So soll bei Isaak dem
Holländer
(vermutlich um 1500) von den salzigen und erdigen
Bestandteilen der Metalle die Rede sein.1 In den Schriften, als
deren Verfasser Basilius Valentinus genannt wird, werden
Mercurius, Sulfur und Sal als die Grundbestandteile der Körper
betrachtet; aber es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß diese
Schriften nach Paracelsus, wahrscheinlich erst in den Anfang
des 17. Jahrhunderts zu setzen sind, da ältere Handschriften
sich nicht mit Sicherheit nachweisen lassen. Die dem Mönch
Basilius Valentinus zugeschriebenen Werke dürften demnach
dem Herausgeber derselben, der sie im Beginn des 17. Jahr-
hunderts drucken ließ, Joh. Thölde, einem Thüringer, ange-
hören und nicht, wie man früher allgemein annahm, in das
15. Jahrhundert zu setzen sein.2

Inhaltlich stimmen die Schriften des Basilius Valentinus
mit den paracelsischen Lehren so vollständig überein, daß an
einem Zusammenhange nicht zu zweifeln ist, und man könnte
höchstens, wenn man an die Fälschung nicht glauben will,
eine gemeinsame ältere Quelle vermuten, die jedoch nicht nach-
weisbar ist. In Klarheit und Ordnung des Vortrags ist Basilius3
dem Paracelsus entschieden überlegen; auch empfiehlt er das
Lesen der Schriften der Alten,4 wovon Paracelsus weniger
hält. Seine Schriften machen den Eindruck, daß die von

1 Kopp, Entwickelung d. Chem. S. 20. Doch erscheint dies Kopp selbst
nicht genügend beglaubigt, s. Beitr. 3. St. S. 109.
2 Zur Basiliusfrage vgl. Gmelin, Gesch. d. Chem., I S. 136 ff., Hoefer,
Hist. de la Chim. I p. 479. Kopp, Gesch. d. Chem. I, S. 74 f., ganz besonders
aber Kopp, Beitr. 3. St. S. 110--129. Von älteren Zeugnissen ist dasjenige
Sennerts erwähnenswert in De chymicorum c. Aristotelicis et Galenicis con-
sensu
(1. Ed. 1619) in Opera Lugd. 1676 T. I p. 224. Indessen hat Kopp
(Beitr. S. 117) gezeigt, daß sich gegenwärtig kein Beweis mehr dafür erbringen
läßt, die Schriften des Bas. seien vor Paracelsus entstanden; und neuerdings
(Alchemie S. 31) erklärt Kopp die Basiliusschriften entschieden für eine um
1600 begangene Fälschung.
3 Ich bediene mich der Gesamtausgabe: Fr. Basilii Valentini Benedik-
tiner-Ordens, Chymische Schriften alle, soviel derer vorhanden etc. Ham-
burg 1694..
4 De Macrocosmo od. Von der großen Heimlichkeit der Welt und ihrer
Artzney.
I p. 136.

Basilius Valentinus und Paracelsus.
gegenseitige Unabhängigkeit der älteren alchymistischen Schrif-
ten nichts Zuverlässiges bekannt ist. So soll bei Isaak dem
Holländer
(vermutlich um 1500) von den salzigen und erdigen
Bestandteilen der Metalle die Rede sein.1 In den Schriften, als
deren Verfasser Basilius Valentinus genannt wird, werden
Mercurius, Sulfur und Sal als die Grundbestandteile der Körper
betrachtet; aber es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß diese
Schriften nach Paracelsus, wahrscheinlich erst in den Anfang
des 17. Jahrhunderts zu setzen sind, da ältere Handschriften
sich nicht mit Sicherheit nachweisen lassen. Die dem Mönch
Basilius Valentinus zugeschriebenen Werke dürften demnach
dem Herausgeber derselben, der sie im Beginn des 17. Jahr-
hunderts drucken ließ, Joh. Thölde, einem Thüringer, ange-
hören und nicht, wie man früher allgemein annahm, in das
15. Jahrhundert zu setzen sein.2

Inhaltlich stimmen die Schriften des Basilius Valentinus
mit den paracelsischen Lehren so vollständig überein, daß an
einem Zusammenhange nicht zu zweifeln ist, und man könnte
höchstens, wenn man an die Fälschung nicht glauben will,
eine gemeinsame ältere Quelle vermuten, die jedoch nicht nach-
weisbar ist. In Klarheit und Ordnung des Vortrags ist Basilius3
dem Paracelsus entschieden überlegen; auch empfiehlt er das
Lesen der Schriften der Alten,4 wovon Paracelsus weniger
hält. Seine Schriften machen den Eindruck, daß die von

1 Kopp, Entwickelung d. Chem. S. 20. Doch erscheint dies Kopp selbst
nicht genügend beglaubigt, s. Beitr. 3. St. S. 109.
2 Zur Basiliusfrage vgl. Gmelin, Gesch. d. Chem., I S. 136 ff., Hoefer,
Hist. de la Chim. I p. 479. Kopp, Gesch. d. Chem. I, S. 74 f., ganz besonders
aber Kopp, Beitr. 3. St. S. 110—129. Von älteren Zeugnissen ist dasjenige
Sennerts erwähnenswert in De chymicorum c. Aristotelicis et Galenicis con-
sensu
(1. Ed. 1619) in Opera Lugd. 1676 T. I p. 224. Indessen hat Kopp
(Beitr. S. 117) gezeigt, daß sich gegenwärtig kein Beweis mehr dafür erbringen
läßt, die Schriften des Bas. seien vor Paracelsus entstanden; und neuerdings
(Alchemie S. 31) erklärt Kopp die Basiliusschriften entschieden für eine um
1600 begangene Fälschung.
3 Ich bediene mich der Gesamtausgabe: Fr. Basilii Valentini Benedik-
tiner-Ordens, Chymische Schriften alle, soviel derer vorhanden etc. Ham-
burg 1694..
4 De Macrocosmo od. Von der großen Heimlichkeit der Welt und ihrer
Artzney.
I p. 136.
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[295/0313] Basilius Valentinus und Paracelsus. gegenseitige Unabhängigkeit der älteren alchymistischen Schrif- ten nichts Zuverlässiges bekannt ist. So soll bei Isaak dem Holländer (vermutlich um 1500) von den salzigen und erdigen Bestandteilen der Metalle die Rede sein. 1 In den Schriften, als deren Verfasser Basilius Valentinus genannt wird, werden Mercurius, Sulfur und Sal als die Grundbestandteile der Körper betrachtet; aber es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß diese Schriften nach Paracelsus, wahrscheinlich erst in den Anfang des 17. Jahrhunderts zu setzen sind, da ältere Handschriften sich nicht mit Sicherheit nachweisen lassen. Die dem Mönch Basilius Valentinus zugeschriebenen Werke dürften demnach dem Herausgeber derselben, der sie im Beginn des 17. Jahr- hunderts drucken ließ, Joh. Thölde, einem Thüringer, ange- hören und nicht, wie man früher allgemein annahm, in das 15. Jahrhundert zu setzen sein. 2 Inhaltlich stimmen die Schriften des Basilius Valentinus mit den paracelsischen Lehren so vollständig überein, daß an einem Zusammenhange nicht zu zweifeln ist, und man könnte höchstens, wenn man an die Fälschung nicht glauben will, eine gemeinsame ältere Quelle vermuten, die jedoch nicht nach- weisbar ist. In Klarheit und Ordnung des Vortrags ist Basilius 3 dem Paracelsus entschieden überlegen; auch empfiehlt er das Lesen der Schriften der Alten, 4 wovon Paracelsus weniger hält. Seine Schriften machen den Eindruck, daß die von 1 Kopp, Entwickelung d. Chem. S. 20. Doch erscheint dies Kopp selbst nicht genügend beglaubigt, s. Beitr. 3. St. S. 109. 2 Zur Basiliusfrage vgl. Gmelin, Gesch. d. Chem., I S. 136 ff., Hoefer, Hist. de la Chim. I p. 479. Kopp, Gesch. d. Chem. I, S. 74 f., ganz besonders aber Kopp, Beitr. 3. St. S. 110—129. Von älteren Zeugnissen ist dasjenige Sennerts erwähnenswert in De chymicorum c. Aristotelicis et Galenicis con- sensu (1. Ed. 1619) in Opera Lugd. 1676 T. I p. 224. Indessen hat Kopp (Beitr. S. 117) gezeigt, daß sich gegenwärtig kein Beweis mehr dafür erbringen läßt, die Schriften des Bas. seien vor Paracelsus entstanden; und neuerdings (Alchemie S. 31) erklärt Kopp die Basiliusschriften entschieden für eine um 1600 begangene Fälschung. 3 Ich bediene mich der Gesamtausgabe: Fr. Basilii Valentini Benedik- tiner-Ordens, Chymische Schriften alle, soviel derer vorhanden etc. Ham- burg 1694.. 4 De Macrocosmo od. Von der großen Heimlichkeit der Welt und ihrer Artzney. I p. 136.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/313>, abgerufen am 22.11.2024.