Onkel Wendel, Onkel Wendel! Sieh' nur die große Seifenblase, die wunderschönen Farben! Woher nur die Farben kommen?
So rief mein Söhnchen vom Fenster herab in den Garten, wohin es seine bunten Schaumbälle flattern ließ.
Onkel Wendel saß neben mir im Schatten der hohen Bäume, und unsere Cigarren verbesserten die reine, würzige Luft eines schönen Sommernachmittags.
"Hm!" sagte oder vielmehr brummte Onkel Wendel zu mir gewendet, "hm, erklär's ihm doch! Hm! Bin neugierig, wie du's machen willst. Jnterferenzfarben an dünnen Blättchen, nicht wahr? Kenn' ich schon. Ver- schiedene Wellenlänge, Streifen decken sich nicht, und so weiter. Wird der Junge verstehen -- hm?"
"Ja," erwiderte ich etwas verlegen, "die physikalische Erklärung kann das Kind freilich nicht verstehen -- aber das ist auch garnicht nötig. Erklärung ist ja etwas Relatives und muß sich nach dem Standpunkte des Fragenden richten; es heißt nur, die neue Thatsache in einen gewohnten Gedankengang einreihen, mit gewohnten Vorstellungen verknüpfen -- und da die Formeln der
Auf der Seifenblaſe.
Onkel Wendel, Onkel Wendel! Sieh’ nur die große Seifenblaſe, die wunderſchönen Farben! Woher nur die Farben kommen?
So rief mein Söhnchen vom Fenſter herab in den Garten, wohin es ſeine bunten Schaumbälle flattern ließ.
Onkel Wendel ſaß neben mir im Schatten der hohen Bäume, und unſere Cigarren verbeſſerten die reine, würzige Luft eines ſchönen Sommernachmittags.
„Hm!“ ſagte oder vielmehr brummte Onkel Wendel zu mir gewendet, „hm, erklär’s ihm doch! Hm! Bin neugierig, wie du’s machen willſt. Jnterferenzfarben an dünnen Blättchen, nicht wahr? Kenn’ ich ſchon. Ver- ſchiedene Wellenlänge, Streifen decken ſich nicht, und ſo weiter. Wird der Junge verſtehen — hm?“
„Ja,“ erwiderte ich etwas verlegen, „die phyſikaliſche Erklärung kann das Kind freilich nicht verſtehen — aber das iſt auch garnicht nötig. Erklärung iſt ja etwas Relatives und muß ſich nach dem Standpunkte des Fragenden richten; es heißt nur, die neue Thatſache in einen gewohnten Gedankengang einreihen, mit gewohnten Vorſtellungen verknüpfen — und da die Formeln der
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[[5]/0011]
Auf der Seifenblaſe.
Onkel Wendel, Onkel Wendel! Sieh’ nur die
große Seifenblaſe, die wunderſchönen Farben!
Woher nur die Farben kommen?
So rief mein Söhnchen vom Fenſter herab in den
Garten, wohin es ſeine bunten Schaumbälle flattern ließ.
Onkel Wendel ſaß neben mir im Schatten der hohen
Bäume, und unſere Cigarren verbeſſerten die reine,
würzige Luft eines ſchönen Sommernachmittags.
„Hm!“ ſagte oder vielmehr brummte Onkel Wendel
zu mir gewendet, „hm, erklär’s ihm doch! Hm! Bin
neugierig, wie du’s machen willſt. Jnterferenzfarben an
dünnen Blättchen, nicht wahr? Kenn’ ich ſchon. Ver-
ſchiedene Wellenlänge, Streifen decken ſich nicht, und ſo
weiter. Wird der Junge verſtehen — hm?“
„Ja,“ erwiderte ich etwas verlegen, „die phyſikaliſche
Erklärung kann das Kind freilich nicht verſtehen — aber
das iſt auch garnicht nötig. Erklärung iſt ja etwas
Relatives und muß ſich nach dem Standpunkte des
Fragenden richten; es heißt nur, die neue Thatſache in
einen gewohnten Gedankengang einreihen, mit gewohnten
Vorſtellungen verknüpfen — und da die Formeln der
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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. [5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/11>, abgerufen am 16.07.2024.
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