"Dies weniger. Heute waren es praktische Sachen, Ärger mit den Behörden. Das ist eine Schwerfällig- keit -- vornehmlich drüben im Nachbarstaate -- ein Reglementieren -- alles muß in eine Schablone ge- preßt werden. Und das hat mich mißmutig gemacht, ganz besonders, weil es auch Sie angeht."
"Mich? Jst etwas vorgefallen?" fragte Jsma ängstlich.
"Nein, ich meine unsere Luftschifferstation. Man will sie verstaatlichen, neben die militärische unter das Kriegsministerium stellen, wahrscheinlich dann auch von hier fort verlegen. Jedenfalls verlangt man eine Staatsaufsicht -- obwohl der Staat noch nicht einen Pfennig dazu gegeben hat."
"Aber warum denn?"
"Jch glaube, man traut mir nicht. Jm Falle eines Krieges -- man will wohl Sicherheiten haben. Sie wissen, die Abteilung ist eine internationale Gründung. Jch selbst habe meine besonderen Ansichten über Pa- triotismus."
"Jch bitte Sie, Ell, Sie sind doch ein Deutscher. Jm Kriegsfalle müssen wir uns selbstverständlich zur Verfügung stellen -- aber, wer wird denn an Krieg denken. Ach, machen Sie mir nicht noch mehr Sorge!"
"Jch bin ein Deutscher mit meinen Sympathien, staatsrechtlich bin ich es nicht, man kann mich also im Notfalle ausweisen. Die Sache ist doch so -- Deutsch- land oder Frankreich oder England, irgend eine Nation oder ein Staat ist ja kein Selbstzweck; Selbstzweck kann nur die Menschheit als Ganzes sein. Die ein-
Einundzwanzigſtes Kapitel.
„Dies weniger. Heute waren es praktiſche Sachen, Ärger mit den Behörden. Das iſt eine Schwerfällig- keit — vornehmlich drüben im Nachbarſtaate — ein Reglementieren — alles muß in eine Schablone ge- preßt werden. Und das hat mich mißmutig gemacht, ganz beſonders, weil es auch Sie angeht.‟
„Mich? Jſt etwas vorgefallen?‟ fragte Jsma ängſtlich.
„Nein, ich meine unſere Luftſchifferſtation. Man will ſie verſtaatlichen, neben die militäriſche unter das Kriegsminiſterium ſtellen, wahrſcheinlich dann auch von hier fort verlegen. Jedenfalls verlangt man eine Staatsaufſicht — obwohl der Staat noch nicht einen Pfennig dazu gegeben hat.‟
„Aber warum denn?‟
„Jch glaube, man traut mir nicht. Jm Falle eines Krieges — man will wohl Sicherheiten haben. Sie wiſſen, die Abteilung iſt eine internationale Gründung. Jch ſelbſt habe meine beſonderen Anſichten über Pa- triotismus.‟
„Jch bitte Sie, Ell, Sie ſind doch ein Deutſcher. Jm Kriegsfalle müſſen wir uns ſelbſtverſtändlich zur Verfügung ſtellen — aber, wer wird denn an Krieg denken. Ach, machen Sie mir nicht noch mehr Sorge!‟
„Jch bin ein Deutſcher mit meinen Sympathien, ſtaatsrechtlich bin ich es nicht, man kann mich alſo im Notfalle ausweiſen. Die Sache iſt doch ſo — Deutſch- land oder Frankreich oder England, irgend eine Nation oder ein Staat iſt ja kein Selbſtzweck; Selbſtzweck kann nur die Menſchheit als Ganzes ſein. Die ein-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0330"n="322"/><fwplace="top"type="header">Einundzwanzigſtes Kapitel.</fw><lb/><p>„Dies weniger. Heute waren es praktiſche Sachen,<lb/>
Ärger mit den Behörden. Das iſt eine Schwerfällig-<lb/>
keit — vornehmlich drüben im Nachbarſtaate — ein<lb/>
Reglementieren — alles muß in eine Schablone ge-<lb/>
preßt werden. Und das hat mich mißmutig gemacht,<lb/>
ganz beſonders, weil es auch Sie angeht.‟</p><lb/><p>„Mich? Jſt etwas vorgefallen?‟ fragte Jsma<lb/>
ängſtlich.</p><lb/><p>„Nein, ich meine unſere Luftſchifferſtation. Man<lb/>
will ſie verſtaatlichen, neben die militäriſche unter das<lb/>
Kriegsminiſterium ſtellen, wahrſcheinlich dann auch<lb/>
von hier fort verlegen. Jedenfalls verlangt man eine<lb/>
Staatsaufſicht — obwohl der Staat noch nicht einen<lb/>
Pfennig dazu gegeben hat.‟</p><lb/><p>„Aber warum denn?‟</p><lb/><p>„Jch glaube, man traut mir nicht. Jm Falle eines<lb/>
Krieges — man will wohl Sicherheiten haben. Sie<lb/>
wiſſen, die Abteilung iſt eine internationale Gründung.<lb/>
Jch ſelbſt habe meine beſonderen Anſichten über Pa-<lb/>
triotismus.‟</p><lb/><p>„Jch bitte Sie, Ell, Sie ſind doch ein Deutſcher.<lb/>
Jm Kriegsfalle müſſen wir uns ſelbſtverſtändlich zur<lb/>
Verfügung ſtellen — aber, wer wird denn an Krieg<lb/>
denken. Ach, machen Sie mir nicht noch mehr Sorge!‟</p><lb/><p>„Jch bin ein Deutſcher mit meinen Sympathien,<lb/>ſtaatsrechtlich bin ich es nicht, man kann mich alſo im<lb/>
Notfalle ausweiſen. Die Sache iſt doch ſo — Deutſch-<lb/>
land oder Frankreich oder England, irgend eine Nation<lb/>
oder ein Staat iſt ja kein Selbſtzweck; Selbſtzweck<lb/>
kann nur die Menſchheit als Ganzes ſein. Die ein-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[322/0330]
Einundzwanzigſtes Kapitel.
„Dies weniger. Heute waren es praktiſche Sachen,
Ärger mit den Behörden. Das iſt eine Schwerfällig-
keit — vornehmlich drüben im Nachbarſtaate — ein
Reglementieren — alles muß in eine Schablone ge-
preßt werden. Und das hat mich mißmutig gemacht,
ganz beſonders, weil es auch Sie angeht.‟
„Mich? Jſt etwas vorgefallen?‟ fragte Jsma
ängſtlich.
„Nein, ich meine unſere Luftſchifferſtation. Man
will ſie verſtaatlichen, neben die militäriſche unter das
Kriegsminiſterium ſtellen, wahrſcheinlich dann auch
von hier fort verlegen. Jedenfalls verlangt man eine
Staatsaufſicht — obwohl der Staat noch nicht einen
Pfennig dazu gegeben hat.‟
„Aber warum denn?‟
„Jch glaube, man traut mir nicht. Jm Falle eines
Krieges — man will wohl Sicherheiten haben. Sie
wiſſen, die Abteilung iſt eine internationale Gründung.
Jch ſelbſt habe meine beſonderen Anſichten über Pa-
triotismus.‟
„Jch bitte Sie, Ell, Sie ſind doch ein Deutſcher.
Jm Kriegsfalle müſſen wir uns ſelbſtverſtändlich zur
Verfügung ſtellen — aber, wer wird denn an Krieg
denken. Ach, machen Sie mir nicht noch mehr Sorge!‟
„Jch bin ein Deutſcher mit meinen Sympathien,
ſtaatsrechtlich bin ich es nicht, man kann mich alſo im
Notfalle ausweiſen. Die Sache iſt doch ſo — Deutſch-
land oder Frankreich oder England, irgend eine Nation
oder ein Staat iſt ja kein Selbſtzweck; Selbſtzweck
kann nur die Menſchheit als Ganzes ſein. Die ein-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laßwitz, Kurd: Auf zwei Planeten. Bd. 1. Weimar, 1897, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_planeten01_1897/330>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.