biographie von dem willkürlichen Einfalle eines Dichters zur Höhe einer wissenschaftlichen Leistung zu erheben vielleicht nicht ganz ungeeignet zu scheinen erachtet werden dürfte.
Zugleich erkläre ich, daß etwaige Widersprüche, welche sich in den einzelnen Teilen der Prolegomena finden sollten, lediglich auf das mangelhafte Verständnis des Lesers über den im entsprechenden Augenblicke vom Autor eingenommenen Standpunkt zurückzuführen sind.
I.Die statistische Methode.
Der bekannte traurige Verfall, in welchem sich unsere Jugenderziehung jedesmal befindet, wenn bewährte Pä- dagogen das Bedürfnis fühlen, die Welt mit einem Epoche machenden Verbesserungseinfall zu beglücken -- diese Versumpfung der nationalen Bildung hat es mit sich gebracht, daß unsere Kinder noch immer nicht ge- wohnt und gezwungen sind, biographische Jahrbücher ihres Erdenwallens herauszugeben. Wenn derartige Berichte von den Eltern bereits vor der Geburt der Sprößlinge begonnen und von diesen selbst, sobald sie mit dem Aufsteigen nach Quarta die mittlere stilistische Reife des gebildeten Deutschen errungen haben, gewissenhaft fortgesetzt würden, welche Fülle biographischen Materials würde dann geschaffen sein! Nicht eher werden wir es zu einer wissenschaftlichen Psychologie, Anthropologie und Sociologie bringen, bis wir nicht durch genaue Selbstbeobachtung der Jn-
Selbſtbiographiſche Studien.
biographie von dem willkürlichen Einfalle eines Dichters zur Höhe einer wiſſenſchaftlichen Leiſtung zu erheben vielleicht nicht ganz ungeeignet zu ſcheinen erachtet werden dürfte.
Zugleich erkläre ich, daß etwaige Widerſprüche, welche ſich in den einzelnen Teilen der Prolegomena finden ſollten, lediglich auf das mangelhafte Verſtändnis des Leſers über den im entſprechenden Augenblicke vom Autor eingenommenen Standpunkt zurückzuführen ſind.
I.Die ſtatiſtiſche Methode.
Der bekannte traurige Verfall, in welchem ſich unſere Jugenderziehung jedesmal befindet, wenn bewährte Pä- dagogen das Bedürfnis fühlen, die Welt mit einem Epoche machenden Verbeſſerungseinfall zu beglücken — dieſe Verſumpfung der nationalen Bildung hat es mit ſich gebracht, daß unſere Kinder noch immer nicht ge- wohnt und gezwungen ſind, biographiſche Jahrbücher ihres Erdenwallens herauszugeben. Wenn derartige Berichte von den Eltern bereits vor der Geburt der Sprößlinge begonnen und von dieſen ſelbſt, ſobald ſie mit dem Aufſteigen nach Quarta die mittlere ſtiliſtiſche Reife des gebildeten Deutſchen errungen haben, gewiſſenhaft fortgeſetzt würden, welche Fülle biographiſchen Materials würde dann geſchaffen ſein! Nicht eher werden wir es zu einer wiſſenſchaftlichen Pſychologie, Anthropologie und Sociologie bringen, bis wir nicht durch genaue Selbſtbeobachtung der Jn-
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Selbſtbiographiſche Studien.
biographie von dem willkürlichen Einfalle eines Dichters
zur Höhe einer wiſſenſchaftlichen Leiſtung zu erheben
vielleicht nicht ganz ungeeignet zu ſcheinen erachtet
werden dürfte.
Zugleich erkläre ich, daß etwaige Widerſprüche, welche
ſich in den einzelnen Teilen der Prolegomena finden
ſollten, lediglich auf das mangelhafte Verſtändnis des
Leſers über den im entſprechenden Augenblicke vom
Autor eingenommenen Standpunkt zurückzuführen ſind.
I. Die ſtatiſtiſche Methode.
Der bekannte traurige Verfall, in welchem ſich unſere
Jugenderziehung jedesmal befindet, wenn bewährte Pä-
dagogen das Bedürfnis fühlen, die Welt mit einem
Epoche machenden Verbeſſerungseinfall zu beglücken —
dieſe Verſumpfung der nationalen Bildung hat es mit
ſich gebracht, daß unſere Kinder noch immer nicht ge-
wohnt und gezwungen ſind, biographiſche Jahrbücher
ihres Erdenwallens herauszugeben. Wenn derartige
Berichte von den Eltern bereits vor der Geburt der
Sprößlinge begonnen und von dieſen ſelbſt, ſobald
ſie mit dem Aufſteigen nach Quarta die mittlere
ſtiliſtiſche Reife des gebildeten Deutſchen errungen
haben, gewiſſenhaft fortgeſetzt würden, welche Fülle
biographiſchen Materials würde dann geſchaffen ſein!
Nicht eher werden wir es zu einer wiſſenſchaftlichen
Pſychologie, Anthropologie und Sociologie bringen,
bis wir nicht durch genaue Selbſtbeobachtung der Jn-
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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/252>, abgerufen am 16.02.2025.
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