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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Van Helmont: Korpuskulartheorie.
sentant des Gaszustandes ist und faßt das, was er Gas nennt,
als eine besondere Erscheinungsform des Wassers. Aber man
muß freilich anerkennen, daß er zur Feststellung des Begriffs
des chemischen Körpers einen wesentlichen Fortschritt gemacht
hat, indem er die Verwandlung des Wassers in den gasigen
Zustand verfolgte. Sich ganz in seine Vorstellungsart zu ver-
setzen, dürfte sehr schwer, wenn nicht unmöglich sein, da man
überall das Ringen nach Begriffen bemerkt, ohne daß dieselben
schon feste Gestalt gewonnen haben; vielleicht hätte er noch
manches klarer gestaltet, hätte ihn nicht der Tod bei der Re-
daktion seiner Werke überrascht. Schon die große Zahl von
neuen Namen und verschiedenen Ausdrücken für seine Ge-
danken beweist dieses innere Ringen.

Für die Entwickelung der Korpuskulartheorie ist von be-
sonderer Wichtigkeit erstens die strenge Trennung zwischen
Wasser und Luft, und zweitens die eigentümliche Vorstellung
von der Umwandlung des Wassers in den Gaszustand, welche
nahe an die Molekulartheorie streift. Helmont nimmt bei
seiner Untersuchung über die Konstitution des Wassers nicht
nur auf das quantitative Verhältnis der drei idealen Grund-
substanzen, sondern auch auf ihre räumliche Anordnung
Rücksicht. Der Übergang vom Dampf zum Gaszustande be-
steht in einem Nachaußenkehren des Sulphurs. Das
aber setzt doch stillschweigend das Vorhandensein von ge-
trennten Korpuskeln voraus, deren Entstehung auch unter dem
Namen der weiteren Teilung erwähnt wird. Die Grundsub-
stanzen sind hier offenbar bereits als kleinste Teile der Körper
gedacht, eine Vorstellung, die durch die galenische Definition
des Elementes dem allgemeinen wissenschaftlichen Bewußtsein
vertraut war. Die Verwandtschaft dieser Vorstellung mit der
Korpuskulartheorie war bei d'Espagnet schon augenfällig, in
Helmonts Durchführung tritt sie noch mehr hervor. Wasser
und Gas sind dasselbe, nur in anderer Anordnung der Bestand-
teile in den einzelnen Partikeln -- wer denkt dabei nicht an
die Metamerie der chemischen Atomistik? Es ist daher nicht
überraschend, daß Helmont den Ausdruck Atome an vielen
Stellen ohne Bedenken gebraucht. Damit sind jedoch nicht
Atome im strengen Sinne, sondern nur sehr kleine Partikeln
gemeint. So heißt es von den Dünsten, Gerüchen und Zeu-

Van Helmont: Korpuskulartheorie.
sentant des Gaszustandes ist und faßt das, was er Gas nennt,
als eine besondere Erscheinungsform des Wassers. Aber man
muß freilich anerkennen, daß er zur Feststellung des Begriffs
des chemischen Körpers einen wesentlichen Fortschritt gemacht
hat, indem er die Verwandlung des Wassers in den gasigen
Zustand verfolgte. Sich ganz in seine Vorstellungsart zu ver-
setzen, dürfte sehr schwer, wenn nicht unmöglich sein, da man
überall das Ringen nach Begriffen bemerkt, ohne daß dieselben
schon feste Gestalt gewonnen haben; vielleicht hätte er noch
manches klarer gestaltet, hätte ihn nicht der Tod bei der Re-
daktion seiner Werke überrascht. Schon die große Zahl von
neuen Namen und verschiedenen Ausdrücken für seine Ge-
danken beweist dieses innere Ringen.

Für die Entwickelung der Korpuskulartheorie ist von be-
sonderer Wichtigkeit erstens die strenge Trennung zwischen
Wasser und Luft, und zweitens die eigentümliche Vorstellung
von der Umwandlung des Wassers in den Gaszustand, welche
nahe an die Molekulartheorie streift. Helmont nimmt bei
seiner Untersuchung über die Konstitution des Wassers nicht
nur auf das quantitative Verhältnis der drei idealen Grund-
substanzen, sondern auch auf ihre räumliche Anordnung
Rücksicht. Der Übergang vom Dampf zum Gaszustande be-
steht in einem Nachaußenkehren des Sulphurs. Das
aber setzt doch stillschweigend das Vorhandensein von ge-
trennten Korpuskeln voraus, deren Entstehung auch unter dem
Namen der weiteren Teilung erwähnt wird. Die Grundsub-
stanzen sind hier offenbar bereits als kleinste Teile der Körper
gedacht, eine Vorstellung, die durch die galenische Definition
des Elementes dem allgemeinen wissenschaftlichen Bewußtsein
vertraut war. Die Verwandtschaft dieser Vorstellung mit der
Korpuskulartheorie war bei d’Espagnet schon augenfällig, in
Helmonts Durchführung tritt sie noch mehr hervor. Wasser
und Gas sind dasselbe, nur in anderer Anordnung der Bestand-
teile in den einzelnen Partikeln — wer denkt dabei nicht an
die Metamerie der chemischen Atomistik? Es ist daher nicht
überraschend, daß Helmont den Ausdruck Atome an vielen
Stellen ohne Bedenken gebraucht. Damit sind jedoch nicht
Atome im strengen Sinne, sondern nur sehr kleine Partikeln
gemeint. So heißt es von den Dünsten, Gerüchen und Zeu-

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[350/0368] Van Helmont: Korpuskulartheorie. sentant des Gaszustandes ist und faßt das, was er Gas nennt, als eine besondere Erscheinungsform des Wassers. Aber man muß freilich anerkennen, daß er zur Feststellung des Begriffs des chemischen Körpers einen wesentlichen Fortschritt gemacht hat, indem er die Verwandlung des Wassers in den gasigen Zustand verfolgte. Sich ganz in seine Vorstellungsart zu ver- setzen, dürfte sehr schwer, wenn nicht unmöglich sein, da man überall das Ringen nach Begriffen bemerkt, ohne daß dieselben schon feste Gestalt gewonnen haben; vielleicht hätte er noch manches klarer gestaltet, hätte ihn nicht der Tod bei der Re- daktion seiner Werke überrascht. Schon die große Zahl von neuen Namen und verschiedenen Ausdrücken für seine Ge- danken beweist dieses innere Ringen. Für die Entwickelung der Korpuskulartheorie ist von be- sonderer Wichtigkeit erstens die strenge Trennung zwischen Wasser und Luft, und zweitens die eigentümliche Vorstellung von der Umwandlung des Wassers in den Gaszustand, welche nahe an die Molekulartheorie streift. Helmont nimmt bei seiner Untersuchung über die Konstitution des Wassers nicht nur auf das quantitative Verhältnis der drei idealen Grund- substanzen, sondern auch auf ihre räumliche Anordnung Rücksicht. Der Übergang vom Dampf zum Gaszustande be- steht in einem Nachaußenkehren des Sulphurs. Das aber setzt doch stillschweigend das Vorhandensein von ge- trennten Korpuskeln voraus, deren Entstehung auch unter dem Namen der weiteren Teilung erwähnt wird. Die Grundsub- stanzen sind hier offenbar bereits als kleinste Teile der Körper gedacht, eine Vorstellung, die durch die galenische Definition des Elementes dem allgemeinen wissenschaftlichen Bewußtsein vertraut war. Die Verwandtschaft dieser Vorstellung mit der Korpuskulartheorie war bei d’Espagnet schon augenfällig, in Helmonts Durchführung tritt sie noch mehr hervor. Wasser und Gas sind dasselbe, nur in anderer Anordnung der Bestand- teile in den einzelnen Partikeln — wer denkt dabei nicht an die Metamerie der chemischen Atomistik? Es ist daher nicht überraschend, daß Helmont den Ausdruck Atome an vielen Stellen ohne Bedenken gebraucht. Damit sind jedoch nicht Atome im strengen Sinne, sondern nur sehr kleine Partikeln gemeint. So heißt es von den Dünsten, Gerüchen und Zeu-

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/368>, abgerufen am 22.11.2024.