Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Der Traumfabrikant. Affekte egoistischen Ursprungs verschmelzen mit den-jenigen, welche in der Sympathie wurzeln -- das ist die Liebe. Stolz und Selbstbewußtsein erfreuen und lösen sich doch willig in der unbedingten Hingabe, Genuß und Entbehrung beglücken gemeinsam, und der Schmerz ist Wonne -- -- Wie müßte das Kissen auf den Vater wirken! Sollte es nicht die Erinnerung glücklicher Jugend hervorzaubern, Milde in das Herz gießen und dem Verständnis zarter Regung geneigt machen? Sollte es nicht wenigstens eine besänftigende und erheiternde Wirkung ausüben? Es konnten doch nur gute Träume dadurch erzeugt werden, und auf gute Träume folgt ein friedliches Erwachen. Amalie schlich sich leise in das Zimmer des Vaters Ächzend und stöhnend ermunterte sich am anderen Er war sehr einsilbig und offenbar mit einer wich- Der Traumfabrikant. Affekte egoiſtiſchen Urſprungs verſchmelzen mit den-jenigen, welche in der Sympathie wurzeln — das iſt die Liebe. Stolz und Selbſtbewußtſein erfreuen und löſen ſich doch willig in der unbedingten Hingabe, Genuß und Entbehrung beglücken gemeinſam, und der Schmerz iſt Wonne — — Wie müßte das Kiſſen auf den Vater wirken! Sollte es nicht die Erinnerung glücklicher Jugend hervorzaubern, Milde in das Herz gießen und dem Verſtändnis zarter Regung geneigt machen? Sollte es nicht wenigſtens eine beſänftigende und erheiternde Wirkung ausüben? Es konnten doch nur gute Träume dadurch erzeugt werden, und auf gute Träume folgt ein friedliches Erwachen. Amalie ſchlich ſich leiſe in das Zimmer des Vaters Ächzend und ſtöhnend ermunterte ſich am anderen Er war ſehr einſilbig und offenbar mit einer wich- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0158" n="152"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Traumfabrikant.</hi></fw><lb/> Affekte egoiſtiſchen Urſprungs verſchmelzen mit den-<lb/> jenigen, welche in der Sympathie wurzeln — das iſt<lb/> die Liebe. Stolz und Selbſtbewußtſein erfreuen und<lb/> löſen ſich doch willig in der unbedingten Hingabe,<lb/> Genuß und Entbehrung beglücken gemeinſam, und der<lb/> Schmerz iſt Wonne — — Wie müßte das Kiſſen auf<lb/> den Vater wirken! Sollte es nicht die Erinnerung<lb/> glücklicher Jugend hervorzaubern, Milde in das Herz<lb/> gießen und dem Verſtändnis zarter Regung geneigt<lb/> machen? Sollte es nicht wenigſtens eine beſänftigende<lb/> und erheiternde Wirkung ausüben? Es konnten doch<lb/> nur gute Träume dadurch erzeugt werden, und auf gute<lb/> Träume folgt ein friedliches Erwachen.</p><lb/> <p>Amalie ſchlich ſich leiſe in das Zimmer des Vaters<lb/> und ſchob vorſichtig dem feſt Schlummernden das Kiſſen<lb/> unter das Haupt.</p><lb/> <p>Ächzend und ſtöhnend ermunterte ſich am anderen<lb/> Morgen der Abgeordnete Siebler aus einem ſchweren<lb/> Traume; erſt als er ſich überzeugt hatte, daß er nur<lb/> geträumt, erheiterten ſich wieder ſeine Züge und er<lb/> atmete erleichtert auf. Mit Spannung und Beſorgnis<lb/> beobachtete Amalie ihren Vater beim Frühſtück, um die<lb/> Wirkung des Traumkiſſens zu erkennen.</p><lb/> <p>Er war ſehr einſilbig und offenbar mit einer wich-<lb/> tigen Überlegung beſchäftigt. Die Zeitungen, welchen<lb/> er ſonſt einige Morgenſtunden zu widmen pflegte, ſah<lb/> er kaum an, ſondern ging unruhig im Zimmer auf und<lb/> ab. Zufällig haftete ſein Blick unter den Anzeigen auf<lb/> einer Geſchäftsempfehlung Forbachs; das paßte in ſeinen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [152/0158]
Der Traumfabrikant.
Affekte egoiſtiſchen Urſprungs verſchmelzen mit den-
jenigen, welche in der Sympathie wurzeln — das iſt
die Liebe. Stolz und Selbſtbewußtſein erfreuen und
löſen ſich doch willig in der unbedingten Hingabe,
Genuß und Entbehrung beglücken gemeinſam, und der
Schmerz iſt Wonne — — Wie müßte das Kiſſen auf
den Vater wirken! Sollte es nicht die Erinnerung
glücklicher Jugend hervorzaubern, Milde in das Herz
gießen und dem Verſtändnis zarter Regung geneigt
machen? Sollte es nicht wenigſtens eine beſänftigende
und erheiternde Wirkung ausüben? Es konnten doch
nur gute Träume dadurch erzeugt werden, und auf gute
Träume folgt ein friedliches Erwachen.
Amalie ſchlich ſich leiſe in das Zimmer des Vaters
und ſchob vorſichtig dem feſt Schlummernden das Kiſſen
unter das Haupt.
Ächzend und ſtöhnend ermunterte ſich am anderen
Morgen der Abgeordnete Siebler aus einem ſchweren
Traume; erſt als er ſich überzeugt hatte, daß er nur
geträumt, erheiterten ſich wieder ſeine Züge und er
atmete erleichtert auf. Mit Spannung und Beſorgnis
beobachtete Amalie ihren Vater beim Frühſtück, um die
Wirkung des Traumkiſſens zu erkennen.
Er war ſehr einſilbig und offenbar mit einer wich-
tigen Überlegung beſchäftigt. Die Zeitungen, welchen
er ſonſt einige Morgenſtunden zu widmen pflegte, ſah
er kaum an, ſondern ging unruhig im Zimmer auf und
ab. Zufällig haftete ſein Blick unter den Anzeigen auf
einer Geſchäftsempfehlung Forbachs; das paßte in ſeinen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |