des Herrn die Erde segnete, mit Verständnis betrachtet, noch je das Auge in Andacht zum Himmel erhoben, um jene deut- liche Stimme zu vernehmen: "Die Himmel erzählen die Ehre Gottes und die Feste verkündiget seiner Hände Werk."1
Wirklich physikalische Einwürfe gegen die Atomistik werden von Dionysius kaum gestreift; denn wenn er auch davon spricht, daß die Verschiedenartigkeit der Körper nach Art und Dauer ebensowenig wie die Regelmäßigkeit der Welt- ordnung durch Atome erklärt werden könne, die in ihrer Sub- stanz gleichartig, in ihrer Bewegung zwecklos und verworren seien, so fällt es ihm doch nicht ein, jene naturwissenschaft- lichen Thatsachen etwa durch eine andere physikalische Hypo- these für besser erklärbar zu halten. Er sieht vielmehr nur den einen Ausweg, einen allweisen und allgütigen Schöpfer als Ursache der Welt und ihrer Ordnung anzunehmen. Die Natur betrachtet er unter keinem andren Gesichtspunkte, als dem, daraus Beweise für Gottes Schöpfermacht zu gewinnen. Das Interesse seines Erkennens ist ein metaphysisches, welches im theologischen gipfelt.
Von demselben Interesse geleitet hat Eusebius das Bruch- stück des Dionysius in seine Praeparatio evangelica aufge- nommen, um zu zeigen, wie hoch die christliche Weltan- schauung in ihrem fest gegründeten Glauben über den zur Lächerlichkeit führenden Hirngespinsten der Philosophen stehe.
3. Lactantius.
Die ausführliche Erwähnung, welche Lactantius der antiken Atomistik zu teil werden läßt, entspringt ebenfalls aus der Absicht, die Meinung derer zurückzuweisen, welche die gött- liche Vorsehung als schöpferische und leitende Kraft der Welt nicht anerkennen wollen. Er unterscheidet die Ansicht, daß die Welt aus dem willkürlichen Zusammentreffen ursprünglicher Anfänge (principia) sich verdichtet habe, von derjenigen, daß sie plötzlich von Natur hervorgetreten sei, jedoch ohne Hilfe
1 Psalm 19, 2.
Dionysius: Interesse nur theologisch.
des Herrn die Erde segnete, mit Verständnis betrachtet, noch je das Auge in Andacht zum Himmel erhoben, um jene deut- liche Stimme zu vernehmen: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes und die Feste verkündiget seiner Hände Werk.‟1
Wirklich physikalische Einwürfe gegen die Atomistik werden von Dionysius kaum gestreift; denn wenn er auch davon spricht, daß die Verschiedenartigkeit der Körper nach Art und Dauer ebensowenig wie die Regelmäßigkeit der Welt- ordnung durch Atome erklärt werden könne, die in ihrer Sub- stanz gleichartig, in ihrer Bewegung zwecklos und verworren seien, so fällt es ihm doch nicht ein, jene naturwissenschaft- lichen Thatsachen etwa durch eine andere physikalische Hypo- these für besser erklärbar zu halten. Er sieht vielmehr nur den einen Ausweg, einen allweisen und allgütigen Schöpfer als Ursache der Welt und ihrer Ordnung anzunehmen. Die Natur betrachtet er unter keinem andren Gesichtspunkte, als dem, daraus Beweise für Gottes Schöpfermacht zu gewinnen. Das Interesse seines Erkennens ist ein metaphysisches, welches im theologischen gipfelt.
Von demselben Interesse geleitet hat Eusebius das Bruch- stück des Dionysius in seine Praeparatio evangelica aufge- nommen, um zu zeigen, wie hoch die christliche Weltan- schauung in ihrem fest gegründeten Glauben über den zur Lächerlichkeit führenden Hirngespinsten der Philosophen stehe.
3. Lactantius.
Die ausführliche Erwähnung, welche Lactantius der antiken Atomistik zu teil werden läßt, entspringt ebenfalls aus der Absicht, die Meinung derer zurückzuweisen, welche die gött- liche Vorsehung als schöpferische und leitende Kraft der Welt nicht anerkennen wollen. Er unterscheidet die Ansicht, daß die Welt aus dem willkürlichen Zusammentreffen ursprünglicher Anfänge (principia) sich verdichtet habe, von derjenigen, daß sie plötzlich von Natur hervorgetreten sei, jedoch ohne Hilfe
1 Psalm 19, 2.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0036"n="18"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#k">Dionysius</hi>: Interesse nur theologisch.</fw><lb/>
des Herrn die Erde segnete, mit Verständnis betrachtet, noch<lb/>
je das Auge in Andacht zum Himmel erhoben, um jene deut-<lb/>
liche Stimme zu vernehmen: „Die Himmel erzählen die Ehre<lb/>
Gottes und die Feste verkündiget seiner Hände Werk.‟<noteplace="foot"n="1">Psalm 19, 2.</note></p><lb/><p>Wirklich physikalische Einwürfe gegen die Atomistik<lb/>
werden von <hirendition="#k">Dionysius</hi> kaum gestreift; denn wenn er auch davon<lb/>
spricht, daß die Verschiedenartigkeit der Körper nach Art<lb/>
und Dauer ebensowenig wie die Regelmäßigkeit der Welt-<lb/>
ordnung durch Atome erklärt werden könne, die in ihrer Sub-<lb/>
stanz gleichartig, in ihrer Bewegung zwecklos und verworren<lb/>
seien, so fällt es ihm doch nicht ein, jene naturwissenschaft-<lb/>
lichen Thatsachen etwa durch eine andere physikalische Hypo-<lb/>
these für besser erklärbar zu halten. Er sieht vielmehr nur<lb/>
den einen Ausweg, einen allweisen und allgütigen Schöpfer als<lb/>
Ursache der Welt und ihrer Ordnung anzunehmen. Die Natur<lb/>
betrachtet er unter keinem andren Gesichtspunkte, als dem,<lb/>
daraus Beweise für Gottes Schöpfermacht zu gewinnen. Das<lb/>
Interesse seines Erkennens ist ein metaphysisches, welches im<lb/>
theologischen gipfelt.</p><lb/><p>Von demselben Interesse geleitet hat <hirendition="#k">Eusebius</hi> das Bruch-<lb/>
stück des <hirendition="#k">Dionysius</hi> in seine <hirendition="#i">Praeparatio evangelica</hi> aufge-<lb/>
nommen, um zu zeigen, wie hoch die christliche Weltan-<lb/>
schauung in ihrem fest gegründeten Glauben über den zur<lb/>
Lächerlichkeit führenden Hirngespinsten der Philosophen stehe.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">3. Lactantius.</hi></head><lb/><p>Die ausführliche Erwähnung, welche <hirendition="#k">Lactantius</hi> der antiken<lb/>
Atomistik zu teil werden läßt, entspringt ebenfalls aus der<lb/>
Absicht, die Meinung derer zurückzuweisen, welche die gött-<lb/>
liche Vorsehung als schöpferische und leitende Kraft der Welt<lb/>
nicht anerkennen wollen. Er unterscheidet die Ansicht, daß<lb/>
die Welt aus dem willkürlichen Zusammentreffen ursprünglicher<lb/>
Anfänge (principia) sich verdichtet habe, von derjenigen, daß<lb/>
sie plötzlich von Natur hervorgetreten sei, jedoch ohne Hilfe<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[18/0036]
Dionysius: Interesse nur theologisch.
des Herrn die Erde segnete, mit Verständnis betrachtet, noch
je das Auge in Andacht zum Himmel erhoben, um jene deut-
liche Stimme zu vernehmen: „Die Himmel erzählen die Ehre
Gottes und die Feste verkündiget seiner Hände Werk.‟ 1
Wirklich physikalische Einwürfe gegen die Atomistik
werden von Dionysius kaum gestreift; denn wenn er auch davon
spricht, daß die Verschiedenartigkeit der Körper nach Art
und Dauer ebensowenig wie die Regelmäßigkeit der Welt-
ordnung durch Atome erklärt werden könne, die in ihrer Sub-
stanz gleichartig, in ihrer Bewegung zwecklos und verworren
seien, so fällt es ihm doch nicht ein, jene naturwissenschaft-
lichen Thatsachen etwa durch eine andere physikalische Hypo-
these für besser erklärbar zu halten. Er sieht vielmehr nur
den einen Ausweg, einen allweisen und allgütigen Schöpfer als
Ursache der Welt und ihrer Ordnung anzunehmen. Die Natur
betrachtet er unter keinem andren Gesichtspunkte, als dem,
daraus Beweise für Gottes Schöpfermacht zu gewinnen. Das
Interesse seines Erkennens ist ein metaphysisches, welches im
theologischen gipfelt.
Von demselben Interesse geleitet hat Eusebius das Bruch-
stück des Dionysius in seine Praeparatio evangelica aufge-
nommen, um zu zeigen, wie hoch die christliche Weltan-
schauung in ihrem fest gegründeten Glauben über den zur
Lächerlichkeit führenden Hirngespinsten der Philosophen stehe.
3. Lactantius.
Die ausführliche Erwähnung, welche Lactantius der antiken
Atomistik zu teil werden läßt, entspringt ebenfalls aus der
Absicht, die Meinung derer zurückzuweisen, welche die gött-
liche Vorsehung als schöpferische und leitende Kraft der Welt
nicht anerkennen wollen. Er unterscheidet die Ansicht, daß
die Welt aus dem willkürlichen Zusammentreffen ursprünglicher
Anfänge (principia) sich verdichtet habe, von derjenigen, daß
sie plötzlich von Natur hervorgetreten sei, jedoch ohne Hilfe
1 Psalm 19, 2.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/36>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.