Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Bacon als richtungweisend.
Ursprüngliche zu betrachten hat, sondern nach dem allge-
meineren Gesetze suchen muß, welches die Einzelerscheinung
umfaßt, und daß dieses Gesetz im Grunde, wie sich an dem
von Bacon ausgeführten Beispiel der Wärmetheorie zeigt, eine
Gattung der Bewegung ist, das sind Grundgedanken, welche
als richtungweisend bestehen bleiben, wenn auch der Weg zu
diesen Gesetzen selbst noch im Dunkel liegt. Seine Einführung
der Spiritus muß man ebenfalls in diesem Sinne auffassen, als
hervorgegangen aus der Tendenz, die sichtbaren Veränderungen
der Körper auf Bewegungen und körperliche Vermittelungen
zurückzuführen, welche nicht mehr den Sinnen, sondern nur
noch dem Verstande zugänglich sind. Es ist nicht die mystische,
geisterhafte Thätigkeit der Spiritus der Alchymisten, sondern
eine mechanisch noch nicht genügend geklärte Vorstellung von
den Wirkungen einer feineren, ätherischen Materie, welche
Bacon zu dem Aushilfsmittel greifen läßt, das Gewebe der
Dinge aus tangiblen Korpuskeln und fluiden Spiritus zu-
sammenzusetzen. Die stoische Auffassung der Materie hat hier
den Sieg über die demokritische davongetragen. Aber auch
für die Entwickelung der Korpuskulartheorie hat Bacon die
einzuschlagende Richtung angedeutet, indem er die Anweisung
gibt, zunächst nur diejenigen Teile als die kleinsten in Betracht
zu ziehen, wie sie der Versuch ergibt. Das ist die Tendenz
der physikalischen Atomistik, welche ihren ersten ent-
schiedenen Vertreter in Daniel Sennert besitzt.



Sechster Abschnitt.
Die Erneuerung der physikalischen Atomistik
in Deutschland durch D. Sennert.


1. Seine Lehre.

Daniel Sennert wurde am 25. Nov. 1572 in Breslau ge-
boren, studierte Philosophie und namentlich Medizin seit 1593
in Wittenberg, Leipzig, Jena, Frankfurt a. O., besuchte Berlin,

Bacon als richtungweisend.
Ursprüngliche zu betrachten hat, sondern nach dem allge-
meineren Gesetze suchen muß, welches die Einzelerscheinung
umfaßt, und daß dieses Gesetz im Grunde, wie sich an dem
von Bacon ausgeführten Beispiel der Wärmetheorie zeigt, eine
Gattung der Bewegung ist, das sind Grundgedanken, welche
als richtungweisend bestehen bleiben, wenn auch der Weg zu
diesen Gesetzen selbst noch im Dunkel liegt. Seine Einführung
der Spiritus muß man ebenfalls in diesem Sinne auffassen, als
hervorgegangen aus der Tendenz, die sichtbaren Veränderungen
der Körper auf Bewegungen und körperliche Vermittelungen
zurückzuführen, welche nicht mehr den Sinnen, sondern nur
noch dem Verstande zugänglich sind. Es ist nicht die mystische,
geisterhafte Thätigkeit der Spiritus der Alchymisten, sondern
eine mechanisch noch nicht genügend geklärte Vorstellung von
den Wirkungen einer feineren, ätherischen Materie, welche
Bacon zu dem Aushilfsmittel greifen läßt, das Gewebe der
Dinge aus tangiblen Korpuskeln und fluiden Spiritus zu-
sammenzusetzen. Die stoische Auffassung der Materie hat hier
den Sieg über die demokritische davongetragen. Aber auch
für die Entwickelung der Korpuskulartheorie hat Bacon die
einzuschlagende Richtung angedeutet, indem er die Anweisung
gibt, zunächst nur diejenigen Teile als die kleinsten in Betracht
zu ziehen, wie sie der Versuch ergibt. Das ist die Tendenz
der physikalischen Atomistik, welche ihren ersten ent-
schiedenen Vertreter in Daniel Sennert besitzt.



Sechster Abschnitt.
Die Erneuerung der physikalischen Atomistik
in Deutschland durch D. Sennert.


1. Seine Lehre.

Daniel Sennert wurde am 25. Nov. 1572 in Breslau ge-
boren, studierte Philosophie und namentlich Medizin seit 1593
in Wittenberg, Leipzig, Jena, Frankfurt a. O., besuchte Berlin,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0454" n="436"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">Bacon</hi> als richtungweisend.</fw><lb/>
Ursprüngliche zu betrachten hat, sondern nach dem allge-<lb/>
meineren Gesetze suchen muß, welches die Einzelerscheinung<lb/>
umfaßt, und daß dieses Gesetz im Grunde, wie sich an dem<lb/>
von <hi rendition="#k">Bacon</hi> ausgeführten Beispiel der Wärmetheorie zeigt, eine<lb/>
Gattung der Bewegung ist, das sind Grundgedanken, welche<lb/>
als richtungweisend bestehen bleiben, wenn auch der Weg zu<lb/>
diesen Gesetzen selbst noch im Dunkel liegt. Seine Einführung<lb/>
der Spiritus muß man ebenfalls in diesem Sinne auffassen, als<lb/>
hervorgegangen aus der Tendenz, die sichtbaren Veränderungen<lb/>
der Körper auf Bewegungen und körperliche Vermittelungen<lb/>
zurückzuführen, welche nicht mehr den Sinnen, sondern nur<lb/>
noch dem Verstande zugänglich sind. Es ist nicht die mystische,<lb/>
geisterhafte Thätigkeit der Spiritus der Alchymisten, sondern<lb/>
eine mechanisch noch nicht genügend geklärte Vorstellung von<lb/>
den Wirkungen einer feineren, ätherischen Materie, welche<lb/><hi rendition="#k">Bacon</hi> zu dem Aushilfsmittel greifen läßt, das Gewebe der<lb/>
Dinge aus tangiblen Korpuskeln und fluiden Spiritus zu-<lb/>
sammenzusetzen. Die stoische Auffassung der Materie hat hier<lb/>
den Sieg über die demokritische davongetragen. Aber auch<lb/>
für die Entwickelung der Korpuskulartheorie hat <hi rendition="#k">Bacon</hi> die<lb/>
einzuschlagende Richtung angedeutet, indem er die Anweisung<lb/>
gibt, zunächst nur diejenigen Teile als die kleinsten in Betracht<lb/>
zu ziehen, wie sie der Versuch ergibt. Das ist die Tendenz<lb/>
der <hi rendition="#g">physikalischen Atomistik,</hi> welche ihren ersten ent-<lb/>
schiedenen Vertreter in <hi rendition="#k">Daniel Sennert</hi> besitzt.</p>
            </div>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head>Sechster Abschnitt.<lb/>
Die Erneuerung der physikalischen Atomistik<lb/>
in Deutschland durch D. Sennert.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">1. Seine Lehre.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#k">Daniel Sennert</hi> wurde am 25. Nov. 1572 in Breslau ge-<lb/>
boren, studierte Philosophie und namentlich Medizin seit 1593<lb/>
in Wittenberg, Leipzig, Jena, Frankfurt a. O., besuchte Berlin,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[436/0454] Bacon als richtungweisend. Ursprüngliche zu betrachten hat, sondern nach dem allge- meineren Gesetze suchen muß, welches die Einzelerscheinung umfaßt, und daß dieses Gesetz im Grunde, wie sich an dem von Bacon ausgeführten Beispiel der Wärmetheorie zeigt, eine Gattung der Bewegung ist, das sind Grundgedanken, welche als richtungweisend bestehen bleiben, wenn auch der Weg zu diesen Gesetzen selbst noch im Dunkel liegt. Seine Einführung der Spiritus muß man ebenfalls in diesem Sinne auffassen, als hervorgegangen aus der Tendenz, die sichtbaren Veränderungen der Körper auf Bewegungen und körperliche Vermittelungen zurückzuführen, welche nicht mehr den Sinnen, sondern nur noch dem Verstande zugänglich sind. Es ist nicht die mystische, geisterhafte Thätigkeit der Spiritus der Alchymisten, sondern eine mechanisch noch nicht genügend geklärte Vorstellung von den Wirkungen einer feineren, ätherischen Materie, welche Bacon zu dem Aushilfsmittel greifen läßt, das Gewebe der Dinge aus tangiblen Korpuskeln und fluiden Spiritus zu- sammenzusetzen. Die stoische Auffassung der Materie hat hier den Sieg über die demokritische davongetragen. Aber auch für die Entwickelung der Korpuskulartheorie hat Bacon die einzuschlagende Richtung angedeutet, indem er die Anweisung gibt, zunächst nur diejenigen Teile als die kleinsten in Betracht zu ziehen, wie sie der Versuch ergibt. Das ist die Tendenz der physikalischen Atomistik, welche ihren ersten ent- schiedenen Vertreter in Daniel Sennert besitzt. Sechster Abschnitt. Die Erneuerung der physikalischen Atomistik in Deutschland durch D. Sennert. 1. Seine Lehre. Daniel Sennert wurde am 25. Nov. 1572 in Breslau ge- boren, studierte Philosophie und namentlich Medizin seit 1593 in Wittenberg, Leipzig, Jena, Frankfurt a. O., besuchte Berlin,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/454
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/454>, abgerufen am 22.11.2024.