Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.Bruno: Spinoza, Leibniz, Occasionalismus, Kriticismus. trennt sind, ist eben seine charakteristische Eigentümlichkeit,die man zerstören würde, wenn man ihm die Gedanken unter- legen wollte, welche die spätere Entwickelung erst geschaffen hat. Vom Standpunkte einer transcendenten Metaphysik aus ist alles Geschehen bedingt durch die Monaden selbst, sie sind das Absolute, die Dinge an sich, in denen sich der Welt- prozeß entwickelt; in dieser Richtung stammt Leibniz' Mona- dologie von Bruno ab. Hier entsteht die schwierige Frage, wie die Wechselwirkung der Atome zu denken ist, wenn die- selben die absoluten Substanzen, die aus allen Beziehungen gelösten Dinge sein sollen. Denn sobald man sie als wirkungs- fähig aus sich selbst betrachtet, so hebt man den Zusammen- hang mit den andern Monaden auf; setzt man aber diesen voraus, so verliert das Atom seine Selbständigkeit als Substanz, seine Existenz erfordert schon die Existenz der übrigen Atome. Innerhalb des Dogmatismus bleiben daher nur die beiden berühmten Lösungsversuche des Occasionalismus und der prä- stabilitierten Harmonie übrig. Entweder verursacht Gott durch ein perpetuelles Wunder bei jeder Gelegenheit die Regel- mäßigkeit des körperlichen und geistigen Geschehens, oder er hat in einem einmaligen Wunder die sich selbst entwickelnden Substanzen zur Übereinstimmung angepaßt. Man kann nun den einzig möglichen Ausweg aus diesem Bruno: Spinoza, Leibniz, Occasionalismus, Kriticismus. trennt sind, ist eben seine charakteristische Eigentümlichkeit,die man zerstören würde, wenn man ihm die Gedanken unter- legen wollte, welche die spätere Entwickelung erst geschaffen hat. Vom Standpunkte einer transcendenten Metaphysik aus ist alles Geschehen bedingt durch die Monaden selbst, sie sind das Absolute, die Dinge an sich, in denen sich der Welt- prozeß entwickelt; in dieser Richtung stammt Leibniz’ Mona- dologie von Bruno ab. Hier entsteht die schwierige Frage, wie die Wechselwirkung der Atome zu denken ist, wenn die- selben die absoluten Substanzen, die aus allen Beziehungen gelösten Dinge sein sollen. Denn sobald man sie als wirkungs- fähig aus sich selbst betrachtet, so hebt man den Zusammen- hang mit den andern Monaden auf; setzt man aber diesen voraus, so verliert das Atom seine Selbständigkeit als Substanz, seine Existenz erfordert schon die Existenz der übrigen Atome. Innerhalb des Dogmatismus bleiben daher nur die beiden berühmten Lösungsversuche des Occasionalismus und der prä- stabilitierten Harmonie übrig. Entweder verursacht Gott durch ein perpetuelles Wunder bei jeder Gelegenheit die Regel- mäßigkeit des körperlichen und geistigen Geschehens, oder er hat in einem einmaligen Wunder die sich selbst entwickelnden Substanzen zur Übereinstimmung angepaßt. Man kann nun den einzig möglichen Ausweg aus diesem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0418" n="400"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">Bruno: Spinoza, Leibniz</hi>, Occasionalismus, Kriticismus.</fw><lb/> trennt sind, ist eben seine charakteristische Eigentümlichkeit,<lb/> die man zerstören würde, wenn man ihm die Gedanken unter-<lb/> legen wollte, welche die spätere Entwickelung erst geschaffen<lb/> hat. 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Bruno: Spinoza, Leibniz, Occasionalismus, Kriticismus.
trennt sind, ist eben seine charakteristische Eigentümlichkeit,
die man zerstören würde, wenn man ihm die Gedanken unter-
legen wollte, welche die spätere Entwickelung erst geschaffen
hat. Vom Standpunkte einer transcendenten Metaphysik aus
ist alles Geschehen bedingt durch die Monaden selbst, sie
sind das Absolute, die Dinge an sich, in denen sich der Welt-
prozeß entwickelt; in dieser Richtung stammt Leibniz’ Mona-
dologie von Bruno ab. Hier entsteht die schwierige Frage,
wie die Wechselwirkung der Atome zu denken ist, wenn die-
selben die absoluten Substanzen, die aus allen Beziehungen
gelösten Dinge sein sollen. Denn sobald man sie als wirkungs-
fähig aus sich selbst betrachtet, so hebt man den Zusammen-
hang mit den andern Monaden auf; setzt man aber diesen
voraus, so verliert das Atom seine Selbständigkeit als Substanz,
seine Existenz erfordert schon die Existenz der übrigen Atome.
Innerhalb des Dogmatismus bleiben daher nur die beiden
berühmten Lösungsversuche des Occasionalismus und der prä-
stabilitierten Harmonie übrig. Entweder verursacht Gott
durch ein perpetuelles Wunder bei jeder Gelegenheit die Regel-
mäßigkeit des körperlichen und geistigen Geschehens, oder er
hat in einem einmaligen Wunder die sich selbst entwickelnden
Substanzen zur Übereinstimmung angepaßt.
Man kann nun den einzig möglichen Ausweg aus diesem
Dilemma, den Übergang auf den Standpunkt des Kriticismus,
ebenfalls bei Bruno angedeutet finden. Dieser besteht darin,
daß die Bedingung zur Möglichkeit der Erfahrungswelt ge-
sehen wird in der Bedingung der Möglichkeit wissenschaft-
licher Erkenntnis, in der gesetzlichen Synthesis der räumlich-
zeitlichen Sinnesempfindungen durch die Einheit des Bewußt-
seins. Die Arten dieser Synthesis sind alsdann diejenigen Be-
ziehungsformen des Inhalts des Bewußtseins auf seine Einheit,
welche wir Denkmittel genannt haben, sie sind ausgesprochen
in den Grundsätzen der Quantität, der Variabilität, der Sub-
stanz und Kausalität, unter welchen alle sinnlich gegebene
Qualität stehen muß, damit sie in Bezug auf sich selbst als
identisch (Substanz) und als real (Variabilität), in Bezug auf
anderes als vergleichbar (Quantität) und als wirkungsfähig
(Kausalität) bestimmbar sei. Alsdann ist die Wechselwirkung
der Substanzen gewährleistet in dem Apriori, welches die Be-
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