Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.Basso: Subjektivität der Qualitäten. Korpuskulare Erklärungen. haben fast alle Erneuerer der Korpuskulartheorie vor Descartesund Galilei gemeinsam; erst bei diesen tritt das Problem der Fluidität klar ins Bewußtsein. Unter ihren Vorgängern aber ist offenbar die Korpuskulartheorie und Physik Bassos die be- deutendste. Es scheint, daß er der erste ist, welcher die Unterscheidung der Körper nach den Aggregatzuständen auf- stellte, und nächst Gorlaeus ist er auch der erste, welcher die Verwandlung von Wasser in Luft verwirft. Bei ihm zuerst tritt, viel entschiedener als bei Bacon, die mechanische Auf- fassung der Natur hervor, indem er die örtliche Bewegung als die alleinige Ursache der Körperveränderungen systematisch durchführt. Hierin liegt im Prinzip die Einsicht, daß alle Qualitäten der subjektiven Empfindung angehören und die Er- kenntnis ihrer Veränderung auf ihrer Objektivierung als Be- wegung unveränderlicher Teilchen beruht. Bei Basso sind allerdings warm und kalt noch primäre Eigenschaften, aber auch sie setzen molekulare Bewegungsvorgänge voraus. Vor Galileis Saggiatore (1623) dürfte niemand so klar wie Basso die Forderung ausgesprochen haben, daß die Qualitäten als Bewegungen zu objektivieren sind. Ihm gebührt auch das Verdienst, die molekulare Konstruktion der Materie eingehend verwertet zu haben. Seine Theorie der Verbindung trägt ganz den Charakter der modernen Chemie und es fehlt seinen Atomen nichts als die quantitative Bestimmung. Die Ursache für die Veränderung der Körpereigenschaften wird überall darin ge- sucht, daß die Molekeln, d. h. die Partikeln zweiter und dritter Ordnung, sich in andrer Weise aus den unveränderlichen primären Atomen zusammensetzen. Diese Ansicht, auf welche wir heute die präzisen Erklä- Basso: Subjektivität der Qualitäten. Korpuskulare Erklärungen. haben fast alle Erneuerer der Korpuskulartheorie vor Descartesund Galilei gemeinsam; erst bei diesen tritt das Problem der Fluidität klar ins Bewußtsein. Unter ihren Vorgängern aber ist offenbar die Korpuskulartheorie und Physik Bassos die be- deutendste. Es scheint, daß er der erste ist, welcher die Unterscheidung der Körper nach den Aggregatzuständen auf- stellte, und nächst Gorlaeus ist er auch der erste, welcher die Verwandlung von Wasser in Luft verwirft. Bei ihm zuerst tritt, viel entschiedener als bei Bacon, die mechanische Auf- fassung der Natur hervor, indem er die örtliche Bewegung als die alleinige Ursache der Körperveränderungen systematisch durchführt. Hierin liegt im Prinzip die Einsicht, daß alle Qualitäten der subjektiven Empfindung angehören und die Er- kenntnis ihrer Veränderung auf ihrer Objektivierung als Be- wegung unveränderlicher Teilchen beruht. Bei Basso sind allerdings warm und kalt noch primäre Eigenschaften, aber auch sie setzen molekulare Bewegungsvorgänge voraus. Vor Galileis Saggiatore (1623) dürfte niemand so klar wie Basso die Forderung ausgesprochen haben, daß die Qualitäten als Bewegungen zu objektivieren sind. Ihm gebührt auch das Verdienst, die molekulare Konstruktion der Materie eingehend verwertet zu haben. Seine Theorie der Verbindung trägt ganz den Charakter der modernen Chemie und es fehlt seinen Atomen nichts als die quantitative Bestimmung. Die Ursache für die Veränderung der Körpereigenschaften wird überall darin ge- sucht, daß die Molekeln, d. h. die Partikeln zweiter und dritter Ordnung, sich in andrer Weise aus den unveränderlichen primären Atomen zusammensetzen. Diese Ansicht, auf welche wir heute die präzisen Erklä- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0497" n="479"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">Basso</hi>: Subjektivität der Qualitäten. Korpuskulare Erklärungen.</fw><lb/> haben fast alle Erneuerer der Korpuskulartheorie vor <hi rendition="#k">Descartes</hi><lb/> und <hi rendition="#k">Galilei</hi> gemeinsam; erst bei diesen tritt das Problem der<lb/> Fluidität klar ins Bewußtsein. Unter ihren Vorgängern aber<lb/> ist offenbar die Korpuskulartheorie und Physik <hi rendition="#k">Bassos</hi> die be-<lb/> deutendste. Es scheint, daß er der erste ist, welcher die<lb/> Unterscheidung der Körper nach den Aggregatzuständen auf-<lb/> stellte, und nächst <hi rendition="#k">Gorlaeus</hi> ist er auch der erste, welcher<lb/> die Verwandlung von Wasser in Luft verwirft. Bei ihm zuerst<lb/> tritt, viel entschiedener als bei <hi rendition="#k">Bacon</hi>, die mechanische Auf-<lb/> fassung der Natur hervor, indem er die örtliche Bewegung als<lb/> die alleinige Ursache der Körperveränderungen systematisch<lb/> durchführt. Hierin liegt im Prinzip die Einsicht, daß alle<lb/> Qualitäten der subjektiven Empfindung angehören und die Er-<lb/> kenntnis ihrer Veränderung auf ihrer Objektivierung als Be-<lb/> wegung unveränderlicher Teilchen beruht. Bei <hi rendition="#k">Basso</hi> sind<lb/> allerdings warm und kalt noch primäre Eigenschaften, aber<lb/> auch sie setzen molekulare Bewegungsvorgänge voraus. Vor<lb/><hi rendition="#k">Galileis</hi> <hi rendition="#i">Saggiatore</hi> (1623) dürfte niemand so klar wie <hi rendition="#k">Basso</hi><lb/> die Forderung ausgesprochen haben, daß die Qualitäten als<lb/> Bewegungen zu objektivieren sind. Ihm gebührt auch das<lb/> Verdienst, die molekulare Konstruktion der Materie eingehend<lb/> verwertet zu haben. Seine Theorie der Verbindung trägt ganz<lb/> den Charakter der modernen Chemie und es fehlt seinen Atomen<lb/> nichts als die quantitative Bestimmung. Die Ursache für die<lb/> Veränderung der Körpereigenschaften wird überall darin ge-<lb/> sucht, daß die Molekeln, d. h. die Partikeln zweiter und<lb/> dritter Ordnung, sich in andrer Weise aus den unveränderlichen<lb/> primären Atomen zusammensetzen.</p><lb/> <p>Diese Ansicht, auf welche wir heute die präzisen Erklä-<lb/> rungen der chemischen Veränderungen stützen, dient <hi rendition="#k">Basso</hi> in<lb/> einem noch viel allgemeineren Sinne zur Erklärung der Natur-<lb/> vorgänge. Für ihn ist auch die Veränderung der Wärme und<lb/> die Verdunstung, überhaupt das physikalische Allgemeinver-<lb/> halten der Körper ein chemischer Vorgang, d. h. zu erklären<lb/> aus Veränderungen, welche nicht zwischen den Molekeln, son-<lb/> dern in der Molekel selbst statt haben. Die Wärmeänderungen<lb/> geschehen, indem warme von kalten Teilchen umhüllt werden<lb/> oder aus dieser Hülle hervortreten; diese warmen und kalten<lb/> Teilchen sind primäre Partikeln, und die Wärmelehre gründet<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [479/0497]
Basso: Subjektivität der Qualitäten. Korpuskulare Erklärungen.
haben fast alle Erneuerer der Korpuskulartheorie vor Descartes
und Galilei gemeinsam; erst bei diesen tritt das Problem der
Fluidität klar ins Bewußtsein. Unter ihren Vorgängern aber
ist offenbar die Korpuskulartheorie und Physik Bassos die be-
deutendste. Es scheint, daß er der erste ist, welcher die
Unterscheidung der Körper nach den Aggregatzuständen auf-
stellte, und nächst Gorlaeus ist er auch der erste, welcher
die Verwandlung von Wasser in Luft verwirft. Bei ihm zuerst
tritt, viel entschiedener als bei Bacon, die mechanische Auf-
fassung der Natur hervor, indem er die örtliche Bewegung als
die alleinige Ursache der Körperveränderungen systematisch
durchführt. Hierin liegt im Prinzip die Einsicht, daß alle
Qualitäten der subjektiven Empfindung angehören und die Er-
kenntnis ihrer Veränderung auf ihrer Objektivierung als Be-
wegung unveränderlicher Teilchen beruht. Bei Basso sind
allerdings warm und kalt noch primäre Eigenschaften, aber
auch sie setzen molekulare Bewegungsvorgänge voraus. Vor
Galileis Saggiatore (1623) dürfte niemand so klar wie Basso
die Forderung ausgesprochen haben, daß die Qualitäten als
Bewegungen zu objektivieren sind. Ihm gebührt auch das
Verdienst, die molekulare Konstruktion der Materie eingehend
verwertet zu haben. Seine Theorie der Verbindung trägt ganz
den Charakter der modernen Chemie und es fehlt seinen Atomen
nichts als die quantitative Bestimmung. Die Ursache für die
Veränderung der Körpereigenschaften wird überall darin ge-
sucht, daß die Molekeln, d. h. die Partikeln zweiter und
dritter Ordnung, sich in andrer Weise aus den unveränderlichen
primären Atomen zusammensetzen.
Diese Ansicht, auf welche wir heute die präzisen Erklä-
rungen der chemischen Veränderungen stützen, dient Basso in
einem noch viel allgemeineren Sinne zur Erklärung der Natur-
vorgänge. Für ihn ist auch die Veränderung der Wärme und
die Verdunstung, überhaupt das physikalische Allgemeinver-
halten der Körper ein chemischer Vorgang, d. h. zu erklären
aus Veränderungen, welche nicht zwischen den Molekeln, son-
dern in der Molekel selbst statt haben. Die Wärmeänderungen
geschehen, indem warme von kalten Teilchen umhüllt werden
oder aus dieser Hülle hervortreten; diese warmen und kalten
Teilchen sind primäre Partikeln, und die Wärmelehre gründet
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |