Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Aus dem Tagebuche einer Ameise. einen Anbau erweitern. Unsere Gelehrten haben mehrereMenschenbücher übersetzt, ich habe schon viel darin ge- lesen, aber wenig verstanden. Vielen Menschen soll es auch so gehen. Was sich die Menschen einbilden! Sie nennen sich die Herren der Schöpfung und wissen nicht, daß sie nur aus der Erde gewachsen sind, damit wir an ihnen unsern Verstand üben und unsern Geist unter- halten. Denn sonst wüßte ich nicht, was sie eigentlich nützen. Wintersonne 5. Die Abrechnung über unsere Eroberungszüge ist be- Wintersonne 8. Heute noch einmal im Freien, vielleicht zum letzten Aus dem Tagebuche einer Ameiſe. einen Anbau erweitern. Unſere Gelehrten haben mehrereMenſchenbücher überſetzt, ich habe ſchon viel darin ge- leſen, aber wenig verſtanden. Vielen Menſchen ſoll es auch ſo gehen. Was ſich die Menſchen einbilden! Sie nennen ſich die Herren der Schöpfung und wiſſen nicht, daß ſie nur aus der Erde gewachſen ſind, damit wir an ihnen unſern Verſtand üben und unſern Geiſt unter- halten. Denn ſonſt wüßte ich nicht, was ſie eigentlich nützen. Winterſonne 5. Die Abrechnung über unſere Eroberungszüge iſt be- Winterſonne 8. Heute noch einmal im Freien, vielleicht zum letzten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0122" n="116"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Aus dem Tagebuche einer Ameiſe.</hi></fw><lb/> einen Anbau erweitern. Unſere Gelehrten haben mehrere<lb/> Menſchenbücher überſetzt, ich habe ſchon viel darin ge-<lb/> leſen, aber wenig verſtanden. Vielen Menſchen ſoll es<lb/> auch ſo gehen. Was ſich die Menſchen einbilden! Sie<lb/> nennen ſich die Herren der Schöpfung und wiſſen nicht,<lb/> daß ſie nur aus der Erde gewachſen ſind, damit wir<lb/> an ihnen unſern Verſtand üben und unſern Geiſt unter-<lb/> halten. Denn ſonſt wüßte ich nicht, was ſie eigentlich<lb/> nützen.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Winterſonne 5.</hi> </head><lb/> <p>Die Abrechnung über unſere Eroberungszüge iſt be-<lb/> endet. Das Jahr war ein mittelmäßiges, viel Verluſte,<lb/> aber auch reichliche Sklaveneinfuhr, dagegen wenig<lb/> Puppen erbeutet. Jn mein Tagebuch ſchreibe ich nichts<lb/> von den Kriegsgeſchäften, es lohnt ſich nicht. Die<lb/> Menſchen machen von ihren Kriegen furchtbar viel her,<lb/> das kommt aber daher, weil ſie dieſelben gegen ihre<lb/> Freunde und nicht gegen ihre Feinde führen. Denn von<lb/> den Feinden heißt es ausdrücklich, daß ſie ſie lieben<lb/> ſollen. Aber da iſt wieder das unverſtändliche Wort!</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Winterſonne 8.</hi> </head><lb/> <p>Heute noch einmal im Freien, vielleicht zum letzten<lb/> Male. Das Laub fällt von den Bäumen und die<lb/> Herbſtſpinnen fahren durch die Luft. Wir ſahen unſern<lb/> Menſchen wieder, und das Weibchen war bei ihm. Sie<lb/> ſchienen ſehr befreundet, denn ſie ſtreichelten und lieb-<lb/> koſten ſich — dabei ſprachen ſie in großer Furcht<lb/> davon, daß andere Menſchen ſie ſehen könnten. Er ſagte:</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0122]
Aus dem Tagebuche einer Ameiſe.
einen Anbau erweitern. Unſere Gelehrten haben mehrere
Menſchenbücher überſetzt, ich habe ſchon viel darin ge-
leſen, aber wenig verſtanden. Vielen Menſchen ſoll es
auch ſo gehen. Was ſich die Menſchen einbilden! Sie
nennen ſich die Herren der Schöpfung und wiſſen nicht,
daß ſie nur aus der Erde gewachſen ſind, damit wir
an ihnen unſern Verſtand üben und unſern Geiſt unter-
halten. Denn ſonſt wüßte ich nicht, was ſie eigentlich
nützen.
Winterſonne 5.
Die Abrechnung über unſere Eroberungszüge iſt be-
endet. Das Jahr war ein mittelmäßiges, viel Verluſte,
aber auch reichliche Sklaveneinfuhr, dagegen wenig
Puppen erbeutet. Jn mein Tagebuch ſchreibe ich nichts
von den Kriegsgeſchäften, es lohnt ſich nicht. Die
Menſchen machen von ihren Kriegen furchtbar viel her,
das kommt aber daher, weil ſie dieſelben gegen ihre
Freunde und nicht gegen ihre Feinde führen. Denn von
den Feinden heißt es ausdrücklich, daß ſie ſie lieben
ſollen. Aber da iſt wieder das unverſtändliche Wort!
Winterſonne 8.
Heute noch einmal im Freien, vielleicht zum letzten
Male. Das Laub fällt von den Bäumen und die
Herbſtſpinnen fahren durch die Luft. Wir ſahen unſern
Menſchen wieder, und das Weibchen war bei ihm. Sie
ſchienen ſehr befreundet, denn ſie ſtreichelten und lieb-
koſten ſich — dabei ſprachen ſie in großer Furcht
davon, daß andere Menſchen ſie ſehen könnten. Er ſagte:
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