Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.Stäubchen. abgeschnitten worden. Noch einmal winkte Lenore mitdem Rosenstrauße hinaus und fragte dann ihre Mutter, ob sie auch bequem sitze. Sie sei sehr müde, erklärte die stattliche Dame und lehnte sich behaglich in die Ecke. Richard sah schweigend auf sein schönes Gegenüber. Der Zug rollte hinaus in die Ebene, und Lenore Stäubchen. abgeſchnitten worden. Noch einmal winkte Lenore mitdem Roſenſtrauße hinaus und fragte dann ihre Mutter, ob ſie auch bequem ſitze. Sie ſei ſehr müde, erklärte die ſtattliche Dame und lehnte ſich behaglich in die Ecke. Richard ſah ſchweigend auf ſein ſchönes Gegenüber. Der Zug rollte hinaus in die Ebene, und Lenore <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0030" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Stäubchen.</hi></fw><lb/> abgeſchnitten worden. Noch einmal winkte Lenore mit<lb/> dem Roſenſtrauße hinaus und fragte dann ihre Mutter,<lb/> ob ſie auch bequem ſitze. Sie ſei ſehr müde, erklärte<lb/> die ſtattliche Dame und lehnte ſich behaglich in<lb/> die Ecke.</p><lb/> <p>Richard ſah ſchweigend auf ſein ſchönes Gegenüber.<lb/> Der Wiederſchein eines breiten rotſeidenen Hutrandes<lb/> hüllte ihre anmutigen Züge in ein reizvolles Dämmer-<lb/> licht, aus welchem zwei dunkle Augen verführeriſch her-<lb/> vorleuchteten. Er kannte dieſe Augen von Jugend auf.<lb/> Die Träume des Jünglings waren von ihnen durch-<lb/> leuchtet, und ihr Glanz hatte den Mann aus der Ferne<lb/> zurückgezogen nach der Heimat. Nach langer Trennung<lb/> war er jetzt in ihrem Schimmer ſeit Wochen gewandelt<lb/> im leichten Verkehr ſommerlicher Erholung, unterm<lb/> Waldesſchatten und friſchen Lufthauch der Berge. Hatte<lb/> er wiedergefunden, was er hoffte erwarten zu dürfen?<lb/> Die Knospe war erblüht; hauchte ſie auch den ſüß-<lb/> belebenden Duft der Roſe? Wie anders hatte er ſich<lb/> die Heimfahrt gedacht! Sollte fremd und unverſtanden<lb/> bleiben, was ihm das innerſte Herz bewegte, und gab<lb/> es keine Regung in dieſer ſchönen Hülle, die den Flug<lb/> ſeiner Seele zu begleiten vermochte? Ein ſchmerzliches<lb/> Lächeln zuckte um ſeinen Mund.</p><lb/> <p>Der Zug rollte hinaus in die Ebene, und Lenore<lb/> ſpielte zerſtreut mit dem Griff ihres Schirmes. Ein<lb/> Sonnenſtrahl fiel ſchräg von der andern Seite des<lb/> Wagens herein, und tauſend kleine Stäubchen tanzten<lb/> zitternd im goldigen Scheine. Da blitzt es hervor wie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [24/0030]
Stäubchen.
abgeſchnitten worden. Noch einmal winkte Lenore mit
dem Roſenſtrauße hinaus und fragte dann ihre Mutter,
ob ſie auch bequem ſitze. Sie ſei ſehr müde, erklärte
die ſtattliche Dame und lehnte ſich behaglich in
die Ecke.
Richard ſah ſchweigend auf ſein ſchönes Gegenüber.
Der Wiederſchein eines breiten rotſeidenen Hutrandes
hüllte ihre anmutigen Züge in ein reizvolles Dämmer-
licht, aus welchem zwei dunkle Augen verführeriſch her-
vorleuchteten. Er kannte dieſe Augen von Jugend auf.
Die Träume des Jünglings waren von ihnen durch-
leuchtet, und ihr Glanz hatte den Mann aus der Ferne
zurückgezogen nach der Heimat. Nach langer Trennung
war er jetzt in ihrem Schimmer ſeit Wochen gewandelt
im leichten Verkehr ſommerlicher Erholung, unterm
Waldesſchatten und friſchen Lufthauch der Berge. Hatte
er wiedergefunden, was er hoffte erwarten zu dürfen?
Die Knospe war erblüht; hauchte ſie auch den ſüß-
belebenden Duft der Roſe? Wie anders hatte er ſich
die Heimfahrt gedacht! Sollte fremd und unverſtanden
bleiben, was ihm das innerſte Herz bewegte, und gab
es keine Regung in dieſer ſchönen Hülle, die den Flug
ſeiner Seele zu begleiten vermochte? Ein ſchmerzliches
Lächeln zuckte um ſeinen Mund.
Der Zug rollte hinaus in die Ebene, und Lenore
ſpielte zerſtreut mit dem Griff ihres Schirmes. Ein
Sonnenſtrahl fiel ſchräg von der andern Seite des
Wagens herein, und tauſend kleine Stäubchen tanzten
zitternd im goldigen Scheine. Da blitzt es hervor wie
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